Tony Blair bietet Murdoch im Abhörskandal seine Hilfe an

Von Julie Hyland (wsws)

28. Februar 2014

Im Prozess über das Abhören von Telefonen durch Mitarbeiter der News of the World, die im Old Bailey [Zentraler Strafgerichtshof in Großbritannien] in London stattfindet, kam heraus, dass der ehemalige Labour-Premierminister Tony Blair dem Murdoch-Medienimperium heimlich seine Dienste als Berater angeboten hat.

Zu der Enthüllung kam es, als die Staatsanwaltschaft ihre Klage gegen den ehemaligen News International Chef und die Redakteurin Rebekah Brooks von News of the World ruhen ließ. Brooks stand seit Oktober zusammen mit sechs anderen, darunter ihrem Mann Charlie Brooks und Andy Coulson, dem ehemaligen Kommunikationsdirektor von Premierminister David Cameron, vor Gericht.

Die Anklagen beziehen sich auf kriminelle Praktiken bei der mittlerweile aufgelösten News of the World von “industriellem Ausmaß”, darunter auch das Abhören der Telefone von Hunderten von Einzelpersonen und die Bestechung von Polizisten.

Als enger Freund des Oligarchen-Milliardärs Rupert Murdoch ist Brooks mit vier Anklagen konfrontiert, darunter dem heimlichen Abhören von Telefonen. Der Richter verfügte die Niederschlagung einer fünften Anklage, die sich auf die angebliche Zahlung für ein Foto von Prinz William bezog.

Unter den in der Anhörung im Old Bailey vorgelegten Beweisen war auch ein E-Mail Verkehr zwischen Brooks und dem News International Chef James Murdoch vom 11. Juli 2011. In ihm berichtete Brooks über Blairs Angebot und seinen Rat, einen Untersuchungsausschuss einzurichten um Murdoch von jedem Fehlverhalten “reinzuwaschen”.

Ich habe gerade “eine Stunde mit Tony Blair telefoniert” schrieb sie.

Der ehemalige Ministerpräsident hat empfohlen (alle Passagen wörtlich):

„1. Bilden sie eine unabhängige Einheit, zu der ein externer Juniorberater, Ken Macdonald, gehört. Das ist ein KLasse Typ, ein ernstzunehmender forensischer Strafverteidiger, interner Berater, der Tatsachen etc. richtig einschätzt. Bringen Sie sie dazu, mich und andere zu befragen und einen Bericht im Hutton-Stil zu veröffentlichen.

“2. Veröffentlichen Sie Teil eins des Berichts zur gleichen Zeit wie die Polizei ihre Untersuchung abschließt und entlasten Sie sich, und akzeptieren Sie Unzulänglichkeiten, neue Lösungen und Prozesse und Teil zwei, wenn alle Untersuchungen abgeschlossen sind.”

Brooks berichtete, dass er sie aufgefordert habe, “ stark zu bleiben”, “es geht vorbei”, und berichtete weiter, dass Blair “Ihnen, KRM [Rupert Murdoch] und mir als inoffizieller Berater zur Verfügung steht, aber dass müsse vertraulich behandelt werden (???but needs to be between us). Er wird uns später mehr Stichpunkte schicken.”

Der Email Verkehr ist ungewöhnlich. Er fand nur eine Woche, nachdem News of the World gezwungenermaßen schließen musste statt, nachdem bekannt geworden war, dass sie an dem Abhören des Telefons der ermordeten Schülerin Milly Dowler beteiligt war.

Die Enthüllungen lüfteten den Deckel einer wild wuchernden Kriminalität innerhalb des Murdoch-Imperiums, in der Handys routinemäßig abgehört und unter anderem zahlreichen Polizeibeamten Briefumschläge übergeben wurden, um Informationen über Einzelpersonen zu liefern.

Sogar als Beweise für ruchlose Aktivitäten in hohen Positionen im Zentrum umfangreicher Ermittlungen der Polizei standen, bot der ehemalige Ministerpräsident den potenziell darin Verwickelten seine beratende Hilfe, “vertraulich”, darüber an, wie sie sich vor negativen Konsequenzen schützen könnten.

Die E-Mail unterstreicht das Ausmaß, mit dem die politische Elite sich über jeden Hauch von demokratischen Normen hinweggesetzt hat. Alle haben sich seit Jahrzehnten vor König Murdoch verbeugt.

Während dies unter der konservativen Regierung von Margaret Thatcher in den 1980er Jahren begann und von der Cameron-Regierung fortgeführt wurde, die Coulson weiterbeschäftigte, obwohl er unter dem Verdacht des Telefonabhörens stand, war es die Blair-Regierung, die dem Ganzen die erzreaktionäre Kone aufsetzte. Und zwar in so großem Ausmaß, dass Murdoch als das “24. Mitglied” des Blair-Kabinetts bezeichnet wurde.

Nach den Enthüllungen über die illegalen Aktivitäten der News of the World versuchten sowohl die Tories als auch Labour ein wenig auf Abstand zu dem Milliardär zu gehen.

Zur gleichen Zeit als Blair Brooks telefonisch beriet, forderte Labour-Chef Ed Miliband eine richterlich geführte Untersuchung des Telefon Abhörskandals. Seine Forderung wurde von den Medien als Beweis für die neue Entschlossenheit Milibands dargestellt, Murdoch zu “widerstehen” und Labours Stall auszumisten.

Nun stellt sich heraus, dass Milibands Forderung auf Blairs “Empfehlung” folgte, mit der er Murdoch schützen wollte. Aber das heißt, dass Blair, ein Altmeister bei richterlich geführten Ermittlungen, die Verbrechen vertuschen sollen.

Die Empfehlung einen “externen Juniorberater” zu ernennen, usw., folgt dem Muster des Hutton-Untersuchungsausschusses, der angeblich eingesetzt wurde, um den scheinbaren Selbstmord des Waffeninspektors der Vereinten Nationen, Dr. David Kelly, zu untersuchen.

Im Mai 2003 wurde Kelly in böser Asicht als Quelle für die Behauptung des damaligen BBC-Journalisten Andrew Gilligan “geoutet”, die Regierung habe ihr Irak-Dossier “aufgehübscht”. Das Dossier enthielt die falsche Behauptung, der damalige irakische Präsident Saddam Hussein könnte innerhalb von 45 Minuten “Massenvernichtungswaffen zum Einsatz bringen”. Inmitten des darauf folgenden Aufruhrs, der zu entlarven drohte, dass Blair und seine Regierung sich Kriegsverbrechen schuldig gemacht hatten – nämlich der Einleitung eines Präventivangriffskrieg gegen den Irak aufgrund falscher und manipulierter “Beweise” -, wurde Kelly am 18. Juli tot in einem Waldgebiet in der Nähe seiner Heimat Oxfordshire gefunden.

Mit der Einsetzung eines streng auf die Umstände von Kellys Tod begrenzten Untersuchungsausschusses sorgte Blair dafür, dass es keine Untersuchung der falschen Behauptungen gab, die zur Rechtfertigung des Krieges aufgestellt worden waren. Der Abschlussbericht von Lord Hutton sprach nicht nur die Regierung von jeder Verantwortung für Kellys Tod frei. Er drehte den Spieß um, so dass die BBC und Gilligan beschuldigt wurden, die Informationen überhaupt veröffentlicht zu haben!

Die World Socialist Web Site erklärte damals, die Vertuschung durch den Hutton-Untersuchungsausschuss sei ein “schwarzer Tag für die Demokratie in Großbritannien”.

“Die Frage, um die es bei der Untersuchung eigentlich ging, lautete: Hat die britische Bevölkerung das Recht, die Regierung zur Verantwortung zu ziehen, wenn es um Leben und Tod geht?”

“Die Antwort, die Hutton mit seinem Bericht darauf gibt, ist ein deutliches ‘Nein’. Er entschied geradewegs zu Gunsten einer quasi diktatorischen Form der Herrschaft, in der die Mächtigen ihre Handlungen nicht vor der Bevölkerung rechtfertigen müssen. Darüber hinaus hat er eine Hexenjagd gegen alle Medien eröffnet, die sich noch ein wenig Unabhängigkeit von Staat und Regierung bewahrt haben und die Behauptungen der Politiker einer kritischen Prüfung unterziehen. Sein Untersuchungsergebnis macht den Weg frei für einen beispiellosen Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit.”

Blair hat die Richtigkeit des E-Mail-Austauschs nicht bestritten. Als Reaktion darauf sagte ein Sprecher, Blair habe “einfach” nur “eine informelle Beratung am Telefon gegeben”.

Der Sprecher fuhr fort: “Blair sagte, wenn es stimme, was sie ihm gesagt habe, nämlich dass es kein Fehlverhalten gegeben habe,, dann sei eine entsprechende Feststellung durch einen Untersuchungsausschuss viel besser als eine interne und damit weniger glaubwürdige Untersuchung”.

Was immer Blair behauptet, der Hutton-Untersuchungsausschuss war tatsächlich die Vorlage für den Umgang mit den Auswirkungen des Murdoch-Skandals.

Im Zuge der Enthüllungen über das Abhören von Telefonen wurde 2011 ein richterlich geführter Untersuchungsausschuss eingerichtet, diesmal unter dem Vorsitz von Lord Justice Leveson. Streng darauf begrenzt, die “Kultur, Praxis und Ethik” der britischen Medien im Allgemeinen zu untersuchen, hatte er zum Ziel, die weit verbreitete Kriminalität und Korruption zu verschleiern, von der nicht nur die News of the World und ihre Muttergesellschaft, News International, durchsetzt waren, sondern auch die Polizei und das gesamte Staatswesen.

In seiner eigenen Beweisführung vor dem Leveson-Untersuchungsausschuss behauptete Blair, dass er sich ziemlich unwohl wegen der “ungesunden” Beziehungen zwischen Politikern und “Medien” gefühlt habe. Den Namen Murdoch erwähnte er kein einziges Mal.

“Bestimmte Zeitungen werden von ihren Eigentümern oder Herausgebern als Instrumente politischer Macht eingesetzt”, dass könnte Regierungen hinwegfegen, sagte Blair.

Er habe sich nicht in der Lage gefühlt, die Medien anzugreifen, weil dass die Tagesordnungspunkte, auf die es ihm wirklich ankam, wie das “Gesundheitssystem, Bildung oder Recht und Ordnung” hätte scheitern lassen können, behauptete er.

Diese verlogene Selbstrechtfertigung war die Grundlage, auf der Leveson der politischen Elite einen Persilschein ausstellte. Während er zugab, dass Politiker Verbindungen zu den Medien unterhielten, die “nicht im öffentlichen Interesse gewesen waren”, behauptete er, habe es keine Hinweise darauf gegeben, dass Murdoch “in Erwartung politischer Gefälligkeiten“ unterstützt wordwen sei.

Weit davon entfernt ein Opfer der Umstände zu sein, macht die Email klar, dass Blair aktiv bemüht war, dem Murdoch-Imperium zu Diensten zu sein und es dabei beriet, wie die Institutionen des Staates manipuliert werden könnten, um es vor den Folgen der eigenen Kriminalität zu schützen.

 

(Visited 11 times, 1 visits today)
Tony Blair bietet Murdoch im Abhörskandal seine Hilfe an
0 Stimmen, 0.00 durchschnittliche Bewertung (0% Ergebnis)

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*