Venezuela – Pfeif auf Grundgesetz und Völkerrecht

Die Tagesschau dient der Regierung als Sprachrohr beim rechtswidrigen Umgang mit Venezuela

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam (publikumskonferenz)

Deutsche Politik in Bezug auf Venezuela und das Völkerrecht – gibt es da nichts Problematisches, nichts Anstößiges? Nichts von nachrichtlichem Wert? Sind ein Bruch mit der UN-Charta und grundgesetzwidrige Politik kein Thema für die Tagesschau? Die Bundesregierung hat wie zahlreiche andere Staaten einen „selbsternannten Übergangspräsidenten“ Venezuelas, Juan Guaidó, als amtierenden Staatschef anerkannt. Dieser Treppenwitz der Weltgeschichte sei „völkerrechtlich ein Novum“ gewesen, stellt die „Initiative Nachrichtenaufklärung“ zurückhaltend fest und unterstreicht zugleich das Versagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, speziell der Tagesschau: Die juristische Problematik der deutschen Venezuela-Politik sei vollkommen außer Betracht geblieben.

Regelmäßig macht die „Initiative Nachrichtenaufklärung“ e.V., INA, die Öffentlichkeit auf Themen und Nachrichten aufmerksam, die von den deutschen Massenmedien vernachlässigt werden. (1) Vorschläge dazu werden an mehreren Hochschulen in Deutschland geprüft. Die Jury der INA beurteilt anschließend die Relevanz der Themen und wählt daraus die „Top Ten der vernachlässigten Nachrichten“ aus. Ihre neueste Liste stellte jetzt der Deutschlandfunk vor. (2)

Der Sender erwähnt an erster Stelle das Freihandelsabkommen der EU mit Japan, JAFTA; an Position zwei folgt die umfangreiche Sammelei personenbezogener Daten von Fluggästen, die in der EU unterwegs sind. Die Nr. 3 erwähnte der regierungsfromme Deutschlandfunk bezeichnenderweise aber nicht mehr: Die ignorante Weigerung der Massenmedien, sich den Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Venezuela-Politik zu widmen. Darauf wies nur der „Tagesspiegel“ hin. (3)

Während die Ereignisse in Lateinamerika auf breites Interesse der deutschen Bevölkerung stoßen, haben unsere Massenmedien über die staatsrechtlichen Zusammenhänge und Probleme faktisch nichts oder nur irreführend und tendenziös berichtet. Die Tagesschau hatte im Rahmen der medialen Desinformationskampagne Vorreiterfunktion. Zweimal gutachteten die Juristen der Wissenschaftlichen Dienste des deutschen Bundestags, dass die vorschnelle formelle Anerkennung Guaidós „völkerrechtlich bedenklich“ sei, eine höflich-vorsichtige Umschreibung für mutmaßliche Rechtswidrigkeit. Die Tagesschau interessierte es nicht, es tauchte lediglich in ihrem Internet-Format auf. (4) In einer Nische, Rubrik: Inland.

Der Grund für die marginale Behandlung des Skandals: Chefredakteur Dr. Gniffke lässt seine Qualitätsjournaille der Bundesregierung nicht lästig werden. Die Expertisen des Wissenschaftlichen Dienstes erlauben den Schluss, dass Bundeskanzlerin Merkel und Heiko Maas, der größte Außenminister aller Zeiten, mit der Guaidó-Anerkennung auf internationalem Parkett einen Grand Pas de deux in Rechtsbeugung aufführten.

In den Fernsehnachrichten für die deutschen Wohnzimmer wurde die Problematik sorgfältig ausgespart. Dort klangen die Ansagen über Guaidó nur wie der aggressive Stil von Regierungserklärungen, (5) Bürgerkriegsgefahr in Venezuela hin oder her. Zur agitatorischen Falschinformation der Tagesschau gehört der von ihr vermittelte Eindruck, die politische Entwicklung und die humanitäre Krise in Venezuela seien Auswirkungen einer demokratisch nicht legitimierten Amtsführung des Präsidenten Maduro. Dem Mann werden, wenn nicht wortwörtlich, so doch indirekt, autokratische Vorgehensweisen unterstellt. Das ist Tagesschau-Nachrichtenfälschung und Irreführung im großen Stil.

Die ARD-aktuell-Redaktion hätte berichten müssen, dass Maduro legal und in einer von den UN überwachten, sauberen Wahl mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Amt bestätigt ist. Sie hätten unmissverständlich anmerken müssen, dass es völkerrechtlich indiskutabel ist, ihm, wie geschehen, die Legalität seiner Amtsausübung abzusprechen. Zu seiner Mehrheit war er gelangt, weil die zerstrittenen Oppositionsparteien sich nicht auf einen Gegenkandidaten verständigen konnten und die Wahl lieber „boykottiert“ hatten. (6) Der Boykott machte die Wahl aber nicht illegal.

ARD-aktuell hätte darüber informieren müssen, dass die Opposition bei der nachfolgenden Parlamentswahl zwar eine Drei-Viertel-Mehrheit erreichte, sie aber nicht zu legislativer Arbeit nutzte, sondern zu einer Serie verfassungswidriger Vorstöße, so dass schließlich das Oberste Gericht Venezuelas – nicht Maduro! – es für notwendig hielt, diese Volksvertretung aufzulösen. Die Ironie des legalen Prozedere ist, dass Maduro daraufhin ersatzweise eine Nationalversammlung einberief, in der sich sein Gegner Guaidó profilieren konnte…

Als Guaidó, zwar in die Nationalversammlung gewählt, aber durch nichts fürs Amt des Staatschefs legitimiert (7), sich selbst zum Präsidenten Venezuelas erklärte, war das nach allgemein üblichem Rechtsverständnis – und nach venezolanischem wie auch nach deutschem Recht – Hochverrat. Als er die Armee zur Meuterei und zum Sturz der Regierung Maduro aufforderte, war das ein weiterer Akt des Hochverrats. Als er sich in den USA und mit den Geheimdienstlern anderer lateinamerikanischer Staaten über eventuelle militärische Interventionen vom Ausland her verständigte, war das Landesverrat.

Guaidó krönte schließlich seine politkriminelle Kariere mit der Selbsternennung zum „Übergangspräsidenten“, der die USA, Kanada sowie die rechtskonservativ bis autoritär regierten Staaten der „Lima-Gruppe“ zur Invasion Venezuelas einlud und von Kolumbien her gewaltsame Massendemonstrationen und Grenzverletzungen organisierte.

Wer sich solcher Straftaten schuldig macht, landet in zivilisierten Ländern ganz legal und sofort hinter Gittern. Maduro aber gestand seinem Gegner bisher Immunität als Parlamentarier zu. Entspricht das dem Vorgehen eines diktatorischen Machtmenschen? Doch über so Grundsätzliches informierte ARD-aktuell mit keinem Wort.

Die Tagesschau berichtete zwar breit über das Treffen Guaidós mit US-Vizepräsident Pence und der „Lima-Gruppe“. (8) Dabei erwähnte sie aber nicht, dass die 14 Staaten der Lima-Gruppe keine Mehrheit in der 34 Mitglieder zählenden Organisation Amerikanischer Staaten darstellen, sondern deren rechtslastiger Flügel sind. Die OAS hat hingegen Interventionen in Venezuela mehrheitlich abgelehnt. Die Tagesschau berichtete nicht, dass das mit weitem Abstand bevölkerungsreichste Land Südamerikas, nämlich Brasilien, sich ausdrücklich gegen jede Einmischung der USA in Venezuela aussprach:

“Die Position Brasiliens ist ein Kontrapunkt gegen eine eventuelle Aktion der USA zur Verteidigung einer Intervention in Venezuela. Brasilien hat kein Interesse an einem bewaffneten Konflikt in einem Nachbarland.” (9)

Das passte eben nicht in den transatlantischen Propagandakram der ARD-aktuell. Erst recht nicht eine Aussage dazu, dass die Bundesregierung, indem sie einem politischen Hochstapler und selbsternannten Präsidenten formelle Anerkennung zollte, nicht nur Ignoranz gegenüber dem Völkerrecht bewies, sondern auch grundgesetzwidrige Politik macht:

Artikel 25 – Völkerrecht

„Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.“ (10)

Auch wenn die USA und die Schar der ihr hörigen Vasallen (EU-Staaten inklusive) den “Übergangspräsidenten” Guaidó, den Typ Ladenschwengel, offiziell “anerkennen”, so ist der Mann für die UNO doch nach wie vor ein Niemand. Weder in der UN-Vollversammlung noch gar im Weltsicherheitsrat dürfte er Platz nehmen. In seiner beengten Rolle als Staatsfunker sieht Chefredakteur Dr. Kay Gniffke für sich und sein Qualitätsjournalistenteam aber offenbar keine Möglichkeit, von der konformistischen Regierungslinie abzuweichen: Guaidó ist auf Tagesschau-Deutsch “Übergangspräsident”, wenn auch zumeist noch mit dem Beiwort “selbsternannt”. Eine Lachnummer, in jeder Hinsicht, auch der journalistischen.

Völkerrechtsbruch? Gibt es nur bei den anderen. Vor allem bei den Russen. Die Bundesregierung ist immer sauber. Sauberer geht gar nicht. Auf die Berliner Demokratiedarsteller lassen die Gniffkes unserer Tage nichts kommen.

Die feindselige ARD-aktuell-Propaganda gegen die sozialistischen Regierungen Venezuelas hat eine lange Geschichte, wie ein Journalist des Internet-Blogs “Amerika21” in einem Brief an die Chefredaktion beklagt:

„Wenn ich es kurz zusammenfassen müsste, würde ich sagen, dass die ARD-Berichterstattung einen extremen Oppositions-Bias aufweist und der von der Opposition verbreitete Diktatur-Frame unkritisch und ungeprüft reproduziert wird. … Anders als bei den privaten Medien gehört der Schutz partikularer Interessen, etwa von privilegierten Bevölkerungsgruppen und privaten Unternehmern, nicht ausdrücklich zur redaktionellen Grundlinie. Ebenso wenig sind Sie darauf angewiesen, die Auslandsberichterstattung ausschließlich mit Kriegen, Krisen und Katastrophen zu bestreiten. Für die Zuschauer besteht bei Ihnen gewissermaßen ein Anspruch auf eine ausgeglichene Berichterstattung…..“ (11)

Natürlich erzielte dieses Schreiben bei Gniffke keine Wirkung, es landete wie so viele andere im Papierkorb. Die Tagesschau-Berichterstattung blieb unverändert einseitig. Hinsichtlich des aktuellen Konflikts erreichte sie einen neuen Tiefpunkt: Sie versucht, dem deutschen Zuschauer weiszumachen, in Venezuela finde ein „Machtkampf“ zwischen der US-Marionette Guaidó und dem gewählten Präsidenten Maduro statt. Das überhöht Guaidós Position und Möglichkeiten ins Maßlose. Das Stichwort “Machtkampf” fehlt trotzdem in den meisten Ansagetexten nicht und ziert regelmäßig die Hintergrund-Illustrationen zur Venezuela-Berichterstattung. Selbst jetzt noch, obwohl inzwischen jeder Klippschüler sehen kann, dass sich der “Übergangspräsident” als grandioser Flop erwiesen hat.





Grundsätzlich unerwähnt bleibt in der Tagesschau, dass Quisling Guaidó nur Washingtons Ziel dient, wieder räuberischen Zugriff auf die Ölvorkommen Venezuelas zu bekommen. Es fehlt jeder Hinweis auf den Hintergrund der feindseligen Politik Washingtons: Die USA hielten Venezuela bis 1999 praktisch in kolonialer Abhängigkeit, und US-Konzerne hatten ungehinderten Zugriff auf das Öl des Landes – bis Hugo Chavez Präsident wurde, sie aushebelte und die Ölförderung verstaatlichte. Sein unverzeihlicher “Fehler”: Die Erlöse aus dem Ölgeschäft nutzte er zur Versorgung und Bildung seiner Landsleute. Typisch Sozialist!

Seit jenen Tagen versuchen die US-Regierungen beider Couleur, Republikaner ebenso wie Demokraten, die sozialistische Bewegung Venezuelas zu bezwingen und ihre Regierungen zu stürzen. Erstmals gewaltsam schon im Jahr 2002, und danach immer wieder. Das Instrumentarium: Schwerwiegende Wirtschaftssanktionen, Putschversuche, Finanzierung und Steuerung gewaltbereiter Oppositionsparteien der Wohlhabenden und Besserverdiener, Sabotageakte, Attentate.

Auch davon kein Wort in der Tagesschau: Der langjährige Sonderberichterstatter des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen, Alfred de Zayas, hat erst vor wenigen Tagen empfohlen, der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag solle die Wirtschaftssanktionen der USA gegen Venezuela als mögliches Verbrechen gegen die Menschlichkeit untersuchen. (12) Solche bedeutenden Hinweise unterschlägt die ARD-aktuell gewohnheitsmäßig und routiniert.
In den vergangenen fünf Jahren haben die US-Sanktionen Venezuela von den meisten Finanzmärkten abgeschnitten. Das bewirkte erhebliche Rückschläge in Ölproduktion und -verkauf. Der globale Ölpreisverfall besorgte den Rest. Venezuelas Bürger erlitten den schlimmsten jemals registrierten Rückgang des Lebensstandards aller Länder Lateinamerikas. Auf diese Sachlage hebt die Tagesschau-Berichterstattung kritisch ab, nicht aber auf die objektiven Ursachen – und schon gar nicht zeigt sie auf den Verursacher: den schändlichen Erpresser und Hegemon USA. Die unstreitige Völkerrechtswidrigkeit der von Washington verfügten Sanktionen war einfach kein Thema für die Hamburger Qualitätsjournalisten. (13) Die legen größten Wert auf den strammen Sitz ihrer Scheuklappen.

Die Mainstreammedien rechnen den wirtschaftlichen Verfall Venezuelas nicht der imperialistischen Politik der USA zu, sondern kreiden sie der Regierung Maduro an. Auch die ARD-aktuell betreibt diese Hetze und steigert von Deutschland her die internationale Aufmerksamkeit für die Protestbewegung der angeblich „hungernden Bevölkerung“ – wiewohl die meisten Fernsehbilder zeigen, dass es gutgenährte Mittelschichtler sind, die da auf den Straßen der Hauptstadt Caracas krakeelen. Aber was schert deutsche Staatsfunker die Objektivität oder gar die Armut der indigenen Venezolaner, wenn es gilt, die Ideale der Westlichen Werte Gemeinschaft, WWG, ins rechte Bild zu setzen?
Typischer ARD-aktuell o-Ton:

„… Hilfsmittel brennen, es gibt Tote, das heißt, wir haben jetzt einen legitimen Grund, um weitere Sanktionen einzuführen oder vielleicht sogar eine militärische Intervention … man kann den USA berechtigt unterstellen, dass sie tatsächlich helfen wollen, die Not in Venezuela ist groß, die Menschen leiden Hunger… Auf der anderen Seite ist es ebenso richtig zu sagen, dass die USA eigene wirtschaftliche Interessen haben in Venezuela, es ist ein ölreiches Land, es gibt schon lange Öl- bzw. Wirtschaftsbeziehungen mit Venezuela. Und der US-Sicherheitsberater John Bolton hat es gesagt, dass es natürlich für die USA interessant wäre, jetzt diese Wirtschaftsbeziehungen zu vertiefen mit einer neuen Regierung Guaidó, also insofern ist es hier auf der einen Seite der Wunsch der USA jetzt zu helfen, dem kann man glauben, aber auf der anderen Seite stehen auch massive Wirtschaftsinteressen dahinter…“ (14)

Solch dümmliches, realitätsfernes und verfälschendes Gestammel in miesem Deutsch darf sich eine veritable ARD-Studioleiterin (!) tatsächlich erlauben? Und das wird gesendet? Das macht auch abgehärtete Zeitgenossen fassungslos. Xenia Böttcher betreibt blütenreine AgitProp im Rahmen einer Tagesschau-Sendung. Sie bewegt sich genau in dem “Frame” der Bundesregierung: Die USA wollen doch nur helfen, helfen, helfen, aber der böse „Machthaber“ Maduro lehnt die Hilfe ab, zum Schaden seiner hungernden Bürger. Eigeninteresse der USA? Freilich, schon, schon, ein kleines bisschen Eigeninteresse ist zwar dabei, aber aber aber hauptsächlich dient doch alles der Wiederbelebung der Wirtschaft Venezuelas … Die ARD-Korrespondentin scheut sich nicht einmal, einem Kriegseinsatz das Wort zu reden.
Beweislos rechnet Xenia Böttcher der Maduro-Regierung die Gewaltexzesse an der Grenze zu Kolumbien zu. Sie recherchiert nichts, sie hinterfragt nichts; Filmbelege und Zeugenaussagen, die ihrer vorgefassten Meinung entgegenstehen, ignoriert sie. Sie nimmt ungeniert in Kauf – der Platzhirsch ARD hat die Deutungshoheit, es besteht keine Gefahr – dass professionell arbeitende Journalisten ihre Lügengeschichten entlarven. (15)

Ihr Geschwätz über die angeblich hungernden Venezolaner: ein Propaganda-Versatzstück, das in den ARD-aktuell-Darbietungen selten fehlt. Verschwiegen wird hingegen, dass die USA mit ihrer Sanktions- und Embargopolitik gezielt die medizinische Versorgung der Bevölkerung untergruben. Das, und nicht angebliche Lebensmittelknappheit, war zur tödlichen Gefahr geworden. Washington hatte den Venezolanern ein ähnliches Schicksal wie den Jemeniten zugedacht: Sollten sie doch krepieren. Es nimmt nicht Wunder, dass ARD-aktuell Informationen darüber unterschlug, dass Russland helfend einsprang und jetzt mit der Lieferung von hunderten Tonnen Medikamenten zumindest die Grundversorgung wiederherzustellen sucht. (16, 17)

Trump, Bolton, Pompeo, Merkel, Maas und Konsorten wäre es anscheinend lieber gewesen, die Russen hätten die Venezolaner siechen lassen, denn das war der Zweck der Washingtoner Sanktionen. Die Inhumanität und Amoralität dieser Politikerbande kondensiert in einem Satz, den Donald Trump kurz nach seinem Amtsantritt im Jahr 2017 über Venezuela fallen ließ:

„Das ist das Land, gegen das wir in den Krieg ziehen sollten. Sie haben alles Öl und sind direkt an unserer Hintertür. “ (18)

Auch John Boltons optisch hervorgehobene Ankündigung einer militärischen Intervention, eines völkerrechtswidrigen Überfallkrieges gegen Venezuela, fand keine Erwähnung seitens Dr. Gniffkes Qualitätsjournaille. Trumps nationaler Sicherheitsberater hatte gut sichtbar auf einem mitgeführten Schreibblock notiert:

„5.000 Soldaten nach Kolumbien“.

Mit dieser Kriegsansage war er in eine Pressekonferenz gegangen. Drohende Bolton-Adresse an Maduro während eines Rundfunkinterviews:

„Gestern habe ich getwittert, dass ich Ihnen einen langen und ruhigen Rückzugsort an einem schönen Strand weit weg von Venezuela wünsche. Und je früher Sie diese Gelegenheit nutzen, desto wahrscheinlicher ist es, dass Sie einen schönen, ruhigen Rückzugsort an einem schönen Strand anstelle eines anderen Küstenstrichs wie Guantánamo haben werden“ (19)

Solche menschenfeindlichen Bösartigkeiten, obwohl weltbewegend, übergeht die Tagesschau großmütig. Schweigen bei der ARD-aktuell auch, als US-Senator Marco Rubio am 24. Februar 2019 einen widerwärtigen Tweet veröffentlichte, der nur als Morddrohung gegen Venezuelas Präsidenten Nicolas Maduro aufgefasst werden konnte: Der Tweet zeigt ein Foto des libyschen Staatschefs Muammar Gaddafi aus einer Zeit, als er noch im Amt war, sowie –Muster: “vorher / nachher” – ein weiteres Foto von der verstümmelten Leiche des viehisch grausam ermordeten Libyers, aufgenommen am Ende des US-geführten Nato-Vernichtungskriegs gegen sein Land. (20) Mit der Brutalität und Primitivität führender US-amerikanischer Knallchargen darf die ARD-aktuell ihr deutsches Publikum natürlich nicht beunruhigen. Es könnte die indifferent liebedienerischen transatlantischen Beziehungen unserer in Berlin residierenden Lakaientruppe bloßlegen …

Wie überhaupt der deutsche Fernsehnachrichten-Konsument vor Informationen zu schützen ist, die ihm Rückschlüsse darauf erlauben, wohin die US-hegemoniale Reise geht, und mit wem. Als Beauftragten für die „Wiedereinführung der Demokratie in Venezuela“ – welch ein Hohn auf Realität und menschliche Vernunft steckt allein schon in dieser Nomenklatur – ernannte das Weiße Haus Elliott Abrams: ein Polit-Ganove, der während der Reagan-Administration schlimmste Menschenrechtsverletzungen der USA in El Salvador förderte und rechtfertigte. Er setzte sich auch für Militärhilfe an Diktator Ríos Montt in Guatemala ein. In jener Zeit organisierte er zudem die illegalen Waffenlieferungen der CIA an die Contra-Rebellen in Nicaragua. Ein intriganter Lump. Wegen Falschaussage vor dem Kongress wurde er zwar verurteilt, aber schon kurz darauf begnadigt.

Was die Berufung dieser üblen Figur ins Amt eines Venezuela-Demokratiebeauftragten der USA über das Weiße Haus aussagt, verschleierte ARD-aktuell mit der pseudo-ironischen Phrase

„Auch die Berufung von Elliott Abrams als Sondergesandter erinnert an alte Zeiten“ (21)

Das Trio Bolton, Adams und US-Außenminister Mike Pompeo hat die Unterwerfung Venezuelas, vulgo: “Demokratisierung” im Auftragsbuch. (ebd.) Vertragsbrüchige, kriminelle Lügner und Kriegshetzer sollen den Venezolanern Freiheit und Wohlstand bringen – und der Qualitätsjournaille in der ARD-aktuell fällt zu all den Ungeheuerlichkeiten nur dümmlich Nichtssagendes ein. Ein beruflicher Offenbarungseid. Nicht der erste – und sicher nicht der letzte.

Quellen:

(1) http://www.derblindefleck.de/uber-uns/
(2) https://www.deutschlandfunkkultur.de/top-ten-der-initiative-nachrichtenaufklaerung-themen-im.2950.de.html?dram:article_id=442210
(3) https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/initiative-nachrichtenaufklaerung-relevant-aber-kaum-in-den-medien/24045176.html
(4) https://www.tagesschau.de/inland/guaido-bundestag-gutachten-101.html
(5) https://www.tagesschau.de/ausland/venezuela-eu-staaten-101.html
(6) https://www.nachdenkseiten.de/?p=48461
(7) Guaidó stütz sich auf eine Übergangsregelung in der venezolanischen Verfassung, die juristische Fachwelt hält sein Konstrukt nicht für tragfähig
(8) https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-509323.html
(9) Stellungnahme des brasilianischen Vize-Präsidenten, General Mourão, Brasil247 / 25.2.19
(10) https://www.jurion.de/gesetze/gg/25/
(11) https://amerika21.de/dokument/98157/brief-ard-aktuell
(12) https://kenfm.de/sanktionen-der-massenvernichtung-amerikas-krieg-gegen-venezuela/
(13) https://www.infosperber.ch/Artikel/Politik/Venezuela-Warum-informieren-Medien-nicht-uber-das-Volkerrecht
(14) https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-509155.html
(15) https://www.youtube.com/watch?v=k2ZMCa6uuZk
(16) https://www.youtube.com/watch?v=qlX3yfXNX_g
(17) https://de.sputniknews.com/politik/20190219324025219-maduro-russland-humanitaere-hilfe/
(18) https://m.dailykos.com/stories/1836543
(19) https://amerika21.de/2019/02/221502/venezuela-usa-bolton-maduro-guantanamo
(20) https://www.dailysabah.com/deutsch/amerika/2019/02/25/us-senator-rubio-droht-venezuela-mit-anspielung-an-schicksal-von-gaddafi
(21) https://www.tagesschau.de/ausland/usa-venezuela-101.html

Das Autoren-Team:
Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 – 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.

Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Journalist. 1975 – 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der ARD-Tagesschau, nach 1991 in der NDR-Hauptabteilung Kultur. Danach Lehr- und Forschungsauftrag an der Fu-Jen-Uni Taipeh.

Anmerkung der Autoren:
Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden auf der Seite https://publikumskonferenz.de/blog dokumentiert.

(Visited 24 times, 1 visits today)
Venezuela – Pfeif auf Grundgesetz und Völkerrecht
3 Stimmen, 5.00 durchschnittliche Bewertung (99% Ergebnis)

11 Kommentare

  1. Finde diese Reportagen wie im 2.ten Video immer gut: Leute, die WIRKLICH VOR ORT waren!
    War auch oft im Ausland, nicht überall, aber hab mir dadurch eine eigene Meinung bilden können.
    Nicht durch die Röhre, sondern in Realität. Die sieht nämlich oft (wen wundert´s noch) völlig anders aus. Hab grad wieder feinstes Olivenöl aus Tunesien bekommen…die Omi reist immer hin und her…und presst das dort mit 80 noch selbst mit der Hand. Besser geht gar nicht. Yummi!

    Aber Tunesien ist ein Schurkenstaat!
    Schurken, weil sie frei leben, denken und handeln wollen.
    Komisch: Wenn man dort ist denkt man nicht eine Sekunde daran.

  2. Ich weiß, ich wiederhole mich – aber warum steht die Welt nicht endlich gegen den Super-Terror-Staat USA auf. Wie lange will die Welt diese immer schlimmeren Verbrechen der USA noch einfach hinnehmen.

    • Liebe Libelle,
      eine berechtigte Frage, auf die Dir wer, eine erschöpfende Antwort geben kann? Ich weiß es auch nicht! 🙂
      Sehr vermutlich ist es so, daß alles, was auf dieser Welt passiert, seinen Zweck und damit seine Zeit hat!
      Wer das Böse nicht kennt, wie kann er das Gute schätzen, gar erstreben (wollen)?
      Der Mensch, so wie er ist, lernt er nicht erst durch und aus dem Mangel?
      Wer strebt nach Höherem? Der Satte oder der Hungrige? Anscheinend ist es so angelegt, daß erst das Tal der Finsternis durchschritten werden muß, um an das Licht zu gelangen?
      Und, in diesem Zusammenhang, so schmerzlich es auch erscheinen mag, sollten wir auch bereit sein, uns von unserem „Ich“ zu lösen! Der Mensch, für sich allein betrachtet, was vermag er? Er wird doch erst im Einklang mit seinem Schöpfer und seinesgleichen?! Dem zufolge, Loslassen und Vertrauen heißt die Devise! 🙂

    • 03.03.2019

      Das 19. Jahrhundert war das Jahrhundert des Nationalismus und das 20. Jh. war das Jahrhundert des Zionismus, das allerdings nie öffentlich als solches erkannt und dikutiert werden durfte und konnte, weil das Geld und die Massenmedien dies in jeder Hinsicht verhindert haben. Und das 21. Jh. wird das endgültige zionistische Armageddon werden, in dem alle den Zionisten unbotmäßigen Staaten zerstört werden: Irak, Syrien, Libyen, Venezuela, Iran, Nord-Korea usw. von zionistischen Alliierten Saudi-Arabien, USA, EU usw.

      Deutschland mußte fallen und endgültig zerstört werden, weil es dem Zionismus in seiner ehrlichen und naiven deutschen Art von Ethik und Moral im Wege stand – und heute ist Deutschland ein zionistischer Staat par excellence: Niemand kommt in unserer Politik hoch, der nicht in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft e. V. (DIG) Mitglied ist, quer durch alle Parteien, die dort einheitllich orchestriert werden.

      https://www.deutsch-israelische-gesellschaft.de/

      http://www.dig-frankfurt.de/web/index.php

      https://www.deutsch-israelische-gesellschaft.de/junges-forum/im-fokus/category/junges-forum

      Daraus erkennen wir, daß unsere Politiker nicht unsere Politik vertreten, sondern die der Zionisten, wofür sie von unseren Steuern wahrhaft fürstlich belohnt werden.

      Wir haben keine Zukunft, weil wir keine selbständigen, sondern nur zionistischen Politiker haben, auch einen zionistischen Rundfunk, wobei wir auf zionistischen Geheiß durch Masseneinwanderung endgültig eleminiert werden.

      • Ich kenne jemanden, der mal für ein Ministeramt kandidiert hat, die Auswahl seiner Partei aber verlor. Dann hat er sich der Deutsch-Israelischen-Gesellschaft angeschlossen und dient sich dort hoch.

        Damals habe ich mir die Satzung genau durchgelesen.

        Die DIG macht keine Völkerverständigung sondern einseitig Solidarität mit Israel. Keine umgekehrte Solidarität mit Deutschland. Nichts Reziprokes.

        Der Teil Deutsch ist dort im Namen falsch, weil es allein um Israel geht. Es ist die Israelische Gesellschaft, die über den Aufstieg von Politikern entscheidet.

        Was das jüdische 20Jhr angeht, so sollte man den Hochadel nicht vergessen. Denn z.B. der 1. WK war ein Familienkrieg zwischen dem deutschen und englischen Teil der eng verwandten Familie mit den Ziel überflüssige Esser, die dank industrieller Produktivitätssteigerungen überflüssig geworden waren, loszuwerden. Was war da besser geeignet als Massenangriffe auf MG Stellungen? Die sind ja noch singend und freudig in ihrer Indoktrination zur Schlachtbank gelaufen.

        Ein Blogger aus den USA behauptet übrigens, dass man nachweisen kann, dass die meisten Juden und der Hochadel eine genetische Gruppe sind. Man könne das v.a. am Rhesusfaktor sehen.

        Es entgeht einem vielleicht Wesentliches, wenn man nur in eine Richtung schaut.

        • Die NWO ist keine Zukunftserwartung, vielmehr besteht sie schon seit Gründung der UN und der Gründung Israels.  Wenn Rußland unterjocht werden muß, um an seine Rohstoffe zu kommen, bedeutet es nichts anderes, als daß von Zionisten beherrschte multinationale Unternehmen absahnen wollen, und die Herrschaft des zionistischen Imperiums auf die letzten Reste der Welt erweitert wird.

          Bei der Gründung der UN wurden die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats sakrosankt gestellt, insofern als sie nicht mit Strafmaßnahmen belegt werden konnten.  Man würde erwarten, daß die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats dieses Privilegiums eingedenk der Staatengemeinschaft als unabhängige Richter vorstehen.  Statt dessen haben die "westlichen", also zionistischen, Mitglieder des Sicherheitsrats  Israel mit Uran versorgt, beim Bau von Atomwaffen geholfen und jede Ungerechtigkeit Israels gegen die Araber ohne Sanktionen zugelassen.

          Inzwischen nutzen die "westlichen" Mitglieder des Sicherheitsrats ihr Privilegium ganz offen, um ihre eigenen hegemonialen Interessen zu vertreten, insbesondere unterstützen sie seit 8 Jahren einen heimlich von Israel genährten Krieg gegen Syrien.  Die "westlichen" Mitglieder des Sicherheitsrats verlassen sogar die Sitzung, wenn der syrischen Vertreter überhaupt mit seinem Vortrag beginnt.

          Die UN wurde hauptsächlich geschaffen, um Israel zu gründen, und jetzt geht die UN zu Grunde, weil inzwischen schon dem Dümmsten an den Vetorechten zugunsten Israels klar sein muß, daß die "westlichen" Mitglieder unberechtigt privilegiert sind und dieses Privilegium zur eigenen Interessenvertretung mißbrauchen.  Ergo ist die UN recht eigentlich am Arsch, auch wenn sie einen Migrationspakt zugunsten Merkels verfaßt hat!

            • Der Höhepunkt der NWO und des Zionismus war 2015 als ihre Agentin Merkel für Millionen von Muslimen rechtswidrig unsere Grenzen öffnete.  Anschließend kam jedoch die Retourkutsche der erstaunten Menschheit, daß sich Deutschland selbst liquidiert und dem Feind die Tore öffnet:  Merkel das trojanische Pferd Deutschlands eben!  Deswegen kamen der Brexit und Trump, die Wahlsiege der Populisten in Österreich und Italien.   

              Die NWO-Führung verstärkt jetzt ihre Klimaagenda, um aus der sich möglicherweise abzeichnenden Klimaänderung Hönig zu saugen, wobei sie sich nicht scheut insoweit zu entblöden eine 16jährige pubertierende Schwedin einzuspannen.  

              Die vielen Konflikte auf der Welt werden immer mehr, weil die NWO keinen einzigen zur Ruhe kommen lassen will, und Rußland, das seine Unabhängigkeit bewahren will, den Zionisten mächtig Sand ins Getriebe schmeißt.  Kaschmir ist allerdings keine zionistische Intrige. Jedoch sitzen Google, Facebook und Twitter alle mit den Zionisten in einem Boot.

              Hong-Kong derzeit ist ganz gewiß eine zionistische Intrige;  denn wenn unser Rundfunk sich positioniert und von Demokratie-Freunden spricht gegen die Diktatur steckt ganz sicher eine solche dahinter;  denn so spricht der Rundfunk nicht von Saudi-Arabien, dem Zwillingsbruder Israels.

              Wir müssen davon ausgehen, daß die allermeisten Demonstrationen vom Geld gemacht werden und es bezahlte Demonstranten gibt, die auf die Straße gehen, um von den Massenmedien zu politisch-propagandistsichen  Zwecken instrumentalisiert zu werden.

              Giselher Wirsing beschreibt so eine öffentliche Erregung als Sidney James Webb, 1. Lord von Passfield, 1930 den Rechten der Araber entgegenkommen wollte:

              S.31:

              http://gruenguertel.kremser.info/wp-content/uploads/Wirsing_Palaestina_II_b.pdf

              "Die Ereignisse, die den verschiedenen Kommissionsberichten in den stürmischen Jahren 1929 und 1930 folgten, müssen etwas eingehender betrachtet werden. Sie bieten überraschende Aufschlüsse sowohl über die englische politische Psychologie wie auch über die Taktik und die Macht des Judentums. Die Untersuchungskommission Sir Walter Shaws war im März 1930 aus Palästina zurückgekehrt und hatte ihren Bericht der Öffentlichkeit Anfang April übergeben. Er war für die Aspirationen des Weltjudentums keineswegs günstig, obwohl den Arabern Schuld daran gegeben wurde, daß die Unruhen im Zusammenhang mit der Klagemauer ausgebrochen waren. Shaw stellte fest, daß die Befürchtungen der Araber, sie würden mit der Zeit ihres Bodens verlustig gehen, die tiefer liegende Ursache der Unruhen sei. Diese Befürchtungen seien begründet in der Unklarheit der englischen Politik und in gewissen Vorkommnissen beim jüdischen Landkauf. Die Regierung müsse daher eine deutliche Erklärung über den Schutz der arabischen Rechte abgeben und die jüdische Einwanderung und den Bodenkauf im Einklang mit den Interessen der Araber genau festsetzen. Ferner müsse auch den Arabern ein gewisses Maß von Selbstverwaltung gegeben werden, ohne daß neue Unruhen zu befürchten seien. MacDonald und Passfield schoben eine Entscheidung auf, bis eine weitere Kommission unter Sir John Hope-Simpson noch einmal Einzelheiten erkundet hatte. Die Unzufriedenheit der Juden mit dem Shaw- Bericht wurde außerdem dadurch gedämpft, daß eines der Mitglieder jener Kommission, der Arbeiterabgeordnete Snell (heute Lord Snell), ein Sondergutachten erstattet hatte, das im wesentlichen judenfreundlich war.

              Hope-Simpson kam im September 1930 nach England zurück. Am 20. Oktober wurde sein Bericht zusammen mit einem Weißbuch, dem sogenannten Passfield-Weißbuch, veröffentlicht, und nun erwies sich plötzlich, daß die Versuche des Judentums, den Bericht Hope-Simpsons sowohl wie das Weißbuch der britischen Regierung in ihrem Sinne zu beeinflussen, erfolglos geblieben waren. Es war das erste Dokument, das den Arabern gerecht wurde. Felix Warburg erklärte später:
              „Auf Grund der Nachrichten, die uns während Hope-Simpsons Untersuchungen in Palästina erreichten, hatten wir guten Grund anzunehmen, daß wir günstige und konstruktive Vorschläge zu erwarten hätten. Bevor wir Gelegenheit hatten, den Bericht zu lesen, nahm ich eine Einladung Lord Passfields an, nach London zu kommen und mit ihm die Lage zu besprechen. Lord Passfield sprach über die Schwierigkeiten, die sich ihm bei der Verwaltung des Mandats in den Weg stellten. Ich erklärte, ich sei überzeugt, daß er mich nicht bloß nach London gerufen habe, damit ich diese Klagen anhörte. Ich sei in der Hoffnung gekommen, von ihm eine Botschaft konstruktiven Inhalts zu erhalten, die ich der Konferenz der Jewish Agency vorlegen könnte. Daraufhin übergab mir Lord Passfield jene Botschaft, die das Versprechen enthielt, daß für die Sicherheit der Juden in Palästina gesorgt werden würde. . . Was in der Zeit zwischen dieser Konferenz und der endgültigen Ausgabe des Simpson-Berichts geschehen ist, ist bis heute ein Rätsel geblieben“. …

              Das Weißbuch wendet sich dann klar dagegen, daß das Mandat einseitig für die Juden auszulegen sei, und stellt fest, daß die Verpflichtungen der britischen Regierung gegenüber den beiden Bevölkerungsteilen von gleichem Gewicht seien. Sodann wendet sich Passfield gegen jene Bestimmungen der Jewish Agency, die wir schon besprochen haben, durch die der von der Agency erworbene Boden unveräußerliches Eigentum des jüdischen Volkes sein soll, sowie gegen die ausschließliche Beschäftigung jüdischer Arbeiter in jüdischen Betrieben. Das Weißbuch greift schließlich auch das drängende Problem der illegalen Einwanderung auf, …

              Die Wirkung war unbeschreiblich. Binnen weniger Stunden wurde Lord Passfield, der alte Fabian Sidney Webb, zum damals bestgehaßten Mann des Weltjudentums. Weizmann erklärte noch am Tage der Veröffentlichung des Weißbuches seinen Rücktritt als Präsident der zionistischen Organisation und der Jewish Agency. Lord Melchett trat vom Amt des Vorsitzenden der politischen Kommission und des Joint Committee zurück. Sein Demissionsschreiben strotzte von Drohungen: „Die groteske Travestie des Zweckes des Mandats, die in dem Weißbuch gegeben wird, kann nur charakterisiert werden als eine Beleidigung der Intelligenz der Judenschaft und als ein wohlüberlegter Affront gegen die Mandatskommission. Die unbekümmerte Art, in der diese Regierung die loyale Unterstützung der Juden im ganzen Britischen Reich und in der Welt gefährdet hat, scheint unglaublich – eine Hilfe, die Großbritannien und seinen Alliierten eine Stützung in einer großen Krisis war, die die Balfour-Deklaration von 1917 hervorgerufen hat . . . es ist ein Akt von Undankbarkeit und Verräterei einer Regierung fast ohnegleichen.“ Gleichzeitig erklärte in New York Felix Warburg seinen Rücktritt vom Vorsitz des Administration Committee der Jewish Agency mit dem Zusatz, das Weißbuch bedeute „einen grausam wirkenden Verrat des Vertrauens, das der britischen Regierung vom jüdischen Volke entgegengebracht worden sei“.

              Das Dokument Lord Passfields war noch kaum der Öffentlichkeit übergeben, als schon in London, Jerusalem und New York gleichzeitig die jüdischen Drähte zu spielen begannen. In Warschau wurden die Fenster der englischen Gesandtschaft von einer aufheulenden Judenmenge zertrümmert. Ein Sturm des Weltjudentums setzte ein, wie er ähnlich prompt und effektvoll acht Jahre später zum Sturz der Regierung Goga in Rumänien inszeniert wurde. Nachdem Melchett, Weizmann und Warburg in dieser Weise unverhüllte Drohungen gegen die britische Regierung ausgestoßen hatten, setzte sich alsbald jener ganze Apparat in Bewegung, in dem nun durchaus nicht nur die Sprecher des Judentums eine Rolle spielten. Selbst in dem zurückhaltenden Peel-Bericht, der diese ganze Episode naturgemäß nicht allzu breit behandelt, heißt es von jenen Tagen: „Für einen Augenblick schien eine ernsthafte Gefahr zu bestehen, daß die Verwaltung Palästinas sich auf die englische Parteipolitik auswirken würde mit einer Partei auf arabischer und der anderen auf jüdischer Seite. Eine so beklagenswerte Bloßstellung wurde zum Glück abgewendet. Doch die öffentliche Erörterung des Streitfalles war eine eindrucksvolle Demonstration der politischen Macht, welche die Zionisten in England mobilisieren konnten.“ "

Schreibe einen Kommentar zu tusculum Antworten abbrechen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*