EZB – Überraschender Rückzug von Lautenschläger, und kein Zins in Sicht

Von Peter Helmes (conservo)

Abgang einer Draghi-Gegnerin

Die deutsche Direktorin Sabine Lautenschläger wird die Europäische Zentralbank (EZB) Ende Oktober verlassen, vor allem, weil sie mit der lockeren Geldpolitik von EZB-Chef Draghi nicht einverstanden ist. Lautenschläger ist eine der wichtigsten Personen in der EZB:

Sie war bis vor kurzem auch die Vize-Chefin der EZB-Bankenaufsicht. Zudem ist sie die einzige Deutsche im Direktorium. Lautenschlägers deutsche Vorgänger Jürgen Stark und Jörg Asmussen hatten ebenfalls vorzeitig ihren Posten im Direktorium verlassen.

Offiziell sind keine Gründe für Lautenschlägers Rücktritt bekannt. Doch kann man davon ausgehen, daß Lautenschläger der „Politik des billigen Geldes“, die EZB-Chef Draghi verfolgt, nicht zustimmt. Sie ist eine Verfechterin einer Normalisierung der Geldpolitik:

„Ich werde die Erste sein, die für eine weitere Normalisierung der Geldpolitik stimmt, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen.“ (Zitat aus Dlf)

Deutschlands Position in der EZB ist durch den Rücktritt vorerst geschwächt. Mit Bundesbank-Chef Jens Weidmann ist noch ein Deutscher im EZB-Rat vertreten. Wichtig ist aber, daß auch in der eigentlichen Chef-Zentrale der EZB, im Direktorium, Deutschland vertreten ist – immerhin die größte Volkswirtschaft der Eurozone.

Never ending Zinstal – EZB hat Zeitpunkt zum Gegensteuern verpaßt

Mit Lautenschläger haben die deutschen Sparer eine gewichtige Gegenstimme im Kampf gegen das Niedrigzins-Monster verloren. Während Draghi die Deutschen und ihre große Spar-Tradition herzlich wenig interessieren, verkörperte sie den Gegenentwurf zu Mario Draghi, dem Erfinder des „Nullzinses“ und damit des never ending Zinstales. Damit glaubt Draghi, die Wirtschaft im Euroraum retten zu können – u. zw. um jeden Preis, so hoch er auch sein mag. Doch was in Hoch-Zeiten der Eurokrise richtig war, nämlich die Wetten auf den einstürzenden Euro zu unterbinden, das war zuletzt falsch: Die EZB hat den Zeitpunkt verpaßt, bei den Zinsen wieder gegenzusteuern.Eine fragwürdige Operation

Nun soll stattdessen die neue Konjunktureintrübung im Euroraum wieder mit mehr Geld bekämpft werden. Eine fragwürdige Operation, deren Wirksamkeit unsicher ist. Sabine Lautenschläger stand für die Gegenhaltung, für den Blick auf die Zeit danach.

Wie soll ein stabiler Aufschwung gelingen, wenn der Geldmarkt ohne Not verzerrt wird?

Es kann nicht nur darum gehen, Konjunkturspritzen zu geben, sondern der eigentliche Auftrag der EZB ist die Sicherung der Preisstabilität, was aktuell nicht gelingt. Diese Einsicht droht nun, nach dem Abgang Lautenschlägers, noch mehr in den Hintergrund zu treten. Gesucht ist also eine mutige Kämpferin gegen das Niedrigzins-Ungeheuer Draghi.

Die Kritik an dessen Geldpolitik wird immer lauter. Aber Draghis Rest-Amtszeit beträgt nun noch immerhin rd. drei Jahre. Draghi hat die Geldschleusen weiter geöffnet, die Strafzinsen für Banken erhöht und vor allem wieder mit dem Kauf von Anleihen begonnen.

Und ab Herbst könnte es unter der Präsidentschaft von Christine Lagarde zu weiteren Lockerungen kommen, ohne daß das Vorteile für die Konjunktur brächte. Stattdessen werden mehr Risiken auf den Finanzmärkten wahrscheinlich. Wer kein Geld mehr mit Anleihen verdienen kann, weicht möglicherweise in immer risikoreichere Anlagen aus. Damit befeuert die EZB ungewollt die Preise an den Immobilienmärkten und leistet dem Entstehen neuer gefährlicher Blasen an den Finanz- und Immobilienmärkten Vorschub.





Auf dem Buckel der Sparer

Die Aussichten aus deutschem Blickwinkel sind nicht gerade günstig. Die Niedrigzinspolitik der EZB wird auch unter der künftigen Chefin Christine Lagarde fortgesetzt werden, soviel ist bereits vor ihrem Amtsantritt klar. Sie, Lagarde, will die Politik der schlaffen Geldzügel fortsetzen.

Daß das Ganze keine akademische geldpolitische Diskussion ist, sehen viele Bankkunden bereits an ertraglosen Konten, hohen Gebühren und fehlenden Möglichkeiten des risikoarmen Sparens für das Alter. Nein, es ist wirklich keine akademische, sondern eine ungeheuer reale Diskussion:

Gerade hat die größte bayerische Sparkasse, die Münchner, angekündigt, 28.000 Prämiensparverträge zu kündigen und das ausdrücklich mit der Nullzinspolitik der EZB begründet.

Für die Sparer sind das natürlich schlechte Neuigkeiten. Das heißt, daß jetzt wirklich die Zeiten, noch irgendwo einen Zins auf ein Sparkonto zu bekommen, vorbei sind. Wir müssen uns wohl eher darauf vorbereiten, daß diese ungünstige Entwicklung vielleicht ein Jahrzehnt, vielleicht Jahrzehnte dauert und von extrem niedrigen Zinsen und evtl. Minuszinsen bestimmt ist.

Ein Ende der lockeren Geldpolitik ist nicht abzusehen

Nicht nur die Zinsen hat die EZB in den letzten fünf Jahren nämlich abgeschafft beziehungsweise im Einlagebereich sogar in den negativen Bereich gedrückt. Sie kauft auch seit Frühjahr 2015 monatlich Vermögenswerte, inzwischen im Umfang von 80 Milliarden Euro. So ist der Euroraum nicht zerfallen, aber ihr Ziel, die Inflation wieder auf nahe zwei Prozent zu bringen, hat die EZB bisher verfehlt. So wird die Kritik an der Geldpolitik immer lauter, inzwischen auch von den Banken:

„Die derzeitige Geldpolitik der EZB richtet mehr Schaden als Nutzen an“,

urteilt etwa Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands. Und Deutsche Bank-Chef John Cryan meint:

„Die Nebenwirkungen ihrer Politik treten immer deutlicher zutage. Der Zinsüberschuß, traditionell der wichtigste Ertragspfeiler, ist seit 2009 in manchen Ländern wie etwa Italien um rund ein Viertel geschrumpft. Nicht nur die Banken leiden, auch für die Sparer und deren Altersvorsorge sind die Folgen fatal.“

Banken müssen künftig ein halbes Prozent Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Europäischen Zentralbank parken.

So wird eine maßvolle konjunkturelle Abschwächung mißbraucht, um die Geldpolitik weiter zu lockern.

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EZB – Überraschender Rückzug von Lautenschläger, und kein Zins in Sicht
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12 Kommentare

  1. Früher wurde an den Hochschulen gelehrt, daß das Geld der Sparer (Erspanis) in Kapitalsammelbecken (Banken) landete und von dort aus an die Unternehmen ausgeliehen wurde, um die Investitionen zu finanzieren, deren Gewinn dann einen Teil der Zinsen der Sparer bildete. 

    Seit mehr als zehn Jahren werden die Investitionen jedoch aus frisch gedrucktem Geld finanziert, weil kein Mensch so blöd ist, noch bei Null- oder Minuszinsen zu sparen.  Dadurch ist eine phantstische Fehlallokation entstanden, weil das frisch gedruckte Geld in Masseneinwanderung, Immobilienboom, Kreuzfahrtschiffe, Autofinanzierung usw.  ging.  Damit sind die Menschen hinsichtlich ihrer Altersvorsorge noch mehr vom Staat abhängig, nicht nur bezüglich ihrer variabel unberechenbaren Rente, sondern auch hinsichtlich ihres Geldes. 

    Der Staat weiß, daß er demnächst falliert, will aber den Zeitpunkt unter allen Umständen solange hinauszögern, bis seine plutokratischen anonymen Herrscher sich ins Sichere gebracht haben.  Deswegen hat er das Wachstum auf Teufel komm raus weiter erhöht, im Gegensatz zu seinen Klimazielen.  Das Wachstum scheint sich jedoch abzukühlen, weil die Arbeitslosigkeit zunehmen wird.  Kommt jetzt die Stunde der Wahrheit für das System und auch uns? Mene mene tekel upharsin.

    https://www.bibel-online.net/buch/luther_1912/daniel/5/

        25 Das aber ist die Schrift, allda verzeichnet: Mene, mene, Tekel, U-pharsin. 26 Und sie bedeutet dies: Mene, das ist Gott hat dein Königreich gezählt und vollendet. 27 Tekel, das ist: man hat dich in einer Waage gewogen und zu leicht gefunden. 28 Peres, das ist: dein Königreich ist zerteilt und den Medern und Persern gegeben.

    Im Endeffekt wird das natürlich bedeuten, daß die Masse der kleinen älteren Leute nach dem offenen oder verdeckten Staatsbankrott mittellos dastehen werden.  "Armut im Alter ist ein großes Unglück." (Schopenhauer)  Wer jetzt ruhig schlafen kann, wird dann schlecht schlafen und für einige wenige wird gelten, daß sie jetzt schlecht schlafen, dann vielleicht ein bißchen besser.

    Und ob die Grundsteuererhöhung des Herrn Scholz das Problem lösen wird, ist nicht wahrscheinlich, eher wird sie nur eine weitere Runde zum Abgrund sein.

  2. Wenn sie jetzt die Politik des billigen Geldes ändern würden, waren Italien, Griechenland, Portugal und Spanien mit Sicherheit nahe dem Staatsbankrott.

    Da man in den meisten dieser Länder aber schon alles geplündert hat, was man bei einem Staatsbankrott über die sogenannte Privatisierung an US kontrollierte Konzerne verkaufen würde, macht das im derzeitigen System keinen Sinn.

    Ich presönlich fand ja die Idee des Club of Rome gut, den ärmsten Europäern eine Billion Euro zu geben. Denn die würden das Geld nicht sparen sondern ausgeben und damit ihrer Rolle als Verbraucher, vortrefflich gerecht werden, was dann zu Produktion realer Güter und Dienstleistungen führen würde und eine weit positivere Auswirkung auf die Wirtschaft hätte, als die Kreditvergabe an Unternehmen, die nicht ihre Geschäftsaktivitäten sondern ihre Steuervermeidungsaktivitäten stets weiter optimieren.

    Aber natürlich wird dem kein Reicher zustimmen. Und die Politik der Oligarchen in Europa wird weiter kurzsichtig auf Profitorientierung und die Belastung der Kleinen Leute ausgerichtet sein, ohne die langfristigen Folgen zu bedenken. Denn sonst wären sie nie an diesen Punkt gekommen.

    Sitzt man aber erstmal richtig in der Falle, dann sind alle Optionen schlecht.

    • Martin, welche Wirtschaft soll denn da wachsen, wenn die eine Billion Euro bekommen würden? Die Menschen haben von den ganzen Hilfspaketen in die Pleiteländer jedenfalls noch nichts gesehen. Der Unterschied im BIP ist einfach zu groß, zum Beispiel zu Deutschland. Und Deutschland (also wir Steuerzahler) hat im Falle Griechenland doch nur die Deutsche Bank gerettet, nicht aber das Land. Schau Dir mal die Selbstmordraten von Griechen an, katastrophal. Und in Portugal verdient ein Gelernter soviel wie bei uns ein Lehrling. Die Preise für Essen und Wohnen sind aber genauso hoch. Darum sagen unsere Polithansel ja immer, wir seien ein reiches Land und uns geht´s noch viel zu gut.

      WIR müßen runtergefahren werden, weil man die anderen NICHT aufbauen kann. So sieht´s doch aus. In Italien, wenn es zu warm ist, arbeiten die einfach nicht. Das ist so da. Oder in Spanien, die Auto´s! Das ist keines- wirklich KEINES ohne Beule, Schrammen oder Kratzer und Ölfleck drunter. Das ist denen völlig egal. Hier undenkbar. Andere Mentalität. Passt einfach nicht zusammen. Das ist aber auch gut so, darum fährt man ja dahin in den Urlaub, um sich mal zu erholen von dem ganzen Geschufte hier.

      • Da fällt mir das Parken in Spanien vor rund 30 Jahren ein:

        Die ziehen da nicht die Handbremse an. D.h. wer von hinten kommt und noch in die kleine Lücke will, der schiebt eben die anderen Autos mal nach vorne weg.

        Die Idee war nicht die Billion an die Staaten zu geben, sondern an die armen Menschen direkt zu geben.

        Im Moment wird das anders gemacht: Man verbietet oder verteuert Dieselfahrzeuge, Ölheizungen, erzwingt nutzlose Dämmung und dergleichen, um künstlich Nachfrage zu erzeugen, die unter vernünftigeren Bedingungen nicht da wäre und das BIP einwenig erhöht.

        Auch so kann man natürlich kurzfristige wirtschalftiche Strohfeuer abrennen, die langfristig den Menschen schaden…

        • Hihi, ja, so sieht´s aus, Martin. Ich ziehe auch nie die Handbremse an. Alles dichtgeschissen mit Auto´s hier. Die parken oftmals mit Vollkontakt. Zum Glück hat mein Corsa A keine lackierten Stoßstangen, und wenn ich mal "schiebe" gehen immer gleich die Alarmanlagen an. cheeky
          Letztes WE mußte ich aber die Blinker wechseln, den Hauptscheinwerfer kleben und ein Aliblech drüberschrauben; ist auch einer reingefahren. Natürlich abgehauen. Die haben mir mit dem Polo damals schon die ganze Tür aufgerissen (mit´m Anhänger)und sind auch abgehauen.

          Trotzdem, wie die Karren in Spanien aussehen ist desaströs. Haben die überhaupt TÜV?

  3. Zulu,

    "Bei Aktien gehe ich nicht bei"

    Sehr gute Entscheidung!

    Kauf Silberunzen. Es ist ein Industriemetall, kann niemals verboten werden und wird immer knapper. Und im Krisenfall (eine Frage der Zeit) kannst Du damit auch Lebensmittel erwerben. Weitere Vorteile habe ich hier oft genug erwähnt und s. Gold/Silber Ratio.

  4. Wer hat denn seit den letzten 15-20 Jahren noch ein kostenpflichtiges Konto bei der Sparkasse?
    Schön blöd, Entschuldigung.
    Das gibt es längst alles kostenfrei, inklusive Kreditkarte. Bei der Bank Of Scotland gab es bis vor ein paar Jahren auch noch gute Zinsen auf Tagesgeld (heute nur noch 0,1%; lohnt nicht mehr) aber ebenfalls kostenfrei. Wenn die Banken nix mehr abwerfen, seltene Sachwerte horten!
    Die steigen immer. Nur was man in der Hand hält ist etwas wert, imao.

    Bei Aktien gehe ich nicht bei, bin kein Spieler. Das ist mir zu riskant, genau wie Festgeld.
    Aber es gibt viele Dinge, die man heute günstig kaufen kann und in ein paar Jahren ihren Wert vervielfacht haben werden oder bereits getan haben.

  5. Ich nehme an, der Peter hat sich da versehen. Ansonsten kann ich mir das auch nicht erklären.

    "Die Wache" wird auch weiterhin dafür sorgen, dass die Deutschen enteignet werden. Und nicht nur die, sondern ALLE EU-Befürworter!

  6. Zitate:

     Aber Draghis Rest-Amtszeit beträgt nun noch immerhin rd. drei Jahre. 

    Und ab Herbst könnte es unter der Präsidentschaft von Christine Lagarde zu weiteren Lockerungen kommen

    —————————————————————–

    Laut Wikipedia endet die Präsidentschaft Draghis im Oktober 2019 und die Lagarde übernimmt.

    Ich bin jetzt etwas verwirrt.

    Frage: Bleibt Draghi in der EZB und gibt nur die Präsidentschaft ab?

    Ansonsten Pest und Cholera!

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