Mediale Kriegswirren

Posted by Heinz Sauren (freigeist)

Es ist einer dieser neuen Kriege, in denen die Weltöffentlichkeit nicht nur Zuschauer, sondern selbst, als an der Heimatfront kämpfende, aktive Kriegspartei gesehen werden muss und dementsprechend von allen anderen Kriegsparteien, mit den Mitteln eines Krieges angegangen wird. Fehlinformationen, Täuschungen, positiv oder negativ überspitzte Darstellungen, kalkulierte Lügen und die Aufrechterhaltung eines genau definierten Feindbildes, sind die legitimen Mittel des Krieges auf dem Propagandaschlachtfeld.

Der Versuch ein objektives Bild der Geschehnisse zu erhalten, bedarf daher zuerst des Verständnisses. keiner Kriegspartei und keiner Nachricht zu glauben. Dennoch ist nicht davon auszugehen, das die Nachrichten generell unwahr wären, sondern das sie entsprechend dem propagandistischen Zielen, bereits als scheinbar neutrale Nachricht, eine gewünschte Denkrichtung implizieren, die vor dem Hintergrund eines bereits konditionierten Publikums, seine gewünschte Wirkung entfalten sollen. Nicht nur der Inhalt einer Nachricht ist entscheidend, sondern auch das wann und durch wen sie lanciert wird. Teil dieser Strategie ist auf jeder Seite, das Kalkül, das jede Nachricht vor dem Hintergrund einer zuvor hergestellten Gut und Böse Kennung, völlig unterschiedlich wirkt und dennoch der Glauben an die Objektivität der Nachricht zu erhalten werden muss. Es ist ein offener Schlagabtausch der Informationen, um die Deutungshoheit zu den Geschehnissen, der mit den subtilen Mitteln der Rhetorik geführt wird. Mehr noch als die reine militärische Stärke, entscheidet heute ein Sieg an den medialen Heimatfronten, auch über den Sieg auf dem Schlachtfeld.

Die sich selbst überschätzende, mediale Öffentlichkeit, gerät dabei zu einem interaktiven Spielball der Kriegsmächte, da ihr zwanghafter Wunsch die Wahrheit deuten zu können, sie leicht zu berechnen und beeinflussbar macht. Das akribische sezieren jeder einzelnen Nachricht, soll den Widerspruch in ihr aufdecken, doch nur selten sind die Nachrichtengeber unvorsichtig genug, objektiv falsche Fakten zu streuen. Der wichtigere Teil der Nachricht, ihr eigentlicher Zweck, besteht nicht aus verifizierbaren oder entlarvenden Fakten, sondern in der ausgelösten Emotion durch sie. Die Konditionierung des öffentlichen Bewusstseins, gegen die sich heute  keine Politik mehr stellen kann, ist der nicht überprüfbare Zweck der Nachrichten. Nicht mehr und nicht weniger.

Einer dieser Bewegungsanker ist die allgemeine Angst vor einem Krieg. Die Medien wittern Kriegshetze. Doch es gibt keinen Versuch einen Krieg herbei zu reden, da zum einen kein Krieg mehr provoziert werden muss, der bereits im Gange ist und offensichtlich keine der großen Kriegsparteien tatsächlich eine überregionale Eskalation wünscht. Würden sie das wollen, hätten sie bereits genügend Anlässe dafür gefunden. Sowohl Russland, aber insbesondere Europa und die USA haben in der Vergangenheit, vielfach bewiesen, das sie für einen Krieg, den sie wollen, weit weniger als die in der Ukraine provozierte Gründe brauchen, um ihn zu beginnen. Im Gegenteil ist zu attestieren, das sowohl Russland, als auch Europa und die USA an einer Deeskalation interessiert sind. Die medial betriebene Kriegshetze löst in den Gesellschaften Angst und Abneigung gegen einen größeren Waffengang aus und provoziert zunehmend eine negative Haltung gegen den Konflikt. Diese Grundstimmung der Bevölkerungen brauchen die politischen Führer für einen Rückzug aus dem Kriegsgeschehen, um nicht in die Gefahr eines innenpolitischen Selbstmords zu geraten.

Russland, die EU und die USA sind zum Spielball der regionalen Kriegsparteien geworden, die alte Feindschaften ausleben, alte Rechnungen begleichen und durch die Macht der Großen an ihrer Seite glauben, nun Ideologien verwirklichen zu können, die sie aus eigenen Kräften niemals umsetzen könnten. Russland, die EU und die USA wissen, das sie von regionalen Interessen instrumentalisiert werden, können aber nur schwer ihre einmal besiegelten Bündnisse aufgeben, da dadurch ihre internationale Reputation als zuverlässige und übergeordnete Macht gefährdet wäre. Sie wissen, das Kriege heute asymmetrisch sind und nicht erst mit dem Einsatz von Kanonen und Raketen beginnen und nicht mit einem Waffenstillstand enden.

Vor diesem Hintergrund lassen sich einige Geschehnisse in der Ukraine, auch anders sehen, als sie medial dargestellt werden.

Der Sturz des demokratisch gewählten, ukrainischen Ministerpräsidenten Janukowytsch, war ein von der EU und den USA inszenierter Putsch. Er diente der Erweiterung des NATO Einflussbereiches nach Osten, in Übereinstimmung mit der strategischen NATO Militärdoktrin seit Beginn der 1990er Jahre. Dieser Putsch stand im Einklang mit dem Völkerrecht, da er zwar durch politische Indoktrination, Bestechung und indirekte logistische Unterstützung ermöglicht, aber durch regionale Kräfte ausgeführt wurde. Entgegen der öffentlichen Meinung ist ein Putsch nur durch direkte äußerliche Einwirkung völkerrechtswidrig.

Die aktuelle ukrainische Regierung ist weder demokratisch, noch völkerrechtlich legitimiert. Dazu hätte sie, gemäß der ukrainischen Verfassung, den gestürzten Ministerpräsident, postum mittels einer parlamentarischen dreiviertel Mehrheit absetzen und sich selbst durch Wahlen bestätigen lassen müssen. Da es aber keine Sicherheit für ein gewünschtes Ergebnis gab, wurde darauf verzichtet.

Die  Annektieren der Krim durch Russland war ebenfalls völkerrechtlich abgesegnet. Auch hier wurde von Seiten Russlands massiv interveniert, aber es gab ein völkerrechtlich wirksames Votum, in dem eine Mehrheit für den Anschluss an Russland plädierte. Aus diesem Grund wird dieser medial vermutete Landraub, auch international nicht mehr in Frage gestellt.

Die Toten auf dem Maidan, als auch die, die im Gewerkschaftshaus in Odessa starben, liegen in der Verantwortung der Links- und rechtsextremer Gruppen innerhalb der Ukraine, die sich von einer Eskalation versprachen, ins Licht der gerechten Freiheitskämpfer gerückt zu werden, indem sie die jeweils andere Partei mit der Verantwortung für unmenschliche Verbrechen belasteten. Bezeichnender Weise wurden, von der ukrainischen Regierung versprochene Untersuchungen zu den Vorfällen, nie durchgeführt.

Die ukrainische Armee wird gewollt durch den Rechten Sektor, einer nationalsozialistischen Gruppierung unterstützt. Der Rechte Sektor stellt eine nicht zu vernachlässigende militärische Größe dar, auf die die ukrainische Militärführung nicht verzichten kann, wenn sie die Separatisten im Kampf besiegen will. Zwischenzeitlich versucht die ukrainische Regierung sich dieser zu entledigen, da der Westen aufgrund öffentlicher Empörung, Druck auf sie ausübt.

Die ukrainische Armee wird von der EU und den USA unterstützt. Dieser Vorwurf Russland ist zutreffend. Bereits seit Beginn der militärischen Auseinandersetzung mit den Separatisten befinden sich hochrangige NATO und US Militärs in der Ukraine, die das ukrainische Militär mit aufwendigem Aufklärungsequipment aktiv unterstützen. Waffen braucht die ukrainische Armee nicht, die hat sie bereits. Die EU und die USA halten jedoch die Armee am Leben in dem sie die Logistik, den Treibstoff und die Löhne der Soldaten finanzieren.

Die ostukrainischen Separatisten erhalten militärische Unterstützung durch Russland. Ebenfalls seit Beginn des militärischen Konfliktes erhalten die Separatisten Waffentechnik, Treibstoff und logistische Unterstützung aus Russland. Es ist nicht möglich, gegen eine bestehende Armee, von der Größe der ukrainischen,  mit Hilfe einer Guerilla-Logistik derart große Territorien zu halten.

Der Abschuss des malaysischen Verkehrsflugzeugs MH17 war nicht gewollt. Er war die Folge einer der tragischen Verkettungen, die Kriege mit sich bringen, wenn militärische Erfolgsmeldungen notwendig sind um desolate Situationen zu kaschieren. Im Übereifer und ohne die notwendige Sorgfalt, wurde von der ukrainischen Armee ein militärisches Ziel ausgemacht, welches sich im nachhinein als ziviles Passagierflugzeug herausstellte, und abgeschossen. Die katastrophalen Folgen, in der öffentlichen Meinung daraus, für die Umsetzung der Kriegsziele der EU und den USA, werden durch Geheimhaltung der Untersuchungsergebnisse, versucht zu begrenzen. Die Veröffentlichung der Fakten zu MH17 würde in dieser Phase des Krieges, in der die zukünftigen Machteinflüsse in der Ukraine zementiert werden, einen entscheidenden Nachteil gegenüber Russland bedeuteten. Die EU und die USA haben die Kontrolle über die Beweise des Absturzes und sie werden sie erst dann veröffentlichen, wenn die dann einstehende kollektive Empörung, das Geschehen in der Ukraine in seinem Ergebnis nicht mehr beeinflussen kann.

Sowohl die ostukrainischen Separatisten, als auch die ukrainische Regierung nutzen die öffentlichen Medien für ihre Ziele aus und diese lassen das aus Angst zu, die Exklusivität ihrer Quellen sonst zu verlieren. Die Separatisten füttern die russischen Medien mit Bildern sogenannter Gräueltaten der ukrainischen Regierung, die den Eindruck des einmalig Bösen vermitteln, als seien solche Bildern nicht der Alltags-Horror jedes Krieges. Die ukrainische Regierung schlägt in dieselbe Sparte und nutzt ihre Nähe zu den westlichen Staaten, um das Bild zu generieren, die Ukraine sei ein Teil Europas. Scheinbar selbstverständlich positionieren sich ukrainische Politiker bei Interviews vor den gemeinsam aufgestellten, ukrainischen und europäischen Flaggen, wie das für europäische Staaten üblich ist. Doch die Ukraine ist kein Mitglied der EU, suggeriert die europäischen Völkern aber beiläufig damit eine Zugehörigkeit, aus der sie die Pflicht zur Hilfe der Europäer begründet.

Ein direkter Verlierer dieses Krieges sind die öffentlichen Medien. In unheilvoller und bewusster Positionierung zu jeweils einer Kriegspartei, haben sie in großen Teilen ohne Not, den Boden der journalistischen Neutralität so offensichtlich verlassen, das ihre Glaubwürdigkeit auf lange Sicht beschädigt ist. Ein Beispiel unter vielen ist der Spiegel, der in reißerischer Aufmachung, in primitiven Kriegspopulismus verfiel und damit den wahrheitsoffenbarenden Selbstanspruch seiner Geschichte, den er einst mit der Spiegel-Strauß Affäre begründete, konterkarierte.

Russland, die EU und die USA haben die neuen Regeln des Medienkrieges verstanden und sie bedienen sich ihrer nach Kräften. Nicht verstanden wurden diese Regeln von den öffentlichen Medien, die noch immer glaubten die öffentliche Meinung bestimmen zu können. Mit Entsetzen mussten sie feststellen, das sie nicht mehr Herr der Nachrichten sind, da Kriegsparteien heute keine Presse-Briefings mehr abhalten sondern die sozialen Medien füttern. Nicht die Wahrheit war das erste Opfer dieses Krieges, da keine Kriegspartei diese besitzt oder kontrolliert. Es sind die öffentlichen Medien die als Kriegsversehrte nach Hause zurück kehren. Zurück bleibt eine verunsicherte Bevölkerung, die noch nicht gelernt hat die sozialen Medien vertrauenswürdig für sich zu nutzen, aber lernen muss, sich ohne die verlorenen Leitimpulse der öffentlichen Medien zu orientieren.

Ich verbleibe in diesem Sinne

Heinz Sauren

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