Finanzkrise lange vor 2008

von Gert Flegelskamp (flegel)

Betrüger haben es schwer, denn wenn man sie erwischt, gehen sie in den Bau. Es sei denn, sie sind clevere Betrüger, denn dann gehen sie in die Politik und in die Finanzwirtschaft. Dort können sie ihre Betrügereien in großem Maßstab begehen, ohne von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft auch nur ansatzweise mal in Verlegenheit gebracht zu werden. Die Financial Times Deutschland (FTD) belegt das in ihrem Bericht die Lehmann-Lüge mehr als deutlich.

Das, was hier die FTD aufdeckt, ist der gemeinsam geplante und durchgeführte Betrug von Politikern, von der Politik eingesetzte Aufsichtsbehörden und von maßgeblichen Finanzmanagern. Wenn ich dann daran denke, dass ein Mann wie Clement, eingebunden in dieses Komplott, 2 Jahre später noch die Dreistigkeit hat, Millionen Arbeitslose als Betrüger hinzustellen, werte ich das als totale charakterliche Verkommenheit.

Doch im Gegensatz zur allgemeinen Auffassung, dass Betrüger hinter Gitter gehören, ist der Betrug offenbar für clevere Betrüger ein Sprungbrett für politische Karriere und für die Karriere in der Finanzwirtschaft. Wie anders ist ansonsten zu verstehen, dass die SPD Peer Steinbrück als Kanzlerkandidaten nominiert, also den Mittäter der kriminellen Machenschaften der WestLB und Jörg Asmussen, der es in relativ kurzer Zeit vom Abteilungsleiter im Finanzministerium zum Mitglied im Direktorium der EZB im Ressort Internationales brachte. Hinzu kommt, er sitzt im Lenkungsausschuss des Bankenrettungsfonds SoFFin, im Verwaltungsrat der Finanzaufsichtsbehörde BaFin und im „Wirtschaftsfonds Deutschland“, der ohne parlamentarische Kontrolle über Staatsbürgschaften für Unternehmen entscheidet. Einen Interessenkonflikt haben Politiker auch nie dahinter vermutet, dass seine Lebensgefährtin Henriette Peucker vom Januar 2003 bis März 2010 die Berliner Repräsentanz der Deutschen Börse leitete. Man möge mir verzeihen, aber das geht weit über Lobbyismus hinaus. In meinen Augen ist das organisierte Kriminalität. Dabei muss ich immer daran denken, dass die Finanzaktivitäten der Verbrecherorganisationen vermutlich längst die „Finanzmärkte“ unterwandert haben. In Italien ist man das gewöhnt, doch inzwischen hat sich auch das Verbrechen internationalisiert bzw. globalisiert und dazu gehören nicht nur die Finanzmärkte, sondern auch die Politik, denn der Wechsel zwischen diesen Beiden funktioniert in beide Richtungen reibungslos. Vielleicht ist es aber genau das, was Banken als „t o big, to fail“ bekunden lässt, denn eigentlich ist dieser Spruch mehr als eine Nötigung, er ist die pure Erpressung, könnte doch bei der Pleite einer solchen Großbank ans Licht kommen, wie tief die Politik in deren Machenschaften verstrickt ist.

Märkte regeln alles, sie sind selbstregulierend, das ist das Credo der liberalen Stilrichtungen. Doch gerade die Finanzmärkte beweisen, dass Märkte zum Spielplatz von Großbetrügern werden. Sie sind es, die die maßgebliche Verantwortung für alle großen Fusionen der Vergangenheit hatten. Eigentlich ganz einfach, meldet ein Konzern Interesse an einem anderen Konzern oder einer Firma an, dreht man der einen den Geldhahn zu und lässt auf bei der anderen die Kredite sprudeln. So entstanden die heutigen Mammutkonzerne mit ihren unsichtbaren Hintermännern, obwohl es so etwas den Thesen der Liberalen zufolge gar nicht geben dürfte.

Wären wir, wie immer behauptet wird, ein Rechtsstaat, dann müsste der Artikel der FTD eigentlich ausreichen, die Staatsanwaltschaft zu mobilisieren, um Strafermittlungsverfahren einzuleiten. Aber die Damen und Herren Strafermittler wagen sich an diese Großbetrüger nicht heran. Sie begnügen sich damit, kleine Eierdiebe zu überführen.

Die Spitze dieser Mafiatempel mit der Bezeichnung „Investitionsbank“ ist aus meiner Sicht Goldmann Sachs, denen es wie keiner anderen gelingt, ihre Leute weltweit in Schlüsselpositionen zu lancieren. Finanzmister Henry M. Paulson war bis zu seiner Nominierung durch Bush zum Finanzminister der USA CEO von Goldmann Sachs und einer der maßgeblichen Beteiligten an der Pleite der Lehman-Bank. Mario Monti, derzeitiger Regierungschef in Italien, ist nicht nur Mitglied des Vorstands der Bilderberg-Konferenz, sondern war bis zu seinem Amtsantritt als italienischer Ministerpräsident „European chairman“ der Trilateralen Kommission und ist internationaler Berater bei Goldman Sachs und Coca-Cola. Mario Draghi, heutiger EZB-Chef, war ehemals Vizepräsident bei Goldman Sachs in London, bevor er zum Notenbankchef der Banca Italia nominiert wurde. Außerdem ist er Mitglied der Group of Thirty (G30), einer privaten Lobbyorganisation der Großbanken.

Loukas Dimitrios Papadimos, der derzeitige Ministerpräsident von Griechenland, war leitender Volkswirt der Federal Reserve Bank in Boston und hatte danach verschiedene Posten bei der Bank von Griechenland inne. Außerdem war er Gouverneur der Bank von Griechenland, der griechischen Notenbank. In seine Amtszeit fiel der Übergang von der Griechischen Drachme zum Euro. In diesem Zusammenhang hat er eine noch immer nicht geklärte Rolle bei der Verschleierung der öffentlichen Haushaltsbilanzen mit Hilfe der Investmentbank Goldman Sachs gespielt, wobei ich überzeugt bin, dass man das auch nicht aufklären möchte. Das heißt aber, dass man den Mann, der maßgeblich an der Verschleierung der Risiken Griechenlands beim EU-Beitritt beigetragen hat, dann, als die scheinbar aussichtslose Position Griechenlands bekannt wurde, zum Präsidenten dieses Landes machte? Ich werte das eher als einen Beweis, dass man ihn pushen musste, weil er sonst hätte auspacken können, wer alles in der EU und den Euro-Ländern über die wahren Zusammenhänge informiert war.

Die Financial Times berichtet im Zusammenhang mit Goldmann Sachs auch über ein Buch, das der ehemalige Goldmann Sachs-Banker Greg Smith geschrieben hat. Nur ein paar Sätze aus diesem Bericht:

Gescheitert sind aber auch wir alle, Politiker, Regulierer, Gesellschaft, die wir vor fünf Jahren tatsächlich geglaubt hatten, das Finanzsystem ließe sich verändern, ließe sich läutern und bezwingen. Das Gegenteil ist der Fall.

Die großen Banken der Wall Street sind mächtiger denn je. Vorneweg Goldman Sachs; die Bank hat gerade erst Zahlen vorgelegt: Im dritten Quartal hat das Institut rund 1,5 Mrd. Dollar Gewinn gemacht. Und viele Regulierungsbemühungen stocken. Dass Greg Smith im Jahr 2012 „nichts Neues“ erzählt, das ist der Skandal.

Ich denke, das Finanzwesen hat mit dem internationalen Verbrechen fusioniert. Schließlich ist Geldwäsche durch Banken wesentlich effizienter und ertragreicher als die frühere, mit hohen Verlusten verbundene Art. Ich glaube auch nicht, dass die Banker eine eigene „Gang“ gegründet haben. Man muss einfach zu dieser Sicht kommen, wenn man die vielen Vorgänge mal näher beleuchtet, die in der offiziellen Sprachregelung lediglich als Skandale artikuliert werden, obwohl sich dahinter eindeutig kriminelle Handlungen verbergen (Beispiel Libor-Zins). Manchmal werden für solche Machenschaften sogar Untersuchungsausschüsse gebildet, mit der Folge, dass sich im Lauf der Zeit ein Mantel des Schweigens darüber ausbreitet.

Quelle: flegel

(Visited 7 times, 1 visits today)
Finanzkrise lange vor 2008
0 Stimmen, 0.00 durchschnittliche Bewertung (0% Ergebnis)