Christian Müller (infosperber)
Die Schweizerische Nationalbank wurde gegründet, damit nicht mehr jede Geschäftsbank eigenes Geld herausgeben konnte. Und heute?
Wo über ein Gesetz oder eine Institution diskutiert oder gar gestritten wird, lohnt sich oft auch der Blick zurück: Warum hat man ein Gesetz, eine Institution überhaupt eingeführt, geschaffen? Was war das Problem, das man damit lösen wollte? War es dann auch der richtige Weg, mit den erhofften positiven Auswirkungen?
Auch wenn sich die Zeiten ändern, aus der Geschichte zu lernen ist nicht verboten!
Das haben – und es war ein kluger Schritt! – nun auch die Initianten der Vollgeld-Initiative getan. Und sie haben, was sie gefunden haben, auch am richtigen Ort platziert: An der Generalversammlung der Schweizer Nationalbank:
Private Banknoten führten zu Problemen
«Vor 1891 stellten in der Schweiz fast 40 Geschäftsbanken eigene Banknoten her. Von diesen privaten Banknoten gab es bald einen problematischen Wildwuchs. Das Stimmvolk reagierte konsequent. Gegen den Widerstand der Banken wurde mit einer Volksabstimmung die Gründung der Schweizerischen Nationalbank entschieden. 1907 nahm sie ihren Betrieb als Bank des Souveräns auf. In der Botschaft schrieb der Bundesrat in etwas umständlichen aber deutlichen Worten, weshalb er die Geldherstellung nicht mehr den Banken überlassen wollte: ‚Es wurde stets anerkannt, dass es im Hinblick auf die Souveränität leichtsinnig wäre, ein Kreditinstrument wie das einer Emissionsbank in die Hände einer Finanzoligarchie zu legen, ihre Mittel an sie abzugeben und damit zu ermöglichen, dass das öffentliche Interesse versklavt und privaten Interessen geopfert wird.‚ Auch die Liberalen empfahlen damals, das alleinige Recht zur Geldschöpfung dem Souverän zu übergeben.» (Zitat aus der Rede von Dr. oek. Reinhold Harringer)
Alles einfach vergessen?
«Inzwischen stellen die Geschäftsbanken die Mehrheit unseres Geldes wiederum selbst her: das elektronische Geld auf unseren Konten (das sogenannte Buch- oder Giralgeld, Red.). Es wird von den Banken virtuell aus dem ‚Nichts‘ hergestellt und macht heute 90 Prozent der Schweizer Geldmenge aus. Nur noch 10 Prozent sind Bargeld von der Nationalbank. Die Geschäftsbanken stellen eigenes Geld her, um damit selber Finanzprodukte und Immobilien zu kaufen oder Kredite zu vergeben», so Reinhold Harringer weiter. Und er kam zur Schlussfolgerung: Die Schweizerische Nationalbank befürwortet heute diese Privatisierung des Geldes, indem sie die Vollgeld-Initiative ablehnt, und, wörtlich: «Die Nationalbank hat ihren Gründungszweck, nämlich, dass die Geldherstellung nicht ‚in die Hände einer Finanzoligarchie‚ gehört, offensichtlich vergessen», so der Sprecher Reinhold Harringer.
Wohl etwas zu viel der Freundlichkeit
Reinhold Harringer, ehemaliger Leiter des städtischen Finanzamtes St. Gallen, war da etwas gar freundlich. Er hätte statt «vergessen» auch sagen können: Die Nationalbank versucht, ihre eigene Geschichte zu verdecken. Tatsächlich ist die Haltung der Nationalbank nur damit zu erklären, dass auch sie es nicht mehr wagt, den Schweizer Grossbanken Limiten zu setzen. Oder sie hat schlicht Angst vor der eigenen Verantwortung.
Wo liegt denn eigentlich das Problem?
Das Hauptproblem der Initiative scheint die Komplexität der Thematik zu sein. Wie erkläre ich dem Stimmbürger, der Stimmbürgerin, was denn eigentlich Buchgeld ist, um das es im Wesentlichen geht?
Ich, Autor dieser Zeilen, habe den Test auch gemacht – am Tisch mit Gästen bei einer Flasche Wein. «Was versteht Ihr unter Geld? Welche Arten von Geld gibt es? Und woher kommt das Geld?» So fragte ich. Die Antwort war wenig überraschend: «Es gibt Münzen, also zum Beispiel den Fünfliber. Es gibt – in der Schweiz – Banknoten im Wert von 10, 20, 50, 100 und 1000 Franken. Und es gibt das sogenannte Buch- oder Giralgeld, also das Geld in den Bankcomputern, weil dort das Handling mit Münzen und Banknoten natürlich zu kompliziert wäre.» Ich lasse nicht locker und stosse nach: «Und woher kommt das Geld?» Zehn Sekunden Nachdenken, dann aber ohne Zögern die Antwort: «Von der Nationalbank natürlich. Die gibt doch das Geld heraus.»
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Genau: DARUM ist es so schwierig, das Anliegen der Vollgeld-Initianten zu erklären. Dabei wäre es so einfach: Die Initianten der Vollgeld-Initiative müssten nur sagen: Das Geld-System soll so werden, wie 99 von 100 Leuten denken, dass es schon so ist. Nämlich dass alles Geld, ob Münzen, Banknoten oder eben auch das computertaugliche Buch- oder Giralgeld, von der Nationalbank kommt.
Man darf auch anderer Meinung sein
Der Abstimmungskampf ist eröffnet. Dass die Partei des Milliardärs und Schweizer Oligarchen Christoph Blocher gegen die Initiative ist, ist selbstredend. Die Reichen profitieren ja vom jetzigen System, wo mit billigem Geld um sich geworfen werden kann. Dass die FDP/Die Liberalen dagegen sind, ist auch keine Überraschung. Sie haben ihre hervorragende, zukunftorientierte Rolle bei der Schaffung der Schweizerischen Bundesverfassung 1848 längst verdrängt und sind zur Partei der Arbeitgeber avanciert. Auch bei ihnen gilt schon lange das Prinzip: Das Geld muss aufwärts fliessen! Eher überraschend dagegen ist, dass auch die SP sich gegen die Initiative engagiert, sogar im überparteilichen Nein-Komitee. Im Gros der SP-Partei-Politiker herrscht offensichtlich Angst vor der eigenen Courage. Oder eben auch hier finanzielle und/oder mentale Abhängigkeit von den grossen Banken. Vielleicht ist ihr Nein zur Initiative ja auch gar nicht so überraschend: Schon vor ein paar Jahren, als die Partei die Förderung der wirtschaftlichen Organisationsform ‚Genossenschaft‘ – als Alternative zur Aktiengesellschaft – im Parteiprogramm hatte, hat sie es beim Programmpunkt bewenden lassen. Getan hat sie nichts.
Und der Bitcoin? Kein Risiko?
Dass der Banker Thomas Matter von der SVP gegen die Vollgeld-Initiative ist, ist nachvollziehbar. Welcher Banker verzichtet denn schon gerne auf das Privileg, im Computer neues Geld zu ’schaffen‘ und es anschliessend gegen Zins ausleihen zu dürfen? Die Nicht-Banker im Komitee aber haben nur ein ‚Argument‘: das Risiko für die Schweiz sei zu gross, weil es sich beim Vollgeld um etwas vollkommen Neues handle. (Was, wie die Geschichte der Schweizerischen Nationalbank zeigt, eh nicht stimmt.)
Und wie ist es mit der – neuen – Kryptowährung Bitcoin? Da darf der Schweizer Wirtschaftsminister, Bundesrat Johann Schneider-Ammann, sogar öffentlich Werbung machen: In zehn Jahren werde die Schweiz DAS Land der Kryptowährungen sein, sagte er öffentlich, und die Schweiz werde dafür bewundert werden.
Nachdem das Bankgeheimnis – zwar nicht im Inland, aber wenigstens gegenüber vielen anderen Staaten – gefallen ist, sucht man, wen wundert’s, profitorientiert nach neuen Möglichkeiten, wie das Geld der ausländischen Superreichen – für diese selber natürlich, vor allem aber auch für die Schweizer Grossbanken – profitabel gebunkert und angelegt werden könnte. Warum nicht mit Hilfe einer Kryptowährung? Da darf man ein Risiko, so Bundesrat Johann Schneider-Ammann, durchaus eingehen. Beim Vollgeld aber gilt: Nur ja kein Risiko!
Zurück zur Frage: Was will die Vollgeld-Initiative?
So schwierig ist die Antwort auf die Frage, was die Vollgeld-Initiative denn eigentlich will, also gar nicht. Sie will, dass die Banken nicht mehr selber Geld ’schaffen‘ (oder eben ’schöpfen‘) dürfen, um es gegen Zins auszuleihen, sondern nur noch Geld ausleihen dürfen, das sie entweder selber besitzen, von ihren Kunden haben oder aber von der Nationalbank bezogen haben – genau so wie Münzen oder Banknoten. Oder mit anderen Worten, dass die Geschäftsbanken genau so vorgehen müssen, wie die meisten Leute meinen, dass sie es schon heute so tun.
Siehe auch:
- Infosperber-Dossier Vollgeld
- Infosperber-Dossier Kryptowährungen
- Infosperber-Dossier Macht der Grossbanken
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