Syrien – Marsch in die Katastrophe

Eric S. Margolis (antikrieg)

Sich die Massaker und Zerstörung im griechischen Krieg 1820 für die Unabhängigkeit vom ottomanischen Reich vor Augen haltend schrieb Victor Hugo: „hier kamen die Türken vorbei – es gibt nur noch Ruinen und Trauer.“

Die Länder, die heute in Ruinen und Trauer liegen, sind Irak, Sudan, Afghanistan und in kleinerem Ausmass Libyen – alle zerrissen oder zerbrochen durch die Kraft des mächtigen amerikanischen Reichs.

Syrien ist eindeutig das nächste Ziel des amerikanischen imperialistischen Bulldozers. Nach zwei Jahren blutiger von den Vereinigten Staaten von Amerika und deren regionalen Alliierten finanzierter Rebellion steht Syrien jetzt vor der Verwüstung.

Eine Kampagne mit Luftangriffen und Raketen wird Syriens Luftwaffe, Panzer, Artillerie und Kommunikationssystem zerschmettern. Israel steht bereit, die Ruinen Syriens aufzusammeln.

Reine Schwarze Komödie. Indem es schamlos die Propaganda der Bush-Administration übernahm, hat das Weisse Haus Obamas tatsächlich davor gewarnt, dass die chemischen Waffen Syriens (deren Rohmaterialien hauptsächlich aus Europa kommen) eine direkte Bedrohung der Vereinigten Staaten von Amerika bilden. Syria hat chemische Waffen erworben, um Israels großem Arsenal von Atomwaffen etwas entgegenzustellen, ursprünglich geliefert von Frankreich.

Nicht zu handeln wird eine neue Münchner Beschwichtigungspolitik sein, warnt Obama. Aber der Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika konnte nichts unternehmen, weil er noch immer in den Sommerferien war.

Präsident Obama liess sogar gelten, dass keine Eile für eine Aktion bestehe. Der wichtige Punkt, erklärte er, war dass Amerikas „Glaubwürdigkeit“ auf dem Spiel stand. Politiker beschwören die Glaubwürdigkeit als Vorwand, nachdem sie einen groben Fehler begangen haben – namentlich Obamas närrische „rote Linien“ in Syrien, die den Präsidenten in ein Eck bugsierten, das er sich selbst geschaffen hatte.

Was wir hier sehen, ist die neueste Version der neuen Ära des Kolonialismus und Imperialismus des 21. Jahrhunderts, mit einem Beigeschmack von Kreuzfahrerfanatismus.

Heute heisst die bevorzugte Schönfärberei humanitäre Intervention, aber das Lied bleibt das gleiche. In Syrien geht es nicht um Giftgas oder Menschenrechte: es geht um einen Stellvertreterkrieg gegen den Iran, das einzige Land, das zur Zeit die totale militärische Beherrschung des Mittleren Ostens durch die Vereinigten Staaten von Amerika und Israel herausfordert.

Frankreich will seiner ehemaligen kolonialen Herrschaft über Syrien und Libanon wieder Geltung verschaffen.

1857 versuchte ein chinesischer Bäcker in Hong Kong, den britischen Handelsdelegierten zu vergiften. Das britische Parlament wurde einberufen, um über Vergeltung gegen China abzustimmen. Die Abstimmung ging nicht durch. Aber bald danach stimmte ein neues Parlament mit mehr Konservativen für den Krieg.

Frankreich tat sich eilends mit Britannien zusammen, indem es sich auf die Ermordung eines französischen Missionars berief. Russland und die Vereinigten Staaten von Amerika machten mit. Der Zweite Opiumkrieg hatte begonnen. China wurde schnell von den westlichen Mächten besiegt und gezwungen, seine Häfen für deren Handel zu öffnen und den Konsum des schwer süchtig machenden Opiums freizugeben, das im britisch-indischen Reich angebaut wurde.

Betrachten Sie die laufenden Ereignisse in Syrien in diesem historischen Licht und nicht mit all der Entrüstung über chemische Waffen in Syrien. Ausserdem, wenn wir davon ausgehen, dass diese düstere japanische Sekte Aum Shinrikyo es schaffte, Sarin quasi zuhause in der Küche herzustellen (ich wäre fast in diese Attacke auf die Tokioter U-Bahn hineingeraten), woher wissen wir denn, wer wirklich das in Syrien verwendete Gas produziert hat?

Viel wichtiger ist, dass der Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika ernsthaft korrumpiert worden ist mit Geld von Seiten der speziellen Interessen – und das ist mild ausgedrückt. Wie sonst sind alle die Wall Street-Bankers der Bestrafung für ihre unerhörten Finanzbetrügereien und Diebstahl entgangen?

Jetzt schlagen andere reiche spezielle Interessen in Amerika die Kriegstrommeln und ziehen die Fäden ihrer Gesetzgeber. Israel bedrängt die Vereinigten Staaten von Amerika hart, seinen alten Feind Syrien zu zerstören – wodurch der letzte arabische Staat entfernt würde, der in der Lage ist, einen wenn auch bescheidenen militärischen Widerstand gegen Israel zu leisten.

Es scheint also wahrscheinlich, dass die bevorstehende Abstimmung im Kongress für einen „begrenzten” Krieg ausfallen wird. Aber erinnern Sie sich an „Mission Creep“ (schleichende Ausweitung) aus den Tagen des Vietnamkriegs? Vorausgehende Schätzungen für eine sogenannte begrenzte Luftkampagne gegen den Iran forderten, dass über 3.200 Ziele wiederholt angegriffen werden müssten.

Und wer wird Syrien regieren, nachdem Präsident Bashar Assad gestürzt oder getötet ist? Irak, Libyen und Afghanistan in der derzeitigen Konstellation bieten schwerlich ein verheissungsvolles Beispiel einer von Washington angeleiteten Demokratie.

Washington versucht immer noch herauszufinden, was mit Herzegowina geschah – es ist nicht vorbereitet auf Syriens verwirrende Komplexität. Ich würde wetten, dass die meisten Abgeordneten des Kongresses der Vereinigten Staaten von Amerika Syrien nicht auf einer Landkarte finden können. Umfragen zeigen, dass einfache amerikanische Steuerzahler total gegen einen weiteren kleinen Krieg sind, der keinen Sinn hat, keine Exit-Strategie, und der nur Chaos und Verwirrung zu bieten hat.

Aber der Kampfwagen des amerikanischen Molochs fährt einfach weiter.

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