Friedrich Merz – Der Globalist

Digitalisiert von Jürgen II:

Friedrich Merz – Der Globalist

National-Zeitung vom 23. November 2018

Verfaßt von Amelie Winther

Dass die Schützenhalle seiner Heimatstadt Arnsberg, wo der CDU – Kreisparteitag nun Friedrich Merz’ Nominierung zum Kandidaten für die Parteispitze besiegelte, die Schützenlosung „Glaube, Sitte, Heimat” führt, mag manchem als Illustration für die konservativen Hoffnungen vieler CDU-Anhänger scheinen.

Merz war lange genug von der Politikbühne verschwunden, um als Projektionsfläche solcher Wünsche zu dienen. Man erinnert sich an seinen Anstoß zur „Leitkultur”-Debatte und die Ablehnung des Multikulturalismus. (Allerdings hatte auch Merkel noch 2010 öffentlich bekannt, „Multikulti” sei „absolut gescheitert”.) Neben dem „Bierdeckel“-Gleichnis in Sachen Steuern blieben noch seine Vorliebe für einen schlanken Sozialstaat in Erinnerung und vor allem seine an Feindschaft grenzende Rivalität zur heutigen Kanzlerin. Das ist aber schon das einzige, was wirklich für ihn spricht: Er ist nicht Merkel.

Primitive Entgleisung

Sein Plan, die AfD zu „halbieren”, hat mit der maximalen Diffamierung, die Oppositionspartei sei „offen nationalsozialistisch”, bereits begonnen. Von Kompetenz zeugt diese Verleumdung nicht. Der AfD – Politiker Götz Frömming kommentierte, Merz habe sich keinen Gefallen getan: „Wer so primitiv und geschichtsvergessen gegen demokratische Mitbewerber hetzt, ist für höhere Ämter ungeeignet.” Auch die „Zeit” beanstandete den „kruden Nazivergleich”. „Man muss die AfD nicht mögen, um ihr beizupflichten: Diese Aussage von Merz ist eine ‚ungeheuerliche Entgleisung’.”

Merz stellte sich in der vergangenen Woche den „richtigen Fragen” der „Bild”. Hier sagte er, Merkels Initialeinladung für die Migranten in Ungarn im September 2015 sei richtig gewesen, obschon er den anschließenden Kontrollverlust kritisch sehe. Den UN- Migrationspakt lehnt er nicht ab und unmissverständlich hält er fest: „Wir sind längst ein Einwanderungsland.”

Ferner will er Emmanuel Macrons Bemühungen um mehr europäische Integration unterstützen und findet, ein überproportionaler finanzieller EU-Beitrag Deutschlands sei im Interesse des Landes, denn „scheitert Europa, schadet das Deutschland”. Eine europäische Armee hält er für richtig und Trump für keinen seriösen Politiker.

Ausführlicher als alle diese Positionen wurde anschließend Merz’ Selbstverortung in der „gehobenen Mittelschicht“ diskutiert. Er sei zwar Millionär und identifiziere sich mit dem globalen Investment, für das „BlackRock” stehe, könne aber Verständnis für alle Schichten aufbringen.

Merz und der Globalismus

Mit Intelligenz und Empathie ist es tatsächlich auch Millionären möglich, Lage und Bedürfnisse der ärmsten Bevölkerungsteile nachzuvollziehen. Die Nebelkerzen um seine materielle Situation rückten Merz’ Mitgliedschaft in einflussreichen Organisationen in den Hintergrund. In dieser Hinsicht zählt der CDU- Politiker nämlich keinesfalls zur „Mittelschicht”, sondern zur globalistischen Elite.

Laut dem Soziologieprofessor Ulrich Beck (1944 – 2015) orientiert sich der Globalismus nur an Gesetzen des Weltmarkts. Nationalstaaten werden entmachtet, „global players”, allen voran transnationale Großkonzerne, gewinnen an Einfluss. Die Auffassung, „dass der Weltmarkt politisches Handeln verdrängt oder ersetzt”, sei die „Ideologie des Neoliberalismus“. „Die ungewollte Folge der neoliberalen Utopie des freien Marktes ist die Brasilianisierung des Westens”, hatte Beck 1999 in seinem Buch „Schöne neue Arbeitswelt“ geschrieben und den „Einbruch des Prekären‚ Diskontinuierlichen, Flockigen, Informellen in die westlichen Bastionen der Vollbeschäftigungsgesellschaft” gemeint. Sozialer Schutz existiert dort nicht mehr, Schwarzarbeit, Scheinselbständigkeit und mehrere Jobs („informelle multiaktive Arbeit”) werden zur Regel.

Der „Spiegel” beschränkte seine kritischen Töne in der Titel-Geschichte über den „Anti-Merkel” auf Merz’ Vermögensverhältnisse, seine „Wendigkeit, die er sonst gern der Kanzlerin vorwirft“, Profilierungssucht, schnelles Beleidigtsein und mangelndes Stehvermögen. Während „seine Jahre in der Finanzwirtschaft” als seine „größte Flanke” thematisiert werden, wird nur kurz angerissen, dass „all die Debatten über die Gefahren des Kapitalismus, über die Schattenseiten der Globalisierung“ wenig Eindruck auf ihn gemacht hätten.

Das mag an seinem Engagement in dem Globalismus verpflichteten Institutionen liegen.

Chef der Atlantik-Brücke

Seit Juli 2009 ist Friedrich Merz Vorsitzender der „Atlantik-Brücke”, 1952 zur Förderung der transatlantischen Zusammenarbeit initiiert. „Wenn Deutschland nicht wieder aufgebaut wird und nicht der Führung Amerikas folgt, dann kann es eigentlich keinen Frieden und Wohlstand in Europa geben. Das war ihre Überzeugung”, erklärte Anna Zetsche in einem MDR-Interview im April dieses Jahres zur Gründung des Vereins.

Die Historikerin (FU Berlin) hat sich in ihrer Dissertation mit der Atlantik-Brücke beschäftigt und durchaus heikle Aspekte an dem „transatlantischen Eliteprojekt” entdeckt. So seien weite Teile der Bevölkerung hier ausgeschlossen, die Mitgliedschaft beschränke sich auf Vorstandsvorsitzende großer Konzerne und Banken sowie Politiker (fast des gesamten Parteienspektrums) und einige Journalisten. „Über diese Zirkel können also schon seit den 1950er-Jahren demokratisch nicht-legitimierte Privatpersonen Einfluss auf die Politik Deutschlands und der USA nehmen”, sagte Zetsche in einem Interview 2017.

Mitglied in dem erlesenen Zirkel, der „einen Rahmen für vertrauliche Gespräche” schaffen will, kann man übrigens „nur auf Einladung” werden.

„Kein Freund von völliger Transparenz”

Die Atlantik-Brücke tat sich zuletzt als Verfechterin des umstrittenen TTIP-Freihandelsabkommens hervor. In seinem Buch „Die Lobby-Republik” (Hanser-Verlag, 2015) schrieb der Journalist Hans-Martin Tillack: „In TTIP, so Merz im Juni 2013 laut einem internen Protokoll, sehe er für den Verein den ‚wichtigsten inhaltlichen Schwerpunkt für die nächste Zeit’.”

Auf einer Podiumsdiskussion der Atlantik-Brücke zu TTIP erklärte Merz: „Der Ruf nach vollständiger Transparenz erklärt sich durch das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber unseren Institutionen. Ich bin kein Freund von völliger Transparenz.” Die EU solle vielmehr in Ruhe ausloten dürfen, „was möglich ist und was nicht”.

Die Zahl der Lobbyisten in der Atlantik-Brücke sei „beachtlich“, führt Tillack in seinem Buch aus. „Offenkundig an Lobbyinteressen ausgerichtet war allem Anschein nach eine frühere Regel des Vereins, wonach Abgeordneten und Beamten auf Antrag erlaubt wurde, einen niedrigeren Jahresbeitrag als die übrigen Mitglieder zu leisten. [.. .] Die Mitglieder aus der Wirtschaft subventionierten also die Teilnahme von Parlamentariern und Beamten, um in deren Nähe zu kommen.”

Der Jurist und Staatssekretär a. D. Willy Wimmer (CDU) kommentierte nun: „Eine Kandidatur von Merz bedeutet, die CDU völlig als Ableger US-amerikanischer Politik der Globalisten bewerten zu müssen. Die US-amerikanischen Herrschaftsinstrumente liegen bei Friedrich Merz mit dem Chefposten bei der Atlantik-Brücke und der Funktion des Aufsichtsratschefs des Finanzgiganten BlackRock klar auf der Hand. Die Verzweifung in der CDU muss gigantisch sein, ein derartiges Risiko mit Herrn Merz eingehen zu wollen.”

Elitenherrschaft

Friedrich Merz gehört außerdem der „Trilateralen Kommission” (TLK) an. Zu deren Geschichte schrieb die „Zeit” 1977, David Rockefeller und Zbigniew Brzezinski hätten auf dem Rückflug von einer Bilderberg-Konferenz den Entschluss gefasst, „ein auf Japan erweitertes Bilderberg zu gründen”, wo „mehr als analytische Intelligenz” zusammenkommen solle, „Macht nämlich, Einfuss, auch Kapitalkraft” und zwar aus Westeuropa, den USA und Japan.

Zum ideologischen Fundament der 1973 gegründeten TLK gehört die Schrift „Between two Ages” von Zbigniew Brzezinski, eine 1970 erschienene „One-World-Hymne”. Als zweites wichtiges Papier gilt der im Auftrag der TLK u. a. von Samuel Huntington verfasste Report „Die Krise der Demokratie” (1975), dessen Tendenz sich als Elitenherrschaft statt Massendemokratie beschreiben lässt.

Der US-Philosoph Noam Chomsky hat wiederholt Kritik an diesem einfussreichen Dokument geübt. Huntington sehne sich nach den Zeiten, als „Truman, wie er es ausdrückte, in Zusammenarbeit mit einigen Anwälten und Führungskräften der Wall Street das Land führen konnte”, so Chomsky in einem Interview 2017.

1981 schrieb er über den TLK-Report: „Ihre Vision von ‚Demokratie’ erinnert an das Feudalwesen. Auf der einen Seite haben wir den König und die Fürsten (die Regierung), auf der anderen Seite das gemeine Volk. Die Bürger können Petitionen einreichen und der Adel muss reagieren, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Es muss jedoch ein angemessenes ‚Gleichgewicht zwischen Macht und Freiheit, Autorität und Demokratie, Regierung und Gesellschaft’ geben. […] In den 60er-Jahren, so Huntington, habe sich das Gleichgewicht zu sehr in Richtung Gesellschaft und gegen die Regierung verschoben. ‚Die Demokratie wird ein längeres Leben haben, wenn sie ein ausgewogeneres Dasein hat’, – das heißt, wenn die Bauern ihr Gezeter beenden. Eine echte Beteiligung der ,Gesellschaft’ an der Regierung wird nirgendwo diskutiert ebenso wenig wie eine demokratische Kontrolle der grundlegenden Wirtschaftsinstitutionen, die das gesellschaftliche Leben und gleichzeitig aufgrund ihrer überwältigenden Macht den Staat bestimmen.”

„Geburtsort des NeoIiberaIismus”

Der damalige Bundespräsident Roman Herzog würdigte die TLK dennoch zum 25. Geburtstag 1998 für ihre „supranationale Integration” im „unaufhaltsamen Zeitalter der Globalisierung”, in dem die nationalstaatliche Ordnung überholt und auf Dauer sogar höchst schädlich sei.

„Die Trilaterale Kommission könnte man den Geburtsort des Neoliberalismus nennen”, fasste das establishmentkritische US-Magazin „Counterpunch” im Februar 2015 zusammen. „Die TLK wurde gegründet, um dem Kapital wieder zu seinem ‚rechtmäßigen’ Platz an der Spitze der wirtschaftlichen und politischen Macht zu verhelfen”, heißt es hier.

Interessant an dem Artikel ist, dass die Betrachtungen zur TLK als Einleitung zu einer damaligen NASA-Studie zum bevorstehenden Kollaps der Zivilisationen, wie wir sie kennen, dienen. Grund dieser fatalen Entwicklung seien die Überlastung der Ökosysteme und die Spaltung der Gesellschaft in reiche Eliten und große arme Bevölkerungsschichten. Weil die Eliten die Auswirkungen von Dürren, Fluten und Hungersnöten erst spät zu spüren bekämen, würden sie ihr Verhalten, das den Weg in die Katastrophe beschleunigt, nicht ändern.

Ende des Anthropozäns?

2009 hatte ein Forscherteam die „Belastungsgrenzen der Erde” („planetare Grenzen“) beim Klimawandel und vor allem im Verlust der Biodiversität dramatisch bedroht gesehen. Carsten Neßhöver, Geoökologe am Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, schrieb 2013, dass der Welthandel einer „der zentralen Treiber für den Verlust der Biodiversität geworden” sei, denn „nicht nur ebnet er invasiven Arten den Weg in andere Weltregionen. Vor allem macht er es attraktiver, Exportgüter anzubauen.” (Hinweis: So daß z. B. zur Gewinnung des Palmöls als Exportartikel große Teile des Regenwaldes gerodet wurden und werden.)

Der an der Belastungsgrenzen-Studie beteiligte Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen, der den Begriff Anthropozän für die durch den Menschen geprägte geochronologische Epoche aufbrachte (Erdzeitalter des Menschen), warnte, bei einer Weltbevölkerung von elf Milliarden hänge „alles davon ab, wie weise und gerecht wir mit den Ressourcen der Welt umgehen”. „Wenn die Menschheit aber ihre Handlungsweise nicht ändert, dürfte die Zukunft des Anthropozäns sehr kurz sein.”

Ungeachtet der Gefahren für die „planetaren Grenzen“ herrscht bei den Eliten, die die Altantik-Brücke und Trilaterale Kommission repräsentieren, der Glaube an grenzenloses Wachstum, Konsumzwang und Krieg. Diese Zusammenhänge entzaubern auch schnell eine schwarz- „grüne” Koalition auf Bundesebene, auf die Merz’ öffentliches Liebäugeln mit den „Grünen” hindeutet. Eine solche Regierung stünde für alles andere als eine ökologische und gerechte, konservative – also bewahrende – Politik, die diesen Namen verdient.

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4 Kommentare

  1. 26.11.2018

    "Nun, im Prinzip ist es egal, wer die Nachfolge im CDU Vorsitz übernimmt? Glaubt denn wirklich jemand ernsthaft, es würde sich irgend etwas ändern?"

    Nein, Karrenbauer, Spahn und Merz sind alle austauschbar und haben alle an Merkel nichts auszusetzen, wurden vielleicht auch allesamt von Merkel aufgefordert, sie zu beerben im Rahmen einer Scheinauswahl.

    Aber Merz haut doch tatsächlich dem Faß den Boden durch.  Ein Lobbyist sondersgleichen, ein eindeutiger Vertreter der Plutokratie, verdient Riesensummen, weil die Parteienlandschaft eine  solche Bereicherung der politisch Bestochenen ermöglicht, wagt es sogar sich aufzustellen, um noch mehr Lobbygewinne für sich einzuheimsen!  Die Deutschen werden von ihren Politikern offensichtlich als völlig dekadent und verdummt eingestuft, daß ihnen solche Kreaturen von den Parteien zugemutet werden.

    Man muß nur ein bißchen Gedächtnis haben, um zu merken, daß alles nur Theaterdonner ist, darauf berechnet die Bevölkerung zu verdummen.  Erst geriert sich Seehofer in der Migrationsangelegenheit als Gegner Merkels, (desgleichen Söder, der mit seinem Duzfreund Seehofer angeblich politisch Meinungsverschiedenheiten hat,) ruft einen Sturm im Wasserglas hervor, um dann schmählich einzuknicken, und jetzt sind Seehofer, Söder, Schäuble selbstverständlich für den Migrationspakt, weil er ja gefährdet sein könnte!  Und die Freien Wähler unter Aiwanger sind geil darauf, mit dieser dekadent verlogenen CSU-Sippschaft auch mal gemeinsam an der Krippe zu fressen, alle Prinzipien über Bord werfend.

    Unsere ganze Politik ist nur Theaterdonner für das unmündige Publikum, und die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist, die Erkenntnis dieser Wahrheit im Gehirn der Menschen möglichst zu zerreden.

    Und wer das ausspricht, ist ein Feind der Demokratie und Populist.  Und das nennt man Meinungsfreiheit!!!

  2. Friedrich Merz hat gelogen, als er sagte, er arbeite nicht für Firmen die "Cum-Ex-Geschäfte" machen. Abgesehen davon, dass er für Blackrock arbeitet, war Merz als Partner der internationalen Anwaltskanzlei Mayer, Brown, Rowe & Maw LLP tätig. Als Repräsentant dieser Kanzlei wurde Merz 2010 als Anwalt vom Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) beauftragt, einen Käufer für die marode WestLB zu finden, nachdem die Kanzlei Mayer Brown bereits die Auslagerung der Ramschpapiere dieser Bank im Werte von 77 Milliarden Euro in eine mit Steuergeldern finanzierte Bad Bank gemanagt hatte.Sein Engagement war übrigens durchaus ein Erfolg; nur halt nicht für den Steuerzahler, sondern für das Bankhaus HSBC Trinkaus & Burkhardt, das bei der Übernahme der WestLB-Aktiva zum Zuge kam.Der politisch-lobbyistische Tausendsassa saß und sitzt unter anderem in den Gremien der AXA Konzern AG, der DBV-Winterthur Holding AG, der Deutschen Börse AG, der Ernst & Young AG, der ROCKWOOL Beteiligungs GmbH, der WEPA Industrieholding SE, der Commerzbank AG und der HSBC Trinkaus.

  3. Nun, im Prinzip ist es egal, wer die Nachfolge im CDU Vorsitz übernimmt?

    Glaubt denn wirklich jemand ernsthaft, es würde sich irgend etwas ändern?

    So informativ der Bericht auch sein mag, macht es wirklich einen Unterschied, wer in diesem Club, nach außen hin, das Sagen hat?

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