Grexit oder nicht Grexit, das ist hier die Frage

Quelle: (Fortunanetz)

Kaum war Alexis Tspiras an der Macht, rief er: „Kommando zurück!“ und verkündete damit die Rücknahme der Reformen der letzten Jahre. Und so wurden über Nacht aus den Transferleistungen der EU zur Rettung der Gläubigerbanken der Griechen eben Geschenke der Steuerzahler und Sparer zur Rettung des völlig überschuldeten griechischen Staates.

Hinter diesem ganzen Vorgang steckt ein ganzer Wald von Lügen und das auf beiden Seiten:

Lüge Nr. 1: Natürlich wurde nicht Griechenland gerettet! Das Land selbst hat von den besagten Rettungsgeldern noch nicht einen einzigen Eurocent zu Gesicht bekommen. „Der Grieche“ sah von dem Transfergeld gar nichts. Es ging nicht um die Rettung des Landes, sondern um die Rettung des Staatsapparates, der seine Schulden nicht mehr bedienen konnte. Und es ging um die Rettung der europäischen Banken, die dem griechischen Staat wertlose, weil von diesem nicht rückzahlbare Staatsanleihen abgekauft haben. Nicht einmal die laufenden Zinsen auf diese Staatsanleihen konnte der griechische Staat ohne fremde Hilfe bedienen. Das Volk hingegen sah von all den Transfers GAR NICHTS. Das Land wurde nie gerettet.

Lüge Nr. 2: Das Geld zur Rettung der Banken und des Staates sollte nie zurück gezahlt werden. Das wurde der deutschen Bevölkerung immer nur erzählt um ihm die entsprechenden Beruhigungspillen zu geben. Vielmehr handelte es sich um letztlich aussichtslose Hilfen, die ja gerade nicht das Land retten sollten, sondern eben nur einzelne wirtschaftlich und politisch mächtige Gruppen mit ihren Partikularinteressen. Es handelte sich nie um Transferleistungen, die nach geglückter Rettung zurück bezahlt werden sollten, sondern eben um Geschenke, die mit einem Lendenschurz namens „Transferleistung“ verhüllt wurden um die peinliche Wahrheit nicht zeigen zu müssen.

Betrogen wurde das Volk der Griechen, denen nie geholfen wurde und betrogen wurden aber auch die Völker der Geberländer, weil deren Zahlungsleistungen längstens schon nicht mehr in Griechenland sind und auch niemals zurück bezahlt werden können. Hauptbetrüger: Die Regierungen der Eurostaaten und in Deutschland auch alle etablierten Parteien, die solchen Lug und Trug gebilligt haben.

Lüge Nr. 3: Durch die Austeritätspolitik in Griechenland wird das Land in die Lage versetzt, wirtschaftlich zu gesunden und das Geld zurück zu bezahlen. Eine Sparpolitik macht nur Sinn, wenn dabei ein positives Geschäftsmodell verfolgt wird. Griechenland hat aber kein Geschäftsmodell. Schiffsbau und Textilindustrie sind in Griechenland längstens schon Geschichte. Das Land hat einen zu großen Banken- und Dienstleistungssektor. Durch den Euro und die Mehrwertsteuererhöhung die im Rahmen der „Sparpolitik“ beschlossen wurden, wurde auch der Tourismus beschädigt.

Die Landwirtschaft hat in Griechenland eine eher marginale Bedeutung. Und so fehlt den Griechen eine klare Ausrichtung auf ein Geschäftsfeld, das im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung lukrative Aussichten verspricht. Und ausgerechnet in so einer Lage verordnete die EU in der Gestalt der „Troika“ dem Land einen brutalen Sparkurs im öffentlichen Sektor mit dem Ergebnis, dass der Staat und die öffentlichen Dienste als wichtigste Nachfrager der Wirtschaft weitestgehend ausgefallen sind, das Land in den letzten zwei Jahren Rekordzahlen für Firmenpleiten und ein negatives Bruttoinlandsprodukt fabrizierte.

In einer solchen Situation davon zu träumen, eine Austeritätspolitik würde eine Rückkehr der Volkswirtschaft auf einen Wachstumspfad erbringen um auf diesem Wege die Transferleistungen zurück zahlen zu können, grenzt entweder an Wahnsinn oder ist eben das was es immer war: Eine ganz bewusst lancierte Lüge u. a. der Regierung Merkel, um den Geschenkcharakter der sogenannten „Transferleistungen“ zu kaschieren.

Und nun ist mit der Wahl in Griechenland ein Teil dieses Lügengebildes geplatzt. Stück für Stück arbeitet sich die Wahrheit durch das ganze Lügengespinst der Lügenregierungen und der Lügen-EU. So sagt Varoufakis in gewisser Weise die Wahrheit wenn er behauptet, die Sparpolitik die die deutsche Bundesregierung gefordert hat, hat dieselben Wirkungen wie damals die Forderungen nach Reparationszahlungen im Versailler Vertrag!

Auch die Haltung von Ministerpräsident Tsipras trägt der katastrophalen Merkelpolitik Rechnung, wenn er einen bedingungslosen Schuldenschnitt fordert. Damit sagt er lediglich die Wahrheit: die sogenannten „Transferleistungen“ sind gar keine. Das Geld ist weg. Und die Transferleistungen haben nichts weiter gebracht als dass sie den status quo notdürftig aufrecht erhielten und die Sparpolitik der Merkelpolitik hat lediglich dazu geführt, Griechenland eine negative Entwicklung der gesamten Volkswirtschaft einzuhandeln. Gut gemacht, Frau Merkel!

Die griechische Forderung nach einem Schuldenschnitt bezeugt die einzige Wahrheit: Griechenland war Pleite, ist Pleite und wird es so lange bleiben, wie es sich nicht aus dem Euro verabschieden und eine eigene Wirtschaftspolitik in eigener Verantwortung betreiben kann. Ein späterer Eintritt des Landes in die Eurozone wäre ja immer noch möglich, wenn sich das Land aus eigener Kraft erholt hat. Dem Land aber die Abwertung seiner Währung durch einen erzwungenen Verbleib in der Eurozone zu nehmen und so allgemeine Anreize für billige Exportprodukte im Land zu verhindern ist schlicht und einfach verantwortungslos.

Leider begreifen es die etablierten Parteien immer noch nicht: Der Euro ist der Spaltpilz der EU und nicht deren Rettung. Als erste Reaktion auf die Ankündigung von Alexis Tsipras, einen Schuldenschnitt zu fordern und zugleich die Reformen rückgängig machen zu wollen, kam der Verlautbarungsautomat der SPD in Gang: Natürlich gibt es keine Regeln für den Euroaustritt eines Eurostaates, natürlich denken wir „Etablierten“ darüber gar nicht erst nach, natürlich bleiben alle im Euro, natürlich ist der Euro der größte Segen aller Zeiten! Nur weiter so, SPD, nur weiter so, CDU/CSU, nur weiter so, Bündnis90/Grüne. Nur weiter so! Gebt bitte Gas, fahrt den Karren an die Wand.

Kaum hat die etablierte Politik bekannt gegeben, dass sie lieber nicht denken und lenken will, hat die EZB in einer harmlos klingenden Meldung bekannt gegeben, dass sie griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheit anerkennen will. Und damit sagt sie: Zwar haben wir ja jetzt ein Programm, mit dem wir Staatsanleihen von Eurostaaten direkt aufkaufen können, aber griechische Staatsanleihen wollen wir lieber nicht anfassen. Also Staatsfinanzierung in Euroland allerorten, nur nicht für Griechenland.

Und Tsipras hat da dann gleich gekontert: Wir lassen uns nicht erpressen!

Und mit dieser Wahrheit von Tsipras kommen wir zu Lüge Nr. 4! Die Europaromantiker schwärmen öffentlich und privat von einer „Union“, einer sogenannten „Europäischen Union“. Nur leider übersehen diese Leute, dass sie Falschetikettierung betreiben. Die Europäische Union ist keine Union. Sie ist ein Bündnis von Staaten, von denen nur ein Teil eine gemeinsame Währung hat. Die EU ist kein Staat, sie ist ein Bündnis. Es fehlt praktisch alles: Das Europaparlament hat kein Initiativrecht. Die gewählten Parlamentarier können keine Gesetze auf den Weg bringen. Kein EU-“Gesetz“ basiert auf einer europäisch organisierten parlamentarischen Mehrheit. Demokratie ist letztlich in der gesamten EU-Veranstaltung eine totale Fehlanzeige. Die Gesetze werden von den einzelnen Staaten gemeinsam auf den Weg gebracht, nicht vom Parlament.

Es fehlt ein Europäischer Präsident, es fehlt ein Europäischer Innenminister, ein Europäischer Außenminister, etc., etc., etc., etc. Man kann es nicht genug betonen. Jeder Staat der „Union“ versucht für sich das Beste heraus zu holen, vorausgesetzt dieser Staat hat auch eine Regierung die im Interesse des Volkes handelt. Und weil das so ist, kann ein Konsens der Eurostaaten im Krisenfall – und dieser ist ja schon lange eingetreten – nur auf dem Wege der Erpressung hergestellt werden.

Das ist doch eine tolle Union, die sich die Europaromantiker da erträumen und zusammen basteln: Die EZB erpresst Griechenland, Griechenland erpresst die EU, die EU erpresst auch fröhlich mit und Merkel täte das auch gerne, nur hat sie gerade keine Zeit, sie muss nach Kiew und nach Moskau und dort „nach dem Rechten“ sehen! Abzusehen ist, dass sie die EU Erpressungsrunde nächste Woche nachholt. Und so bekommen wir am Ende eine Union die nicht nach Gesetz und Recht und Ordnung konstituiert wird, sondern EU steht dann zukünftig für „Erpresser Union“, denn irgendwann wenn die Krise so weiter eskaliert, erpresst dann jeder jeden in der Hoffnung seine Pfründe retten zu können.

Es bleibt nun spannend wie es weiter geht: Erzwingt Tsipras den Schuldenschnitt? Dreht die EZB im Auftrag der EU den Griechen den Geldhahn ab so wie dies in Zypern geschah?

Schauen wir uns zum Abschluss die beiden Erpressungsforderungen an. Griechenland fordert eine Schuldenschnitt. Würde das Land das durchsetzen, würden Zahlungen an Besitzer von Griechenland-Anleihen wertlose Papiere in Händen halten. Das träfe dann wohl vor allem die EZB, die diese dann auch als Ausfälle buchen müsste. Ein griechischer Schuldenschnitt würde Verluste für die EZB und einige institutionelle Geldanleger bedeuten und damit eine Schwächung des Euro. Die meisten Ratingagenturen reagieren ja schon auf dieses Szenario. Letztlich würden dann die Bürger der Eurostaaten das irgendwann bezahlen müssen, entweder durch einen weiter sinkenden Euro oder – zeitversetzt – durch höhere Steuern. Würde die EZB Griechenland tatsächlich den Geldhahn abdrehen, wäre der griechische Staat gleich sofort zahlungsunfähig – auch seinen eigenen Staatsbediensteten gegenüber. Eine solche Entwicklung würde es erzwingen, dass Griechenland eine zweite Währung einführt und Geld selber druckt. Denn nur mit einer unabhängigen griechischen Zentralbank und einer eigenen Währungs- und Geldpolitik könnte sich Griechenland in einem solch radikalen Fall aus der Abhängigkeit der EZB befreien. Und damit wäre der Ausstieg aus dem Euro begonnen!

Ob diese Extreme tatsächlich wahr werden, entweder völlige Unterwerfung Griechenlands unter die Erpresser Union, oder Ausstieg Griechenlands aus dem Euro kann derzeit niemand sagen. Vielleicht finden sich wieder irgendwelche „Kompromisse“ mit jeweils immer kürzerem Haltbarkeitsdatum. Es bleibt also spannend im Lügenwald,

meint

Ihr

fortunato

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