Tageskommentar 08. 12. 2013: fortunato,
FDP im Wunderland: kann das FDP-Flugzeug ohne Sprit fliegen?
von fortunato (fortunanetz)
Nun ist eingetreten, was auf Fortunanetz schon vermutet wurde. Nach der Bruchlandung versucht die FDP ihren Flieger ohne Sprit zu starten. Die Bruchpiloten wurden auf dem Parteitag ausgewechselt, Christian Lindner versucht die Maschine nun mit leerem Tank zu starten. Dafür wurde er gewählt.
Frank Schaeffler wurde natürlich nicht Parteichef der FDP, obwohl oder gerade weil er seit 2008 händeringend versuchte, der FDP eine inhaltliche Steilvorlage zu liefern damit sie im Bundestag bleibt – als euroskeptische Partei. Stattdessen setzte sich Christian Lindner gegen zwei weithin unbekannte Gegner durch. Das war kaum ein Kunststück, von einer Kampfabstimmung kann aufgrund des Bekanntheitsgrades der anderen Kandidaten nicht gesprochen werden. Brüderle applaudierte trotzdem. Brüderle ist der Mann, der es bei der Bundestagsdebatte über den ESM fertig brachte, NICHTS inhaltliches zur Problematik des ESM zu sagen und dennoch zu reden! Wenn Rainer Brüderle applaudiert, ist daher Vorsicht geboten.
Schaut man sich die Person Lindner an, so stellt man fest, er ist Mitglied der Atlantikbrücke. Das hat er gemeinsam mit: Guido Westerwelle, Philip Rösler und Angela Merkel. Er ist einer jener Politiker, die sich ‚um die Freundschaft Deutschlands mit der NSA‘ bemüht. Inhaltlich dürfte er in diesem Punkt mit Angela Merkel voll im Einklang sein. Die findet auch, dass millionenfache Rechtsbrüche freundschaftliche Verhältnisse ganz klar rechtfertigen.
Mit Brüderle eint ihn sein „Hass auf die Eurohasser“, wie er sich unfein ausdrückt. In diesem Punkt hat er größte inhaltliche Übereinstimmungen mit Westerwelle und Rösler. Lindner als sogenannte Neubesetzung der FDP Führung steht inhaltlich eindeutig und überzeugend für die Fortführung des alten Kurses: Der Euro muss gerettet werden und die NSA darf in Deutschland alles. Und Angela Merkel, die Kanzlerin, assistiert zu diesem ‚Neuanfang‘ indem sie die Rettung des Euro unverdrossen weiter betreibt wie bisher und der NSA bescheinigt, dass in Deutschland deutsches Recht angewendet wird. Die massenhaften Bewegungsprofile zu den Handydaten der Deutschen sind einfach nach deutschem Recht rechtmäßig….
Für diesen Kurs steht Christian Lindner. Und Lindner soll nun einen Neuanfang organisieren ohne dass er neu anfängt. Er führt genau das weiter, was die Bruchpiloten Brüderle, Rösler und Westerwelle auch schon vertreten haben.
Christian Lindner behauptet, dass er liberal sei. Einmal ist er sozial-liberal, dann ist er wirtschafts-liberal, er könnte aber auch ordo-liberal sein (so wird dies von Kritikern aus der linken Ecke manchmal vermutet) und man weiß nie so genau, wo er wirklich steht. Und so ist es auch mit Lindner als Chef der FDP. Es können ihn die Sozial-Liberalen und die Wirtschafts-Liberalen und die Ordo-Liberalen angeblich alle wählen. Das ist nun der Neuanfang den er verkörpern soll! Und je länger man Lindner betrachtet um so deutlicher wird es: das ’sozial‘ verschwindet, das ‚wirtschafts‘ verschwindet und das ‚ordo‘ verschwindet auch. Und das ‚Liberal‘ verschwindet dann ebenso, weil ‚Liberal‘ an sich in Deutschland keinen Inhalt mehr verkörpert – und das seit über 40 Jahren. Was bleibt ist der Bindestrich.
Das erinnert ein wenig an jene Szene aus Alice im Wunderland, in der Alice an einer Wegkreuzung steht und dort auf die ‚Grinsekatze‘ trifft. Sie weiß nicht, ob sie nach links oder rechts gehen soll und fragt die Grinsekatze auf dem Baum nach dem richtigen Weg. Diese meinte dann, es sei egal wohin Alice geht. Geht sie nach links, kommt sie zu Verrückten, geht sie nach rechts, kommt sie auch zu Verrückten. Am Ende des Gesprächs verschwindet die Katze, nur ihr Grinsen bleibt an der Stelle in der Luft an der sie war. Und der Bindestrich der FDP hat durchaus dieselben Qualitäten wie das Grinsen der Grinsekatze. Er schwebt sozusagen in einem leeren Raum, der einstmals liberal war. Dafür steht Christian Lindner.
Und so ist Lindners Neuanfang nicht nur ein ‚weiter so‘ in alten Gleisen, es ist einfach nur noch ein Bindestrich. Und nicht vergessen: Freundschaft mit der NSA und Eurorettung bis zum geht nicht mehr. Aber das ist ja die Politik von Angela Merkel, dafür braucht man die FDP eigentlich nicht, es sei denn als Mehrheitsbeschaffer. Als Bindestrichpartei kann man gehen wohin man will, es bleibt der Inhalt immer gleich. Und so führt die derzeitige ‚Weggabelung‘ der FDP immer zum selben Ergebnis, sie ist und bleibt ein Bindestrich.
Und nun, nach dem Parteitag macht sich die FDP Mut und meint sie habe bis 2017 Zeit, sich mit Lindner und seinem Bindestrich neu aufzustellen. Und die FDP Mannen sind zuversichtlich, dass bis dahin Bindestriche ganz groß in Mode sind und auch gewählt werden. Dem einen oder anderen Parteimitglied kommen allerdings manchmal Zweifel ob die Zeit bis 2017 reicht, um den Bindestrich so aufzuhübschen, dass ihn irgend jemand auch noch attraktiv findet.
Ein kleiner Wermutstropfen in der Bindestrichstrategie stellt sich übrigens schon jetzt auf einer Tagung der SPD in Nürnberg ein: Dort hat Sigmar Gabriel mehrfach versucht, seine Jusos davon zu überzeugen, dass das GroKoDil eine ganz tolle Sache wäre. Aber die Jusos mögen Gabriels GroKoDil einfach nicht und auch nach mehreren Anläufen von Gabriel waren sie einfach nicht fürs GroKoDil zu gewinnen. Es ist ja in der Tat ungleich schwerer ein GroKoDil als putziges und attraktives Tierchen zu verkaufen, als einen Bindestrich als starken parteipolitischen Inhalt. Wenn aber Gabriel sein GroKoDil jetzt nicht schnell an die SPD Parteimitglieder bringt, dann stellt sich für die FDP schon die Frage, ob sie ihren Bindestrich nicht schon viel früher als 2017 mit einem bunten Schleifchen versehen den deutschen Wählern verkaufen muss,
meint
Michael Obergfell (aka fortunato)
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