Politiker-Flut und Jahrhundert-Versprechen

Von Klaus Wallmann sen.

Bereits Kanzler Schröder (SPD) ließ sich 2002 medienwirksam vor der Kulisse einer “Jahrhundertflut” ablichten – und wurde anderthalb Monate später vom deutschen Michel prompt wieder zum Kanzler gewählt. Frau Merkel befindet sich dreieinhalb Monate vor der Bundestagswahl in einer ähnlichen Situation, denn schon wieder gibt es eine “Jahrhundertflut”.

Als Bühne ihres medienwirksamen Auftritts wählte sie die überflutete bayrische Stadt Passau. Im Gefolge drei Dutzend subalterne Politiker und ein Troß von rund 100 Reportern. Sie alle verliehen dem Begriff “Gaffer” eine ganz neue Bedeutung, als sie dort den Menschen zusahen, die versuchten ihr Hab und Gut zu retten. “Schauen Sie, daß Sie Hilfe bekommen”, so die weise Landesmutter Angela zu ihren Kindern auf ihrem Spaziergang durch das Katastrophengebiet. Gütig versprach sie den Sandsäcke Schleppenden 100 Millionen Euro, während es vorerst beim Schulterklopfen blieb.  Bayerns Ministerpräsident Seehofer und Bundesinnenminister Friedrich (beide CSU) versuchten, einen Teil des merkelschen Glanzes für sich einzufangen.

“Ich habe seit Tagen nicht geschlafen”, so Einsatzleiter Franz Bülow vom Technischen Hilfswerk in Leipzig. “Alle paar Minuten werden neue Politiker herangespült und lassen sich von Medienvertretern dabei fotografieren, wie wir ihnen die Lage vor Ort schildern. Dabei müssen wir in irgendeine Richtung zeigen, in die der jeweilige Politiker dann besorgt blickt, obwohl er gar nicht zuhört. Geholfen ist damit natürlich niemandem.”

Gleichzeitig kommt das Staatsfernsehen gar nicht nach, all die wohlfeilen Versprechen der Monopolpolitiker für die Zukunft in die deutschen Wohnzimmer zu tragen, während gleichzeitig “Wissenschaftler” und “Experten” sich darüber auslassen, wie toll doch der Hochwasserschutz in den vergangenen elf Jahren vorangekommen ist – auch wenn natürlich noch nicht alles zum Besten stehe und Naturkatastrophen natürlich nie ganz zu verhindern seien.

Was von diesen Versprechungen zu halten ist, das zeigt ein kurzer Blick zurück. In einer Rede im Deutschen Reichstag im Dezember 1897 führte August Bebel, der Vorsitzende der damals noch revolutionären Arbeiterpartei SPD, unter anderem aus:

Ich habe zunächst nicht gesagt – das beweist der offizielle Wortlaut meiner Rede – daß in Sachsen 10 000 Familien durch die Wassernöte an den Bettelstab gekommen seien; ich habe wörtlich gesagt: “in Schlesien, Sachsen usw. sind Zehntausende von Familien durch die Wassernöte an den Bettelstab gekommen.” … Ich habe weiter anerkannt, daß zwar Sachsen jetzt bereits an den Landtag herangekommen sei, um eine Unterstützung für die von der Wasserkalamität Betroffenen zu heischen, daß aber das auch nicht genügt, weil nach meiner Meinung sofort mit der Energie, Umsicht und Gründlichkeit, mit der die Militärverwaltung jede ihr notwendig erscheinende Reform vor dem Reichstag bringt, Millionen und Millionen dafür fordert und, wenn sie bewilligt sind, auch sofort die Reform ins Werk setzt, weil, sage ich, ich gewünscht hätte, daß man mit der gleichen Energie, Umsicht und Tatkraft, die die Militärverwaltung auf ihrem Gebiet entwickelt, auch seitens der Zivilverwaltung einmal hier hätte vorgehen sollen. Davon hat man weder in Sachsen noch in Preußen gehört, obgleich ich auch hier zugebe, das Sachsen Preußen gegenüber wieder um drei Nasenlängen voraus ist. (Heiterkeit. “Sehr richtig!” links.)

Ich will weiter das gleich damit abmachen, was der Herr Graf von Posadowsky in derselben Sache mir erwiderte. Er hat ebenfalls auf meine Ausführungen geantwortet und mit erhobener Stimme dem Reichstag und der Welt verkündet, daß der preußische Staat, nachdem zwei Millionen auf dem Wege des Sammeins, zu deutsch gesagt, des Betteins zusammengekommen waren, die Großmut hatte, aus seinen Mitteln auch zwei Millionen zu bewilligen. Da hat wieder einmal der preußische Staat eine Knickrigkeit gezeigt, die man in Preußen von jeher auf diesem Gebiet gewohnt ist. (“Sehr richtig!” links.) Dort hat man zu allen anderen Zwecken, nur nicht zu Kulturzwecken die Mittel.

Nicht zwei Millionen, sondern 20 Millionnen wären nötig gewesen. Es ist eine traurige Tatsache, daß die Provinz Schlesien, die in diesem Jahre wieder von diesem Element so furchtbar zerstört worden ist, seit nahezu einem Jahrhundert ungemein häufig Überschwemmungen und Zerstörungen ausgesetzt gewesen ist. Es hätte bereits vor Jahrzehnten der preußische Staat, wenn er ein Kulturstaat sein wollte, es für seine vornehmste Aufgabe erachten müssen, durch ausgiebige Wasserbauten und ausgiebige Schutzmaßregeln dafür zu sorgen, daß diese dort in weiten Gegenden lebende, dichte Bevölkerung nicht immer wieder der Gefahr, an den Bettelstab gebracht zu werden, nachdem sie sich eben erst ein wenig erholt hatte, ausgesetzt ist. (“Sehr richtig!” links.)

Ich erinnere Sie daran, daß allein in den 90er Jahren, soviel ich mich erinnere, nicht ein Jahr vergangen ist, daß nicht der Bober, der Queis, die Neiße und andere Flüsse in der Provinz Schlesien, große Überschwemmungen gebracht und damit eine Unmasse von Not und Elend und Zerstörung von menschlichen Existenzen erzeugt hat, ohne daß der preußische Staat, wie es, ich wiederhole das, wenn er ein Kulturstaat sein wollte, seine Pflicht und Schuldigkeit gewesen wäre, in ausreichendem Maße eingegriffen hätte. Da könnten Sie von den Hunderten von Millionen, die Sie auf einmal für die Flotte übrig haben, 50 Millionen nehmen; da würden Sie sich Steuerzahler erhalten, da würden Sie menschliches Glück herbeiführen, menschliches Elend verhindern; aber handelt es sich um neue Zerstörungsmittel für Menschen, dann sind die Millionen im Übermaß vorhanden, sonst nicht.
(August Bebel, Ausgewählte Reden und Schriften, Saur-Verlag München, 1995, Band 4, S. 206/207)

116 Jahre später könnte man noch die Banken erwähnen, für die ebenfalls Millionen und Milliarden im Übermaß vorhanden sind. Doch generell hat sich am Verhalten des Staates nichts geändert – hat sich doch auch sein Charakter nicht geändert. Er war und ist das Machtinstrument der herrschenden Klasse, das von deren politischen Kommmis in deren Interesse geführt wird.

Klaus Wallmann sen.

Quelle: randzone

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Ja, diese Politzecken und Ihr Staatsfernsehen sind nur noch ekelerregend. Jetzt haben sie endlich wieder genügend Verblödungsstoff. Und Frau „Euro-Alternativlos“ hat ihre Stimmen aus den Hochwassergebieten sicher. Die GEZ-Zwangsgebühr ist nichts anderes als billige Staatspropaganda auf Kosten der Zwangszahler!
Das Volk muss für seine Verblödung auch noch zahlen. Perfekter kann eine Diktatur unter dem Deckmantel einer Demokratie gar nicht funktionieren. 

 

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