Von den Krauts zum Kolonialvolk

Tageskommentar 18. 11. 2013: fortunato,
Von den Krauts zum Kolonialvolk

von fortunato (fortunanetz)

Während und nach dem Zweiten Weltkrieg beschimpften die Alliierten die Deutsche Bevölkerung als ‚Krauts‘, wohl wissend dass noch wenige Jahrzehnte zuvor – im Kaiserreich – die meisten Nobelpreisträger der Welt aus Krautland kamen. Und dabei handelte es sich nicht um Friedensnobelpreisträger die ihre Gegner gerne mit Drohnen abschießen, sondern um namhafte Dichter, Denker und Wissenschaftler.

Heute beschimpfen die USA die Deutschen nicht mehr als Krauts. Sie behandeln uns nur noch wie ein Kolonialvolk. Wirft man nur einen Blick auf die derzeitigen Meldungen des Tages, entsteht der Eindruck:Wir tun alles dafür, auch als ein solches wahrgenommen zu werden. – Leider.

Seitdem die FDP weg ist wird deutlich, dass Schwarz auch rechnerisch alleine keine Mehrheit mehr hat. Dies zuzugeben fällt Angela Merkel aber offensichtlich außerordentlich schwer. Sie möchte lieber im alten Stil weiter regieren. Das kommt aber der Quadratur des Kreises gleich.

Man sieht dies deutlich daran, dass die SPD nun plötzlich mit der Linken reden will. Die Linke war bisher stigmatisiert. Sie galt als unerwünscht im Parlament. Und diese Haltung trugen unisono alle Blockparteien im Bundestag im Reichstag so vor. CDUCSUSPDFDPGrüne wollten alle nicht mit der Linken auch nur ein Wort reden. Von Toleranz gegenüber Andersdenkenden keine Spur! Gregor Gysi und Sarah Wagenknecht konnten noch so kluge Reden halten, es gab praktisch nie eine Antwort auf ihre Anregungen, Fragen, Vorwürfe und Polemiken. Je klüger Gysi’s Einwände zur Europroblematik waren, desto schweigsamer war das übrige Parlament dazu. Wagenknecht signalisierte des Öfteren, dass sie nicht nur marxistische Literatur las, sondern eben auch die anderen Ökonomen. Das wurde von aufmerksamen Zuhörern außerhalb des Parlaments erstaunt zur Kenntnis genommen – im Bundestag im Reichstag wurde auch dies nur beschwiegen.

Und nun plötzlich will die SPD mit der Linken reden! Das ist in den Augen der meisten Parlamentarier ein Tabubruch. Doch es ist auch ein Ausdruck davon, dass jede Partei, die an den Koalitionsverhandlungen teilnimmt, damit massive Probleme hat. Merkels Sieg entpuppt sich immer mehr als Pyrrhussieg. König Pyrrhus hat sich im Krieg gegen die Römer tot gesiegt und ging dann unter. Von ihm soll der Ausspruch überliefert sein: ‚Noch so ein Sieg und wir sind verloren.‘

Der Umstand, dass die SPD mit den Linken ‚reden‘ will kann nur bedeuten, dass sich die SPD im Prokrustesbett mit der CDU nicht sehr wohl fühlt. Die SPD Basis will nach der verlorenen Wahl auch lieber die Abrechnung mit jenen Damen und Herren in der Partei, die den Zerstörungskurs der SPD seit Schröder zu verantworten haben und hierzu gehören ganz ausdrücklich Steinbrück, Steinmeier, Gabriel und Co. Diese Herren waren schon immer im Kielwasser von Schröder federführend dabei, wenn es darum ging, deutsche Angestellte um ihre Ansprüche zu berauben wenn sie arbeitslos werden. Und nun wollen diese Herren nach einer de facto desaströs verlorenen Wahl weiter regieren als wenn nichts gewesen wäre. Für die SPD bedeutet dies nun nicht mehr und nicht weniger als: Weitere 4 Jahre im Prokrustesbett und weitere 4 Jahre Identitätsverlust. Das geht am Ende so weit, bis sich niemand mehr daran erinnern kann, wofür die SPD einmal gestanden hat.

Um diese Problematik wissen die Herren Steinbrück, Steinmeier, Gabriel und Co. und deshalb suchen sie auch verzweifelt einen Ausweg aus der aktuellen Krise. Sie wollen einerseits regieren, andererseits aber die wenigen echten sozialdemokratischen Positionen, die sie noch vertreten, nicht von der CDU verwässern lassen, bis das letzte Stückchen ‚rot‘ noch verblasst. Man könnte auf diese Art am Ende das Schicksal der FDP erleiden, nämlich eine Bruchlandung hinzulegen weil der SPD-Flieger dann auch keinen Sprit (keine Inhalte) mehr hat. Und deshalb nun auch ein Schwenk nach Links, weil eine Koalition aus Rot, Rot und Grün eine Mehrheit hätte. Das wird aber derzeit dadurch verhindert, dass die bisherige Tabuisierung der Linken immer noch funktioniert. Grüne, Linke und SPD kommen zusammen auf 320 Sitze und hätten damit die Mehrheit. SO würde ja dann auch parlamentarische Demokratie besser funktionieren! Es gäbe eine zwar vielstimmige linke Regierung aber auch eine starke rechte Opposition. Nur dank der Tabuisierung der Linken ist das unmöglich. Inhaltlich wäre eine Rot-Rot-Grüne Regierung unproblematischer, denn alle die genannten Parteien haben linke Denkansätze. Keine der beteiligten Parteien müsste andauernd von ihren Kernpositionen abrücken. Angela Merkel hat hingegen nur ein Prokrustesbett anzubieten, in das sich hinein zu legen für SPD, Grüne und Linke bedeuten würde, dass ihnen entweder die Füße abgehackt oder das Rückgrat ausgehängt werden. Merkels Sieg ist inhaltlich für die CDU und auch für die anderen Parteien im Bundestag schon jetzt ein Pyrrhussieg, ob sie ihn auch formal zu einem macht, nur weil sie regieren will, bleibt abzuwarten.

Neuwahlen wären womöglich die beste Lösung…. Aber das vermutete ich ja schon von Anfang an.

Angesichts der Problemberge die sich in unserem Land auftürmen, ist es eine ganz schlechte Entwicklung, einfach weiter machen zu wollen wie bisher. Um die Quadratur des Kreises zu schaffen, wird zum Beispiel vereinbart, dass ab jetzt in Aufsichtsräten eine Frauenquote gelten soll. Das löst kein wirklich substantielles Problem in unserem Land – wie zum Beispiel die tausendfachen Rechtsbrüche der NSA in Bezug auf das Fernmeldegeheimnis, das Postgeheimnis, den Datenschutz. Auch die Unschuldsvermutung wird übrigens andauernd ausgehebelt. Verdächtig ist stattdessen jeder. Nur: Das ist nicht Thema der Koalitionsverhandlungen.

Ober beispielsweise wird darüber debattiert wie man die Krankenversicherung durch höhere Beiträge finanzieren kann. Angesichts der Staatsverschuldungsquote weit jenseits der früher einmal vereinbarten 60 Prozent ist auch dies nicht wirklich ein substantieller Beitrag, um die finanzielle Stabilität im Land wieder herzustellen. Die Große Koalition, aber auch Rot Rot Grün würden wohl lieber eine Transferunion favorisieren und damit die Verschuldung weiter in die Höhe treiben. Von einem möglichen Auseinanderbrechen des Euro, einer möglichen zukünftigen Währungsreform, etc. ganz zu schweigen. Nein. Diese zukünftige Koalitionsregierung will einfach so weiter machen, als wäre nichts gewesen!

Den USA kann es nur recht sein. Sie machen ja auch weiterhin das in Deutschland, was sie wollen und zwar ungefragt. Wie heute bei t-online berichtet wurde, üben US-Agenten in Deutschland ungefragt hoheitliche Rechte aus. Vermutlich wusste Frau Merkel davon wieder nichts! Oder sie hat US-Agenten nicht als US-Agenten erkannt, auch wenn sich diese korrekt ausgewiesen hatten. Richtigerweise sind wir nun keine Krauts mehr, wir sind einfach nur noch eine Kolonie der USA. Nirgendwo sind mehr Truppen außerhalb der USA als in Deutschland. Und in Wiesbaden wird, weil Frau Merkel ja davon auch nichts weiß, ein neuer Horchposten auf deutschem Territorium gebaut. Es geht also so weiter als wäre nichts gewesen. Und nun auch noch hoheitlich handelnde US-Agenten auf deutschem Boden…. Deutlicher geht es wirklich nicht mehr.

Krauts war gestern! Heute sind wir eine Kolonie und vielleicht wäre es ja eine gute Idee, wenn Merkel, Steinbrück, Steinmeier und Schäuble beim nächsten Empfang des US-Präsidenten einmal schwarz angemalt mit Trommeln ein wenig zeigen, was sie so als Vertreter eines Kolonialvolkes drauf haben. So könnten sie wenigstens irgendetwas tun – auch wenn dies den deutschen Problemberg, der sich immer weiter auftürmt, nicht kleiner macht. Aber sie hätten wenigstens einmal so gehandelt wie es den Realitäten entspricht. Das wäre schon viel, denn Ehrlichkeit sich selbst gegenüber ist eine der wichtigsten Eigenschaften, wenn man Problemberge aufarbeiten will,

meint
fortunato

 

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