Obamas Rede in West Point: Ankündigung eines endlosen Krieges

Bill Van Auken (wsws)

Die amerikanischen Medien haben die Rede, die Präsident Obama am Mittwoch in West Point gehalten hat, als Abschiedsgruß an die jahrzehntelangen Kriege im Irak und in Afghanistan und Beginn einer eher multilateralen und weniger militaristischen amerikanischen Außenpolitik dargestellt.
Diese Auslegung ignoriert bewusst den Inhalt der Rede, in der sich Obama, mehr als bisher, zu einer Politik des permanenten und globalen Krieges im Namen der Interessen der amerikanischen Finanzelite bekennt. Diese Verzerrung der Medien ist einerseits parteilich motiviert. Obamas Republikanische Rivalen versuchen, ihn als schwach darzustellen. Andererseits von der Unterstützung einer wohlhabenden und privilegierten „liberalen“ Elite für Angriffskriege, die unter dem Banner von „Menschenrechten“ und „Demokratie“ geführt werden.

Der wahre Inhalt der Rede entsprach dem Ort, an dem der Präsident sie hielt. Wie so oft, war das Publikum, das für die angeblich wichtige außenpolitische Rede ausgewählt wurde, in Uniform und militärischer Disziplin unterworfen. In diesem Falle waren es Kadetten, die ihre Ausbildung auf der amerikanischen Militärakademie abgeschlossen haben und einem Offizierskorps beitreten, dessen Auftrag es ist, Washingtons weltweite Militärinterventionen zu organisieren und auszuführen.

Obamas Rede strotzte vor Lobgesängen auf das Militär und zeigte damit die wachsende Dominanz des Militär- und Geheimdienstapparates in der amerikanischen Regierung und dem politischen Geschehen in Amerika. Er erklärte den West Point-Absolventen, das amerikanische Militär habe keinen ebenbürtigen Gegner, und es „verkörpert, was es für Amerika bedeutet, die Welt anzuführen.“

„Das Militär, dem Sie sich angeschlossen haben, ist, und wird immer, das Rückgrat“ der amerikanischen „Führung auf der Weltbühne sein,“ erklärte Obama und lieferte seinem Publikum eine kurze und knappe Definition des amerikanischen Militarismus im 21. Jahrhundert.

Obama zitierte in seiner Rede Dwight Eisenhower, den obersten Befehlshaber der alliierten Truppen in Europa im Zweiten Weltkrieg und späteren US-Präsidenten, der 1947 in einer Rede vor dem gleichen Korps von Kadetten erklärte, Krieg sei die „tragischste und aberwitzigste aller Dummheiten,“ und wer vorsätzlich versucht ihn zu provozieren oder es vorschlägt, begehe ein großes Verbrechen gegen alle Menschen.

Diese Rede hielt er kaum ein halbes Jahr nach den Nürnberger Prozessen gegen die überlebenden Naziführer, und in diesem Kontext machte Eisenhower seine Äußerungen. Der Hauptvorwurf gegen die Naziführung war es, Angriffskriege begonnen und geführt zu haben.

Unmittelbar nach diesem Eisenhower-Zitat erläuterte Obama jedoch eine Doktrin, mit der auch Adolf Hitler kaum Probleme gehabt hätte.

Obama erklärte: „Die Vereinigten Staaten werden militärische Gewalt einsetzen, wenn nötig auch einseitig, wenn unsere Kerninteressen es erfordern – wenn unsere Bevölkerung bedroht wird, wenn unsere Lebensgrundlage auf dem Spiel steht, oder wenn die Sicherheit unserer Verbündeten gefährdet ist… Die internationale Meinung ist wichtig, aber Amerika sollte nie um Erlaubnis fragen, um unser Volk, unser Vaterland und unsere Lebensart zu schützen.“

Obama schildert hier eindeutig keine Politik für einen Verteidigungskrieg, der nur als Reaktion auf einen Angriff oder die Gefahr eines unmittelbar bevorstehenden Angriffs geführt würde. Er erklärt, dass sich die USA das Recht vorbehalten, militärisch zu intervenieren, wo immer sie denken, dass es um ihre „Kerninteressen“ geht – d.h., um den Zugang zu Märkten, Rohstoffen, billiger Arbeitskraft und Profiten für ihre Konzerne und Banken.

Wenn er über „unsere Lebensgrundlage“ und „unsere Lebensweise“ redet, meint er nicht den immer weiter sinkenden Lebensstandard des amerikanischen Arbeiters, sondern die achtstelligen Gehälter amerikanischer Vorstandschefs, deren Vermögen auf der Ausbeutung der arbeitenden Bevölkerung und der Rohstoffe des ganzen Planeten beruhen.

Der US-Präsident bekräftigte weiterhin sein angebliches Recht, Kriege zu beginnen, selbst wenn keine Bedrohung für die USA besteht, sondern auch wenn es um Themen gibt, die „unser Gewissen aufwühlen.“

Die jüngere Geschichte hat gezeigt, dass dieses „Gewissen“ sehr flexibel ist. Als im Jahr 2011 unbewiesene Behauptungen aufkamen, das libysche Militär stehe kurz davor, die rebellische ostlibysche Stadt Bengasi anzugreifen und ihre Einwohner zu massakrieren, begannen Washington und die Nato einen uneingeschränkten Bomben- und Stellvertreterkrieg, der zu zehntausenden Toten führte und mit dem Sturz und dem Lynchmord an dem Führer des Landes, Muammar Gaddafi, endete. Heute, nachdem bereits der gewählte Präsident der Ukraine gestürzt wurde, unterstützt Washington uneingeschränkt ein rechtes Putschistenregime, das Soldaten und faschistische Schläger in die ostukrainische Stadt Donezk schickt, um dort Demonstranten zu ermorden.

Obama hält Amerikas „Unterstützung für Demokratie und Menschenrechte“ hoch, wann immer Washington einen Regimewechsel durchführen will. Allerdings machte er ausdrücklich eine Ausnahme für das Regime von al-Sisi in Ägypten, das einen gewählten Präsidenten gestürzt, tausende ermordet, zehntausende verhaftet und die größte Partei des Landes verboten hat. „In Ländern wie Ägypten, geben wir zu, liegen unseren Beziehungen Sicherheitsinteressen zugrunde .“

Er erklärte, in den „humanitären Kriegen“ Amerikas müsse „die Schwelle für Militäraktionen höher liegen.“ Washington müsse „Verbündete und Partner mobilisieren, um gemeinsam zu handeln.“ Er fuhr fort: „Wir müssen unsere Werkzeuge um Diplomatie und Entwicklung erweitern; um Sanktionen und Isolierung; Appelle an das Völkerrecht; und nur wenn es gerecht, notwendig und effektiv ist, zu einseitigen Militäraktionen greifen.“

Dieses Szenario entspricht genau dem Kurs, dem Obamas Vorgänger George W. Bush gefolgt ist, als er seine „Koalition der Willigen“ für den „gewollten Krieg“ gegen den Irak mobilisierte.

Alles, was Obama geschildert hat, verstößt gegen das Völkerrecht und billigt Angriffskriege, die die Nazis vor einem Dreivierteljahrhundert praktiziert haben.

In wie vielen Ländern führen die USA bereits Militärinterventionen und Stellvertreterkriege? Obamas Rede in West Point ging die Ankündigung voraus, dass fast 10.000 US-Soldaten nach dem offiziellen Ende der amerikanischen Besetzung Ende des Jahres in Afghanistan bleiben sollen, und dass eine Restmenge für unbestimmte Zeit dort bleiben werde.

Drohnenangriffe, nächtliche Überfälle und andere Aktionen finden im Jemen, in Somalia, Pakistan und anderen Ländern statt, während amerikanische Truppen unter dem Vorwand, gegen Kony zu kämpfen, die nigerianischen Schulmädchen zu finden oder gegen Islamisten zu kämpfen, in Afrika ausschwärmen.

In der Ukraine hat die US-Regierung einen Putsch inszeniert, der sie in direkte Konfrontation mit der Atommacht Russland gebracht hat. Seither hat sie amerikanische Bodentruppen nach Polen und in die ehemaligen baltischen Sowjetrepubliken, und Kriegsschiffe ins Schwarze Meer geschickt. Gegen China hat sie noch provokantere Marinemanöver durchgeführt und Überflüge von B52-Bombern organisiert.

In Syrien diskutiert die Obama-Regierung momentan einen Plan, amerikanische Truppen einzusetzen, um die sogenannten „Rebellen“ auszubilden und zu bewaffnen und eskaliert und verlängert damit den langen, religiös motivierten Bürgerkrieg der das Land zerstört hat. Obama forderte in seiner Rede die Schaffung eines neuen „Antiterrorpartnerschafts-Fonds“ in Höhe von fünf Milliarden Dollar, um Interventionen zu unterstützen und repressive Kräfte im Nahen Osten, Afrika und anderen Teilen der Welt zu bewaffnen und auszubilden.

Obama nutzte die Rede, um zu verteidigen, dass er sich unbegrenzte Vollmachten erteilt hat, Drohnenmassaker und Morde anzuordnen, die bereits mindestens 5.000 Todesopfer gefordert haben, die meisten davon Zivilisten. Der US-Präsident behauptete obszönerweise, diese Angriffe würden nur durchgeführt, wenn es „so gut wie sicher ist, dass es keine zivilen Todesopfer gibt.“

Unmittelbar vor der Rede hatten Vertreter der Regierung in einer Anhörung vor dem Kongress bekräftigt, dass der Präsident unbegrenzte Befugnisse habe, Kriege zu beginnen und Drohnenmorde anzuordnen, auch an amerikanischen Staatsbürgern, ohne dafür die Erlaubnis des Kongresses oder der Justiz zu benötigen. Damit wird nur ausdrücklich bestätigt, was bereits die Standardprozedur der US-Regierung ist, bei der der Kongress nur noch dazu da ist, die Entscheidungen der amerikanischen Kriegsmaschinerie abzusegnen.

Die Exekutive, die die Macht des Militär- und Geheimdienstapparates verkörpert, hat das Recht, fast alles zu tun. Aber welche Rechte bleiben der amerikanischen Bevölkerung noch? Die noch verbliebenen werden schnell getilgt. Die letzten Überbleibsel der Demokratie müssen beseitigt werden, um Krieg, Ungleichheit und wirtschaftliche Austerität durchzusetzen, die von der großen Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt werden.

Trotz Obamas hochfliegender Rhetorik, dass die USA ihre „lange Kriegszeit“ überstanden hätten, deutet seine Rede an, dass der amerikanische Imperialismus eine weltweite Katastrophe von beispiellosem Ausmaß vorbereitet.

Bill Van Auken 

 

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