Rundfunk-Reformplan – ARD-Leisetreter Buhrow wird lauter

Von Peter Helmes (conservo)

Ein bemerkenswerter Schritt in die richtige Richtung

Tom Buhrow ist ein netter Mensch, stets höflich und zurückhaltend. Für seinen Job viel zu zurückhaltend; denn als „Chef“ der ARD-Anstalten müße er eher das sein, was der gemeine Hörer als „Rampensau“ bezeichnet: Laut, klar, fordernd und durchgreifend! Alles das scheint  aber nicht in den Genen von Onkel Tom zu liegen; Denn er ist eher ein Leisetreter, er würde es als „zurückhaltend“ bezeichnen. Mit der Faust auf den Tisch hauen ist seine Sache nicht.

Jaja, was ich da gerade geschrieben habe, entspricht einem Klischee – und trifft dennoch zu. Wer Buhrow kennenlernt, spürt diese „vornehme“ Zurückhaltung, die ihm ein besonderes Stück Würde zu verleihen scheint.

Ist der Mann mit diesen seinen Eigenschaften also „der Richtige am falschen Platz“? Eindeutig ja? Aber halt! Onkel Tom ist gerade dabei, die Kurve zu kriegen. Zu groß ist der Schaden, den RBB-Chefin und Buhrows Vorgängerin im ARD-Amt, Patricia Schlesinger,  angerichtet hatte. Buhrow mußte dringend Klartext reden und Klarschiff machen. Das war nicht alleine den Vorwürfen gegen Schlesinger geschuldet, sondern gleichermaßen dem gesamten Problemkomplex – manche sprechen von „Sumpf“ – der Krake ARD.

Deshalb darf man Buhrows Rede, die er im vornehmen Hamburger Überseeclub gehalten hat, letztlich als – wenn auch späte – Flucht nach vorn werten. Denn die gesamte Diskussion über die ARD wird zu allem Ärger zusätzlich und zunehmend von der nicht endenwollenden Kritik an den Rundfunkgebühren überlagert, wobei nicht nur die Höhe der Gebühren, sondern auch das gesamte Konstrukt in der Rechenschaftspflicht steht.

Die „Väter“ des ARD-Rundfunks haben diese „Anstalt“ gegründet mit dem Ziel, alle Menschen umfassend und ausgewogen zu informieren sowie Bildung, Kultur und Unterhaltung anzubieten. Höflich ausgedrückt, ist dieses Ziel den Machern aus dem Blickfeld gerückt.

Und so fragt Buhrow zu Recht z.B.: Braucht jedes Bundesland tatsächlich eine eigene Rundfunkanstalt, 120 Berufsorchester, 16 Ensembles, 64 Hörfunkwellen und so weiter? Gute Frage! Aber sie hat einen wichtigen Schönheitsfehler: Tom Buhrow legt nämlich Wert auf die Feststellung, er habe als „Privatmann Tom Buhrow“ gesprochen – und eben nicht als WDR-Intendant und ARD-Vorsitzender. Da ist er wieder, der „zurückhaltende“ Onkel Tom, und zieht der Macht seiner Gedanken den Boden weg.

Entscheidend ist aber, daß sich Buhrow überhaupt so zu Wort meldet; daß er sagt: Ja, ich als wichtiger öffentlich-rechtlicher Medienmanager bin bereit zu wirklich großen Reformen, zu Zusammenlegungen, zum Einstellen von Radio- oder Fernsehsendern – und ja, ich finde auch, daß das unbedingt sein muß, damit es die Öffentlich-Rechtlichen in Zukunft überhaupt noch gibt.

Andererseits, das ist nicht kleinzureden, setzt er mit seiner Rede alle anderen Intendanten unter Zugzwang – und vor allem auch die für Medienpolitik zuständigen Regierungen der 16 Bundesländer. Die haben sich jahrelang an einer größeren Reform versucht, sind aber krachend gescheitert. Zu groß und zu unterschiedlich sind die Interessen jeder einzelnen Landesregierung und jeder einzelnen Rundfunkanstalt.

In die Debatte um Konsequenzen aus der Affäre Patricia Schlesinger mischten sich von Beginn an auch die Parteien ein. Von der AfD, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ganz abschaffen will, über die FDP, die Sender zusammenlegen will, bis hin zur SPD mit konkreten personellen Forderungen – die Bandbreite von Forderungen und Ideen ist groß.

Doch Vorsicht, es ist durchaus problematisch, dem Staat große Eingriffsmöglichkeiten zu schaffen. Deutschland hat da so seine eigene Geschichte und Erfahrung im Nationalsozialismus und in der DDR-Zeit gemacht – die Erfahrung eines durch den Staat geführten Mediensystems. Wir wären deshalb gut beraten, die Staatsferne des Rundfunks sehr ernst zu nehmen.

Insofern ist auch Buhrows Vorschlag bedenkenswert, eine Art verfassungsgebende Versammlung einzuberufen, für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Zukunft. Wahrscheinlich läßt sich ein solches Gremium aber nicht schnell genug bilden, weil dafür erst ´mal Gesetze umgeschrieben werden müßten – und alleine das etliche Jahre dauern könnte.

Aber vielleicht ist das auch gar nicht nötig: Wenn es Rundfunkanstalten, Landesregierungen und -parlamente endlich mal schafften, sich gemeinsam hinzusetzen, miteinander konstruktiv zu ringen, Kompromisse einzugehen und die aktuelle Situation als Chance  zu nutzen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk von Kopf bis Fuß zu reformieren und zu erneuern. Dann hätte der unsägliche Schlesinger-Skandal am Ende vielleicht doch noch etwas Gutes gehabt.

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2 Kommentare

  1. Dieses Konstrukt müsste schon so extrem geändert werden, dass dies nicht passieren wird.
    Der Schrott wurde zu einer Zeit ins Leben gerufen, als die Alternativen rar waren. Dies ist aber sein langer Zeit nicht mehr der Fall.
    Dieses Konstrukt ist so überholt wie „Galeria Kaufhof“.

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