US/NATO gegen Russland-China: Ein Hybrid-Krieg bis zum bitteren Ende

von Pepe Escobar, via asiatimes.com (theblogcat)

https://www.zerohedge.com/geopolitical/escobar-usnato-versus-russia-china-hybrid-war-finish

 Die unipolare Dynamik ist tot. Der Hegemon wird versuchen, die eurasische Integration zu zerstören. Und nicht ein Erwachsener im Raum, der zur Zurückhaltung rät…

Fangen wir mit einem Witz an: Der „Führer der freien Welt“ hat versprochen, dass er China daran hindern wird, die „führende“ Nation auf der Welt zu werden. Und um so eine außergewöhnliche Mission zu erfüllen, erwartet er, im Jahr 2024 noch mal zu kandidieren. Nicht als Hologramm. Und mit der selben Kandidatin als Vizepräsidentin.

Und nachdem die „freie Welt“ einen Seufzer der Erleichterung von sich gab, können wir zu den ernsten Angelegenheiten zurückkehren – so wie in „Shocked and Awed 21st Century Politics“dargelegt. https://asiatimes.com/2021/03/welcome-to-shocked-awed-21st-century-geopolitics/

Was in den vergangenen paar Tagen zwischen Anchorage und Guilin geschah, das hallt noch immer nach. Während der russische Außenminister Sergei Lawrow betonte, dass Brüssel die Beziehungen zwischen Russland und der EU „zerstört“ hat, betonte er gleichzeitig, dass die umfassende strategische Partnerschaft zwischen Russland und China immer stärker wird.

Eine nicht zufällige Gleichzeitigkeit ergab, dass Lawrow vom chinesischen Außenminister Wang Yi gebührend in Guilin empfangen wurde – mit einem malerischen Mittagessen auf dem Fluss Li – und der US-Außenminister Tony Blinken besuchte das James Bond-artige Hauptquartier der NATO außerhalb von Brüssel.

Lawrow machte ziemlich deutlich, dass sich das Zentrum von Russland und China um eine wirtschaftliche und finanzielle Achse dreht, um dem Bretton Woods Abkommen etwas entgegenzusetzen. Dies beinhaltet, dass man alles unternimmt, um Moskau und Peking vor „Sanktionsdrohungen anderer Staaten“ zu schützen; eine fortschreitende De-Dollarisierung; und Fortschritte bei Kryptowährungen.

Diese „dreifache Gefahr“ ist es, die den ungezügelten Zorn des Hegemons entfacht.

Auf einem breiteren Spektrum impliziert die russisch-chinesische Strategie auch, dass die fortschreitende Interaktion zwischen der Belt and Road initiative (BRI) und der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU) in Zentralasien, Südostasien, Teilen Südasiens und Südwestasiens weiter voranschreiten wird – notwendige Schritte hin zu einem letztlich einheitlichen eurasischen Markt unter einer Art strategischem chinesisch-russischen Management.

In Alaska lernte das Blinken-Sullivan Team – zu seinen Lasten – dass man sich nicht ungestraft mit einem Yoda wie Yang Jiechi anlegt. Nun werden sie lernen was es bedeutet, sich mit Nikolai Patrushev anzulegen, dem Chef des russischen Sicherheitsrates.

Patrushev, genauso ein Yoda wie Yang Jiechi, und ein Meister der Tiefstapelei, überbrachte eine nicht ganz kryptische Botschaft: Sollten die USA für Russland „harte Tage“ erzeugen, so wie sie „das planen, sie können das umsetzen“, dann würde Washington „für die Schritte verantwortlich sein, die sie unternehmen.“





Worum es der NATO wirklich geht

Mittlerweile gab Blinken mit der spektakulär ineffizienten Chefin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, das perfekte Paar. Das Drehbuch ging in etwa so: „Nord Stream 2 ist echt schlecht für euch. Ein Handels und Investitionsabkommen mit China ist echt schlecht für euch. Und jetzt sitzt. Braves Mädchen.“

Dann kam die NATO, die eine echte Show abzog, zusammen mit einem Gruppenfoto aller Außenminister als harte Hunde vor dem Hauptquartier. Das war Teil des Gipfels – den 10. Jahrestag der Zerstörung Libyens durch die NATO hat man natürlich nicht gefeiert, oder das große Schlamassel, das die NATO in Afghanistan „erduldet“.

Im Juni 2020 legte der NATO-Generalsekretär und Pappkamerad Jens Stoltenberg – eigentlich seine militärischen Handlanger aus den USA – das vor, was jetzt als NATO 2030-Strategie bekannt ist, die auf ein globales politisch-militärisches Robocop-Mandat hinausläuft. Der Globale Süden ist (nicht) gewarnt worden.

In Afghanistan, so ein für Ironie unempfänglicher Stoltenberg, unterstützt die NATO das Einbringen „frischer Energie in den Friedensprozess“. Auf dem Gipfel diskutierten die NATO-Minister auch über den Nahen Osten und Nordafrika und untersuchten – mit ernster Miene – „was die NATO noch tun könnte, um Stabilität in der Region aufzubauen“. Syrer, Iraker, Libanesen, Libyer und Malier würden gerne etwas daraus lernen.

Nach dem Gipfel gab Stoltenberg eine sprichwörtlich schläfrige Pressekonferenz, in der das Hauptaugenmerk auf – was sonst – Russland lag und dessen „Muster für repressives Verhalten im Inland und aggressives Verhalten im Ausland“.

(Anm.d.Ü.: Wer dieses Video 30 Minuten durchhält, bekommt den Masochisten-Orden am Band)

Die ganze Rhetorik über den „Aufbau von Stabilität“ durch die NATO verflüchtigt sich, wenn man sich ansieht, was wirklich hinter NATO 2030 steckt, und zwar durch einen fetten „Empfehlungs“-Bericht, der von einer Gruppe von „Experten“ geschrieben wurde.

Hier erfahren wir die drei wesentlichen Punkte:

1. „Das Bündnis muss auf russische Drohungen und feindselige Handlungen reagieren (…), ohne dass es zu einer Rückkehr zum ‚business as usual‘ kommt, es sei denn, Russlands aggressives Verhalten ändert sich und es kehrt zur vollständigen Einhaltung des Völkerrechts zurück.“

2. China wird als ein Tsunami aus „Sicherheitsherausforderungen“ dargestellt: „Das Bündnis sollte die Herausforderung China in die bestehenden Strukturen einfließen lassen und die Einrichtung eines beratenden Gremiums erwägen, um alle Aspekte der Sicherheitsinteressen der Bündnispartner gegenüber China zu erörtern.“ Der Schwerpunkt liegt auf der „Abwehr jeglicher chinesischer Aktivitäten, die die kollektive Verteidigung, die militärische Bereitschaft oder die Widerstandsfähigkeit im Verantwortungsbereich des Obersten Alliierten Befehlshabers Europa (SACEUR) beeinträchtigen könnten.“

3. „Die NATO sollte einen globalen Plan für eine bessere Nutzung ihrer Partnerschaften zur Förderung der strategischen Interessen der NATO entwerfen. Sie sollte von dem derzeitigen, nachfrageorientierten Ansatz zu einem interessenorientierten Ansatz übergehen und die Bereitstellung stabilerer und vorhersehbarer Ressourcenströme für Partnerschaftsaktivitäten in Betracht ziehen. Die Politik der offenen Tür der NATO sollte beibehalten und neu belebt werden. Die NATO sollte die Partnerschaften mit der Ukraine und Georgien ausbauen und stärken.“

Ein Hoch auf die dreifache Bedrohung. Doch der Top of the Pops – wie in fetten, saftigen Verträgen für den industriell-militärischen Komplex – ist wirklich hier:

Die tiefgreifendste geopolitische Herausforderung geht von Russland aus. Obwohl Russland in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht eine im Niedergang begriffene Macht ist, hat es bewiesen, dass es zu territorialen Angriffen fähig ist, und es wird wahrscheinlich auch in den nächsten zehn Jahren eine der Hauptbedrohungen für die NATO darstellen.





Die NATO mag zwar redigieren, aber das Master-Skript kommt direkt vom Tiefen Staat – komplett mit einem Russland, das „nach Hegemonie strebt“, den Hybriden Krieg ausweitet (das Konzept wurde tatsächlich vom Tiefen Staat erfunden) und „Cybermanipulationen, staatlich sanktionierte Attentate und Vergiftungen – unter Verwendung von chemischen Waffen, politischem Zwang und anderen Methoden, um die Souveränität der Verbündeten zu verletzen.“

Peking seinerseits wendet „Gewalt gegen seine Nachbarn an, ebenso wie wirtschaftlichen Zwang und einschüchternde Diplomatie weit über die indopazifische Region hinaus. Im kommenden Jahrzehnt wird China wahrscheinlich auch die Fähigkeit der NATO, kollektive Widerstandsfähigkeit aufzubauen, in Frage stellen.“

Der globale Süden sollte sich des Versprechens der NATO, die „freie Welt“ vor diesen autokratischen Übeln zu retten, sehr bewusst sein.

Die NATO-Interpretation von „Süden“ umfasst Nordafrika und den Nahen Osten, und zwar überall von Schwarzafrika bis Afghanistan. Jegliche Ähnlichkeit mit dem vermutlich nicht mehr existierenden Konzept des „Größeren Mittleren Ostens“ aus der (G.W.Bush) Dubya-Ära ist kein Zufall.

Die NATO besteht darauf, dass diese riesige Ausdehnung durch „Fragilität, Instabilität und Unsicherheit“ gekennzeichnet ist – natürlich weigert sie sich, ihre eigene Rolle als Verursacher von Instabilität in Libyen, Irak, Teilen Syriens und Afghanistans offenzulegen.

Denn letztlich… ist alles Russlands Schuld: „Im Süden besteht die Herausforderung in der Präsenz Russlands und in geringerem Maße Chinas, die regionale Unsicherheiten ausnutzen. Russland hat sich wieder im Nahen Osten und im östlichen Mittelmeerraum eingemischt. Im Jahr 2015 griff es in den syrischen Bürgerkrieg ein und bleibt dort. Russlands Nahostpolitik wird wahrscheinlich die Spannungen und politischen Unruhen in der gesamten Region verschärfen, da es seinen Partnern immer mehr politische, finanzielle, operative und logistische Mittel zur Verfügung stellt. Auch Chinas Einfluss im Nahen Osten wächst. Es unterzeichnete eine strategische Partnerschaft mit dem Iran, ist der größte Importeur von Rohöl aus dem Irak, hat sich in den Friedensprozess in Afghanistan eingekeilt und ist der größte ausländische Investor in der Region.“

Hier ist, in aller Kürze und nicht gerade im Klartext, die NATO-Roadmap bis 2030, um jeden relevanten Winkel der eurasischen Integration zu schikanieren und zu versuchen, ihn zu demontieren, insbesondere diejenigen, die direkt mit den Infrastruktur-/Verbindungsprojekten der Neuen Seidenstraße verbunden sind (Investitionen in den Iran, Wiederaufbau Syriens, Wiederaufbau des Irak, Wiederaufbau Afghanistans).

Der Spin ist ein „360-Grad-Ansatz für die Sicherheit“, der „zu einem Imperativ“ wird. Übersetzung: Die NATO wird sich große Teile des globalen Südens unter dem Vorwand aneignen, „sowohl die traditionellen Bedrohungen, die von dieser Region ausgehen, wie den Terrorismus, als auch neue Risiken, einschließlich der wachsenden Präsenz Russlands und in geringerem Maße Chinas, zu bekämpfen.“

Hybrid-Krieg an zwei Fronten

Und das wenn man bedenkt, dass es in einer nicht allzu fernen Vergangenheit einige Geistesblitze gab, die vom US-Establishment ausgingen.

Nur wenige werden sich daran erinnern, dass James Baker, ehemaliger Außenminister unter Daddy Bush, 1993 die Idee vorbrachte, die NATO auf Russland auszudehnen, das damals unter Jelzin und einer Bande von Milton Friedmanesken Freigeistern verwüstet war, aber von „Demokratie“ regiert wurde. Doch Bill Clinton war bereits an der Macht, und die Idee wurde ordnungsgemäß verworfen.

Sechs Jahre später stellte kein Geringerer als George Kennan – der die Eindämmung der UdSSR überhaupt erst erfunden hatte – fest, dass die NATO-Annexion ehemaliger sowjetischer Satelliten „der Beginn eines neuen Kalten Krieges“ und „ein tragischer Fehler“ sei.

Es ist ungemein aufschlussreich, das ganze Jahrzehnt zwischen dem Zusammenbruch der UdSSR und der Wahl Putins zum Präsidenten durch das ehrwürdige Buch „Russian Crossroads: Toward the New Millenium“ von Jewgeni Primakow zu durchleben und neu zu studieren, das in den USA bei Yale University Press erschienen ist.

Primakow, der ultimative Geheimdienst-Insider, der als Prawda-Korrespondent im Nahen Osten begann, ehemaliger Außenminister und auch Ministerpräsident war, schaute wiederholt tief in Putins Seele und mochte, was er sah: ein Mann von Integrität und ein vollendeter Profi. Primakow war ein Multilateralist vor dessen Zeit, der konzeptionelle Anstifter des RIC (Russland-Indien-China), das sich im nächsten Jahrzehnt zu BRICS entwickelte.

Damals – vor genau 22 Jahren – saß Primakow in einem Flugzeug nach Washington, als er einen Anruf des damaligen Vizepräsidenten Al Gore entgegennahm: Die USA waren im Begriff, Jugoslawien, einen slawisch-orthodoxen Verbündeten Russlands, zu bombardieren, und es gab nichts, was die ehemalige Supermacht dagegen tun konnte. Primakow befahl dem Piloten, umzukehren und nach Moskau zurückzufliegen.





Jetzt ist Russland mächtig genug, um sein eigenes Groß-Eurasien-Konzept voranzutreiben, das in Zukunft Chinas Neue Seidenstraßen ausgleichen – und ergänzen – soll. Es ist die Macht dieser Doppelhelix – die unweigerlich die Schlüsselsektoren Westeuropas anziehen wird – die die herrschende Klasse des Hegemons benommen und verwirrt macht.

Glenn Diesen, Autor von Russian Conservatism: Managing Change Under Permanent Revolution, das ich in Why Russia is Driving the West Crazy analysiert habe, und einer der besten globalen Analysten der Eurasien-Integration, brachte es auf den Punkt: „Die USA haben große Schwierigkeiten, die sicherheitspolitische Abhängigkeit der Verbündeten in geoökonomische Loyalität umzuwandeln, was sich daran zeigt, dass die Europäer immer noch chinesische Technologien und russische Energie kaufen.“

https://sputniknews.com/us/202103231082419948-us-hegemony-depends-on-keeping-russian-energy-chinese-technologies-away-from-europe-prof-says/

 https://asiatimes.com/2021/02/why-russia-is-driving-the-west-crazy/

Daher das permanente „Divide and Rule“ (Teile und herrsche), mit einem seiner Hauptziele: das Europäische Parlament zu beschwatzen, zu zwingen, zu bestechen und all das, um das Handels-/Investitionsabkommen zwischen China und der EU zu Fall zu bringen.

Wang Yiwei, Direktor des Zentrums für Europäische Studien an der Renmin-Universität und Autor des besten chinesischen Buches über die Neuen Seidenstraßen, durchschaut das „Amerika ist zurück“-Getöse deutlich: „China ist nicht isoliert von den USA, dem Westen oder gar der gesamten internationalen Gemeinschaft. Je mehr Feindseligkeit sie zeigen, desto mehr Ängste haben sie. Wenn die USA rund um den Globus reisen und ihre Verbündeten häufig um Unterstützung, Einigkeit und Hilfe bitten, bedeutet das, dass die US-Hegemonie schwächer wird.“

Wang prognostiziert sogar, was passieren könnte, wenn der aktuelle „Führer der freien Welt“ daran gehindert wird, seine außergewöhnliche Mission zu erfüllen: „Lassen Sie sich nicht von den Sanktionen zwischen China und der EU täuschen, die für die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen harmlos sind, und die EU-Führer werden nicht so dumm sein, das umfassende Investitionsabkommen zwischen China und der EU völlig aufzugeben, weil sie wissen, dass sie nie einen so guten Deal bekommen würden, wenn Trump oder der Trumpismus ins Weiße Haus zurückkehrt.“

Die „Shock and Awe“-Geopolitik des 21. Jahrhunderts, wie sie sich in diesen entscheidenden letzten zwei Wochen konfiguriert hat, zeigt, dass die unipolare Dynamik sechs Fuß unter der Erde liegt. Der Hegemon wird das niemals zugeben; daher der Gegenschlag der NATO, der schon vorher geplant war. Letztlich hat sich der Hegemon entschieden, sich nicht auf diplomatisches Entgegenkommen einzulassen, sondern einen hybriden Zweifrontenkrieg gegen eine unerbittlich verteufelte strategische Partnerschaft gleichrangiger Konkurrenten zu führen.

Und als Zeichen dieser traurigen Zeiten gibt es keinen James Baker oder George Kennan, der von einer solchen Torheit abrät.

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US/NATO gegen Russland-China: Ein Hybrid-Krieg bis zum bitteren Ende
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1 Kommentar

  1. "…eine fortschreitende De-Dollarisierung…" 

     

    Sehr schön…das hätte die Welt schon viel früher anstreben müssen,dann wäre der Petrodollar nämlich längst Geschichte gewesen! 

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