Kinder, Rente, Wirtschaft

von Gert Flegelskamp (flegel)

Was haben wir nicht alles bereits in der Presse zum Thema Nachwuchs, Rente, Demographie und der düsteren Zukunft Deutschlands lesen können. Es ist ja auch furchtbar, unsere Alten wollen nicht mehr rechtzeitig abtreten, die Jüngeren haben festgestellt, dass man ein bestimmtes Vergnügen auch ohne jahrzehntelange Verpflichtung haben kann, dank Pille und Gummi und unser armer Staat kann sehen, wo er bleibt, zumindest was die Rentenzahlungen angeht. Dabei hätte der Staat doch Wichtigeres zu tun, z. B. Banken und Euro retten.

Auch die Wirtschaft ist in großer Sorge, wie man die Alten beim herrschenden Recht noch durchfüttern soll. Eines dieser Wirtschaftsunternehmen ist die Bertelsmannstiftung, von der man weiß, dass sie sich intellektuell sehr bemüht, indem sie Politiker berät und nicht nur das, sie opfert sich geradezu auf, wenn sie Verwaltungsaufgaben des Staates übernimmt, gegen ein kleines Entgelt.

Auch mit seinen Fernsehsendern übernimmt Bertelsmann eine wichtige Aufgabe, denn wenn Reinhard Mey mal in einem Liedtext die Worte aussprach: der Minister nimmt flüsternd den Bischof am Arm, halt Du sie dumm, ich halt sie arm“ die Wahrheit gesagt hat, war das vor allem eine vergangene Wahrheit, denn die Bischöfe haben auch nicht mehr so ganz den Einfluss, wie früher. Aber das ist nicht so schlimm, denn dafür haben wir heute ja das Fernsehen und weil die Öffentlich Rechtlichen das nicht alleine schaffen, hat man Bertelsmann geholt, die heute mit intellektuellen Programmen den Zuschauern jede noch vorhandene graue Zelle abtöten.

Die Presse muss natürlich die intellektuellen Erkenntnisse der Bertelsmannstiftung an die weiterleiten, die noch kein oder selten RTL schauen und noch lesen (meist Ältere, weil die das noch können). Wenn man schon nicht vom Fernsehen alleine verblödet werden kann, dann müssen eben BILD und die WELT einspringen. Und so konnte Bertelsmann in der WELT dann die traurige Wahrheit kundtun, dass Kinderlose die eigentlichen Ausbeuter sind, weil sie eben ihr Vergnügen entweder durch die Pille oder durch ein Gummi frei von Konsequenzen halten, was dem Staat und der Wirtschaft große Verluste einbringt.

Wissen Sie, seit ich weiß, dass Professoren auch für Bertelsmann tätig sind, ist mein Respekt für diese Gattung Mensch unter den Nullpunkt gesunken. Volker Pispers würde von geistigem Dünnschiss sprechen, den die halbirritierten, sorry, heißt ja habilitiert (wobei ich „hab“ ja von“ haben“ ableiten kann, aber nicht die geringste Ahnung habe, wofür „ilitiert“ steht), dort abgesondert haben, noch eine ausgesprochen milde Feststellung ist.

Sagen wir es einmal deutlich, Kinder sind ein kostbares Gut, aber man kann sie nicht wie einen Brillanten durch kurzes reiben am Kleid oder Jackett wieder zum Strahlen bringen. Wer ein Kind in die Welt setzt, muss wissen, dass dieses Kind nicht nur die Sonne ins Haus bringt, sondern auch Verantwortungsgefühl einfordert und vor allem persönlichen Verzicht mit sich bringt. Eltern, die noch wissen, was das bedeutet, werden ihren Kinderwunsch nicht nach ökonomischen Gesichtspunkten ausrichten, sondern danach, was diese Kinder ihnen an Bereicherung der nicht ökonomischen Art in ihren Alltag bringen.

Vermutlich hat sich der Bertelsmannprofessor dabei an Kennedys Spruch orientiert: „Frage nicht was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst!“, aber so dumm wie dieser Spruch ist auch die Aussage des Professors. Halten wir fest, das, was man für sein Land tun kann, ist eigentlich nur, die falschen Leute von der Spitze zu verjagen.

Das, was der Professor da brabbelt, wenn er vorrechnet, was ein Kind dem Staat letztendlich einbringt, ist der Gipfel an Geschmacklosigkeit und nebenbei auch noch eine Milchmädchenrechnung. Zunächst allerdings ist alleine schon empörend, weil sich dahinter ja indirekt die Aussage verbirgt, dass das Kinderkriegen eine Form der Staatspflicht ist. Nun ja, so in etwa denken die Herrscher seit Menschengedenken. Sie brauchten schon immer Kanonenfutter für ihre sinnlosen und zerstörerischen Kriege und sie brauchten immer Arbeitssklaven, die alles das herstellen, was sie brauchen, selbst aber nicht produzieren können. Denn machen wir uns nichts vor, die Leute können mehrheitlich hervorragend Sprüche klopfen, sind aber selten für praktische Arbeit geeignet.

Wenn der Professor vorrechnet, was die Kinder dem Staat an Steuern und Sozialabgaben bringen, ist das blühender Unsinn. Er hat keine Ahnung und kann auch nicht voraussehen, ob die Kinder, wenn sie denn mal erwachsen sind,

  • überhaupt eine Arbeit finden
  • ob sie überhaupt eine sozialversicherungspflichtige Arbeit suchen und annehmen,
  • ob sie überhaupt in diesem Land bleiben wollen, was in der globalisierten Welt keineswegs mehr selbstverständlich ist.
  • Ob der Nachwuchs nicht Professor oder Beamter oder Politiker wird und damit der Allgemeinheit auf der Tasche liegt.

Verzeihen Sie mir diese Polemik, aber aus meiner Sicht hat der Umstand, warum heute weniger Frauen bereit sind, Kinder zu bekommen, unterschiedliche Gründe.

  • Da ist zunächst der Umstand, dass ungewollte Schwangerschaften heute seltener sind, weil junge Frauen schon sehr früh zu Verhütungsmitteln greifen.
  • Eine weitere Ursache ist, dass Kinder der Karriereplanung hinderlich sind, aus meiner Sicht vor allem in der sogenannten Elite anzutreffen.
  • Ein weiterer Grund kann sein, dass ein Paar zwar ein Kind möchte, aber keines bekommen kann und die Ursache dafür kann bei Männern und Frauen liegen.

Manche Paare entscheiden sich aber auch gegen ein Kind, weil sie für Kinder keine Perspektive sehen, weil sie erlebt haben, wie der politische, moralische und ethische Verfall in Deutschland immer schneller voran geht.

Vermutlich gibt es noch weitere Gründe, aber dass Frauen Kinder bekommen, weil sie den Staat glücklich machen wollen, halte ich für unwahrscheinlich. Ebenfalls unwahrscheinlich ist, das ein Paar am Abend ins Bett steigt mit dem festen Entschluss, nun für die Rente eines oder einer Alten ein Kind zu zeugen. Wobei das mit der Rente, die die Jugend für die gesetzlich rentenversicherten Alten bezahlt, ohnehin ein Märchen ist. Der Begriff vom „Generationenvertrag“ ist eigentlich eine Allegorie, wie alles, was die gesamte Gesellschaft betrifft, eine Form des Generationenvertrages ist. Alle, ob nun im Arbeitsprozess oder Rentner ermöglichen heute, dass Kinder groß werden. Alle sind am Gesundheitssystem beteiligt, mit dem die bei Kindern größeren Krankheitsrisiken abgedeckt werden und Eltern zahlen für die gesetzliche Krankenversicherung keine höheren Beiträge, obwohl die Kinder und oft auch die Ehefrau mitversichert ist.

Eltern bekommen nicht nur steuerlich günstigere Steuerklassen als Elternlose, sie bekommen zusätzlich für jedes Kind eine Beihilfe für die Kosten, die das Kind verursacht, was übrigens die Eltern der heutigen Alten nicht bekommen haben. Die Infrastruktur, die für die Kinder erforderlich ist, wird zum größten Teil aus den Steuern aller bezahlt und weil Kinderlose höhere Steuern zahlen, ist ihr Beitrag daran ebenfalls höher. Beamte bekommen z. B. zusätzlich zum Kindergeld einen Kinderbezogenen Familienzuschlag, der je nach Gruppierung nicht in allen Bundesländern einheitlich mit dem des Bundes ist, in jedem Fall aber ebenfalls aus Steuern finanziert wird, als vor allem von Kinderlosen. Im Schnitt kommt die Allgemeinheit für die ersten 20 Jahre der Kinder auf, nicht komplett, aber Kinder sind ja auch in erster Linie eine Familienplanung. Das gilt für alle Kinder, abgesehen vom Kindergeld, weil es sich da für Reiche mehr lohnt, Kinder von der Steuer abzusetzen.

Wenn also Eltern von Kindern jammern, dass Kinderlose bevorteilt werden, weil ihre Kinder später die Renten der kinderlosen Alten zahlen, ist das einfach ein Märchen. Nicht nur, weil die Kinderlosen einen nicht unerheblichen Beitrag dafür leisten, dass die Kinder gesund und zufrieden aufwachsen, sondern auch deshalb, weil diese jammernden Eltern ja keinerlei Verpflichtung haben, ihre Kinder überhaupt in sozialversicherungspflichtige Jobs zu integrieren. Von der steuerlichen Kinderförderung profitieren alle Eltern mit Kindern und wenn sie diese Kinder später studieren lassen, damit sie Anwalt, Arzt, Architekt, Professor bei Bertelsmann, Politiker oder Beamter werden, leisten diese Kinder keinen Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung, weil sie dann entweder überhaupt keine Rentenbeiträge zählen, oder in ständischen Rentenversicherungen versichert sind. Alle Eltern steuerlich zu begünstigen, ist ebenfalls ein „Generationenvertrag“. Generationenverträge sind Verträge, die nie einer Unterschrift unterliegen, sondern stillschweigende und seit Generationen bewährte Selbstverständlichkeiten, die besagen, dass immer die arbeitende Generation für die aufkommen muss, die noch zu jung sind oder die zu alt sind und dieses Verhalten kann man nicht „ansparen“ oder sonst wie in die Zukunft verlegen, wie das bereits Mackenroth mit seinem Theorem festgestellt hat. Und in der GRV (gesetzliche Rentenversicherung) zahlt jeder seine Beiträge ausschließlich für seine eigene Rente. Wenn der Staat infolge des Umlageprinzips das Geld dazu verwendet, damit die Renten der derzeitigen Rentner zu zahlen, begleicht er damit den Kredit, den ihm diese heutigen Rentner früher gewährt haben und macht damit das, was er bei allen Krediten macht, er nimmt einen neuen Kredit auf (die Beitragszahlungen), um die Kreditschuld bei den Alten zu tilgen. Es ist im Grunde das gleiche Verfahren, wie es auch Staatspapieren zugrunde liegt. Lediglich die Dauer des Kredits währt länger und der Kredit wird in Raten zurückgezahlt (die monatliche Rente).

Soweit ist das Umlagesystem eigentlich korrekt und hat erhebliche Vorteile, weil das eingenommene Beitragsgeld durch die Auszahlung als der Rente sofort wieder zurück in den Wirtschaftskreislauf fließt. Daran partizipiert der Arbeitsmarkt (durch den Konsum der Rentner), der Wohnungsmarkt (auch Rentner zahlen Miete) und der Fiskus (denn er kassiert von den Rentnern indirekte Steuern und Umsatzsteuer wie von jedem anderen auch).

Nicht korrekt ist, dass der Staat sich vor allem in der Vergangenheit aus den Beitragszahlungen kräftig bedient hat, indem er einen Teil der Einnahmen für Verpflichtungen aufwendet, die mit der Rente nichts zu tun haben, sondern durch Steuermittel beglichen werden müssten. Ich habe diese Positionen schon so oft aufgeführt, dass ich dieses Mal darauf verzichte, nicht aber auf den Hinweis, dass der Staat nicht wirklich Zuschüsse zur GRV zahlt, sondern damit einen nicht reichenden Ausgleich für die Belastungen leistet, die er hätte aus Steuermitteln leisten müssen. Anders gesagt, alle kommen in den Genuss von Steuererleichterung in bestimmten Gebieten, weil dafür ausschließlich die Rentner der GRV aufkommen.

Im Gegensatz zu den immer wieder angeführten Problemen, die die Entwicklung einer niedrigen Geburtenrate angeblich auf die Gesellschaft haben soll, sind die Auswirkungen eher positiv zu sehen. Was in Deutschland derzeit passiert, müsste weltweit zur Regel werden, denn wir haben viel zu viele Menschen auf der Erde. Nicht, dass unser Planet diese Menschen nicht ernähren könnte, sondern das Anspruchsdenken und die Gier des Menschen, vor allem in den westlichen Ländern, sind es, mit der Folge, dass aus dem Planeten eine riesige Müllhalde wird und dringend benötigte Ressourcen für Kinkerlitzchen verschwendet werden, die eigentlich kein Mensch braucht oder wie z. B. Kriegsgüter, die kein Mensch wirklich will, außer natürlich den Militärs und eine kleinen Clique Unersättlicher, die den Krieg wie die hohen Militärs brauchen, damit ihre Vermögen und mit den Vermögen ihre Macht ins Unermessliche steigt. Aber diese Form der Geisteskrankheit ist so alt wie die Menschheit und wurde leider noch nie wirklich von einem Arzt oder einem Professor als Geisteskrankheit diagnostiziert. Dabei wäre es so leicht, sie zu heilen. Man schickt sie einfach in die vordersten Linien bei den Kriegen, wo die von ihnen produzierten Waffen zum Einsatz kommen, immer und bei jeder Lieferung.

Volker Pispers gehört zu den Kabarettisten, denen es gelingt, eine Sache so richtig auf den Punkt zu bringen.

Auch in der FAZ geht es gegen die Alten. Da soll es doch Alte geben, die nach 45 Arbeitsjahren schon mit 65 in Rente gehen wollen. Das geht verständlicherweise den Herren des BDA (Bund Deutscher Arbeitgeberverbände) erheblich gegen den Strich, offenbar dem Geschäftsführungsmitglied des BDA Gunkel ganz besonders. Vielleicht wurde er aber auch nur von seinem Präsidenten Hundt vorgeschickt.

Das Merkwürdige an der Sache ist, kaum ein Arbeitgeber will Leute über 50 Jahre noch beschäftigen, denn seitdem dank billiger Importe aus dem asiatischen Raum das, was das „Made in Germany“ einst berühmt gemacht hat, die Qualität, keine Rolle mehr zu spielen scheint, braucht man auch keine Mitarbeiter mehr, deren Erfahrungsschatz früher mal der Garant für Qualität war. Also Leute über 50 sind in der Regel zu alt, um noch einen Job zu bekommen, aber die gleichen Leute, in deren Auftrag an ältere Jobsuchende Ablehnungen auf Bewerbungen verschickt werden, fordern in der Presse lautstark, diese Leute sollen gefälligst bis 67 arbeiten.

Da wäre zu fragen, ob diese Leute nicht einmal die Grundrechenarten beherrschen, oder ob sie die Hetze gegen die gesetzliche Rentenversicherung erneut anheizen wollen. Ich denke, Letzteres, denn das Prinzip „teile und herrsche“ ist auch schon einige tausend Jahre alt. Dabei wäre „teilen“ ja nicht verkehrt, wenn es um die Gewinne ginge, die diese Unternehmen bzw. deren Arbeiter und Angestellte erwirtschaften. Doch das teilen aus diesem Spruch dient nur dazu, verschiedene Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufzuhetzen, damit sie aus den Augen verlieren, dass sie eigentlich alle gleichermaßen betrogen werden und sich stattdessen gegenseitig in Schach halten. Und der BDA war schon immer eine Art Vorreiter, wenn es darum ging, die Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufzubringen.

Ein Schlusswort zum Thema Demographie kann ich mir nicht verkneifen. Wir wissen ja aus der Presse, dass wir immer älter werden. Wir?? Schauen Sie sich mal die richtig Alten genauer an und dann fragen sie sich und vielleicht auch diese Alten, ob sie ein Leben lang an Maschinen gesessen haben, oder auf Dächern herumgeturnt sind, oder Häuser gebaut haben, oder ob sie vielleicht nicht doch in staatlichen Amtsstuben, in Vorstandsetagen, in Parlamenten, in Anwaltskanzleien oder sonst wo gesessen haben, wo es gemütlicher zuging, als in den Fabriken, auf dem Bau, in den Abwasserkanälen, bei der Müllabfuhr usw., und sie werden feststellen, der Anteil der Letztgenannten ist erheblich geringer, als der von denen, die mehrheitlich ihren Lohn aus Steuermitteln bezogen haben.

 

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