Fernsehen

von Gert Flegelskamp

Fernsehen, was war ich aufgeregt, als ich erstmalig einen Fernsehfilm sehen konnte. Es war irgendwann in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. Natürlich gab es da Fernsehen schon lange, aber nicht für Otto Normalverbraucher erschwinglich. Wann wir zuhause den ersten Fernseher bekamen, daran kann ich mich nicht mehr erinnern, auf jeden Fall war es sehr viel später. Aber das erste von mir bei Nachbarn konsumierte Fernsehstück, daran erinnere ich mich genau, Es war eine Sendung aus dem Hamburger Ohnsorg-Theater mit Heidi Kabel und Henry Vahl: Der verkaufte Großvater. Ich war begeistert.

Heute bin ich ein Fossil anderer Art, denn ich habe keinen Fernseher, zahle aber seit diesem Jahr dennoch Fernsehgebühren. Das ist logisch, denn ich habe ja eine Vorrichtung, mit dem ich Fernsehprogramme empfangen könnte, den PC. Und seit ich Gebühren berappen muss, kaufe ich mir alle 14 Tage eine Fernsehillustrierte, denn ich möchte ja wissen, was mir entgeht, obwohl ich dafür blechen muss. Dazu fällte mir eine kleine Anekdote ein:

  • Eine junge Studentin bekommt Besuch in ihrem möblierten Zimmer von Mitarbeitern der GRZ. Die entdecken auf einem Schrank ein altes Fernsehgerät und drohen ihr mit Anzeige. Sie verteidigt sich und sagt: „Der Fernsehe ist nicht von mir. Er war schon auf dem Schrank, als ich eingezogen bin. Außerdem ist er nicht angeschlossen und ich habe ihn noch nie genutzt. „Das macht nichts“, antwortete der GEZ-Beamte. „Sie haben die Vorrichtung dafür, also müssen sie zahlen. Da sie den Fernseher nicht angemeldet haben, wird eine dicke Nachzahlung und eine Strafe fällig. Deshalb zeigen wir sie an.“ „Na gut“, antwortet sie, aber ich werde sie dafür alle wegen Vergewaltigung anzeigen.“ Was soll das? Der GEZ-Beamte war ärgerlich. „Keiner von uns hat Sie vergewaltigt!“ „Das macht nichts,“ antwortete sie. „Sie haben doch die Vorrichtung dafür.“

Nun wissen wir ja alle, dass dank Kohl unsere Fernsehwelt um die privaten Sender erweitert wurde, die keine Gebühren fordern, dafür aber jede Sendung für Werbung unterbrechen und damit Geld scheffeln. Folglich zahlt der Kunde, ob er nun private Programme schaut oder nicht, seine Gebühren tagtäglich an den Kassen der Supermärkte und Discounter, natürlich zusätzlich zu den Gebühren des Staatsfernsehens (ARD und ZDF und diesen Sendern angeschlossenen regionalen Sendern sowie weiteren Sendern wie ZDF NEO, ZDF Info und wie sie noch so alle heißen). Der Unterschied zwischen dem Staatsfernsehen und den Privaten ist lt. Gebührenstaatsvertrag, dass die Staatssender einen Bildungsauftrag haben. Aber was ist der Unterschied? Fernsehen ist eine Sucht und private Sender sehen ist wie der Umstieg auf härtere Drogen.

Nun habe ich ja eigentlich keinen blauen Schimmer, was Bildung ist. Früher habe ich mal geglaubt, dass das Schulfernsehen der Dritten Programme diesem Auftrag gewidmet sei, aber heute, wo alles nach Quoten geregelt wird, gibt es das nicht mehr. Meine mangelnde Bildung mag man daran erkennen, dass ich die ganze Quotenregelung, ob nun pro Frauen, oder pro Ausstrahlung von Fernsehprogrammen für so bescheuert halte, dass mir fast ständig der Kamm quillt, wenn ich darüber lese. Nun, der Kamm hätte mir schwellen müssen, als ich den letzten Paukenschlag von Egon W. Kreutzer gelesen habe, ist er aber nicht, lediglich mein Mund steht immer noch offen, weil ich nicht verstehe, was der Stern da berichtet. Aber so allmählich finde ich eine Erklärung. Der Klimawandel ist an dieser Entscheidung der Uni Leipzig Schuld. Wir wissen ja seit geraumer Zeit, dass wir das Klima zerstören und dasses immer wärmer wird. Weil aber in diesem Jahr die Erderwärmung in Deutschland enorme Verspätung hatte, haben die Professorinnen, egal ob mit oder ohne Geschlecht, einfach die Kalenderblätter nicht abgerissen und somit war am Tage der Abstimmung der 1. April.

Sollte ich mit meiner Interpretation falsch liegen, hätte ich einen einfachen Lösungsvorschlag. Man entfernt die Schilder, die auf eine Universität hinweisen und ersetzt sie durch Schilder, die auf schwerste psychische Störungen hinweisen, macht also aus der Universität eine Psychiatrie.

Aber jetzt wird vielleicht auch klar, warum ich an der heute praktizierten Bildung kein Interesse habe, womit ich wieder beim Bildungsauftrag des Fernsehens wäre. Wenn ich mir die Programme von ARD und ZDF und der zugehörigen Sender ansehe, erkenne ich als Bildungsauftrag vor allem die Frage, wie morde ich richtig. Was in unseren öffentlich rechtlichen Sendern jeden Tag an Mordopfern präsentiert wird, ist kaum zu glauben. Ginge es nach der öffentlich rechtlichen Sendern, wäre Deutschland längst ausgerottet, erschlagen, erdolcht, erschossen, aufgespießt, Klippen hinabgestoßen, vergiftet und was an Mordarten über meine Phantasie hinausgeht. Tatorte, Sokos und weitere Filme bzw. Serien zeigen uns doch, worauf wir achten müssen, damit uns nicht die Polizei auf die Schliche kommt, wenn wir jemanden um die Ecke bringen. Wir müssen uns in Plastik hüllen, damit wir keine DNA hinterlassen, müssen die Schuhe entsorgen, die wir bei der Tat getragen haben, damit man nicht aus Restspuren der Erde unter den Sohlen Rückschlüsse ziehen kann, dass wir am Tatort waren, Natürlich müssen Sie auch ein Alibi stricken, das Ihnen kein „Bulle“ widerlegen kann, entsorgen Sie die Tatwaffe immer weit vom Tatort entfernt. Wenn Sie bspw. in Köln jemanden mit einem Stein erschlagen haben, fahren sie mit dem Stein nach Frankfurt und werfen sie ihn vom Eisernen Steg in den Main. Dort sucht die SOKO Köln sicherlich nicht.

So könnte man massenhaft Ratschläge ersinnen, wenn man die Logik unserer Fernsehkrimis folgt. Ich habe mir einige Serienkrimis über die Funktion der Mediathek angesehen und bin über die Primitivität der verwendeten Schnittmuster echt amüsiert. Wenn Sie gerne diese Serien ansehen, dann sollten Sie die nächsten Zeilen nicht lesen, weil das die Spannung nimmt (falls man von Spannung reden kann).

Wenn sie aber frühzeitig wissen wollen, wer der Täter ist, dann achten Sie einfach auf eine Person, die eigentlich nicht zum Kreis der Verdächtigen zu gehören scheint. Während man die (üblichen) Verdächtigen im Verhörraum verbal zum Täter stempelt, ihnen immer wieder unterstellt, dass sie die Täter sind, kommt man am Schluss durch einen unverhofften Hinweis darauf, wer der wirkliche Täter ist und es ist nicht immer der Gärtner. Dieses Schnittmuster habe ich bei allen Serien gefunden, eben Krimis von der Stange, einer wie der andere, so wie Kleider von KIK, die zwar in der Farbe wechseln, nicht aber im Schnittmuster.

Nun muss ich natürlich zugeben, dass im Abendprogramm nicht nur Krimis gezeigt werden. So nimmt der Sport, hier vor allem der Fußball einen breiten Raum ein und nicht nur einen breiten Raum, sondern auch einen großen Teil der GEZ-Gebühren, denn diese milliardenschweren Clubs und Organisationen müssen ja finanziert werden. Ebenso sendet das ZDF gerne Sendungen über den so genannten Hochadel, Könige und Königinnen und natürlich die zugehörige Nachkommenschaft, bestehend aus Prinzen und Prinzessinnen (ob man die künftig auch als „Durchlauchtin oder Hoheitin“ anspricht? Es macht den Eindruck, dass uns das ZDF darauf vorbereiten will, wieder eine Feudalherrschaft zu akzeptieren. Dabei kommen diese Herrschaften bereits parasitär auf die Welt. Sie müssen nicht wirklich was für ihr feudales Leben tun. Dabei kommen sie wie jeder andere auf die Welt, Ernähren sich wie wir durch Speisen, nur ein wenig exklusiver und auch ihre Verdauung funktioniert nicht anders als bei uns. Was also unterscheidet sie von uns? Vielleicht ihr Stammbaum? Nun, dort findet man jede Menge Räuber, Diebe und Mörder. Ich kann meinen Stammbaum nicht zurückverfolgen, aber er reicht bis in die Steinzeit und weit darüber hinaus, denn dort liegen unser aller Wurzeln, ob Arbeiter, Bäcker, König, Kaiser oder Papst. Der Stammbaum des Adels ist nur ein Hinweis, wann die Inzucht und der Größenwahn angefangen hat.

Was viele übersehen, auch die Privaten sind längst Bildungssender. Wenn eine Heidi Klum oder ein Dieter Bohlen die Kandidaten wie Scheiße behandelt, ist das ja durchaus etwas, was die Jugend lernen muss. Sie erkennen dann frühzeitig, dass man ein kleines Licht ist und zu kuschen hat, es sei denn, man landet vielleicht doch oben. Doch diese Wahrscheinlichkeit ist nicht größer, als ein 6er im Lotto.

Und die vielen anderen Sendungen der Privaten, die den Gebeutelten angeblich helfen, über Messis Pfusch am Haus usw. haben nicht einmal das Niveau der Yellow Press. Etliche dieser Sendungen unterbieten die BILD locker, auch wenn man das nicht für möglich hält. Sie sollen die Masse verdummen und zurück in die Primitivität führen, dorthin, wo man die so genannte Elite nicht infrage stellt. Und das, so scheint mir, klappt ja auch recht gut.

Aber es kann schon mal passieren, dass zwischen dem gesendeten Müll und dessen permanenter Wiederholung auch mal ein guter Film auftaucht, am ehesten bei ARTE oder 3sat, doch sogar bei RTL, die erst vor kurzem den Film AVATAR, Aufbruch nach Pandora gezeigt haben, ein aus meiner Sicht wirklich guter Film, wenn man sich weniger auf die Action als auf die Aussage des Films konzentriert. Doch dazu muss man sich den Film mehrfach ansehen, um die Zwischentöne zu erfassen. Es ist klar, dass diesem Film weitere folgen werden, aber ich glaube nicht, dass sie das Niveau des ersten Films erreichen werden.

Ja, das Fernsehen hat einen Siegeszug durch die Welt angetreten, weil der Beipackzettel (zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie den Regisseur oder den Drehbuchautor) fehlt. Heute sitzt die Mehrheit der Menschen mehr vor der Glotze und längst ist das Fernsehen ein Mittel, die Massen zu manipulieren und zu verdummen. Krank macht der übermäßige Fernsehkonsum ohnehin, aber darauf weisen weder die Pressorgane noch die Krankenkassen oder die Fernsehsender hin. Und der Nachwuchs? Der hat mehrheitlich nie kenngelernt, was eine schöne Kindheit ist, oder was richtige Eltern sind. Sie werden von klein auf den Konsum, auf das simsen und chatten, auf das Fernsehen gedrillt. Wie viele Kinder wissen heute noch, wie man richtig spielt und wie viele Eltern wissen noch, wie wertvoll Spiel für die Entwicklung ist? Wüssten Eltern, was Eltern ausmacht, würden viele Fernseher auf dem Schrott landen und wären dort, wo sie hingehören.

Quelle flegel

 

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