Niedergang der Sport-Lust durch Corona?

Gastkommentar

Ursprünglich hätte die EM 2021 bereits im Jahr 2020 stattfinden sollen, die Corona-Pandemie machte aber auch diesem Ereignis einen dicken Strich durch die Rechnung. Mit einjähriger Verspätung wurde hernach aber doch noch ein Europameister gekürt. So richtig tangiert, hat es gefühlt in Deutschland niemanden, bis auf die Hardcore Fans. Längst hat es die Covid geschafft, an Platz eins der Lebensrealität zu stehen. Long Covid, Impfen, Impftermine, RKI – Werte und Bilder von Menschen mit blauen Handschuhen, Masken und Spritzen beherrschen die Bilder und Schlagzeilen. Die einstige Sport- und Spiellust scheint dahin zu sein.

Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen berichten derzeit öfter von Gefühlen der Wut, Resignation, Aggression und sozialem Rückzug bei ihren Patientinnen und Patienten. Und behandeln in der Folge mehr Fälle von Ängsten und Depressionen. Für Menschen, die permanent ihren Ängsten ausgesetzt sind, spielt die EM vermutlich eine untergeordnete Rolle. Siehe dazu: Was macht die Pandemie mit der Psyche?. Fußball-Übertragungen locken in normalen Zeiten Millionen Menschen vor den Fernseher. Doch die Zahlen der EM 2021 waren deutlich geringer. Der Einbruch lag teilweise bei mehr als 30 Prozent.

Allein die Neuorganisation zerstörte das Gefüge

Dabei war der Favoritenkreis vor dem Turnier groß wie selten zuvor. Für Jogi Löw war es das letzte Turnier als Coach der DFB-Auswahl und man hätte vermuten können, dass zumindest seine Fans ihm ordentlich beistehen. Aber nach den ersten Spielen war eindeutig klar: Keine der Übertragungen im Fernsehen kam über die Zehn-Millionen-Marke. Natürlich kann man anführen, dass es keine Veranstaltungen rund um den Fußball gab, wie Public Viewing, Wetten oder offene Partys, die die allgemeine Stimmung in den Fußball -Himmel trug. Viele Menschen suchen sich anderen Zeitvertreib. Nicht nur Homeoffice und Online-Arbeit boomt, nein eine vergleichbare Ausweichbewegung und Verlagerung gibt es auch bei den Spielhallen, die anders als ihre Kollegen aus dem realen Leben allerhand Zulauf bekamen.

Schließlich sind Menschen soziale Wesen und deshalb auf Beziehungen zu Anderen angewiesen, somit sind die Partys und das Miteinander rund um dem Fußball, mindestens so wichtig wie der Fußball selbst. Die Veranstaltungen aber waren durch die Regierung verboten und auch die Geisterstadien erinnerten permanent an die sogenannte neue Normalität, die eher nicht als Stimmungskanone daherkommt.

Mit der neuen Normalität verändert sich auch die Wahrnehmung. Während früher Partys rund um den Fußball zur Freude und Befriedigung beitrugen, vermisst der Fan heute eher Dinge, von denen er niemals gedacht hätte, sie jemals zu vermissen. In einem voll besetzten U-Bahn-Abteil gegen seine Mitmenschen gepresst zu werden und sich darüber zu ärgern oder im Garten die lachenden Stimmen der Nachbarn zu hören. Vieles davon heute nur noch „Online“.

Die Quoten bleiben weiterhin wackelig

Ob die Quote nur wegen der Maßnahmen rund um Corona eingebrochen ist oder ob nicht auch die Unverhältnismäßigkeit der Summen im Fußball, von immer mehr Menschen als unerträglich wahrgenommen wird, bleibt derzeit unbeantwortet. Die Uefa hatte die Prämien der Spieler aufgrund der Coronakrise im Vergleich zu der ursprünglich geplanten Summe gekürzt, dennoch waren die Gratifikationen so hoch wie nie. Die deutschen Spieler hätten im Erfolgsfall eine nie dagewesene Einzelprämie kassiert, während der einfache Fan durch die Coronamaßnahmen oftmals an seine finanzielle Belastungsgrenze gerät.

Auch diverse Korruptionsgerüchte ernüchtern den Fußballhimmel. Einem Bericht der New York Times enthüllte, wie fünf der Top-Mitglieder der FIFA vor der Abstimmung, die zur Auswahl von Russland und Katar als Gastgeber künftiger Weltmeisterschaften führte, bezahlt wurden. Katar wird nun der neue Austragungsort der WM2022. Mit hohen Temperaturen – die über 50ºC erreichen – und einer Menschenrechtslage, die man freundlich ausgedrückt als befremdlich bezeichnen kann.

Eine der wenigen Weltmeisterschaften, die aufgrund des Klimas im Winter ausgetragen werden wird. Bezahlt ist nun einmal bezahlt. Vielleicht ist man einen Schritt zu weit gegangen und die Zuschauer wollen nicht mehr zuschauen, wie man sich gegenseitig das Geld zuschanzt. Die Kritik am WM-Ausrichter Katar reißt nicht ab. Selbst eine Mehrheit der Bundesbürger ist dafür, dass die deutsche Nationalmannschaft nicht zum Turnier antritt. Das ergab eine repräsentative Umfrage des WDR. Somit lässt sich jetzt schon vermuten, dass die Ausweichbewegung auf andere Freizeitbeschäftigungen, sollte die WM 2022 in Katar starten, sich weiter fortsetzen wird.

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