Pöstchenkarussell in der EU: La France d’abord (Frankreich zuerst) – Deutschland zahlt die Rechnung

von Joachim Jahnke

Macron hat sein Traumziel erreicht. Die einzige der Positionen mit eigener Macht, die jetzt im EU-Personalkarussell zu vergeben war, war die des Präsidenten der EZB. Diese besondere Bedeutung garantiert schon die totale Unabhängigkeit der Institution und ihre zentrale Funktion für Zinsen und Liquidität in der Eurozone. Es ist die Institution, in der die Schuldenländer am Mittelmeer eine Stimmen-Mehrheit haben und so dafür sorgen können, daß die deutschen Sparer mit realen Vermögensverlusten für die Schuldner im Süden zahlen und daß den Schuldnerländern im Süden durch Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB die weitere Staatsverschuldung erleichtert wird.

Es ist auch die EZB, die über die Bankenunion entscheidet, weil sie die Bankenaufsicht in der Eurozone übernommen hat. Von der hängt nicht zuletzt ab, wie die deutschen Einlagegarantien vergemeinschaftet und damit gegen den Willen der Sparkassen entwertet werden.

In den bisherigen 21 Jahren der EZB hatte nur der erste Präsident Willem Duisenberg als nicht vom Mittelmeer 5 Jahre an der Spitze stehen können, bis er von dem Franzosen Jean-Claude Trichet in einem schmutzigen Deal vorzeitig verdrängt wurde. Der regierte dann 8 Jahre lang und wurde von dem Südländer Mario Draghi für weitere 8 Jahre gefolgt. Insgesamt war also der ClubMed der Südländer bisher schon 16 von 21 Jahren am Steuer. Er wird das nun mit der Französin Christine Lagarde für weitere 8 Jahre übernehmen. Das ergibt dann 24 aus 29 Jahren für die Mittelmeerländer. Das Spiel gegen die deutschen Sparer und für weitere Verschuldung des Südens kann weitergehen. Dabei entfällt auf die Mittelmeerländer fast doppelt so viel an Bruttostaatsverschuldung als auf die nördlichen Länder – eine verkehrte Welt also.

Macron hatte von Anfang an nur die Präsidentschaft bei der EZB im Blick. Daher machte er die Nachbesetzung von Junker als Kommissionspräsident mit Attacken auf Weber und die anderen Spitzenkandidaten der Europawahl schwierig, um dann als Zeichen großen Entgegenkommens an Deutschland die Nominierung der aus dem Hut geholten von der Leyen zu unterstützen. Sie soll nicht einmal von Merkel, sondern von Macron vorgeschlagen worden sein. Dazu Macron: „Sie hat Erfahrung, Mut und Durchsetzungskraft bei schwierigen Themen“. Gleichzeitig konnte Macron so den deutschen Gegenkandidaten für die EZB Weidmann so aus dem Felde schlagen.





Von der Leyen hatte bei der Europawahl überhaupt nicht zur Wahl gestanden, kein Wahlprogramm präsentiert und ist in anderen Ländern weitgehend unbekannt. Deshalb dürfte es im Europaparlament erheblichen Widerstand geben. Auch wird dem Duo Macron/Merkel vorgeworfen, mit diesem Hinterzimmerdeal vor den Osteuropäern gekuscht zu haben, die den ursprünglich von Macron/Merkel favorisierten Timmermans wegen seiner Forderung nach Rechtstaatlichkeit auch in Osteuropa unbedingt verhindern wollten. Man darf vermuten, daß unter diesen Umständen die anfängliche Unterstützung von Timmermans durch Marcon/Merkel nie ernst gemeint war. Es bleibt jedenfalls ein bitterer Beigeschmack. Kein guter Start für eine neue Kommission!

Sollte von der Leyen doch noch im Europaparlament durchfallen, behält Macron seine Trophäe bei der EZB. Sollte von der Leyen bestätigt werden, wird sie – anders als Lagarde – sehr wenig Macht ausüben, denn die eigentlichen Herrscher in der EU sitzen nicht in der EU-Kommission, sondern als Regierungen im EU-Rat. Außerdem hat von der Leyen als Verteidigungsministerin nicht gerade bewiesen, daß sie eine große Behörde erfolgreich leiten kann, und eine kompliziertere Behörde als die EU-Kommission gibt es in ganz Europa nicht. Und im Konflikt der EU mit Frankreich, z.B. beim notorischen Haushaltsdefizit, wird von der Leyen kaum Stärke zeigen können, in schwierigen Zeiten zwischen Frankreich und Deutschland eher auf der französischen Seite stehen (jedenfalls nach Merkels Abgang). Den neue Aufbruch, den die EU dringend nötig hätte, wird jedenfalls von der Leyen kaum bringen.

Die französische Rechnung wird also wieder einmal aufgehen, die deutsche nicht, auch wenn das von der deutschen Politik und den deutschen Medien nun anders dargestellt werden wird.

 

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