Ruhe vor dem Währungssturm

Autor:  Manfred Gburek (06.08.10)

Ruhe vor dem Währungssturm

Am Freitagnachmittag unserer Zeit kam aus den USA die unerfreuliche Meldung vom dortigen Arbeitsmarkt, die eigentlich keine Überraschungen mit sich zu bringen versprach, weil sie erwartet worden war. Aber dann reagierte das amerikanische Börsenbarometer Dow Jones doch ziemlich heftig nach unten, und das deutsche Pendent Dax tat es ihm nach. Nur das übliche Hin und Her? Nicht ganz, denn die übrigen Indikatoren signalisierten, dass etwas im Busch war: Euro im Vergleich zum Dollar rauf, Anleiherenditen runter, Goldpreis rauf, dahinter musste offenbar mehr stecken als allein die Reaktion sensibler Börsianer.

Konjunkturdaten wie die vom Arbeitsmarkt werden jetzt in den USA penibel verfolgt, und zwar besonders von Seiten der Regierung und der Notenbank Fed, während sie bisher wohl eher nur Börsianer zum Trading veranlasst haben. Schon in Kürze dürften die Daten vor allem die Regierung zum Handeln zwingen, nachdem die Fed den Großteil ihres Pulvers verschossen hat. Der Grund liegt auf der Hand, doch beide offiziellen Lager versuchen ein Geheimnis daraus zu machen, weil es nicht nur um die US-Konjunktur geht, sondern auch um den Dollar: Jede weitere Maßnahme zur konjunkturellen Belebung käme dem Eingeständnis gleich, dass die US-Wirtschaft immer noch in der Rezession steckt, und das spräche gegen den Dollar.

Nun wird es erst richtig spannend. Denn die Amerikaner können sich in der aktuellen Konstellation keinen schwachen Dollar erlauben, ohne Gefahr zu laufen, dass ihre Währung international an Bedeutung verliert. Deshalb beschwört die Obama-Regierung Deutschland wie auch das übrige Europa seit Wochen, doch unbedingt mehr zur Konjunkturbelebung zu tun. Und machen wir uns nichts vor, die Attacken gegen den Euro, die aus Anlass der Griechenland-Krise durchaus erfolgreich waren, werden bei der nächstbesten Gelegenheit zunehmen. Das Vorgeplänkel dazu gab es ja bereits: Nachdem die US-Ratingagentur Moody’s Mitte Juli die Bonität der Euro-Länder Portugal und Irland gesenkt hatte, kam die Euro-Erholung zum Stillstand.

Warum versuchen die Amerikaner ihre Währung zurzeit mit allen Mitteln zu verteidigen? Ein kurzer Rückblick: Seit der Euro besteht, hat er – ohne Bereinigung der Wechselkurse – einen Anteil von zirka 27 Prozent an den internationalen Währungsreserven erreicht. Das heißt, die globale Akzeptanz der europäischen Einheitswährung erlaubt den Abschluss von Verträgen zwischen deutschen und chinesischen, französischen und brasilianischen Geschäftspartnern in Euro. Dadurch entfällt für Unternehmen aus dem Euro-Raum das Wechselkursrisiko, und am Ende könnten aus den 27 Prozent Euro-Anteil 30 oder mehr Prozent werden.

Es gibt indes noch einen weiteren Aspekt, und da wird es brisant: Die internationale Dollar-Dominanz hat es den USA jahrzehntelang ermöglicht, sich auf allen Kontinenten in ihrer eigenen Währung bis zum Äußersten zu verschulden. Mit dem Äußersten ist jetzt Schluss, es muss eine Nummer kleiner gehen. Dies auch deshalb, weil nach den Euro-Ländern China auf dem internationalen Währungsparkett immer mehr Gewicht erhält, was sich unter anderem in den hohen Dollar-Reserven des Landes manifestiert.

Auf das Euro-Dollar-Verhältnis bezogen, bedeutet das alles zunächst eine Art Stellungskrieg: Die USA ziehen sämtliche Register, um den Dollar zu verteidigen, während die Euro-Länder sich nicht auf eine gemeinsame Wirtschafts- und Währungspolitik einigen können. Das geht so weit, dass neben den USA sogar Frankreich als unser besonders wichtiger Handelspartner Deutschland aufgefordert hat, die Binnenkonjunktur anzukurbeln, statt Exporterfolge zu feiern. Die Bundesbank kommentiert solche Vorschläge zu Recht mit der süffisanten Bemerkung „naive Sichtweise“. Derweil unternimmt die Europäische Zentralbank erst einmal gar nichts, indem sie den Leitzins unverändert bei 1 Prozent stehen lässt.

Die ganze Atmosphäre vermittelt den Eindruck, dass es sich um die Ruhe vor dem Sturm handelt. Dazu passt übrigens auch, dass Aktien, Anleihen und Edelmetalle seit Monaten bzw. Wochen in einer relativ engen Bandbreite seitwärts tendieren. Aber vor welchem Sturm? Zumindest eine Antwort liegt auf der Hand: Da die US-Konjunktur eine Schlüsselfunktion nicht nur für die USA einnimmt, sondern auch für Europa (etwa für die deutsche Autoindustrie) – und für Asien (weit über die Aufgabe als verlängerte Werkbank hinaus), wird die Obama-Regierung schon in Kürze die Initiative ergreifen: Indem sie den US-Haushalt weiter mit Schulden strapaziert, indem sie die von den Multimilliardären Bill Gates und Warren Buffett in Aussicht gestellte Umverteilung des Vermögens von den Reichen zu den Armen mit regulatorischen Maßnahmen flankiert und indem sie Druck auf Deutschland, China und den Rest der Welt ausübt.

Bei einem solchen Mammutprogramm können Nebeneffekte natürlich nicht ausbleiben. Zum Beispiel ein Kaufstreik der institutionellen Anleger, die sich weigern, weiter niedrigverzinsliche Dollar-Anleihen zu kaufen, inneramerikanische Verteilungskämpfe und/oder Abwehrreaktionen der Europäer und Asiaten. Nichtsdestotrotz wird das Programm durchgezogen, koste es, was es wolle. Dass Währungsturbulenzen dann nicht ausbleiben können, ist vorauszusehen, wie sie sich auf die Edelmetalle auswirken werden, ebenfalls: Indem sie deren Preise in die Höhe treiben.

Als zuletzt in Kreisen der US-Notenbank Fed über die lockere, auch der Konjunkturbelebung dienende Geldpolitik heftig diskutiert wurde, setzten sich die Expansionisten durch. Ihr Motto: „Inflate or die“, was man sinngemäß am besten mit „Geldschleusen öffnen oder untergehen“ übersetzt. In Kreisen der US-Regierung hat dieses Motto schon genug Sympathisanten gefunden, wobei es dort zwar nicht um die Geldschleusen der Fed, sondern um die Schuldenschleusen des Staatshaushalts geht, aber im Prinzip um dasselbe: Geld drucken. Also Anlass genug, weiter stur an dem festzuhalten, was sich nicht einfach beliebig drucken lässt, vorrangig Gold und Silber.

Manfred Gburek, 6. August 2010 (http://gburek.eu/)

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