Rezension: Steht uns das Schlimmste noch bevor?

Rezension: 14. 05. 2014: Michael Obergfell,
Dieter Sordon: Steht uns das Schlimmste noch bevor?

von Michael Obergfell (fortunanetz)

Was geschieht, wenn ein Psychologe über Ökonomie schreibt? Richtig: Er holt die Themen hervor, die man sich sonst lieber nicht so gerne anschaut!

Wir alle haben unseren „Schatten“. Damit sind alle jene Themen gemeint, die man lieber vergessen möchte wie z. B. persönliche Enttäuschungen und Kränkungen, Ängste und eigene Fehlleistungen. Und daher schauen die meisten Menschen lieber eine Fußball Weltmeisterschaft an oder einen schönen Heimatfilm, oder sie berauschen sich an einem tollen Buch oder auch an ihrer Briefmarkensammlung. Es ist ja nichts zu sagen gegen Fußball Weltmeisterschaften, tolle Boxsportkämpfe, schöne Cabrios oder Briefmarkensammlungen, sofern man es dabei nicht unterlässt, die eigenen Schattenthemen auch anzuschauen.

Es ist wie mit einem Schrank: werfen sie dort Müll hinein und räumen nie auf, machen sie lieber eines Tages die Türe nicht mehr auf, bzw. bekommen auch noch Angst davor, die Türe eines Tages zu öffnen. Schattenthemen summieren sich auf und ballen sich zusammen zu einer oft lebensbedrohlichen dunklen Seite, die wie eine vielköpfige Hydra irgendwann auch nach dem schnappt, was es an Gutem im Leben gibt.

Das Buch des Diplom-Psychologen Dieter Sordon beschäftigt sich mit wirtschaftlichen und politischen Schattenthemen unserer westlichen Gesellschaft. Er beginnt sein 210 Seiten starkes Buch mit der Gründung der US-amerikanischen Federal Reserve Bank (FED) im Jahr 1913. Schon diese Gründung ist seiner Meinung nach gleich mehrfach mit Schattenthemen überfrachtet. Einerseits ist den wenigsten bekannt, dass die FED eine Bank in Privatbesitz ist, die aber vortäuscht eine staatliche Bank zu sein. Sind Zentralbanken in privater Hand, so agiert die Zentralbank nicht mehr im Interesse der Allgemeinheit, sondern hauptsächlich im eigenen Interesse. Und deshalb wird diese Tatsache zu einem echten Schattenthema. Ebenso wird aus dem staatlich garantierten Tauschmittel Geld unter der Führung einer privaten Zentralbank zu reinem Schuldgeld. Und wie im richtigen Leben produziert jeder Schatten neue Schatten, so wie jede Lüge weitere Lügen geradezu erzwingt. Dies versucht Dieter Sordon in vielen Einzelbeispielen aufzuzeigen. Hierzu gehören für ihn Themen wie die Große Depression von 1929, die Inflation, die derzeitige Bankenkrise die durch unseriöse Geschäfte mit Derivaten hervorgerufen wurde, die Staatsschuldenproblematik, die Eurokrise, die Dollarhegemonie und die Kämpfe mancher Staaten, sich gegen diese Dollarhegemonie zu wehren, die Rolle der Politik in diesem Spiel, etc. Der Autor zeigt noch viele weitere Schattenthemen unserer westlichen Welt auf, die hier alle zu nennen zu weit führen würde.

Leser, die sich gerne mit Zahlen, Daten und Fakten beschäftigen, kommen in diesem Werk sicher voll auf ihre Kosten. Das Buch bietet auch eine große Liste an Quellen im Internet an. Dort kann man sich ebenso wie bei den im Buch zitierten Autoren in einzelne Aspekte all jener Themen vertiefen, die wir lieber in „den Schrank“ geworfen haben und die dort seit fast 100 Jahren schlummern. Bei der Beschäftigung damit ist die eine oder andere geistige Erschütterung garantiert, weil sich bisher doch sehr vieles angesammelt hat, was nicht in der Schule unterrichtet wurde und was nicht im Abendprogramm des Fernsehers auftauchte.

Beim Lesen des Buches hat sich bei mir eine weitere Erkenntnis aufgetan: Ganz sicher kann die derzeitige Gesellschaft eines oder mehrere Themen für längere Zeit im Schrank verschlossen halten, doch mittlerweile sind es schon so viele Schattenthemen, dass die Schranktür irgendwann von alleine aufgrund des inneren Drucks aufspringt und dann nicht mehr geschlossen werden kann. Und spätestens in diesem Augenblick sieht jeder die über 100 Jahre gesammelten Schattenthemen offen daliegen. Ab diesem Moment hilft vermutlich kein Polizeistaat und kein Überwachungsapparat mehr, die daraus folgenden Wahrheiten zu unterdrücken…

Danach kann es aber vielleicht auch sehr schnell gehen, so wie damals bei Erich Honecker, der noch kurz zuvor tönte: „Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.“ Und schon kurze Zeit später stimmten die Ostdeutschen in Massen mit den Füßen ab und der damalige Staat „DDR“ ging unter. Honecker saß dann in einem Flugzeug nach Chile und plärrte mit erhobener und geballter Faust in revolutionärer Manier auf dem Flug in die Kamera: „Venceremos!“… Wer dieses Buch liest, kann sich auf den einen oder anderen Schock vorbereiten, wenn die Schranktüre aufgeht. Niemand muss enden wie Honecker,

meint

Michael Obergfell

Die Daten zum Buch:

Dieter Sordon: Steht uns das Schlimmste noch bevor?
Der Zerfall unseres Wohlstands

Die Neugier, die das eigenwillige Format des Covers hervorruft, wird im Innenteil nicht enttäuscht.

Taschenbuch
Edition Octopus
ISBN 978-3-95645-200-0
Preis 15,10 Euro

Bestellung hier möglich. 

 

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