GEZ: Was wirklich ärgerlich an der WM ist

von Wolfgang Röhl (ef-magazin)

Staatsfunker tragen die Näschen höher

14. Juli 2014

Etwas ist ärgerlich an der gestern zu Ende gegangenen WM. Nein, ich meine nicht das Schlandfähnchenschwenken, die schwarzrotgoldenen Präser über den Autospiegeln oder die gesichtsbemalten Horden auf den Rängen und Plätzen. Derlei Folklore zelebriert jeder Stamm auf der Welt, seit Urzeiten. Um das Lagerfeuer wird gesteppt. Allein in den Kuckucksnestern der genuin deutschen „Antideutschen“ wird so etwas als Trockenübung für den Dritten Weltkrieg missverstanden. Höchst real dagegen ist diese Bedrohung: Sobald die Quotenbilanzen der Fernsehsender für das Jahr 2014 vorliegen, werden die Schnarchsäcke von ARD und ZDF sich einmal mehr als strahlende Sieger präsentieren.

Schon 2012 hatte das ZDF es dank hoher Einschaltquoten bei der Fußball-EM und den Olympischen Spielen geschafft, die Privaten im Jahresschnitt von der Spitze zu vertreiben. Im Jahr zuvor hatte noch RTL den höchsten Marktanteil aller Sender eingefahren.

Dass der Kölner Castingidiotensender was auf die Nase bekam, war selbstredend nicht schlimm. Dumm bloß, dass als Nebeneffekt die Zwangsgebühreneinstreicher ihre eigene Nase höher tragen konnten. Denn sie verdankten den Sieg im Quotenkampf ja nicht etwa besseren Programmen. Sondern allein der Tatsache, dass sie mit den Gebühren der Zuschauer – 7,6 Milliarden Euro pro Jahr – die meisten sportlichen Großereignisse kaufen und beinahe exklusiv senden können. ARD und ZDF muss man sich vorstellen wie Dubai on air. So gut wie nichts ist da auf eigenem Mist gewachsen. Fast alles wird außerhalb des Hauses eingekauft; an Geld gebricht es nie. Was für die einen das Öl, ist für die anderen die „Demokratieabgabe“.

150 Millionen Euro hat sich der Staatsfunk die Fifa-Rechte an der WM kosten lassen. Hat 420 Mitarbeiter mit der Aufbereitung von 300 Sendestunden beschäftigt, Quasselrunden ohne Ende eingerichtet, Unsummen an Reisespesen verballert. Letztere auch für Reporter und Kommentatoren, deren Beiträge zwischen ranzfiezerischer Quartalsblödheit (Katrin Müller-Hohenstein) und der narrativen Opulenz automatischer Zeitansagen oszillierten („Zwanzig Minuten gespielt“; „Noch zehn Minuten bis zum Abpfiff“). Zum Lohn für das Nichts an eigener Leistung erzielten die Anstalten Traumquoten. Deutschland gegen Brasilien zum Beispiel hob das ZDF auf eine TV-historische Marke. 32 Millionen Zuschauer, Marktanteil sage und schreibe 88 Prozent. Beim Finale dürften es sogar noch ein paar Prozent mehr werden.

Kommt hinzu, dass die Öffis, ansonsten hauptsächlich von der Generation 60 plus goutiert, auch bei dieser WM reichlich jüngere Zuschauer einfangen. Unverdientermaßen, denn aus eigener kreativer Kraft kriegen sie kein einziges Lagerfeuer mehr hin, siehe „Wetten, dass…?“. Nur Tatorte, Tatorte, Tatorte. Aber die normative Kraft des Scheckbuchs versammelt dann auch mal Leute vor der Glotze, welche ihre Chips noch mit den zweiten Zähnen kauen.

Wetten, dass die Funktionäre des staatsmonopolistischen Fernsehfußball-Kapitalismus sich bei der Veröffentlichung des Sender-Rankings für 2014 nicht entblöden werden, das Ganze als gewaltigen Akzeptanzerfolg für ihr System zu verkaufen? Dies, und nichts anderes, ist die ärgerliche Seite einer für die deutschen Kicker erfolgreichen WM. Unter die Sieger mogeln sich dreist die Abstauber.

Dieser Artikel erschien zuerst auf der Achse des Guten.

 

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