Krise überwunden – Kritiker widerlegt?

von Prof. Dr. Eberhard Hamer
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Wochenzeitschrift Zeit-Fragen

Als der Verfasser im Jahre 2002 als erster mit dem inzwischen berühmten Buch «Was passiert, wenn der Crash kommt?» über den Gang und die Folgen einer grossen Wirtschaftskrise nachgedacht hatte, wurde ihm von Bankern, Politikern, der herrschenden Presse und sogar von den meisten Professorenkollegen vorgeworfen, solches Denken sei «unanständig», «völlig überholt», «ignorant» und «wirklichkeitsfremd». Als dann 2008 die weltweite Finanzkrise tatsächlich ausbrach, hatten dagegen plötzlich alle diese schon kommen sehen, und einige schrieben aus dem Buch des Verfassers schleunigst ab, um wieder rechtzeitig «mit der Zeit zu gehen».

Inzwischen hat die herrschende Meinung die Finanzkrise wiederum als überwunden erklärt, obwohl

–    die Verschuldung nicht nur der einzelnen Staaten, sondern insgesamt nicht reduziert, sondern weiter dramatisch gestiegen ist,
–    diese Gesamtverschuldung durch hemmungsloses Gelddrucken der FED und der EZB nun auch die Währungen ruiniert
–    und die herrschende Hochfinanzclique sich selbst von den Rettungsmassnahmen verschont, die Folgen als gigantische Gesamthaftung auf die Bürger Europas, vor allem Deutschlands, verschoben hat.

Dies alles beunruhigt nicht einmal die Finanzminister der für die maroden Staaten nun zusätzlich haftenden Länder. «Bürgschaften sind keine Haushaltsschulden», tönt Schäuble angesichts deutscher Bürgschaftsverpflichtungen in dreistelligem Milliardenbereich, die bei Wiederausbrechen der Krise jederzeit zu Zahlungsverpflichtungen werden können.
Die Krise ist von den herrschenden Akteuren verdrängt, der Autor wurde in einer Silvesterbetrachtung als «Krisenguru in der Krise» bezeichnet, weil wir um uns nicht Krise hätten, sondern

–    boomende Aktien- und Finanzmärkte mit einem Dax von mehr als 9 000 Punkten,
–    statt Euro-Krise einen auf 1,37 US-Dollar gestiegenen Euro,
–    einen unter 900 Euro gesunkenen Goldpreis,
–    einen boomenden Arbeitsmarkt mit höchster Beschäftigungsquote
–    und volle Sozial- und Rentenkassen.
–    Statt Euro-Krise konnte Irland zum Jahresende den Rettungsschirm verlassen und ist Lettland als 18. Staat dem Euro beigetreten.

Von Schwierigkeit oder Krise zu sprechen, sei also wieder ebenso unanständig, weltfremd und ignorant wie im Jahre 2002.
Immer wieder hat der Autor aber darauf hingewiesen, dass ein guter Unternehmer oder Vermögensverwalter Krisen in Rechnung stellen und sich darauf vorbereiten muss. Kommt die Krise nicht, war die Vorbereitung trotzdem richtig. Kommt die Krise dagegen, war die Vorbereitung existenznotwendig. Und wer jetzt mit der herrschenden Presse, Politik, Finanzindustrie und ihren Jubelchören nur Optimismus verbreitet, übersieht, dass wir zurzeit in einer Scheinblüte leben, deren Quelle hemmungslos gedrucktes Fiat-Geld ohne Gegenwert ist.

Nur durch diese Geldblase

–    konnten die Schuldenorgien vor dem Kollaps gehalten, weiter getrieben und sogar verstärkt werden,
–    konnte die internationale Finanzelite die Schuldknechtschaft über 200 Länder nicht nur behalten, sondern sogar durch Mitschuldenübernahme weiterer Länder (Deutschland) verstärken,
–    konnte ein künstlicher Nachfragesog zu Wirtschaftsscheinwachstum und hoher Beschäftigung erzeugt werden
–    und konnten die Sozialsysteme aus den üppig sprudelnden Geldquellen liquide gehalten werden.

Die hemmungslose Geldmengenvermehrung hat nicht nur die Marktkräfte ausmanipuliert, sondern dadurch, dass man dieses Geld zu Nullzinsen in die Banken pumpte, auch den Zins künstlich heruntermanipuliert. Und die an sich nach Marktgesetzen auf hemmungslose Geldvermehrung folgende Inflation wird vorerst durch statistische Tricks vernebelt oder schlicht geleugnet, obwohl jede Hausfrau, die bei Aldi oder Edeka einkauft, die tägliche Teuerung erlebt.
Tatsächlich ist die Finanzkrise nicht gelöst, sondern sie wurde nur gegen alle Gesetze und Moral mit Bürgschaftsübernahmen und hemmungslosem Gelddrucken verlängert, vergrössert, vernebelt und ihre Auswirkungen werden hinausgeschoben. Griechenland hat heute doppelt so hohe Schulden wie zu Beginn seiner Krise, die USA stolpern von Schuldengipfel zu Schuldengipfel. Die meisten europäischen Länder ebenso.

Das Denken unserer Zeit ist nur noch kurzfristig und reagiert nur noch auf kurzfristige Impulse, statt langfristige Entwicklungen zu berücksichtigen. Und eine Bevölkerung von mehrheitlich kinderlosen Selbstverwirklichungs-Egoisten vertraut blind darauf, dass eine verminderte nächste Generation ihnen noch Rentenwohlstand garantieren könnte. Die Zukunft will keiner sehen. Die aus heutigen Fehlern zwangsläufig kommenden Krisen der Zukunft dürfen nicht behandelt werden. «Unsere Leser wollen nur gute Nachrichten», schrieb ein Chefredakteur einer Zeitung, als er dem Autor einen Aufsatz mit Krisenwarnung zurücksandte.

Der Tanz auf dem Vulkan geht weiter. Er soll jedenfalls nicht zu Amtszeiten der herrschenden politischen, finanziellen und publizistischen Elite abbrechen. Deshalb verdrängt nicht nur diese Elite selbst alle Krisengedanken (Draghi), sondern will auch die Bevölkerung damit nicht «gestört» wissen.
Die Krise der 30er Jahre hat jedoch gezeigt, dass nur eine Minderheit der Unternehmer und Vermögensbesitzer die Krise unbeschadet übersteht, sofern sie diese rechtzeitig sehen und vorbereitet haben. Die Masse, welche die Krisenwolken nicht sehen wollte, war immer auch Verlierer.
Ein «Krisenguru» kann also nur die Klugen, Vorsichtigen und langfristig Denkenden aufklären und vor Schaden bewahren wie 2008: Wenn die Masse von der Krise erreicht wird, ist es für Vorsorge zu spät. Dann wird sich rächen, dass man die Krise als überwunden angesehen und die Krisenwarnungen nicht mehr ernst genommen hat.

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„Die Zukunft will keiner sehen.“
Das ist in der Tat das Problem. Das „alles wird gut“-Denken, wird den Leuten von den System-Medien und den Polit-Darstellern quasi täglich eingehämmert. Aus den täglichen Nachrichten sollte das Gegenteil herausgelesen werden. Die Weltbank hat gerade erst verkündet, dass das weltweite Wachstum bis zum Jahr 2016 auf bis zu 3,5 Prozent steigen wird. Da haben wir schon wieder die „alles wird gut“-Meldung. Und auch hier:

„«Unsere Leser wollen nur gute Nachrichten», schrieb ein Chefredakteur einer Zeitung, als er dem Autor einen Aufsatz mit Krisenwarnung zurücksandte.“

Die weltweiten Staats- und Privatschulden wachsen in den Himmel. Macht ja nichts, es wird ja alles gut! Staatsschulden werden schon lange nicht mehr zurückgezahlt bzw. getilgt. Immer neue Schulden müssen aufgenommen werden, um die gewaltigen Zinsen zu zahlen. Was soll’s. Wer interessiert sich schon, wie es in der Zukunft aussieht. Nach mir die Sintflut.

Anstatt den Polit-Darstellern in den Verblödungsshows und den -medien Glauben zu schenken, sollte jeder sich langsam seine eigene Arche schaffen, bevor der kommende Tsunamie über uns herfegt. Er wird ganz überraschend kommen und sich nicht Wochen vorher ankündigen. 

 

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