Kapitalismus und Marktwirtschaft

Eine unmögliche Kombination: Kapitalismus und Marktwirtschaft

Wilhelm Schmülling

In jeder Diskussion über Armut und Reichtum wird schnell Einigkeit über die Notwendigkeit zur „Bekämpfung der Armut“ erzielt, nicht aber über die Bekämpfung des Reichtums. Armut ist nun mal Realität, die es zu bekämpfen gilt. Während zur „Armutsbekämpfung“ viele Vorschläge präsentiert werden, deren Wirksamkeiten umstritten sind, stößt bei einer „Reichtumsbekämpfung“ (ein kaum gehörtes Wort!) jeder Vorschlag auf massiven Widerstand derer, die den Reichtum als Voraussetzung zur Minderung der Armut ansehen. Reichtum sei nun mal in unserer marktwirtschaftlichen Ordnung von jedermann erreichbar, wenn er nur intelligent und fleißig genug sei.

Hier beginnt die vorgegebene Meinungsprägung über das Wesen des Kapitalismus, der mit Marktwirtschaft gleichgesetzt wird. In den Medien wird nicht bemerkt, wie damit die Terminologie der Kommunisten übernommen wird, die mit aller Konsequenz den Kapitalismus als identisch mit Marktwirtschaft definierten und – praktizierten. Der Theorie entsprechend hätte die Liquidierung von Unternehmen und Bauernhöfen (Kulaken) bei gleichzeitiger Planwirtschaft zu einer ausbeutungsfreien Wirtschaft in der Sowjetunion führen müssen. Die Wirklichkeit sah anders aus. Ein falscher theoretischer Ansatz musste folgerichtig zu falschen Ergebnissen führen.

Trotz des Desasters wird diese Definition von Sozialisten aller Schattierungen weiter verwendet und nun auch von den Befürwortern des Kapitalismus übernommen. Man setzt Kapitalismus mit Marktwirtschaft gleich, obwohl das Sterben der Bauernbetriebe und die Konzentration der Produktion auf Kosten der mittelständischen Unternehmen im Kapitalismus ebenso Realität ist, wie sie das im Sozialismus war. Nicht die gesicherte Versorgung der Bürger über den Markt ist das Ziel, sondern eine möglichst hohe Rendite. Die Renditewirtschaft, in der wir leben, tendiert zu immer größeren Einheiten, einzig zum Zweck der Erhöhung des Kapitalertrags.
Wie sich das in der Bevölkerung auf eine Minderung des Wohlstandes bis hin zur Armut auswirkt, zeigt der Armuts- und Reichtumsbericht des statistischen Bundesamtes. Hervorgehoben wird, dass sich das Nettovermögen der Deutschen auf 10 Billionen Euro erhöht hat. Mehr als die Hälfte dieses Vermögens befindet sich in den Händen von 10% der Bevölkerung. Verteilungspolitiker möchten von diesem Reichtum einen Teil abschöpfen und für Sozialleistungen ausgeben. Das ist eine lobenswerte Hilfe für Geringverdiener – falls überhaupt das abgeschöpfte Geld direkt bei ihnen ankommt – doch gleichzeitig ist die Maßnahme unwirksam beim Abbau des Reichtums. Denn die Ursachen, die zum Anwachsen riesiger leistungsloser Vermögen beitragen, werden nicht beseitigt. Die Ursachen finden wir im leistungslosen Einkommen über den Kapitalertrag.
So wächst das Vermögen bei einem Zinssatz von 5% innerhalb von 12 Jahren auf ca. das Doppelte an. Dabei trägt das Wort „Vermögenswachstum“ zur Vernebelung der Wirklichkeit bei. Denn Geld kann nicht in den Kassen der Banken „wachsen“; es wird erarbeitet von den Kreditnehmern und landet abzüglich der Bankgebühren bei den Kreditgebern. Sind die Kreditnehmer in der Wirtschaft tätig (Unternehmer), werden Kapitalkosten in jeder Produktionsstufe weitergegeben, bis hin zum Endverbraucher.

Das ist die berüchtigte Umverteilung von unten nach oben. Die immer wieder geforderte Leistungsgesellschaft bleibt auf der Strecke, wenn 40% von den Preisen aller Produkte an das Kapital abgeführt werden. Auf Dauer hält das keine Gesellschaft aus. Wir müssen das ständige Reformieren innerhalb des Kapitalismus als wirkungslos erkennen und den unsozialen Kapitalismus durch eine wirklich freie Marktwirtschaft ersetzen. Denn Kapitalismus und Marktwirtschaft sind Gegensätze.

Quelle: humane-wirtschaft

 

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