Mit Gold und Aktien auf Nummer sicher

Manfred Gburek, 13. Juli 2012

Es wird höchste Zeit, Wichtigeres in Angriff zu nehmen als das so und so vielte Paket zur Abwendung der Pleite Griechenlands, den ESM-Streit der Hundertschaften von Professoren zur Euro-Rettung oder den lächerlichen Versuch der US-Ratingagentur Moody’s, Italien ausgerechnet vor der Platzierung neuer Anleihen schlecht zu machen. Jedenfalls aus Anlegersicht. Denn Anleger wollen inzwischen kaum noch wissen, ob der griechische Patient ein Ende mit Schrecken oder Schrecken ohne Ende vor sich hat. Auch sind sie wenig erpicht, zu erfahren, welcher Professor schließlich recht behält oder was Moody’s weiterhin gegen Euroland im Schilde führt. Nein, die meisten Anleger wollen einfach nur erfahren, wo ihr Geld sicher ist.

Sicher, das bedeutet: nachhaltige Erhaltung der Kaufkraft. Dass Sie sich also in Zukunft dasselbe leisten können wie heute. Wobei die Nachhaltigkeit sich im Regelfall nicht auf Jahrzehnte bezieht, sondern auf einen bestimmten Zeitabschnitt begrenzt ist, etwa bis die Kinder aus dem Haus sind, bis die Karriere voraussichtlich ihren Höhepunkt erreicht, bis das Haus schuldenfrei ist oder bis die Altersvorsorge feststeht. Nebenbedingung: Klumpenrisiken sollten vermieden, Anlagen bis zu einem gewissen, individuell abgestimmten Grad gestreut werden.

Nun von der Theorie zur Praxis. Angenommen, Sie wollen Ihre Kaufkraft in den kommenden fünf Jahren erhalten. Dann bedeutet das: Geldeinsatz jetzt + Habenzinsen und Wertsteigerungen – Sollzinsen und Wertverluste in dieser Zeit = Ergebnis daraus – in fünf Jahren auflaufende Inflationsrate. Das Problem: Was vom Schema her zunächst recht einfach erscheint, ist in Wahrheit kompliziert. Denn mag die Berechnung des Geldeinsatzes, der Haben- und Sollzinsen – trotz ihrer zu erwartenden Änderungen – noch ein Kinderspiel sein, so wird der Umgang mit kommenden Wertsteigerungen und -verlusten sowie Inflationsraten zu einer regelrechten Herausforderung.

Also was tun, das Geld im Großen und Ganzen einigermaßen kalkulierbar auf dem Tagesgeldkonto stehen lassen oder sich der Herausforderung stellen? Wie Sie sicherlich ahnen, plädiere ich für die zweite Variante. Das spricht zwar nicht gegen Tagesgeld, aber dieses sollte nur in Maßen als liquide Reserve bzw. als Geldparkplatz zu Ihrer Anlagestrategie gehören. Versuchen Sie erst gar nicht, mit dem Gedanken zu spielen, die Tagesgeldzinsen – von, sagen wir, 2 Prozent (was derzeit schon ziemlich hoch gegriffen ist) – in die Zukunft zu projizieren und sie mit einer gedachten Inflationsrate auf demselben Niveau gegenzurechnen, denn das geht auf Sicht von fünf Jahren garantiert schief.

Jetzt wissen Sie also, dass Sie an der Gegenrechnung von kommenden Wertveränderungen und Inflationsraten nicht vorbeikommen. Das hat leider den großen Nachteil, dass Sie beide Größen nur Pi mal Daumen einkalkulieren können. Folglich sind hier keine mathematischen Modelle gefragt, sondern der Phantasie entspringende Was-ist-wenn-Gedanken: Was ist, wenn ein Land den Euro verlässt und andere mitreißt, wenn die Zinsen noch für längere Zeit im Keller bleiben oder alternativ zu steigen beginnen, wenn die aktuell heiß diskutierten Zwangsanleihen als Einleitung der finanziellen Repression auf breiter Front eingeführt werden, wenn die Krise im Nahen Osten eskaliert, wenn die Konjunktur weltweit einbricht oder im Gegenteil einen neuen Anlauf nach oben nimmt, wenn die Inflation schneller als erwartet kommt oder die Deflation in eine Depression zu münden droht?

Solche un d ähnliche Fragen gibt es zuhauf, und deshalb ist zunächst die Risikostreuung wichtig. Doch erst wenn Sie Ihr Geld hin und wieder auf bestimmte Anlagen konzentrieren, erhalten Sie die Kaufkraft wirklich nachhaltig. Lassen Sie mich dies heute an zwei naheliegenden Beispielen erläutern: Gold (einschließlich Silber) und Aktien. In beiden Fällen scheint es sich ja um Anlagen des Typs Springinsfeld zu handeln. Jedenfalls prima vista, wenn man das Auf und Ab während der vergangenen Monate verfolgt. Aber schon beim zweiten Blick wird klar: Zieht man beispielsweise den Euro-Preis für den Kilobarren Gold heran, verharrt er seit längerer Zeit etwa in der doch recht schmalen Bandbreite zwischen 40.000 und 42.000 Euro. Sogar die gängigen Aktienbarometer, vom Dax über den Euro Stoxx bis zum Dow Jones und Nikkei, zeigen keine allzu großen Bewegungen, sondern pendeln einfach nur hin und her.

Solche Szenarien kommen nicht zufällig zustande, sondern zeugen davon, dass sich immer wieder Käufer finden, sobald die Preise bzw. Kurse ein bestimmtes Niveau unterschritten haben, und Verkäufer, sobald sie Gewinne realisieren können, Letzteres mit abnehmender Tendenz. Beispiel Gold: Kaum war durchgesickert, dass Indien in den vergangenen Monaten weniger Gold als sonst zu dieser Jahreszeit eingeführt hatte, sank der Preis des Edelmetalls. Doch schon in der Preisbandbreite zwischen 1550 und 1600 Dollar je Unze griffen Käufer immer wieder zu. Beispiel Aktien: Der Dax-Ausflug in die Gegend um 6000 Punkte währte nicht lange, dann bereiteten institutionelle Käufer dem Spuk ein Ende.

Über den Verfall des Goldpreises von mehr als 1900 auf unter 1600 Dollar haben die gängigen Medien zwar schon massenweise berichtet, kaum dagegen über den geringeren Preisrückgang in Euro und so gut wie gar nicht über die Konsequenzen, die man aus der Preisentwicklung ziehen kann. Dabei drängt sich die folgende Frage geradezu auf: Warum steigen Käufer zu Preisen unter 1600 Dollar immer wieder in größerem Umfang ein? Hierbei handelt es sich ja nicht um windige Spekulanten, sondern in erster Linie um institutionelle Anleger (speziell ETF = Exchange Traded Funds), um Reiche und Neureiche, die ihre Anlagen diversifizieren, sowie um die traditionell als starke Käufergruppe auftretende Schmuckindustrie. Ich bin absolut sicher, dass es in dieser Konstellation erfahrungsgemäß nur einer kleinen Initialzündung bedarf, um den Goldpreis (und mit ihm den Silberpreis) bereits in den kommenden Monaten nach oben schießen zu lassen.

Bei den Aktien sieht es ähnlich aus, hier sind ebenfalls potente Anleger auf der Käuferseite. Gestatten Sie mir dazu den Hinweis auf die historische Kursentwicklung, in diesem Fall bezogen auf den breit angelegten US-Aktienindex von Standard & Poor’s: Sein erster spektakulärer Anstieg begann 1921, sein zweiter 1949, sein dritter 1982. Dazwischen vergingen jeweils rund drei Jahrzehnte. Jetzt schreiben wir das Jahr 2012. Das bedeutet: In nächster Zeit bietet jeder größere Kursrückgang Kaufgelegenheiten. Die sollten Sie nutzen, ganz egal, ob Sie deutsche, amerikanische, japanische oder sonstige Standardwerte querbeet kaufen.

Fazit: Während Gold in breiten Bevölkerungskreisen trotz der bisherigen Preisschwankungen wenigstens noch das Image der Sicherheit hat, gelten Aktien wegen ihrer schwankenden Kurse allgemein als unsicher. Zu Unrecht, wie die kommenden Monate und Jahre zeigen werden. Wer auf Nummer sicher gehen will, engagiert sich stark in beiden Anlageklassen.


Quelle: Gburek

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