Trader, Querdenker und ein paar Tipps

Manfred Gburek, 27. April 2012

Die Stuttgarter Invest-Messe rühmt sich, „Leitmesse und Kongress für Finanzen und Geldanlage“ zu sein. Einen weiteren Zusatz verkneift sie sich, obwohl gerade er besonders in diesem Jahr typisch für sie ist: Trading, vulgo „Hin und Her macht Taschen leer“. Schon am Eingang zur Messe verschlägt der schwarze Audi mit UBS-Logo und Trading-Reklame einem die Sprache. Erst recht beim Blick ins Programm. „Profitable Scalping- und Daytrading Setups im Forexhandel“, heißt es da und „Trading in Crash-Situationen anhand des Dax-Futures“ – um nur zwei markante Beispiele zu zitieren. Nichts gegen das Trading als solches, also Handeln mit irgendetwas. Aber sobald es mit Derivaten verwoben wird, hört der Trading-Spaß auf und wird zum Glücksspiel.

Da ich gern Anlegermessen besuche, allein schon um die Stimmung zu testen, habe ich natürlich auch Eindrücke von den Reden und Diskussionen der Invest mitgenommen. Da ist mir zunächst der Philosoph und Bestsellerautor Richard David Precht mit einigen Bonmots aufgefallen, die sich eins zu eins auf das Verhalten von Anlegern übertragen lassen. Zum Beispiel: „Menschen neigen zur Hordenbildung.“ Oder: „Menschen sind lieber die Bösen als die Dummen.“ (ohne explizit Banker zu nennen)

Precht ist einer der aktuellen Querdenker, dessen Thesen immer wieder hörens- und lesenswert sind. Ein anderer ist der Ökonom und Soziologe Gunnar Heinsohn, den ich zuletzt bei wiwo.de zitiert habe und der schon vor drei Jahren den wegweisenden Satz von sich gegeben hat: „Die Banken investieren nicht wie bisher über den Umweg ihrer Firmenschuldner in steigende Effektivität und Produktion, sondern in steigende Preise.“ Ob man das dann Trading, hochgestochen Investment Banking oder einfach nur Casinokapitalismus nennt, spielt keine Rolle. Ein Tipp: Machen Sie es sich zur Gewohnheit, ab und zu bei google.de die Vor- und Zunamen dieser wie auch anderer Querdenker einzugeben. Sie finden dann – vielfach erst auf nachrangigen Google-Seiten – Aussagen (zum Beispiel auf Youtube), die für Ihre Anlageentscheidungen bestimmt viel bedeutender sind als etwa Tipps von Bankern oder Börsengurus.

Letztere sind natürlich auch immer wieder auf Anlegermessen vertreten. So wie Friedrich Lange vom Oxford Club jetzt auf der Invest. Immerhin: Nachdem er sich, bildlich formuliert, durch Hinweise auf frühere Prognosen über ein Dutzend Mal auf die Schulter geklopft hatte, machte er Goldanlegern und solchen, die es werden wollen, mit einer weiteren Prognose Mut. Demnach befänden wir uns erst in der Mitte des Gold-Aufwärtstrends, dessen Treiber jetzt vor allem die negativen Realzinsen seien.

Zum Thema Gold habe ich am Rande der Invest-Messe übrigens einen interessanten Tipp bekommen, den ich Ihnen schon mal vorsorglich weiter gebe, bevor mir Details bekannt werden. Bekanntlich stuft der deutsche Fiskus Xetra-Gold so ein, dass – anders als im Fall von Edelmetallbarren und -münzen, aus denen Gewinne nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei sind – auf Gewinne aus Wertsteigerungen Abgeltungsteuer fällig wird. Bei Xetra-Gold handelt es sich um eine auf tatsächlich vorhandene Goldbestände lautende nennwertlose Anleihe der Deutsche Börse Commodities. Gegen die Abgeltungsteuer, so meine Informantin, habe ein Steuerzahler Einspruch eingelegt – und sei damit bei seinem Finanzamt durchgekommen. Die Folge: Rückzahlung der Abgeltungsteuer.

Nun stelle man sich vor, das Finanzamt ließe es zum Finanzgerichtsprozess kommen, dieser veranlasse wegen der im Gefolge ganz sicher zu erwartenden Publizität Heerscharen von Xetra-Gold-Anlegern ebenfalls zum Einspruch, und womöglich entscheide am Ende sogar der Bundesfinanzhof, Xetra-Gold sei wegen der Hinterlegung von Goldbeständen steuerlich genauso zu behandeln wie Barren und Münzen. Dann erscheint es aus fiskalischer Sicht opportun, den Einspruch des einen Steuerzahlers zu akzeptieren und die von ihm gezahlte Abgeltungsteuer zu erstatten. Versuchen Sie es doch auch mit einem Einspruch, falls Sie sich über die Abgeltungsteuer geärgert haben – schließlich ist es ja denkbar, dass schon mehrere Einsprüche zum Erfolg geführt haben, ohne dass die Xetra-Gold-Leute davon erfahren haben.

Generell kommt das Thema Steuern in der Öffentlichkeit zurzeit nur schleichend daher. Lassen Sie sich dadurch nicht täuschen, höhere Steuern auf Kapitalanlagen sind spätestens in der nächsten Legislaturperiode eine ausgemachte Sache. Nur reden Politiker nicht so gern darüber, weil das Wählerstimmen kosten würde.

Tipp für alle Anleger, die trotzdem schon jetzt erfahren möchten, an welchen Steuerschrauben in Zukunft – und zwar unabhängig von der Zusammensetzung der nächsten Bundesregierung – wahrscheinlich am meisten gedreht wird: Verfolgen Sie die diesbezüglichen Äußerungen aus Kreisen von SPD, Grünen und der Linken. Im Namen der sogenannten sozialen Gerechtigkeit wird eine Welle der Umverteilung auf uns zurollen. Sie wird vor allem treffen: gut verdienende Angestellte und Freiberufler, vermögende Privatleute, darunter in erster Linie Inhaber großer Wertpapierdepots und Eigentümer umfangreicher vermieteter Immobilien, und natürlich Erben. Dagegen nicht so sehr Unternehmer aus dem Mittelstand und – wegen der starken Lobby – international agierende Konzerne.

Die Umverteilung wird, platt ausgedrückt, besonders denen zugute kommen, die das aus Politikersicht interessanteste Wählerpotenzial bilden, also Beamte, Rentner, Geringverdiener und im weiteren Sinn zu kurz Gekommene. Im Übrigen ist es nicht zwingend erforderlich, dass erst die nächste Legislaturperiode kommen muss, damit kräftig an den Steuerschrauben gedreht werden kann. Dazu genügt schon das gerade wieder ausufernde Staatsschuldenproblem, die Eskalation der Eurokrise, der damit verbundene Streit zwischen Deutschland und Frankreich, die weitere Herabstufung der Bonität Spaniens durch die Ratingagenturen oder der Ausbruch von Gewalt in mehreren Euroländern aufgrund der strengen Sparauflagen, nicht zu vergessen Terroranschläge.

Wie Sie sich, so gut es geht, gegen das drohende Ungemach absichern, brauche ich hier nur zu wiederholen: durch Streuung in Gold, Silber, eine selbst genutzte Immobilie, viel Cash auf dem Tagesgeldkonto und – nach intensiver Beschäftigung mit der Materie und längerem Verfolgen der Kurse – auch Aktien. Dazu, deshalb mein heutiger Hinweis auf Precht und Heinsohn, das Aufschnappen der Gedanken von Querdenkern.

Zu guter Letzt: Max Herbst ist zwar kein Querdenker, aber dafür gilt er in Bankenkreisen als „der deutsche Zinspapst“. Sie können jetzt auch seine Gedanken intensiver verfolgen, denn er hat soeben den FMH-Zinsreport gestartet (Details: fmh.de). Dessen erster Aufmacher: „Forward-Darlehen – Noch kein Grund zur Eile!“ Wohl wahr, bisher haben an diesen Darlehen fast nur Banken und Sparkassen verdient.

Quelle: Manfred Gburek

 

 

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