Österreich nähert sich nun doch der Goldheimholung

von Peter Boehringer (Deutsche Edelmetall-Gesellschaft)

Das in jüngster Zeit voll angelaufene Rennen von immer mehr Staaten um Auslieferung und Heimholung der jeweils bei Fed, Bank of England, Banque de France oder Bank of Canada gelagerten Nationalgold-Bestände ist in einer neuen Runde. Heute lesen wir erstmals Auszüge aus einem neuen (und offiziell noch unveröffentlichten) Bericht des Österreichischen Bundesrechnungshofs (ÖBRH) zum Goldthema. Und obwohl die DWN den ÖBHR-Einfluss hier wohl etwas überinterpretieren (Überschrift der DWN im Indikativ: „Österreich will Gold von London nach Wien verlagern“), wäre das doch immerhin eine erhebliche Verschärfung des bisher bekannten Standpunkts des ÖBRH. Auch meine eigenen Quellen bestätigen, dass die angeblich bereits im Mai 2014 „ohne negativen Befund“ abgeschlossene Prüfung des ÖBHR zum Staatsgold sehr wohl noch weiterläuft oder gar wieder neu aufgenommen wurde – dazu gibt es hoffentlich am morgigen Sonntag mehr Infos (siehe weiter unten):

„Die Oesterreichischen Nationalbank (OeNB ) soll ihre in London gelagerten Goldreserven nach Österreich zurückholen. Bei der Bank of England bestehe ein hohes Konzentrations-Risiko. Das geht aus dem jüngsten OeNB-Prüfungsbericht des Rechnungshofs hervor. Die Prüfer raten ‚raschen Evaluierung aller Möglichkeiten einer besseren Streuung der Lagerorte‘. Die Lagerorte sollen gestreut werden, indem eine Diversifizierung der Vertragspartner vorgenommen wird, heißt es in dem Bericht.“

Hört, hört. Wenn dieses offiziell noch unbestätigte Zitat aus der ÖBRH-Empfehlung also korrekt ist, dann stellen wir eine eindeutig erklärungsbedürftige Änderung der ÖBRH-Haltung ggü. etwa Mai 2014 fest! Etwa um 180 Grad… Rückblende zu meinem Artikel von damals, als ich die sogenannte Vor-Ort-Inventur von OeNB und ÖBRH bei der Bank of England als Farce bezeichnen musste:

„Es gibt nun eine Verlautbarung zu einem Besuch von wie immer namenlosen Experten der OeNB und von ‚Vertretern‘ des Österreichischen Rechnungshofs bei der BoE – von dem etwa das ‚Wirtschaftsblatt‘ heute berichtet: ‚Vergangene Woche haben Experten der Notenbank und Vertreter des Rechnungshofs die Goldreserven überprüft, vor dem Wochenende auch in London. Das Gold sei dabei gewogen und in seiner Konsistenz geprüft worden. [Den] Informationen nach kam der Rechnungshof zum Schluss, dass alles in Ordnung ist.‘

=> Hier wurde also wieder einmal NICHT öffentlich nachvollziehbar geprüft, gezählt, gewogen – schon gar nicht anhand öffentlich nachprüfbarerer Barrennummernlisten. Es gibt keine Fotos, keine Videos des Prüf-Vorgangs. Und kein namentlich benennbarer, haftungsfähiger, vereidigter Wirtschaftsprüfer hat einen Stempel unter einen veröffentlichten und beglaubigten Prüfbericht gesetzt. Und erst recht nicht wurden mögliche Entleihungen / Doppeleigentümerschaften der angeblich in Augenschein genommenen Barren geprüft, was nur durch Offenlegung der Barrennummern und deren Abgleich mit anderen Beständen (von ETF-Anbietern, Goldkontenanbietern, weiteren Zentralbanken, sonstigen) möglich wäre.

=> Der gesamte angebliche Prüfvorgang bei der BoE ist bzgl. Prozessablauf und bzgl. der ‚von NN‘ angeblich festgestellten Ergebnisse intransparent, ungenügend, unglaubhaft und gemessen an Grundsätzen ordnungsgemäßer kaufmännischer Inventur ein schlechter Scherz. Es ist genau dasselbe wie seit vielen Jahren auch beim deutschen Bundesbank-Gold!

OeNB-Chef Novotny sprach damals trotzdem und angesichts dieser komplett lächerlichen Beweislage absurderweise davon, dass nun endlich „unsinnige Gerüchte aus der Welt geschaffen“ wurden…

Quelle: Magazin „Trend“, Printausgabe Juni 2014

Ich schrieb damals im Mai, dass diese sogenannte „Prüfung“ des österreichischen Goldes in London ähnlich wie vergleichbare Meldungen in Deutschland eine reine Show für einen sehr dummen Teil der Öffentlichkeit sei.

Damals war die offizielle Sprachregelung von ÖBRH und OeNB, dass natürlich in London alles in Ordnung sei, nun angeblich bewiesen durch angeblich umfassenden Audit. Klappe zu, Thema tot. Warum also nun plötzlich heute eine völlig andere Empfehlung des ÖBRH pro Heimholung? Nun, eine offizielle Erklärung für die Volte gibt es noch nicht. Also nehmen wir die naheliegendste: Auch der ÖBRH hat inzwischen mitbekommen, dass immer mehr Nationen ihr Gold von Fed, BoE usw. heimholen wollen oder es bereits tun. Unausgesprochen aber ganz eindeutig steht dabei die Sorge im Raum, dass die westlichen Goldlagerungs-„Partner-Banken“ in NY, London usw. nicht ausreichend unverliehenes Material für eine vollständige und schnelle Auslieferung des dort angeblich seit Jahrzehnten „treuhänderisch-passiv-unangetastet“ lagernden Goldes an die jeweiligen Nationen haben. Die Sorge davor, dass den letzten Heimholer die Hunde beißen, weil vom „fractionally stored gold“ am Ende nichts mehr da ist, steht inzwischen wie der berühmte Elefant im Raum, den ostentativ-offiziell keiner sehen will – und den doch alle im Hinterkopf haben.

Die offenen Fragen aus den uns vorliegenden Indizien und auch aus den vielen fehlenden Angaben zur Goldlagerung von Fed und BoE sind inzwischen derart schreiend, dass der ÖBRH diesmal offenbar etwas schärfer eingreift. Ob es wie schon im Mai auch diesmal nur Show ist, wird sich zeigen: Genau wie in Deutschland wäre jedenfalls auch in Österreich ohne die Bürger-Initiative „Rettet unser Österreichisches Gold“ niemals Bewegung in diese Sache gekommen. Genau wie in Deutschland nimmt sich nun der Rechnungshof der nationalen Goldsache Österreichs an. Leider hat der damals 2011/12 in Deutschland nach jahrzehntelanger Untätigkeit überhaupt erst durch öffentlichen Druck tätig gewordene Deutsche Bundesrechnungshof nach einiger Kritik an der Inventurpraxis der Deutschen Bundesbank in seinem Prüfwillen extrem schnell wieder nachgelassen. Schon sein Abschlussbericht wurde erst durch unseren öffentlichen Kampagnen-Druck unter wichtiger Mithilfe der MdBs Gauweiler und Schäffler überhaupt veröffentlicht. Seitdem hört man aber praktisch nichts mehr vom BRH – und genau dasselbe droht auch den österreichischen Bürgern! Auch die Österreicher muss man darum wie die Deutschen unbedingt dazu aufrufen, die Heimholung des Goldes selbst zu fordern! Wir sind der Souverän. Wir können uns leider nicht auf unzureichend tätige Volksvertretungen und sonstige systemtragende Institutionen verlassen. Und bei unserem Gold schon gar nicht auf die Treuhänder desselben – hier also die OeNB und die Bank of England!

Mein aktueller Appell auch an die relevanten österreichischen Journalisten: Am morgigen Sonntag findet (lange geplant und eher zufällig) die ORF „TV-Thek“ Pressestunde just mit einem Gast vom ÖBRH statt! Nutzen Sie diese Gelegenheit bitte trotz des eigentlich anderen Sendungsthemas unbedingt dazu, beim ÖBRH hart zu hinterfragen,

a) welcher Art die Inventur von Mai unter angeblicher Beteiligung des ÖBRH genau war

b) warum damals behauptet wurde „alles in bester Ordnung“ …

c) … wenn nun plötzlich der ÖBRH offensichtlich doch weiterprüft …

d) … und angeblich doch die komplette Goldrückholung empfiehlt (obwohl doch im Mai in London „alles in Ordnung“ war)?

e) warum es zunächst sogar widersprüchliche Meldungen*) darum gab, wie viel österreichisches Gold denn nun eigentlich genau in London lagert.

Und falls die DWN den ÖBRH falsch interpretieren sollten (also keine oder nur eine geringe Goldheimholung durch Österreich geplant sein sollte) – wie sich das mit der Aussage von Gouverneur Nowotny verträgt: „[Wir wollen] da auch noch Erfahrungen der Deutschen Bundesbank abwarten.“.

Diese Erfahrungen der Deutschen Bundesbank sind ernüchternd. In elend langen acht Jahren bekommt die Bundesbank lächerliche 700 Tonnen ihres Goldes; Stand Anfang 2014 waren es 37 Tonnen – und wirklich nachgewiesen sind bislang davon nur 12,5 Kilogramm (…) .

Unterdessen läuft der immer länger werdende Heimholungszug auf vollen Touren. Heimholungsaktionen sind in Vorbereitung oder bereits voll abgeschlossen in Polen, Frankreich, Belgien, Niederlanden.

Vergebliche Forderungen nach mehr Transparenz speziell der angelsächsischen Hauptlagerstätten gibt es ohnehin fast überall. Das Thema ist fast ganz oben im Augenmerk der internationalen Wirtschaftsmedien. Alleine in der abgelaufenen Woche haben wir gleich vier große Presseinterviews zum Thema geben müssen. Herr Nowotny sollte also besser nichts mehr „abwarten“. Und selbstredend die Herren Weidmann und Thiele von der Deutschen Bundesbank ebensowenig! Sie wären sonst total „behind the curve“ [Notenbank-Jargot für „zu spät dran“]. Kollege Koos Jansen (Goldanalyst aus den Niederlanden) kommentiert ebenfalls in diese Richtung: „Bear in mind The Netherlands not even talked about repatriating openly while preparing it. Who knows how many countries are preparing or discussing repatriating behind closed doors at this moment.“ Jede zu langsame Heimholung kann angesichts der drohenden Gefahr im Verzug inzwischen zu einem persönlichen Haftungsfall in hoher Milliardenhöhe werden! Das Jahr 2021 für den Vollzug von nur 50% Gold-Heimholung etwa nach Deutschland ist angesichts der neuen Lage mehr als nur grob fahrlässig.

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*) Österreich lässt Goldbestände bei der Bank of England prüfen

Goldreporter, 26. Mai 2014

Der Rechnungshof Österreichs sendet eine Abordnung zur Bank of England. Sie soll Existenz und Zustand von geschätzten 150 Tonnen [ca 54%, einen Tag später sind es dann plötzlich 80%… Anm PB] an österreichischem Währungsgold prüfen. Die bei der Bank of England gelagerten Goldreserven Österreichs sollen einer Inventur unterzogen werden. Laut Wirtschaftsmagazin Trend plant der österreichische Rechnungshof eine Delegation nach London zu schicken, um die Goldbarren vor Ort zu inspizieren… Die Entscheidung zu einer Prüfung der österreichischen Goldreserven ist letztlich die Folge des steigenden öffentlichen Drucks. Nachdem die Bundesbank im vergangenen Jahr mit ihrem Rückführungsprogramm aktiv wurde, bemühten sich auch politische Kräfte in Österreich um mehr Transparenz und einen Beweis, dass die Goldbarren im Ausland tatsächlich vorhanden sind. Unter anderem die Initiative ‚Rettet unser österreichisches Gold‘.“

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