Inflation und Gold, Brot und Spiele

Von Manfred Gburek, 29. April 2011

Inflation und Gold, Brot und Spiele

Im alten Rom verlangte das Volk „panem et circenses“, Brot und Spiele. Es bekam beide, und das nicht zu knapp. Heutzutage passiert Ähnliches, nur dass statt der aus den sogenannten Sandalenfilmen bekannten Wagenrennen jetzt Fußballspiele für alle und Geldspiele für Banker angesagt sind. Obendrein genügt statt der vielfachen römischen Feierorgien schon eine einzige Traumhochzeit in London, um ganze Völkerscharen rund um den Globus zu verzücken.

Keine Frage, ein Großteil der Welt lebt über seine Verhältnisse. Dazu passen denn auch einige aktuelle Meldungen, die nicht gerade zum Jubeln sind: Das Statistische Bundesamt hat für Deutschland per April eine Inflationsrate von 2,4 Prozent ermittelt, Eurostat eine für dieselbe Zeit im Euro-Raum von 2,8 Prozent. Die deutschen Einfuhrpreise lagen im März um 11,3 Prozent über denen vor einem Jahr, die Preise für importierte Energie sogar um 36,4 Prozent. Der starke Euro konnte einiges abfedern, aber wehe, wenn er im Vergleich zum Dollar wieder an Wert verliert.

Der Goldpreis, der am Freitag rasant in die Höhe schoss, reagierte damit wohl endlich auf die jüngste mit Spannung erwartete Pressekonferenz von Fed-Chef Ben Bernanke, dessen Aussagen den Verdacht aufkommen ließen, dass er die US-Wirtschaft wahrscheinlich auch über den 30. Juni hinaus mit Geld überschwemmen wird. Womit Brot (Boni für Banker) und Spiele (was Banker mit dem Geld machen) in einer neuen Variante daherkommen.

Da ich davon ausgehe, dass Sie stark in Gold, Silber und Edelmetallaktien engagiert sind, möchte ich zunächst den starken Anstieg des Goldpreises zum Anlass für einige Interpretationen nehmen. Bemerkenswert ist zunächst, dass der Silberpreis im Vergleich dazu hinterher gehinkt ist. Das sollte man allerdings nicht überinterpretieren. Viel beachtlicher finde ich, dass die meisten großen Gold- und Silberaktien mit der Entwicklung der beiden Edelmetalle nicht mehr Schritt halten. Daraus habe ich schon die Konsequenzen gezogen, einen Teil von ihnen verkauft, einen Teil behalten und Ihnen das hier vor drei Wochen geschrieben. Vor zwei Wochen habe ich Ihnen dann noch einmal geraten, es ebenso zu tun wie ich. Es hat sich bisher auch als richtig erwiesen, die physischen Bestände weiter zu halten.

Nochmals möchte ich Sie in diesem Zusammenhang auf einen psychologischen Faktor hinweisen: Wenn Sie beim jetzigen Kursniveau der Edelmetallaktien zu stark in ihnen engagiert sind und darüber hinaus auch noch hohe Metallbestände besitzen, verlieren Sie nicht nur den Blick für andere Anlagen, sondern können Sie auch nicht mehr ruhig schlafen. Dann wandert Ihr erster und Ihr letzter Blick jeden Tag auf die Kurse, und Sie ärgern sich furchtbar über jeden Kursrückgang. Falls Sie sich jedoch von einem Teil Ihrer Aktien – sagen wir, von der Hälfte – schon getrennt haben, egalisieren Sie den Ärger über Kursrückgänge mit der Freude über die mitgenommenen Gewinne.


Um wieder das Thema Brot und Spiele aufzugreifen: Die Politiker und Notenbanker in Europa wie auch in Amerika werden ihr Volk in den kommenden Jahren mit beiden bei Laune zu halten versuchen. Darin wird allerdings sehr viel Inflationspotenzial stecken. „Inflate or die“, inflationieren oder sterben, diese bekannte Floskel wird uns in Zukunft mehr und mehr begleiten. Wäre dazu noch ein Beweis erforderlich gewesen, er hätte nicht überzeugender kommen können als mit dem Hochschießen des Goldpreises am Freitag.

Dahinter stecken keine geheimnisvollen Mächte, wie uns einige Gurus immer wieder weismachen wollen, sondern durchaus vernünftige Überlegungen, die ich hier ja bereits vielfach geäußert habe. Ich möchte sie heute um eine ergänzen, die allmählich in den Vordergrund rückt, ohne dass sie von der Öffentlichkeit gebührend registriert wird: Die Preise und Löhne in China haben inzwischen eine Höhe erreicht, die immer mehr Unternehmen in Europa – gerade auch in Deutschland – und in den USA dazu zwingt, ihre Strategie zu überdenken. Eine der Folgen ist bereits zu beobachten: Deutsche Unternehmen lassen zunehmen auf dem Balkan und in Osteuropa produzieren. Das verkürzt die Produktionszeiten und ermöglicht mehr Kontrollen.

Derweil platzt China aus allen Nähten, was bekanntlich unter anderem den deutschen Autokonzernen sehr viel Geld in die Kassen spült. Dieser Aspekt wird von den meisten Medien bei jeder Gelegenheit kommentiert, als sei damit das Schicksal von ganz Deutschland und China verbunden. Derweil macht sich im Westen aber nur eine kleine Minderheit Gedanken über die gigantischen Reserven der chinesischen Zentralbank, die zu einem großen Teil aus Gold bestehen, ohne dass jemand die genauen Zahlen wirklich kennt. Die vom World Gold Council ermittelten dürften jedenfalls weit unter den tatsächlichen liegen. Diese Information stammt von meiner „China-Connection“, die mir bisher immer zuverlässige Daten geliefert hat.

An dieser Stelle muss man kombinieren und spekulieren. Der in letzter Zeit extrem schwache Dollar in Verbindung mit dem kräftig nach oben ausbrechenden Goldpreis vermittelt ja nicht nur die Botschaft, dass die USA ein Schuldenproblem haben, sondern er signalisiert auch, dass China sich weigert, den Dollar durch immer wieder neue Käufe von US-Staatsanleihen weiter zu stützen. Und die Tatsache, dass die Kurse der meisten Goldaktien im Vergleich zum Goldpreis recht schlapp sind, unterstreicht diese Schlussfolgerung.

Hinzu kommt: China hat ein Inflationsproblem, das größer ist als das europäische und amerikanische, weil die Inflation in China schon virulent ist, fast alle Waren erfasst. Die gestiegenen Preise für Industrierohstoffe, die zum größten Teil auf das Konto der Chinesen gehen, tun ein Übriges. Da liegt es nahe, dass aus der Inflationsrate eine allgemeine Inflationsmentalität erwächst, die unter anderem dazu führt, dass die Chinesen nicht nur qua Zentralbank, sondern auch privat immer mehr Gold kaufen.

Halten Sie sich diese Entwicklung vor Augen, wenn Ihnen beim Betrachten der Aufwärtskurve des Goldpreises schwindlig zu werden droht. Es ist hier ja nicht das erste Mal, dass ein Anlageobjekt in neue Preisdimensionen vorstößt. Wer Gold besitzt, wird sich recht schnell daran gewöhnen. Und falls es zu Preisschwankungen kommen sollte, behalten Sie am besten die Nerven, denn sie werden nur eine weitere Unterbrechung im weiter anhaltenden Aufwärtstrend sein. 

Quelle: http://www.gburek.eu/

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