Das russisch-chinesische Veto gegen die Syrien-Resolution im UN-Sicherheitsrat hat einen Sturm der Entrüstung entfesselt. Aber die Entrüstung ist geheuchelt. Die Geschichte zeigt uns das die Strategie des „permanenten Krieges“, weder lokale Konflikte befrieden noch eine Lösung für das gegenwärtig zusammenbrechende Finanzsystem darstellen kann und auch nicht will. Ziel ist vielmehr der große Krieg gegen China und Rußland, weil beide durch ihre wirtschaftliche Aufbaupolitik zunehmende Bedeutung im globalen Mächteverhältnis erlangen.
„Das britische Empire hat keine permanenten Freunde, nur permanente Interessen!“ Diese Grundüberzeugung Winston Churchills gilt auch heute noch für das Empire und seiner internationalen Verbündeten. Man war gut Freund mit Saddam Hussein als dieser in den achtziger Jahren Krieg gegen den Iran führte, um ihn dann über Nacht zum „neuen Hitler“ zu erklären. Das britische Königshaus und Toni Blair waren gestern noch Geschäftspartner eines Muammar Gaddafis, um ihn dann am nächsten Tag in Verletzung jeden Völkerrechts nicht nur der Macht zu entheben sondern auch ermorden zu lassen. Wer will behaupten, daß der Irak oder Libyen heute besser dran sind als vor dem Krieg? Über eine Million Tote im Irak, Zehntausende Opfer in Libyen und ein Ende der Gewalt ist nicht absehbar. Menschenrechte und Demokratie blieben als Kollateralschaden auf der Strecke.
Angesichts dieser Erfahrungen müssen die Einwände Chinas und Rußlands gegen einen neuen Waffengang gegen Syrien und Iran ernst genommen werden. Und da sich die westlichen Medien, wie gleichgeschaltet, über diese Gründe ausschweigen, wollen wir hier zumindest einige der Überlegungen zur Sprache bringen. Noch vor der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat nannte die russische Zeitung Kommersant in ihrer Freitagsausgabe sechs Gründe, die eine Zustimmung Rußlands unwahrscheinlich erscheinen ließen. Die in dem Artikel von Maxim Jusin angeführten Gründe stimmen mit diversen Äußerungen russischer Regierungsvertreter aus den letzen Wochen überein. Hier Ausschnitte aus dem Kommersant-Artikel:
„1. Syrien ist einer der wichtigsten Verbündeten Rußlands in der arabischen Welt. Wenn Moskau in dieser kritischen Situation Damaskus im Stich ließe, wäre das ein Signal an alle anderen Verbündeten weltweit, daß man sich auf den Kreml nicht verlassen kann.
2. Damaskus ist einer der wichtigsten Handelspartner Moskaus, insbesondere bei Rüstungsgütern. In den letzten Jahren wurden Rüstungsabkommen im Wert von 4 Milliarden Dollar abgeschlossen. Allein 2010 bezog Syrien russische Waffen im Wert von 700 Millionen Dollar. Vor kurzem wurde noch ein Vertrag zur Lieferung von 36 Kampfflugzeugen im Wert von 550 Millionen Dollar ausgehandelt. Russische Investments in Syrien belaufen sich auf 20 Millionen Dollar. Darunter ist die von einer russischen Firma betriebene Gasverflüssigungsanlage das größte Projekt. …
3. Die einzige Militärbasis, die Rußland außerhalb des Territoriums der ehemaligen Sowjetunion unterhält, befindet sich in der syrischen Hafenstadt Tartus. Die syrische Opposition hat bisher nicht zu erkennen gegeben, ob sie Moskau den Betrieb der Marinebasis auch in Zukunft gestatten würde. …
4. Rußland ist skeptisch gegenüber der unnachgiebigen Haltung der Opposition. Ihre Anführer orientieren sich an den Monarchen der Golfstaaten, der Türkei und dem Westen aber in keinster Weise an Moskau. Zusätzlich nehmen Islamisten, insbesondere die Muslim-Brüderschaft, eine starke Stellung unter den Opponenten Bashar al Assads ein. Wenn diese in Syrien, wo eine große Anzahl von Christen und Schiiten leben, an die Macht kommen sollten, bestünde die Gefahr, daß das Land aufgrund religiöser Unterschiede zerfalle.
5. Die russische Führung glaubt nicht an die Beteuerungen des Westens, daß die Resolution des Weltsicherheitsrates keinen Schritt in Richtung einer militärischen Intervention bedeute. Moskau schätzt die USA und EU als hinterlistig ein und man hat den Präzedenzfall Libyen nicht vergessen: Das Nato-Bombardement von Gaddafis Truppen begann nur wenige Tage nach dem die Libyen-Resolution der UN im März 2011 verabschiedet worden war. [Die Resolution sah nur die Errichtung einer Flugverbotszone vor und keinen Luftkrieg; Anm. d. Red.]
6. So wichtig internationale Beziehungen für Rußland sind, gibt es auch wichtige innenpolitische Gründe in dieser Angelegenheit. Einen Monat vor den Präsidentschaftswahlen, möchte Wladimir Putin weder den Wählern noch seinen Gegnern den Anschein von Schwäche signalisieren, in dem er gegenüber westlicher Forderungen einknickt, oder einen traditionellen Verbündeten verrät. Die russische Bevölkerung ist immer noch verärgert über die Enthaltung Moskaus bei der Libyen-Resolution, die die anschließende Entmachtung Gaddafis in Gang setzte.“
Quelle: http://bueso.de