Merkel, Hollande, Griechenland

Gert Flegelskamp

Am 15.05. konnte man in einigen Pressorganen lesen, dass der WWF eine Studie veröffentlicht hat, nach der die Menschen, wenn sie sich nicht am Riemen reißen, 2030 schon 2 Planeten brauchen, um ihren Ressourcenhunger zu stillen. 2050 sollen es dem Bericht nach bereits 3 Planeten sein.

Sicher, das mag übertrieben sein, doch vielleicht auch nicht und wir alle sollten uns klar machen, dass wir eben nur diesen einen Planeten haben. Und es sind die als reich bezeichneten, also westlichen Länder, die in dieser Studie über die Ressourcenverschwendung an oberster Stelle stehen.

Einen Tag später wird dann über den „Antrittsbesuch“ von Hollande bei Merkel spekuliert, dass sich wohl die beiden über eine „Wachstumsstrategie“ im Fiskalpakt unterhalten würden und dort zumindest zu einer Annäherung kommen müssten, bei der beide ihr Gesicht wahren können.

Nun, meine Meinung zu dem Thema setze ich als bekannt voraus. Der Fiskalpakt ist die letzte Übertragung staatlicher Hoheitsrechte an die EU und damit die letzte Stufe, bevor man die vereinigten Staaten von Europa ausrufen kann. Die Überschuldung der Europäischen Staaten ist die logische Folge des kapitalistischen Wirtschaftssystems, das auf leistungslose Einkommen durch Zinseinnahmen aufbaut, damit ein exponentielles Anwachsen der Vermögen bewirkt, in dessen Folge immer größere Geldmengen nach Anlagemöglichkeiten mit möglichst hoher Verzinsung suchen und letztendlich nur noch die Staaten in der Lage sind, Investitionsmöglichkeiten anzubieten. Das wiederum bedingt, dass alle Staaten, die einen ein wenig schneller als andere nach mathematischen Regeln als überschuldet gelten müssen, weil sie die erforderlichen Zinsen nicht mehr zahlen können. Damit diesen Staaten geholfen werden kann, soll der ESM gegründet werden und damit der wiederum unangreifbar wird, soll er zu einem supranationalen Gebilde mit eigener Gesetzgebung, absoluter Immunität und einer im Text versteckten Befehlsautorität über Staaten ausgestattet werden, die sich in seine Fänge begeben. Was das heißt, kann man am großen Vorbild „IWF“ sehen, der seit nunmehr 60 Jahren auf die gleiche Weise die Entwicklungsländer ausblutet, indem er für die Bewilligung von „Hilfe“ neben den Zinsen Forderungen stellt, die nur den ehemaligen Kolonialmächten zugutekommen, Landverkauf zu Spottpreisen, Zerschlagung jeglicher kleinbäuerlichen Kulturen zugunsten in westlicher Hand befindlicher Monokulturen, ausschließlich für den Export bestimmt, Zwang, soziale Standards bis auf nahe Null herunterzuschrauben, kurz, Voraussetzungen zu schaffen, dass eine Land, einmal in den Fängen dieses parasitären Systems, sich nie mehr erholen kann. Es ist die Fortsetzung des Kolonialismus, denn auch früher waren es Unternehmen, die Länder kolonisierten und damals noch offen dafür das Militär der Kolonialherren nutzten. Heute machen sie das versteckt und sie haben sich nun Europa als Ziel auserkoren.

Aber politisches Denken ist ein wenig kurzfristiger angelegt, weil es dort nur um die Frage geht, was man sich erlauben und wie man es positiv darstellen kann, ohne bei der nächsten Wahl gleich abgestraft zu werden. Fast 60 Jahre lang ging das ja einigermaßen gut, aber in letzter Zeit nützt selbst die 5%-Hürde nicht mehr, haben doch inzwischen zwei Parteien diese Hürde bereits überschritten, wovon eine allerdings, wie es momentan scheint, wieder aufs Abstellgleis gestellt wurde, weil die Propaganda aus Politik, Fernsehen und Presse beim Wähler Wirkung zeigt. Aber das muss nichts bedeuten, denn es kann mit der Linken sehr schnell wieder aufwärts gehen. Doch das ist nicht das Thema.

Griechenland: Man hatte die Griechen fast im Sack, wenn nicht die Wahlen dazwischengekommen wären. Dann besitzen die Griechen auch noch die Frechheit, die radikale Linke (so zumindest dargestellt in den westlichen Medien) Syriza so stark zu machen, dass die Etablierten keine Koalition mehr auf die Beine stellen konnten. Selbst nennt sich Syriza, die bisher immer so um die 5% dümpelte, vereinigte soziale Front. Doch nun wurde sie plötzlich zur zweitstärksten politischen Kraft in Griechenland und weigert sich beharrlich, sich wie der Wetterhahn in die gewünschte Richtung zu drehen. Im Gegenteil, der Spitzenkandidat der Syriza, Alexis Tsipras, hat auch noch die Frechheit, das Kind beim Namen zu nennen und zu sagen, dass das, was die so genannte Troika und die Etablierten vorhätten, ein Verbrechen sei und Verrat an Griechenland. Wenn sie das in Deutschland machen würden, würden sie abgewählt (siehe die Linke, die genau das tut). Aber ehrlich, wo kämen wir hin, wenn Politikern plötzlich die Wahrheit über die Lippen käme.

Schlimmer noch, jetzt machen die Griechen das, was 1907 die große Finanzkrise in den USA auslöste, sie heben ihr Geld ab, sofern sie Guthaben bei den Banken haben. Dazu noch Neuwahlen, bei denen die Syriza vermutlich weiteren Zulauf bekommen wird. Damit konnten die Ratingagenturen, die Banken, die EZB, der IWF, die EU-Kommission, ja nicht einmal Mutter Merkel rechnen, dass die Griechen nicht genau so dämlich sind, wie die Wähler der übrigen „EU-Provinzen“, insbesondere die Deutschen. Ich weiß, das wird mir sicherlich als Nestbeschmutzung ausgelegt, aber ich habe die Leserkommentare zu den einschlägigen Artikeln im Spiegel, in der ZEIT, der WELT etc. gelesen, größtenteils Leute, die was zu sagen haben, ja sogar eine Meinung haben, nur eben keine Ahnung.

Ich kann ja verstehen, dass Redakteure und Journalisten in Presse und Fernsehen schreiben oder sagen, was sie schreiben oder sagen. Täten sie es nicht, wären sie danach freie Journalisten ohne Aussicht, dass ihre Artikel auch nur von einem Verlag gedruckt werden und die Fernsehjournalisten könnten allenfalls noch Beiträge bei YouTube einstellen. Die freie Presse kennt vieles, nicht aber die Pressefreiheit.

Das sind drei Themen innerhalb von zwei Tagen, die eigentlich alle zusammenhängen, auch wenn das für die meisten nicht ersichtlich zu sein scheint. Kommen wir wieder zum ökologischen Fußabdruck in der WWF-Mahnung. Die Menschheit geht zu sorglos mit den endlichen Ressourcen um, aber das hat sie schon immer so gemacht. Nur mit einem Unterschied. Die Schätzungen über die Größe der Weltbevölkerung gehen davon aus, dass am Ende der letzten Eiszeit, zwischen 5 und 10 Millionen Menschen diesen Planeten bevölkerten. Vor 2.000 Jahren sollen es so zwischen 170 und 400 Millionen gewesen sein. Vor 500 Jahren schätzt man ca. 500 Millionen, eher weniger. Erst 1804 überschritt die Menge die erste Milliarde, 1927: 2 Milliarden, 1960: 3 Milliarden, 1974: 4 Milliarden, 1987: 5 Milliarden, 1999: 6 Milliarden und 2011: 7 Milliarden Menschen. Auch ein Wachstumsparameter, der nicht verkraftbar ist, solange die Menschen sind, wie sie sind, zumindest die „modernen Menschen“. Bedenkenlos werden jedes Jahr immer mehr Tierarten ausgerottet, immer mehr Naturpflanzen müssen den Monokulturen der Menschen weichen, damit diese in ihren Supermärkten schön verpachte, aber miserable Kost in den Regalen vorfinden, abgepackt in Mengen, von denen ein großer Teil auf dem Müll landet.

Eine weitere Form des Wachstums ist die Technik. Der Mensch glaubt, mit der Technik alles Hindernisse überwinden zu können und er hat wohl recht, denn er bemüht sich wirklich intensiv, dass Hindernis Mensch zu überwinden, einerseits durch Hunger und Durst, andererseits mit immer raffinierteren Waffensystemen, bei denen die Killer, ehemals Soldaten genannt, nicht einmal mehr selbst ein Risiko eingehen müssen, sondern per Knopfdruck mittels Drohnen und anderen Robotern nach Belieben morden können, denn mit Krieg haben die heutigen Techniken zum Abschlachten von Menschen nichts mehr zu tun. Die Argumentation der Konstrukteure hört man immer wieder: Ich habe Familie und ich will auch leben und wenn ich es nicht mache, macht es ein anderer!“ Sie haben ja recht, wenn sie es nicht machen, macht es ein anderer und evtl. noch vorhandene Vorstellungen von Moral und Ethik klammern das berufliche Tun völlig aus. Fragen Sie mal einen Arbeitnehmer in Deutschland, der für die Herstellung von Minen, von Bomben, von Uranmunition tätig ist, ob er sein Tun nicht falsch findet und vergleichen Sie seine Antwort mit der zuvor gemachten Aussage.

Doch diese Form von Wachstum ist eher nicht gemeint, wenn Merkel und Hollande sich über Wachstumsimpulse im Fiskalpakt auseinandersetzen. Aber Wirtschaftswachstum kann auch nicht gemeint sein, denn die Märkte sind regelrecht übersättigt. Es gibt nur noch ein echtes Wachstum außerhalb des Wachstums der Menschheit und der technischen Kriegsmaschinerie und das ist das „Wachstum der Märkte“, also die Erweiterung der Geldschwemme. Und diese Märkte wissen, dass es nicht mehr lange so weitergehen kann, weil jede Blase irgendwann platzt. Da kam Griechenland gerade recht, ein hervorragender Markt, um nutzloses Papier (Geld) in reale Werte zu verwandeln, also Land, Inseln, wertvolle Immobilien (damit sind nicht die US-Bretterverschläge gemeint, die dort als Immobilien bezeichnet werden), Kunstschätze usw. Hätte man allerdings geahnt, dass die Griechen den Schneid haben, sich gegen die angedachte Sklaverei zu wehren, hätte man sicherlich die Wahlen noch abgewartet, bevor man in die Offensive geht. Denn das, was die Griechen derzeit praktizieren, könnte von anderen kopiert und ebenfalls praktiziert werden. Wenn die Griechen das durchhalten, werden sie sicherlich von der EU verstoßen, doch etwas Besseres kann den Griechen eigentlich nicht passieren und es könnte Auswirkungen auf Länder wie Irland, Portugal, Spanien und Italien haben, symbolisch wäre damit Griechenland Brutus, das dem Imperator EU den Dolch ins Herz stößt.

Man muss also lediglich den Blickwinkel ein wenig ändern und schon sieht man Zusammenhänge, wo man sie eigentlich nicht vermutet. Der viel zitierte Tellerrand sind die Länder außerhalb der deutschen Grenzen. Der so oft beklagte Geburtenrückgang in Deutschland ist kein Unglück, sondern ein Segen und Deutschland nimmt damit eine Vorreiterrolle ein, denn es ist höchste Zeit, das Anwachsen der Menschheit einzudämmen und ins Gegenteil zu verkehren. Ginge es nur um Nahrung, könnte die Menschheit 7 Milliarden Menschen leicht verkraften, denn Nahrung, das sind nachwachsende Rohstoffe. Doch es gibt so viele andere Dinge, die nicht nachwachsen und nur in begrenztem Maße vorhanden sind. Und nicht alle sind recyclebar. Eigentlich wissen wir auch, dass recycelte Waren auch nicht mehr die Qualität haben wie die Originale. Eigentlich wissen wir alle, dass wir z. B. nicht ständig neue Handys brauchen, mit immer neuen Funktionen, die ohnehin kaum einer zu nutzen versteht und dass wir auch nicht ständig neue Computer, Laptops und Tablets brauchen, für deren Herstellung Materialien gebraucht werden, für die permanent Kriege geführt werden (Kongo) und für die ständig mehr Tiergattungen ausgerottet werden. Wir kämen auch mit wesentlich weniger Palmölprodukten zurecht, für die Monokulturen permanent ausgeweitet und neu angelegt werden. Machen wir uns doch einfach mal Gedanken darüber, ob wir mitschuldig sein wollen, wenn die letzten Flachlandgorillas und Orang Utas ausgerottet werden müssen, nur für Dinge, die wir eigentlich gar nicht benötigen. Und hören wir auf mit den Ausreden, wenn ich es nicht mache, machen es andere, denn jede Veränderung beginnt dort, wo jemand den ersten Schritt wagt.

Quelle: flegel-g

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