Steuern: Die Eintreiber machen Ernst

von Henning Lindhoff (ef-magazin)

Neues Abkommen zum internationalen Datenaustausch

Die Presse jubelt. „Für Steuerbetrüger wird die Luft dünner“, titelt die „Frankfurter Rundschau“. Ganz eng werde es nun für Steuerhinterzieher und Schwarzkontenpfleger. Denn OECD und G20 wollen nun Ernst machen.

Am vergangenen Wochenende nickten Regierungsvertreter aus den 20 führenden Industrie- und Schwellenländern (G20) auf ihrer Konferenz in Sydney die Vorschläge der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ab, nach denen sie in den kommenden Jahren Strukturen schaffen werden, um untereinander alle relevanten Informationen über ihre Steuerzahler austauschen zu können – regelmäßig und vollautomatisiert.

Grund genug, nicht nur in den Amtsstuben die Sektkorken knallen zu lassen. Auch in den Redaktionsstuben der vor wenigen Monaten noch am Abgrund der Insolvenz stehenden „Frankfurter Rundschau“ wurde gejubelt und geschrieben: „Geht alles glatt, dann wird es sehr eng für Steuerbetrüger weltweit.“ Endlich nun werden sich Steuerfahnder nicht mehr nur auf Hehlerware verlassen müssen. Zukünftig werden sie auch ganz legal auf ausländische Datenberge zugreifen können – juristisch hieb- und stichfest abgesichert.

Vorbild dieser Initiative ist ein vor wenigen Tagen geschlossenes Abkommen zwischen den USA und der Schweiz, nach dem sich die Eidgenossen dazu verpflichten, die Vorschriften des US-Steuergesetzes „Foreign Account Tax Compliance Act“ (FATCA) einzuhalten und den US-Behörden Daten zu Konten von US-Bürgern auf Schweizer Banken zu melden, ihnen alle gewünschten Auskünfte zu erteilen.

Das Regelwerk der G20 geht weiter. Es sieht genaue Konventionen darüber vor, welche Informationen von welchen Steuerzahlern und Finanzdienstleistern abgesaugt werden sollen. Beginnend im kommenden Jahr werden dann in jährlichen Abständen Daten über Kapitalerträge und Kontenstände der Betroffenen auf exekutiver Ebene ausgetauscht. Auch juristische Personen, wie vor allem Stiftungen, sollen auf diese Weise durchleuchtet werden. OECD-Generalsekretär Angel Gurria verspricht sich von dem neuen System nichts weniger als einen „Quantensprung im weltweiten Kampf gegen den Steuerbetrug“.

Und der für Steuerfragen zuständige OECD-Direktor Pascal Saint-Amans verlautbarte gegenüber Pressevertretern sogar den verdrehten Gedanken, auf diesem Wege für eine „angemessene Besteuerung von Firmengewinnen weltweit“ sorgen zu können. Er sagte dem „Wettbewerb um Steuerquellen“ zwischen den Staaten den Kampf an. Steuerraten und Regierungsausgaben senken, um produktive Unternehmer anzulocken? Nichts schlimmer als dies! Die OECD offenbarte am vergangenen Wochenende die abstruse Geisteshaltung, die die Politik weltweit seit Jahrzehnten lenkt. Die gleiche Geisteshaltung, die auch den Weg aus der Staatsschuldenkrise mit Krediten zu pflastern und mit Ausgabenexzessen gegen die Rezession anzukämpfen vorsieht.

Jedem Steuerzahler ist in Zukunft also mehr denn je Vorsicht angeraten. Der Eindruck täuscht. Innerhalb des Honecker-Barocks der Finanzamtsstuben der Republik mögen die verbeamteten Vollstrecker der Staatsmacht und ihr Gehabe recht possierlich wirken. Doch hinter dieser schnuckeligen Kulisse schaltet und waltet ein mächtiger Apparat – international.

 

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