Von den irakischen Massenvernichtungswaffen zu den syrischen Chemiewaffen

Thierry Meyssan (voltairenet)

In einem Bericht vom 1. März 2019 bescheinigt die Organisation für das Verbot chemischer Waffen, dass es während des Angriffs in Duma am 7. April 2018 niemals eine verbotene chemische Substanz (Syrien) gegeben hat; der Vergeltungsschlag von drei Staaten (USA, Frankreich, Vereinigtes Königreich) war daher nicht gerechtfertigt. Dieser Skandal ist exakt identisch mit dem der angeblichen irakischen Massenvernichtungswaffen. Ihm werden viele andere Verleumdungen folgen, so lange sich die westliche Bevölkerung blind auf ihre Medien verlässt.

Das Verhalten der westlichen Journalisten ist besonders merkwürdig: sie wiederholen die Behauptungen ihrer politischen Führer, und erachten sie a priori als begründet, aber berücksichtigen nicht die von internationalen Organen gelieferten Widerlegungen. Sie sind unfähig, die Indoktrinierungen, an die sie glaubten, in Frage zu stellen.

Die Rechtfertigung für die Zerstörung des Irak

So haben sie im Jahr 2003 einstimmig Bushs Anschuldigungen übernommen, laut denen der Irak über Massenvernichtungswaffen verfüge. Dann die Anschuldigungen von Tony Blair, dass der Irak Raketen besitze, die den Westen in 45 Minuten erreichen, und seine Bevölkerung durch das Verteilen von Kampfgasen töten könnten. Und zu guter Letzt, die des Außenministers Colin Powell, dass der Irak Osama bin Laden beherbergt habe.

Zur gleichen Zeit bescheinigte jedoch die Kommission der Kontrolle, der Überprüfung und der Inspektion der UNO (UNMOVIC), dass die Behauptungen von Bush und Blair ohne jeglichen Zweifel falsch waren. Diese Kommission war aber das einzige Organ, das zu dem Gebiet des Irak Zugang hatte und dort alle gewünschten Kontrollen durchführen konnte. Weder die CIA noch die MI6, die ihr widersprachen, hatte eine solche Gelegenheit gehabt.

Man erinnere sich, dass das Frankreich von Jacques Chirac gegen den Krieg im Irak war. Aber er benutzte das Argument, dass „Krieg immer die schlimmste Lösung sei“ und nicht, dass die anglo-amerikanischen Anschuldigungen offensichtlich falsch waren, so wie die entsprechenden Prüfinstanzen der UNMOVIC es konstatiert hatten.

Heute wird die Geschichte mit Filmen und Fernsehserien neu erzählt. Man gibt zu, dass man betrogen wurde. Aber man behauptet, dass die US-amerikanischen und britischen Geheimdienste von ihren Politikern manipuliert worden seien, und dass niemand die Mittel hatte, es zu wissen. Das ist falsch und es genügt in die Presse jener Zeit zu schauen, um festzustellen, dass alle sich einig waren, den schwedischen Direktor der Kommission, Hans Blix, zu diskreditieren, der es wagte, der größten Macht der damaligen Welt die Stirne zu bieten. Das ist, was dreizehn Jahre später, die Chilcot-Kommission sagen sollte. [1]

Genauso verschweigt man die Anschuldigungen von Colin Powell im UN-Sicherheitsrat [2], laut denen Osama bin Laden im Jahr 2002 in Bagdad lebte und seine Leutnants noch immer dort wohnen und Rizin herstellen. Vom Irak aus, versicherte er, bereiteten sie Anschläge in Frankreich, Großbritannien, Spanien, Italien, Deutschland und Russland vor. Es gab also eine Dringlichkeit.

Solchen Unsinn zu glauben setzte allerdings voraus, absolut nichts von der Baath-Partei, die im Irak an der Macht war, zu wissen. Statt ihre Unwissenheit zuzugeben, haben die westlichen Journalisten es vorgezogen, diese Episode zu vergessen.

Die Komplizenschaft der Medien hat sich nicht geändert

Seit dem Angriff durch die USA und ihrer Verbündeten auf Bagdad hat sich nichts geändert: die Medien haben wieder gelogen, absichtlich diesmal, um ihre vorherige ungewollte Lüge zu verbergen. Alle haben lieber gesagt, missbraucht worden zu sein. Keiner hat zugegeben einen beruflichen Fehler begangen zu haben, indem er den Bericht der Experten der Vereinten Nationen unterbewertete.

Die Historiker, die über Kriegs-Propaganda gearbeitet haben, haben gezeigt, dass die, die einen Krieg wollen, immer eine unglaubliche Menge falscher Zeugenaussagen und Beweisen fabrizieren. Obwohl alle Journalisten sich einig sind, dass „das erste Opfer des Krieges die Wahrheit ist“ (Rudyard Kipling), hat keiner versucht, eine Methode auszuarbeiten, mit der man nicht wieder betrogen wird. Es ist aber einfach: es genügt, seinen kühlen Kopf zu bewahren, wenn sich alle aufregen, nicht zu zögern, gegen den Strom zu schwimmen und seine Arbeit zu tun, indem man seine Quellen überprüft. Das ist, was wir getan haben und was uns einbrachte, als „Verschwörer“ bezeichnet zu werden.

Die Rechtfertigung des Krieges gegen Syrien

Also, was den Krieg in Syrien betrifft, glauben alle weiterhin blindlings, dass die Ereignisse mit „einer Revolution gegen eine Diktatur“ begonnen habe, dass das „Regime“ mit „einem Massaker seines eigenen Volkes“ geantwortet habe, mit „Folter“, „Fassbomben“ und „chemischen Waffen“, was die Bevölkerung zur Gewalt angehalten habe. All das ist aber entweder einfältig (wie es der Fall war mit der angeblichen Einladung von Osama Ben Laden durch Präsident Saddam Hussein), oder widerlegt durch die internationalen Missionen (wie mit der UNMOVIC).

Die „Revolution gegen die Diktatur“ ist formal durch die einzige Organisation widerlegt worden, die die Fähigkeit hatte darüber zu urteilen: eine internationale Mission der Arabischen Liga, die überall in Syrien reisen durfte und die das Personal hatte, um das ganze Territorium zu prüfen (vom 24. Dezember 2011 bis zum 18. Januar 2012) [3]. Aber die Journalisten ziehen immer vor, den westlichen Regierungen zu glauben, statt den Gremien, die wirklich die Mittel haben zu überprüfen.

Die Fotos von unter „Folter“ Verstorbenen, die durch den César-Bericht Syrien zugeschrieben wurden, sind in Wirklichkeit die von den Dschihadisten gefolterten Toten. Es genügt ein wenig nachzudenken: Caesar behauptet, sie für die syrische arabische Armee fotografiert zu haben, aber die Identität der Verstorbenen nicht zu kennen. Welches Interesse hätte Damaskus, eine fotografische Datei ohne Information über die Opfer zu etablieren?

Die „Fassbomben“ sind ebenfalls ein sehr einfältiges Märchen: Warum würde die syrische arabische Armee hausgemachte Bomben benutzen, obwohl sie über anspruchsvolle verfügt, die von Russland geliefert werden?





Nach den irakischen Massenvernichtungswaffen, die syrischen Chemiewaffen

Am interessantesten ist der Vorwurf des Einsatzes von Chemiewaffen. Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW/OPCW) hat ihren Bericht am 1. März 2019 abgegeben. Sie wurde mit der Aufklärung des angeblichen Angriffs vom 7. April 2018 in Duma beauftragt, der mit einer Bombardierung Syriens durch die Vereinigten Staaten, Frankreich und das Vereinigte Königreich, in der folgenden Woche einseitig sanktioniert wurde. Der Fall ist ein Paradebeispiel: Obwohl die ganze Sache es nicht explizit verdeutlicht, bestätigt sie doch Punkt für Punkt, dass es sich um eine Inszenierung handelt.

Man beachte, dass schon fünf Jahre vorher, nach dem Angriff von Ghuta, Syrien der Konvention zum Chemiewaffen-Verbot beigetreten war. Seine chemischen Waffenbestände wurden unter Zwangsverwaltung gestellt, und sind dann gemeinsam von den USA und Russland, unter der Kontrolle der OVCW zerstört worden. Also zu behaupten, dass Damaskus nach dieser Zerstörung noch chemische Waffen besessen habe, ist daher vor allem eine Nichtanerkennung der von Den Haag, Moskau und Washington geleisteten Arbeit.

Im Jahr 2018 hatte das State Department behauptet, glaubhafte Beweise zu besitzen für „die Verwendung von Sarin Gas durch Syrien“ gegen die „Demokraten“, während Russland hier eine vom Vereinigten Königreich in Auftrag gegebene Inszenierung angeprangert hatte. Der britische Minister für auswärtige Angelegenheiten, Boris Johnson, empörte sich mit Dreistigkeit über die „grotesken, bizarren“ Vorwürfe, über diese „eklatante Lüge“.

Nun tatsächlich:
 Der Angriff wurde von drei Quellen behauptet, alle drei britische: die Weißhelme (eine durch den MI6 gesteuerte NGO), die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (ein Ableger der Muslim-Bruderschaft und vom MI6 angeleitet) und die Armee des Islam (eine durch Zoran Alluche gegründete bewaffnete Gruppe, dessen ganze Familie damals in London in einer luxuriösen, von der Polizei bewachten Residenz wohnte).
 -Die Mission der OVCW, die Anzahl der Opfer festzustellen und ihre Leichen zu obduzieren, wurde durch die Armee des Islams verhindert. Sie durfte Duma erst betreten, nachdem die Leichen „verbrannt worden sind“, eine im Islam unbekannte Art Überreste zu behandeln und die aus gesundheitlicher Sicht nicht gerechtfertigt ist.
 Die Proben zeigen, laut der OVCW, dass keine verbotene chemische Substanz in Duma verwendet worden ist, keine einzige.
 Die Organisation räumt jedoch ein, dass zwei Schrapnelle in dem Ort der angeblichen Kontamination eingeschlagen sein könnten und dass sie eine chlorierte giftige Substanz enthalten haben könnten. Chlorgas verliert sich jedoch schnell unter freiem Himmel. Nur in einem geschlossenem Raum kann Chlor durch Erstickung töten. Deshalb kam es nie auf die Liste der verbotenen Waffen und wird überall als Reinigungsmittel verwendet.

Man beachte auch, dass es die Armee des Islam (Jaych al-Islam) ist, diese „demokratische“ Organisation, die die „Baschar Hunde“ (d. h. Syrer, die sich weigerten, den häretischen Präsident Baschar Al-Assad zu beschimpfen [4]), der Reihe nach enthauptete. Sie wurde dadurch bekannt, dass sie der Homosexualität überführte Syrer zum Tode verurteilte und sie von Hausdächern stürzte. Es ist ihr vom Westen unterstützter Chef Mohamed Alluche, der die Delegation der „gemäßigten Opposition“ in den Verhandlungen der Vereinten Nationen in Genf leitete.

Kurz gesagt, die Bombardierung von Syrien durch die Vereinigten Staaten, Frankreich und das Vereinigte Königreich verletzte nicht nur das Völkerrecht, sondern war auch ungerechtfertigt.

Wie die Presse den OVCW-Bericht behandelt

Wenn die westliche Presse ehrlich wäre, hätte sie den Bericht der OVCW treu wieder gegeben. Das war nicht der Fall. Die englisch-sprechenden Journalisten waren besonders stumm und haben die Information nur ausnahmsweise behandelt. Ihre französischen Kollegen sind fadenscheiniger gewesen.

Sie erinnerten daran, dass, in der Vergangenheit, ein Bericht des gemeinsamen UN/OVCW Mechanismus die Verwendung chemischer Waffen durch Syrien bestätigt hatte. Sie haben aber unterlassen zu sagen, dass der UN-Sicherheitsrat diesen Bericht zurückgewiesen hatte, weil der Mechanismus die Regeln der OVCW nicht eingehalten hatte.

Andere haben behauptet, dass die Mission die Anwendung von Chlor in Duma bestätigt habe. Sie haben jedoch unterlassen zuzugeben, dass die OVCW die Verwendung eines Chlor enthaltenden Giftstoffes als Waffe und seine mögliche Verbreitung durch zwei Granaten für wahrscheinlich hielt. Sie haben insbesondere das Eingeständnis vermieden, dass Chlor unter freiem Himmel kein tödliches Gift ist, sondern eine irritierende Substanz; das ist der Grund, warum Chlor keine verbotene chemische Waffe ist.

Sind werden sich wahrscheinlich fragen, warum Ihnen diese Presse-Artikel entgangen sind, und warum Sie die Entschuldigung von Frau May und den Herren Macron und Trump nicht gehört haben? Einfach weil die Presse ihre Informationsarbeit nicht macht und weil die westlichen Führer ohne Ehre sind.

Thierry Meyssan

Übersetzung
Horst Frohlich
Korrekturlesen : Werner Leuthäusser

[1] Die Chilcot-Kommission über den Kriegseintritt des Vereinigten Königreichs im Irak, war vom britischen Premierminister Gordon Brown gefordert worden. Sie hat die Lügen der Regierung seines Vorgängers, Tony Blair, seziert und hat ihren Bericht nur dem nächsten Premierminister, David Cameron, überreicht.

[2] « Discours de M. Powell au Conseil de sécurité de l’ONU – Partie 6/7 », par Colin L. Powell, Réseau Voltaire, 11 février 2003.

[3] Die Mission der Arabischen Liga wurde sofort unterbrochen, als sie ihren ersten Bericht vorgelegt hat, der als zu günstig für Syrien ausfiel, und man Syrien schon verurteilt hatte : « Rapport du chef de la Mission des observateurs de la Ligue Arabe en Syrie pour la période du 24/12/2011 au 18/01/2012 », Réseau Voltaire, 2 février 2012.

[4] Baschar Al-Assad ist Alawit. Eine muslimische synkretistische Religion, die den Propheten Ali als eine Reinkarnation Christi betrachtet. Die Alawiten akzeptieren nur als enthüllt die Grundsätze, die sowohl in den Evangelien als auch im Koran enthalten sind. Die Bruderschaft der Muslim-Brüder, im Gegenteil, die Christen und Muslime trennen will, hält die Alawiten für ketzerisch, und die den Tod verdienen.

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1 Kommentar

  1. Dazu fällt mir ein lustiger Film ein, der leider gelöscht wurde (wohl zu disputabel?)
    und offenbar nur noch bezahlbar zu erhalten ist: TEAM AMERICA
    Hier ein Trailer (18Min.): https://www.youtube.com/watch?v=KAxlz5IE8SM
    Ich fand ihn damals klasse! Zeigt er doch diesen ganzen Schwachsinn auf.
    Hans Blix kommt auch darin vor…wird aber von Kim an die Haie verfüttert, haha!

    My name is Hack-Mett. 😛

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