Vertrag der Schande

Am 28.6.1919 unterzeichnete Außenminister Müller(SPD) den „Versailler Friedensvertrag“, wenn auch unter Protest. Zuvor, am 23.6.1919 stimmte der Reichstag mit 257 gegen 138 Stimmen für die Annahme des Vertrages. Diese Annahme erfolgte im Angesicht der britischen Seeblockade, die in dem wirtschaftlich und politisch darnieder liegenden Deutschen Reich zu Hungersnöten geführt hätte, wenn Deutschland diesen „Friedensvertrag“ nicht unterzeichnet hätte.

Am 3.10.2010 zahlte Deutschland die letzte Rate an Zahlungen, welche die Siegermächte aus diesen vertraglichen Verpflichtungen heraus von Deutschland forderten.

Wie wir alle aus der Geschichte wissen, führte dieser Vertrag nicht den Frieden im Gepäck, sondern den inneren und äußeren Unfrieden. In wesentlichen Teilen wurde dieser „Friedensvertrag“ als ungerecht empfunden und dies nicht nur in Deutschland. Wer die zeitgenössischen Äußerungen zu diesem Vertrag in Großbritannien und den USA liest, stellt erstaunt fest, dass auch dort viele Menschen an dem Friedenscharakter des Vertrages zweifelten. Nicht nur in Deutschland schwante vielen Menschen, dass hier die Büchse der Pandora geöffnet wurde.

Der Mythos von der Büchse Pandoras erzählt davon, dass gute und auch schlechte Ereignisse aus dieser Büchse kamen. Einerseits kamen Reichtum, Erfindungen, Glück, andererseits aber auch Krankheiten, Unglück und Tod. Den Franzosen und Briten brachte der Versailler Vertrag Güter, Geld und politisches Ansehen, den Deutschen brachte es demontierte Industrieanlagen, ein besetztes Ruhrgebiet, Reparationszahlungen in phantastischen Höhen und sozialen Unfrieden. Insbesondere entsprang in diesem Zusammenhang ein kleines Männchen mit Schnurrbart aus Pandoras Büchse, welches eifrig mit viel Rhetorik dafür sorgte, dass der Vertrag von Versailles möglichst viele Menschen aufregte und ihn am Ende völlig legal an die Macht brachte. Die danach folgenden tausend Jahre blieben den Menschen bis heute im Gedächtnis, denn sie bedeuteten weiteres Unglück für das Land und seine Bewohner.

Am 29.6 2012 wurden nun wieder wichtige Vertragswerke, der Fiskalpakt und der ESM im Bundestag angenommen. Derzeit steht Deutschland noch nicht am wirtschaftlichen Abgrund. Es gibt auch keine Seeblockade der Briten in der Nordsee, wir haben aktuell auch keinen Krieg verloren. Dennoch erklärt sich der Bundestag dazu bereit, einen Vertrag zum Totalausverkauf Deutschlands zu unterschreiben, der in seiner Machart und in seinem Inhalt historisch einmalig ist.

Punkt 1: Der Vertrag erlaubt eine unbegrenzte Höhe des Stammkapitals! In Artikel 8 Abs. 1 wird das Stammkapital in Höhe von 700 Mrd. Euro genannt. In Art. 10 Abs. 1 steht aber: „Der Gouverneursrat kann beschließen, das genehmigte Stammkapital zu verändern und Artikel 8 […] entsprechend zu ändern.“ Also zum mitschreiben: Die Institution des ESM kann da auch 5 Billionen Stammkapital beschließen, denn eine Grenze für das Stammkapital steht nirgendwo im Vertrag. Dies wird dann mit Mehrheit im Rat beschlossen! Ein Austritt wegen eines zu hohen Stammkapitals ist natürlich nicht möglich! Mehrheit ist eben Mehrheit. Das Parlament, welches zumindest in Deutschland die Budgethoheit hat, wird nicht gefragt werden. Der ESM bestimmt im Zweifelsfall, wie das deutsche Budget aussehen wird.

Punkt 2: Der ESM und seine Mitglieder / Mitarbeiter agieren in einem vollständig rechtsfreien Raum! Art. 32 Abs. 3 bestimmt, dass das Eigentum, die Vermögenswerte und die Mittelausstattung des ESM immun sind. Vermögen oder Geld des ESM kann von keinem Gericht der Welt gefordert oder eingeklagt werden. Was der ESM ist unantastbar! Art. 32 Abs. 4 des Vertrages bestimmt, dass das Eigentum des ESM nicht durchsucht werden darf. Eine Durchsuchung der Geschäftsräume des ESM können ebenfalls nicht durchsucht werden. Art. 35 Abs. 1 bestimmt, dass der Gouverneursrat, der Vorsitzende desselben sowie die Stellvertreter, alle Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Direktoriums und alle Bediensteten des ESM immun sind. Es können gegen alle diese Personen und ihre Taten kein Rechtsmittel eingelegt werden.

Punkt 3: Es fehlt jegliche demokratische Kontrolle. Alle Mitglieder unterliegen nach Art. 34 der absoluten Schweigepflicht. Die Vorgänge innerhalb es ESM sind geheim! Eine Öffentlichkeit kann nicht hergestellt werden. Nach dieser Lesart kann es auch keine parlamentarische Kontrolle geben, denn wie könnte öffentlich über geheime Vorgänge diskutiert werden? Vielmehr kann allein die Regierung auf die Vorgänge Einfluss nehmen, indem sie ihr bevollmächtigtes Mitglied aus dem Gouverneursrat abzieht und durch ein anderes ersetzt. Auch dieser Vorgang unterliegt natürlich keiner demokratisch – parlamentarischen Kontrolle..

Punkt 4: Der ESM darf Verluste machen, muss also nicht wirtschaftlich arbeiten. In Art. 25 Abs. 1 ist festgelegt, dass der ESM der Reihe nach seinen Reservefonds und dann das eingezahlte Kapital aufzehren kann. Danach kann er von allen Beteiligten den abrufbaren Betrag des Stammkapitals einfordern und wenn das auch nicht ausreicht, die Höhe des Stammkapitals erhöhen, wie ja aus Art. 10 hervorgeht. Zahlungsanforderungen an die Länder müssen innerhalb von 7 Tagen (!) eingehen. Werden diese nicht geliefert, verliert das Land seine Stimmrechte im ESM so lange, bis es zahlt. Die Stimmrechte werden so lange auf die Länder proportional verteilt.

Punkt 5: Der Vertrag enthält unklare Rechtsverhältnisse! Leider regelt der Vertrag die Modalitäten nicht, wenn Gelder von einem Staat nicht bezahlt und daher eingeklagt werden sollen. Es gelten hier allgemeine rechtliche Bestimmungen, deren Anwendung bisher noch nie in einem solchen Fall vorgekommen sind. Hier wird sehenden Auges absolutes juristisches Neuland betreten, das NICHT im Vertrag thematisiert wird. Nach deutschem Recht können beispielsweise ausstehende Zahlungen per Gerichtsbeschluss zwangsweise eingetrieben werden, per strafbewehrtem Zahlungsbefehl bis hin zur angeordneten Pfändung. Wie dies im Zusammenhang mit Staaten und dem europäischen Rechtsraum aussieht, kann vermutlich niemand derzeit wirklich beantworten.

Kurzum und zusammenfassend gesagt: Die Bundesrepublik Deutschland hat im Bundestag am 29.6.2012 mit zweidrittel Mehrheit zugestimmt, vertragliche Verpflichtungen in unbegrenzter finanzieller Höhe ohne Klagerecht, ohne Möglichkeit der öffentlichen Diskussion und ohne Austrittsrecht aus dem Vertrag einzugehen. Damit hat sich das Parlament ohne Not selbst entmachtet, und dies alles ohne verlorenen Krieg, ohne Seeblockaden und drohenden Hungersnöten, ohne zwingenden Grund von außen! Wie kann man solche Figuren verstehen, die in das Boot Löcher schlagen, in dem sie fahren, ohne dass es irgend einen triftigen Grund gibt, dies zu tun???

Von den 17 Ländern, welche den ESM voraussichtlich unterzeichnen werden, sind schon jetzt nur fünf sogenannte Geberländer. Diese sind: Österreich, Luxemburg, Niederlande, Finnland und Deutschland. ALLE übrigen Länder sind Nehmerländer (benötigen Geld für ihre Staatsschulden) und werden es auch bleiben. Von den fünf Geberländern ist nur eines wirtschaftlich Potent genug, um nennenswerte Beiträge auf die Waage zu bringen und das ist Deutschland. Nun hat das Parlament eben einen Vertrag unterzeichnet, wonach Deutschland de facto ALLE aufkommenden finanziellen Probleme in der Euro – Zone regelt, wenn Länderhaushalte in Not geraten. Da im ESM als Institution Änderungen nach dem Mehrheitsprinzip (Stimmrecht nach Anteilen) abgestimmt wird, ist es faktisch unwahrscheinlich, dass uns jene Länder aus der Pflicht lassen, wo sie doch nun solch eine schöne Geldtankstelle eingerichtet bekommen haben. Dieser Vertrag bedeutet nichts anderes als den finanziellen Enthauptungsschlag für die BRD, FREIWILLIG vom Parlament gebilligt. Dagegen sind 200 Milliarden Reichsmark in Gold als Reparationszahlungen des Versailler Vertrages geradezu ein Witz!

Ich wage zu behaupten, dass die gerade verabschiedeten Verträge, wenn sie ihre volle Wirkung entfalten, als Fäkalpakt in die Geschichte eingehen werden. Ich wage zu behaupten, dass wenn die gerade verabschiedeten Verträge ihre volle Wirkung entfalten, das Volk nicht nur aufwacht, sondern erkennt, dass es in einem voraussichtlich sehr lange anhaltende Alptraum gefangen ist. Ich wage zudem zu behaupten, dass wir an diesem Machwerk länger zu leiden haben werden als am Versailler Vertrag. Ich wage weiterhin zu behaupten, dass diese Verträge schwere soziale und gesellschaftliche Verwerfungen im Gepäck haben werden, deren Ausmaß wir bis jetzt noch nicht einmal erahnen. Möge das Schicksal verhüten, dass uns dieser Vertrag einen weiteren Schnurrbart – Träger bringt!

Die Römer hatten für ihre besonders schlechten Politiker ein spezielles, nachträgliches Verfahren. Sie nannten dies „damnatio memoriae“, was nichts anderes bedeutet, als dass sie diese besagten Politiker in ihrem kollektiven Gedächtnis für immer verdammten. Das prominenteste Opfer dieses Verfahrens war vermutlich der römische Kaiser Caligula, dem die Römer andichteten, er habe seine Schwester geschwängert und ihr das Kind aus dem Leib entrissen, indem er sie bei lebendigem Leibe aufschlitzte. Weiterhin dichteten sie ihm an, er habe ein Pferd zum Konsul ernannt, sich selbst für einen lebenden Gott gehalten und sei am Ende irre geworden. So funktioniert die damnatio memoriae.

Es steht zu befürchten, dass jene Parlamentarier, welche am 29.6.2012 diese Verträge der Schande billigten, durch die damnatio memoriae zukünftiger Generationen betroffen sein könnten. Unsere Kinder und Kindeskinder werden dieses Parlament und seine Insassen verfluchen!

meint
fortunato

Quelle: fortunanetz

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