Leben nach dem Rettungsschirm: Portugals Kredit läuft aus

STIMME RUSSLANDS Nach Irland bereitet sich jetzt auch Portugal darauf vor, den internationalen Rettungsschirm zu verlassen. Mitte nächsten Jahres läuft der fast 80 Milliarden Euro schwere Hilfskredit aus.

von Bernat Jozsa (Stimme Russlands)

Mitte kommenden Jahres soll Portugal wieder ohne Hilfen der EU auskommen. Dennoch bestehen Zweifel, dass das Land in der Lage sein wird, sich selbstständig vom Markt zu finanzieren. Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva würde gegebenenfalls das Programm der Europäischen Zentralban EZB zum Aufkauf von Staatsanleihen in Anspruch nehmen. Das kurz OMT genannte Instrument ist heftig umstritten. In Deutschland wird derzeit vom Bundesverfassungsgericht geprüft, ob die EZB mit dem Programm ihr Mandat überschritten hat und dem deutschen Steuerzahler übermäßige Risiken aufbürdet. Aber auch abgesehen davon dient das Programm einem anderen Zweck, meint Daniel Lenz, Ökonom bei der Deutschen Zentral-Genossenschaftsbank:

„Dass Portugal eben schon ausreichenden Rückhalt am Markt hat, sich komplett über den Markt selber zu finanzieren, ist eher unwahrscheinlich. Die Maßnahmen der EZB sind eher darauf gerichtet, dass Länder, die diesen Programmstatus haben, durch die EZB einen gewissen Schutz genießen, sobald es eben zu überschießenden Renditen kommt, dass die EZB bei bestimmten Laufzeiten in den Markt interveniert. Das ist sozusagen ein Interventions- und Schutzmechanismus, der aber kein Mechanismus ist, auf den man im Voraus seine Finanzplanung stützt.“

Irland hat bereits beschlossen, den Rettungsschirm frühzeitig bis Dezember dieses Jahres zu verlassen. Dort überlegt die Regierung, ob sie einen Antrag auf eine vorsorgliche Kreditlinie stellen sollte, um den Übergang auf Marktfinanzierung abzufedern. Könnte der Fall Irland ein Muster für Portugal sein?

„Schwierig, weil die Voraussetzungen dieser beiden Länder höchst unterschiedlich sind. Irland hat durch Reformen relativ schnell dazu gefunden, dass die Wirtschaft relativ schnell wieder in Schwung kommt. Und von daher ist das Vertrauen in die zukünftige Stabilität des Landes deutlich ausgeprägter als in Portugal. Von daher könnte es nur insofern ein Vorbild sein, dass man zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sowohl die portugiesische Situation sich sowohl allgemein verbessert, als auch die Krise noch weiter abebbt, man dann sagt, Portugal könnte auch dann so einen Zwischenschritt gehen.“

Obwohl die EU-Kommission für nächstes Jahr ein Wachstum von 0,8 Prozent für Portugal prognostiziert, bleibt die durch die Sparprogramme weiter gestiegene Arbeitslosigkeit die größte Herausforderung. Die Arbeitslosenquote liegt derzeit bei mehr als 17 Prozent, bei den Jungen ist der Anteil noch höher. Die Zahl der Arbeitnehmer unterhalb, oder am Rande der Armutsgrenze steigt. Dies zieht wiederum verheerende soziale Folgen nach sich.

„Also erstmal ist es ein großes Problem mit der Arbeitslosigkeit, weil natürlich die sozialen Folgen enorm sind, und damit dann eben auch der politische Druck vor allem in Portugal auch groß ist, und weiter wächst. Es gibt zwar eine gewisse politische Allianz hinsichtlich der Bereitschaft, Reformen weiter anzugehen. Aber diese hohe Arbeitslosigkeit und die sozialen Folgen, die sich daraus ergeben, sind eine entsprechend hohe Bürde. Bei Portugal besteht zu befürchten, dass wir zwar einen Rückgang sehen werden, aber dann das Land nicht in die Lage versetzt sein wird, eine deutlich geringere Arbeitslosenquote zu erreichen, die man sich wahrscheinlich wünschen würde.“

Die Haushaltsbewilligung für das kommende Jahr sieht weitere Einsparungen von 3,9 Milliarden Euro vor, um das Defizit auf die vorgeschriebenen vier Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken. Das Budget für 2014 soll bis Ende November beschlossen sein. Die konservative Regierung muss allerdings danach mit einem Veto des Verfassungsgerichtshofes rechnen. Die Richter hatten mehrmals Teile von Reform- und Spargesetzen für nichtig erklärt.

„Das könnte auch diesmal wieder passieren, was aber, glaube ich, von der Politik bis zu einem gewissen Grad auch mit einkalkuliert ist. In den Verhandlungen mit der Troika hat man eigentlich versucht, die Kreditgeber davon zu überzeugen, dass das Budgetdefizit höher als vier Prozent für 2014 sein sollte. Die Troika ist aber auch aus politischen Gründen vielleicht von dieser Forderung nicht abgewichen, und Portugal musste sich dem beugen. Wenn man aber letztendlich diesen Defizitvorgaben nicht gänzlich nachkommen kann, glaube ich nicht, dass die Kreditgeber es dann drauf ankommen ließen, Portugal die Gelder zu streichen.“

Der Weg von Portugal ist lang und schwierig. Die Regierung scheint aber bereit zu sein, alles zu tun, um in ihrem Land wieder selbst und allein entscheiden zu können. Die Frage ist nur, wie viele Opfer dafür noch nötig sein werden.

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