Ist Demokratie möglich?

von Michael Winkler (514. Pranger)

In der Sprache jener, die weltweit die Demokratie herbeibombardieren, lautet das Prinzip der Demokratie: „One Man, One Vote!“ Und darin sind bereits alle Probleme enthalten. Wobei das Wort „one“ noch einfach genug ist, wobei höchstens im Deutschen ein sinnklärendes „h“ hineinrutschen könnte. Das Wort „man“ läßt sich mehrdeutig übersetzen, es steht häufig für „Mann“, kann aber auch „Mensch“ heißen. Wegen dieser Unschärfe wurde das Frauenwahlrecht erst im 20. Jahrhundert eingeführt. „Vote“ ist die Wahlstimme, was die Sache immerhin besser beschreibt als das deutsche „Stimme“. Allerdings beschreibt das deutsche Wort die Tatsache besser, denn wer in der Demokratie seine Stimme abgegeben hat, muß in Zukunft die Schnauze halten.

Gehen wir in die Tiefen der Demokratie, so finden wir dort vier grundsätzliche Modelle: das germanische, das griechische, das britische und das Weimarer Modell. Das germanische Modell gab jedem freien Mann eine Stimme auf der Ratsversammlung, dem Thing. Der freie Mann war in Germanien die Regel, Unfreie in großer Zahl gab es erst nach Eindringen des Christentums. Eine Ratsversammlung auf Dorfebene, mit ein paar Dutzend Männern, hat wunderbar funktioniert, doch ein Stammesrat mit zehntausend oder mehr Teilnehmern war schwer zu handhaben. Zumal die Thingplätze keine Amphitheater mit ausgeklügelter Akustik gewesen waren. Das Auszählen bei einer Kampfabstimmung muß damals eine ziemliche Plackerei gewesen sein. Ein Relikt dieser alten Stammesversammlung ist die direkte Demokratie in der Schweiz, wenn ein Volksentscheid durchgeführt wird. Allerdings verfügt selbst die Schweiz heute über qualitätsbewußte Wahrheitsmedien, die solche Abstimmungen entsprechend steuern.

Die griechische Demokratie wird uns gerne als Vorbild hingestellt. Auf den ersten Blick sieht sie aus wie die germanische Version, da jeder freie Bürger eine Stimme auf der Bürgerversammlung hat. Allerdings gab es im jeweiligen Stadtstaat nur sehr wenige freie und damit stimmberechtigte Bürger. Frauen und Kinder waren von vornherein ausgeschlossen. Das galt auch für „Ausländer“, also Bewohner aus Nachbarstädten, die sich hier am Ort niedergelassen hatten. Noch mehr schränkte jedoch ein, daß ein freier Bürger selbständig sein mußte. Der Handwerksmeister war ein solcher freier Bürger, seine Gesellen schon nicht mehr. Wobei auch der Handwerksmeister schon einen niederen Status hatte, lebte er doch von seiner Hände Arbeit. Der angesehene Bürger war reich genug, um arbeiten zu lassen, er selbst verwaltete und ging anderen Beschäftigungen nach. Das griechische Modell war demnach eine Demokratie der Privilegierten.

Das römische Modell sei hier nur kurz erwähnt. Es war eine Mischung aus dem germanischen und dem griechischen Modell. Die politischen Entscheidungen trafen die Privilegierten im Senat, ansonsten gab es durchaus Volksabstimmungen. Bei den Volksabstimmungen entwickelte sich das Klientel-System, bei dem derjenige, der seine Klienten versorgte, auch bestimmte, wie diese bei der Volksabstimmung zu wählen hatten. In gewisser Weise hatten die Römer damit eine frühe Form des Parteiwesens eingeführt.

Das britische Modell wird noch heute praktiziert: Das Land ist in Wahlkreise unterteilt und jeder Wahlkreis schickt genau einen Vertreter ins Parlament. Das landesweite Gesamtergebnis einer Partei ist dabei gleichgültig, und ob der Wahlkreis mit einer Stimme relativer Mehrheit oder mit 95% in einem Erdrutsch gewonnen wurde, zählt ebenfalls nicht. Theoretisch ist der Abgeordnete dabei seinem Wahlkreis verantwortlich, nicht seiner Partei. In der Praxis schwingt die Partei immer mit, da der Abgeordnete die Unterstützung seiner Partei benötigt, um einen ordentlichen Wahlkampf zu führen. Das britische Modell wurde im Deutschen Reich zwischen 1871 und 1918 ebenfalls praktiziert.

Das Weimarer Modell war in zweifacher Hinsicht bemerkenswert: Zum einen regelte die Zahl der abgegebenen Stimmen die Menge der Abgeordneten im Parlament. Pro 60.000 Stimmen gab es einen Sitz, die Größe des Reichstags schwankte von Wahl zu Wahl. Zum anderen bekam jede Partei für reichsweit erzielte 60.000 Stimmen einen Abgeordneten, die große SPD ebenso wie die Partei der Kaninchenzüchter. Im Reichstag der Weimarer Republik gab es folglich zahlreiche kleine Parteien, was zu gewissen Instabilitäten führte.

Im Weimarer Modell war der einzelne Abgeordnete das Stimmvieh seiner Partei, denn ohne die Partei und einen guten Listenplatz wäre er bei der nächsten Wahl ausgeschieden. Auf der anderen Seite bedingten die kleinen Parteien eine gewisse Flexibilität. Was heute als monolithischer Block im Parlament vorherrscht, war früher eine Vielzahl Schachfiguren, mit denen ein geübter Regierungschef umzugehen wußte. Die Interessen kleiner Gruppen wurden auf parlamentarischer Ebene vertreten.

Das BRD-Modell hat das Schlechte aus britischem und Weimarer Modell übernommen. Obwohl die Erststimme den Wahlkreis-Vertreter bestimmt, ist dieser Abgeordnete in erster Linie nicht seinem Wählern, sondern seiner Partei verpflichtet. Selbst Abgeordnete, die einen Wahlkreis zuvor mit guten Ergebnissen erobert hatten, haben ihr Mandat verloren, sobald sie ihre Partei verlassen hatten. Listenabgeordnete sind ohnehin Stimmvieh ihrer Parteien, die völlig vom Wohlwollen der Partei abhängig sind. In der BRD gilt also, daß ein Wähler mit der Abgabe seiner Stimme nichts mehr zu sagen hat.

Kehren wir zu einer Basis-Demokratie zurück, und lassen wir die nur auf Dorf- bzw. Gemeindeebene wirken. Diese Volksversammlung kümmert sich nicht darum, ob Obama oder Netanjahu als Kriegsverbrecher vor den internationalen Gerichtshof gezerrt gehören, sondern um den Zebrastreifen auf der Agathenstraße. Das Gemeindeparlament tagt einmal im Monat, nach dem regulären Feierabend, für zwei bis vier Stunden. So viele Zeit sollte einem die Gemeinde doch wert sein? Natürlich wird Rücksicht genommen, also tagt die Versammlung nicht, wenn im Fernsehen der „Tatort“, „Wer wird Millionär“ oder ein Fußballspiel gesendet wird. In der Urlaubszeit fällt sie aus, und bei schlechtem Winterwetter ebenfalls. Stimmberechtigt sind alle erwachsenen Gemeindemitglieder. Wer neu zuzieht, darf zwar teilnehmen und reden, doch erst nach drei Jahren abstimmen. Na, wäre das etwas?

Oma Tüttelbeck ist zum Glück leicht zufriedenzustellen. Die möchte einen Zebrastreifen vor dem Friedhofseingang, eine Wasserleitung im Friedhof und zwei Gießkannen, die dort auf Gemeindekosten bereitstehen. Außerdem sollte etwas gegen die Kaninchenplage getan werden, die mal wieder sämtliche Blüten abgefressen haben, die sie auf das Grab ihres Mannes gestellt hat. Wie gesagt, die Oma Tüttelbeck ist pflegeleicht. Metzgermeister Schweinheimer ist es nicht. Er ist sehr aufgebracht, als er hört, daß eine weitere Metzgerei in Nordoosterstedt eröffnen will. Er fährt eine richtige Kampagne, setzt seine Kunden unter Druck, läßt seine Angestellten überall verkünden, daß Schweinheimers Wurst die allerbeste sei, und besticht den örtlichen Fußballverein. Mit anderen Worten: Er nützt die Demokratie zu eigenen Zwecken. Lassen wir ihn Erfolg haben, denn die Nordoosterstedter halten zusammen.

Aber ist das, was für Metzger Schweinheimer das Beste ist, auch das Beste für Nordoosterstedt? Wir haben gerade die ideale Demokratie für Eigeninteressen korrumpiert…

In anderen Fällen ist eine direkte Demokratie hingegen sehr resistent. Wenn eine richtig große und böse Bank, beispielsweise Goldman Sucks, die Volksversammlung in Nordoosterstedt überzeugen will, in ihrem Sinne zu entscheiden, wird das ein sehr aufwendiges Verfahren. Zwar sind die „nützlichen Aufwendungen“ pro zu überzeugenden Versammlungsteilnehmer nicht allzu hoch, aber die Bank muß 250 Leute kaufen, um in ein Gebiet mit 2.000 Einwohnern wie gewünscht vorzudringen.

Bei einer repräsentativen Demokratie wie Merkeldeutschland geht das viel effektiver. Hier leben 82 Millionen Menschen, relevant sind etwa 50, die Parteispitzen der Regierungskoalition. Die zu kaufen ist zwar pro Person deutlich teurer, doch im Vergleich zum Effekt viel preiswerter als in Nordoosterstedt. Die Wähler werden nicht gefragt, die haben ihre Stimme abgegeben. Die Abgeordneten sind der Parteiführung völlig ausgeliefert, die heben brav ihre Pfötchen, wenn die Parteiführung dies will. Und wenn es geschickt getan wird, in Form von Preisen, Auszeichnungen und Orden, passiert das ganz unauffällig. Unsere vielfach preisgekrönte Bundeskanzlerin weiß das bestimmt.

In Nordoosterstedt darf Metzger Schweinheimer nicht übertreiben. Wenn er sich zu sicher fühlt, wird seine nächste Kampagne gegen einen zukünftigen Konkurrenten ins Leere laufen, da steht der Schützenverein Ehrenspalier, wenn der neue Laden eröffnet. In der BRD hingegen herrscht das Prinzip der Verantwortungslosigkeit. Das höchste, was einem Politiker passieren kann, ist der Verlust seiner Ämter. Selbst Totalversager und erwiesene Volksschädlinge werden nicht weiter belangt, im Gegenteil, sie erhalten auch noch ihre Pension als Draufgabe der Geschädigten. Und wenn sie es mit ihrer Partei nicht verdorben haben, werden sie sogar noch als Ehrengäste auf Veranstaltungen herumgereicht und dürfen gut bezahlte Vorträge halten.

An welchen Punkten krankt die Demokratie in Merkeldeutschland?

Da wäre zuallererst die Parteilastigkeit. Der Abgeordnete und der Amtsträger auf allen Ebenen ist eine Kreatur seiner Partei. Die Partei entscheidet über sein Wohlergehen und seine Zukunft, die Wähler sind eher zu vernachlässigen. Es kommt zwar durchaus vor, daß ein Bundeskanzler, ein Ministerpräsident oder ein Bürgermeister so unbeliebt wird, daß er oder sie der Partei mehr schadet als nutzt, doch das ist die große Ausnahme. Auf Bundesebene ist das nur einmal passiert, als nach 16 Jahren Helmut Kohl die Wähler seiner überdrüssig wurden.

Der nächste Punkt ist die Gesetzgebung. Die Parteien haben sich die Gesetze zurechtgeschneidert, so daß sie davon profitieren. Dies beginnt mit dem Steuerrecht, bei dem Parteibeiträge und Parteispenden privilegiert werden, und endet bei §129 des Strafgesetzbuches, bei dem Parteien explizit von der Verfolgung als kriminelle Vereinigungen ausgenommen werden. Die Parteien sitzen am Ruder und steuern dieses zu ihren Gunsten – sie müßten schließlich Heilige sein, wenn sie dies nicht tun würden.

Es geht weiter mit der Arroganz der Parteien, über das Schicksal der Menschen zu bestimmen. Bei den Wahlen verkünden die Parteien ein Wahlprogramm, außer vielleicht die CDU, die sich auf „Mitte“ und „Angie“ beschränkt. Dieses Wahlprogramm dient den Wählern als Entscheidungshilfe. In dem Moment, in dem die Wahllokale schließen, sind die Wahlprogramme Makulatur. Bis auf das der CDU, natürlich, denn „Mitte“ und „Angie“ halten sie durch, nachdem sie frühere, inhaltsschwangere Programme genauso mißachtet hatten. Nach den Wahlen kungeln die Parteien untereinander den Koalitionsvertrag aus, der allein für die nächsten Jahre verbindlich ist. Die Ansichten des Volkes, das sie zu vertreten vorgeben, interessieren die Parteien nicht mehr. Parteien haben den Anschluß der BRD an die DDR ausgehandelt, Parteien haben die D-Mark aufgegeben, Parteien haben den Vertrag von Lissabon abgesegnet und Parteien haben mit dem ESM die finanzielle Souveränität und die Sparguthaben der Bevölkerung preisgegeben.

Ich möchte diese unvollständige Aufzählung mit der Wählerbestechung beenden, die Parteien regelmäßig begehen, um sich die Wiederwahl zu sichern. Konrad Adenauer hat 1957 das Rentensystem ruiniert, um danach eine absolute Mehrheit einzufahren. Helmut Kohl hat dringend erforderliche Reformen verschleppt, Angela Merkel überläßt die Reformen ihren Koalitionspartnern, um diese zu schädigen. An Mindestlohn und Rente mit 63 ist die SPD schuld, wenn diese in die Hose gehen, und sollten daraus Erfolge werden, hat „Mutti“ dies bewirkt.

Die Demokraten haben den Staat zu einem Selbstbedienungsladen umfunktioniert, in dem es nicht mehr um das Wohl der Bürger, sondern um das Wohl der Parteien geht. Das einzelne Parteimitglied zahlt brav seinen Beitrag und hat nichts zu sagen, die Parteien werden von oben gesteuert. Nur, wer den Oberen genehm ist, darf in der Partei aufsteigen. Eine Demokratie, bei der die Parteien bestimmen, was Demokratie ist und was nicht, ist zur Parteiendiktatur entartet.

Werfen wir einen Blick auf die Verarmten Staaten von Amerika, so sehen wir eine andere Form der Entartung: dort ist aus der Demokratie eine Plutokratie geworden. Wer dort im Parlament sitzt, ist in aller Regel mehrfacher Millionär und sorgt dafür, daß die Reichen noch reicher werden. Die Politik der VSA wird ganz offen gekauft, eine einfache Wahlkampagne kostet Millionen, eine Kandidatur um die Präsidentschaft Milliarden. Außenseiter haben keine Chance, nur wer in den wohlhabenden Kreisen eingeführt ist, bekommt genügend Spenden, um erfolgreich zu kandidieren. Natürlich spielen die amerikanischen Wahrheitsmedien ihre eigene Rolle, nur wer den Medienzaren genehm ist, darf auf positive Berichterstattung hoffen.

Eine Demokratie wäre nur möglich, wenn die Demokraten strengstens kontrolliert und reglementiert werden. Das wird aber sehr schwer werden, da die Demokraten letztlich die Macht ausüben und die Gesetze formulieren sollen. Sobald die Demokraten Gesetze in eigener Sache verabschieden dürfen, steht die Tür zum Mißbrauch offen. Die Machtausweitung der Demokraten ist zutiefst menschlich, und letztlich werden immer Wege gefunden werden, um die Beschränkungen zu umgehen. Strenge Regeln sorgen nur dafür, daß die Demokratie hundert Jahre hält, anstatt schon nach dreißig Jahren zu entarten.

Demokratie ist Macht auf Zeit, heißt es so griffig. Doch diese Zeit will nicht ablaufen, wenn jeder Demokrat ständig wiedergewählt werden kann. Beschränkt die Zeit auf eine einzige Legislaturperiode, die meinetwegen zehn Jahre dauern darf. Eine einzige, und nur auf einer Ebene. Wer Stadtrat bzw. Stadtverordneter wird, kann nie mehr in den Landtag oder in den Bundestag einziehen. Demokratie ist Gewaltenteilung, heißt es. Dann dürfen Beamte, als Angehörige der Exekutive, nicht über die Legislative befinden. Wer Beamter wird, verliert das aktive und vor allem das passive Wahlrecht. Und die Judikative muß völlig unabhängig sein. Es darf keine Laufbahnwechsel geben, wo ein Staatsanwalt zum Richter wird, um später wieder als leitender Oberstaatsanwalt erneut zu wechseln. Staatsanwälte werden zu Beamten, so wie jetzt auch. Richter hingegen werden gewählt, und sie dürfen keine Beamten sein.

Die Demokraten müssen alle ihre Handlungen verantworten. Wer sich anmaßt, für das Volk zu entscheiden, muß dem Volk gegenüber Rechenschaft ablegen und gegebenenfalls mit Vermögen, Leib und Leben dafür haften. Die Alternative ist das imperative Mandat. Der Abgeordnete ist nur seinen Wählern verantwortlich, nicht seiner Partei oder seinem Gewissen. Der Abgeordnete wird damit zum Wahlkreisabgeordneten, so, wie im britischen System, und so, wie es im kaiserlichen Deutschland der Fall gewesen ist. Der Abgeordnete hat sich im regelmäßigen Abstand den Wählern zu stellen, die ihn, wie einst im griechischen Scherbengericht, vorzeitig ablösen können. Dann ist er von der Haftung freigestellt, weil die Haftung dann die Wähler übernehmen, die am Ende auch den Schaden haben werden.

Was ist mit dem Untertanenverstand? Ich gebe zu, ich weiß nicht, wie lange ich bräuchte, um meiner Mutter den Unterschied zwischen Freiheit und Sozialismus zu erklären. Andererseits, wenn ich mich an Befragungen der Abgeordneten in Berlin zum Lissabon-Vertrag oder zum ESM erinnere, hatten die auch keine Ahnung, worüber sie gerade abgestimmt haben. Wenn die Bürger den Abgeordneten die Entscheidungen vorgeben, werden diese nicht signifikant schlechter werden als heute, wo die Parteiführungen das Pfötchenheben anordnen. Den Wahrheitsmedien käme dann eine ganz neue Aufgabe zu: Die Wahrheit berichten und informieren, anstatt die Wahrheit vorgeben und zu manipulieren. Privatsender hätten keine Wahl, wenn sie weiterhin Propaganda senden, laufen ihnen die Zuschauer und Zuhörer weg. Der Untertanenverstand wäre das geringste Problem, da sich die bisherigen Untertanen zu informierten Bürgern fortentwickeln.

Die Regierungsbildung wäre in einer reinen Demokratie ein Problem. Bisher stellt die stärkste Partei die Regierung, zumeist mit einem Juniorpartner. Wenn die Parteien entmachtet werden, muß es dafür ein anderes Verfahren geben. Parlament und Regierung müssen völlig getrennt werden, denn wenn die Regierung wie bisher das Parlament in der Tasche hat, entartet die Demokratie sehr schnell erneut. Mein Lieblings-Verfahren ist der Monarch, der als Staatsoberhaupt einen Kanzler als Regierungschef einsetzt. Denkbar wäre auch ein direkt regierender Monarch, der als Kanzler seine Minister beruft. Monarchen, zumal Erbmonarchen, haben den Vorteil, daß sie von klein auf ihr Amt erlernen. Wobei die jeweilige Familie darauf achtet, daß ein richtig unfähiger Kronprinz irgendwie aus der Erbfolge ausscheidet, bevor er dem Familiengut, also dem Land, größeren Schaden zufügt.

Wenn wir zwei negative Beispiele heranziehen, Nero und Heinrich VIII. von England, so begannen beide als gute Herrscher und entwickelten sich erst nach und nach zu Tyrannen. Hätte es damals Verfahren gegeben, sie aus dem Amt zu entfernen, wären Rom und England so manche Wirren erspart geblieben. Wobei, Nero wurde schließlich seines Amtes enthoben – er starb an zu viel Eisen im Körper. Ein schlechter Monarch oder Kanzler muß sich vor dem Parlament verantworten und kann mit qualifizierter Mehrheit – 80% oder höher – abgesetzt werden.

Wie lange das vorhält? Das ist ungewiß. Rom hat mit den Adoptivkaisern gute Erfahrungen gesammelt, bis schließlich ausgerechnet Marc Aurel, der Philosoph auf dem Kaiserthron, seinen leiblichen Sohn an die Macht kommen ließ. Jedes System hat Schwächen, und diese Schwächen stellen sich erst mit der Zeit heraus. Wenn wir behaupten, wir hätten das Beste gefunden, dann ist dies das Beste nach dem heutigen Stand der Erkenntnis. Nur dann, wenn wir uns weiter bemühen, das Gute durch das Bessere zu ersetzen, werden wir uns geeignet fortentwickeln.

© Michael Winkler

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