Europas Abstieg in den Totalitarismus

John Laughland (antikrieg)

Am 7. Oktober 2022 wurde ich am späten Abend gegen 23.30 Uhr am Flughafen Gatwick in London von der Anti-Terror-Polizei festgenommen. Ich wurde erst kurz vor 1 Uhr nachts freigelassen, und mein Computer wurde mir abgenommen. Ich habe ihn noch nicht zurückerhalten.

Mein Reisepass und alle meine persönlichen Gegenstände – meine Brieftasche, mein Telefon, meine Schlüssel, alles – wurden mir abgenommen. Ich wurde in einen Raum gebracht, wo ich eine Stunde lang von zwei Anti-Terror-Polizeibeamten befragt wurde, die auf der Grundlage der Befugnisse handelten, die der Polizei (wie ich zum ersten Mal erfuhr) durch Schedule 3 des Antiterrorismus- und Grenzsicherheitsgesetzes von 2019 übertragen wurden.

Das Gesetz soll es der Polizei angeblich ermöglichen, „feindselige Akteure“ festzunehmen, die in das Land reisen, um „ihre feindseligen Handlungen zu planen, vorzubereiten oder auszuführen“ (so steht es in dem Merkblatt, das mir die Beamten gaben). Im Gesetz selbst heißt es jedoch: „Ein Untersuchungsbeamter kann von den Befugnissen nach diesem Absatz Gebrauch machen, unabhängig davon, ob der begründete Verdacht besteht, dass eine Person an feindlichen Aktivitäten beteiligt ist oder war“ (meine Hervorhebung)[> LINK]. Ein Gesetz, das angeblich dazu gedacht ist, feindlich gesinnte Personen anzuhalten, gilt also in Wirklichkeit unterschiedslos für alle, wie es ausdrücklich heißt.

Es ist sicherlich überraschend, dass die Befugnisse in meinem Fall gegen einen britischen Staatsangehörigen angewandt wurden. Normalerweise sollten Staatsangehörige nicht auf diese Weise nach den Gründen für die Einreise in das Hoheitsgebiet ihres eigenen Landes befragt werden.

Einer der Beamten eröffnete das Verhör mit der Bemerkung, dass ich nicht inhaftiert sei und daher keinen Zugang zu einem Anwalt haben könne. Aber natürlich wurde ich festgehalten, denn es war mir nicht möglich, den Verhörraum und erst recht nicht den Flughafen ohne meinen Pass und meine persönlichen Sachen zu verlassen. (Ich wurde auf der „Luftseite“ festgehalten, d. h. vor der Passkontrolle.) Das Wort „festgehalten“ hat offensichtlich jede Bedeutung verloren.

In der Broschüre heißt es: „Im Gegensatz zu den meisten anderen polizeilichen Befugnissen erfordert die Befugnis zum Anhalten, Befragen, Durchsuchen und erforderlichenfalls Festhalten von Personen nach Liste 3 keine Befugnis oder einen Verdacht. Die besonderen Befugnisse der Polizei in den Häfen des Vereinigten Königreichs sind also eine „Ausnahmeregelung“, bei der die normalen rechtsstaatlichen Garantien außer Kraft gesetzt wurden.

Weiter heißt es: „Sie können durchsucht werden, und alles, was Sie bei sich haben, einschließlich elektronischer Geräte … Wenn Durchsuchungen durchgeführt werden, muss Ihnen keine schriftliche Mitteilung über die Durchsuchung vorgelegt werden. Unter bestimmten Umständen können die Beamten alle Gegenstände, die sie finden, beschlagnahmen.

Was sind diese „bestimmten Umstände“? Als ich dagegen protestierte, dass mir mein Computer abgenommen wurde, was mich daran hindern würde, zu arbeiten, bis er zurückgegeben wird, und als ich anbot, ihn am nächsten Tag auf eine Polizeistation zu bringen, antwortete der Beamte, dass es nicht in Frage käme, dass er nicht mitgenommen würde. Mit anderen Worten: Es gibt keine „bestimmten Umstände“. Die Beschlagnahme solcher Geräte ist im Gegenteil die Regel.

In einem Rechtsstaat kann die Polizei das Eigentum einer Person nur mit einem Durchsuchungsbefehl durchsuchen. Dabei handelt es sich um ein von einem Richter unterzeichnetes Dokument, das die Durchsuchung und Beschlagnahme von Privateigentum erlaubt. Wenn Sie den Begriff „Durchsuchungsbefehl“ in Wikipedia nachschlagen, steht dort: „In bestimmten autoritären Staaten dürfen Polizeibeamte Personen und Eigentum durchsuchen, ohne eine gerichtliche Genehmigung einzuholen oder eine Begründung für ihr Vorgehen vorlegen zu müssen. Nach diesem Standard ist das Vereinigte Königreich nun eine „autoritäre Nation“.

Es ist genau das, was einen Rechtsstaat von einer Diktatur unterscheidet, dass die Arbeit der Polizei nicht für politische Zwecke missbraucht wird, doch genau das ist mir passiert.

Die Beamten befragten mich zu meiner Arbeit am Institut für Demokratie und Zusammenarbeit in Paris von 2008 bis 2018 und zu meiner Arbeit im Europäischen Parlament seither und in letzter Zeit für die FVD. Alle Informationen, die sie haben wollten, sind öffentlich zugänglich, zum Beispiel auf Wikipedia. Die Befragung war höflich, aber amateurhaft.

Ich wurde nach meinen politischen Ansichten gefragt. Der Beamte sagte: „Dies ist ein freies Land, nicht jeder hat so viel Glück“. Ich glaube, das nennt man den „britischen Sinn für Humor“.

Die Beamten sagten mir, sie hätten zwei oder drei Stunden Zeit gehabt, sich vorzubereiten. Das bedeutet, dass sie in London in dem Moment über meine bevorstehende Ankunft informiert waren, als meine Bordkarte in Budapest gescannt wurde. Das sollte jeder wissen.

Sie verbrachten diese Stunden damit, Dinge im Internet nachzuschlagen. Der Beamte, der mich befragte, schien nicht genau zu wissen, was er eigentlich herausfinden wollte. Das Internet ist, wie jeder wissen sollte, ein wahrer Sündenpfuhl für falsche Informationen, und es gibt dort endlose Behauptungen über mich, die unwahr sind. Viele dieser Behauptungen wurden in letzter Zeit in der niederländischen Presse wiederholt, denn die Journalisten gehen ins Internet, finden, was sie suchen, und wiederholen Lügen, die zuvor von anderen verbreitet wurden. In meinem Fall werden sie nicht müde, das gleiche Märchen zu erzählen.

Es ist schon schlimm genug, wenn Journalisten so etwas tun, aber es ist erschreckend, wenn man sich vorstellt, dass Anti-Terror-Polizisten Google als zuverlässige Informationsquelle betrachten. Man möchte sich gar nicht ausmalen, wie viele wirklich feindselige Akteure durch das Netz gehen, wenn dies die Vorstellung der Polizei von Ermittlungen ist. Leider ist das der Zustand der heutigen Welt.

Es ist besonders symbolträchtig, dass mir das passiert ist. Seit ich mich vor über 20 Jahren für internationales Strafrecht zu interessieren begann, kritisiere ich die Art und Weise, in der internationale Gerichte die unzähligen Regeln und Verfahren, die sich im Laufe der Jahrhunderte zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Verfahrens herausgebildet haben, über Bord werfen. Die Briten sind traditionell stolz auf diese Verfahren, die die Bürger seit Jahrhunderten vor missbräuchlicher Staatsgewalt geschützt haben. Ich habe wiederholt davor gewarnt, dass diese diktatorischen Praktiken bald in die nationalen Rechtssysteme einsickern und das kostbare Erbe, das als Rechtsstaatlichkeit bekannt ist, zerstören würden. Dies ist nun geschehen.

Seit die EU im Dezember 2020 ihr globales Menschenrechtssanktionsregime angekündigt hat, habe ich außerdem darauf hingewiesen, dass die EU sich selbst die Befugnis gegeben hat, Einzelpersonen per Durchführungsverordnung zu bestrafen. Dies ist eine sehr gefährliche Entwicklung. Einzelpersonen werden unter diesem Regime ohne jegliches Gerichtsverfahren (kein Prozess) und ohne jegliche Möglichkeit, sich zu verteidigen, bestraft. So viel zu den Menschenrechten! Seit zwei Jahren habe ich davor gewarnt, dass auch Bürger westlicher Staaten von diesen Sanktionen betroffen sein würden. Dies geschah im Juli, als ein britischer Blogger, Graham Philipps, vom Vereinigten Königreich, das dasselbe System wie die EU und die USA hat, sanktioniert wurde.

Mit anderen Worten: Ich habe davor gewarnt, dass diese auf internationaler Ebene eingeführten Verfahren bald das Strafrecht in den nationalen Gerichtsbarkeiten korrumpieren würden, und habe nun durch ein Beispiel dieses Missbrauchs, dem ich nun persönlich zum Opfer gefallen bin, auf schreckliche Weise Recht bekommen. Es war eine zutiefst beunruhigende Erfahrung.

Kurz bevor es passierte, twitterte der FVD International seine Missbilligung der EU-Sanktionen gegen den Philosophen Alexander Dugin. Wie wir mit einem Screenshot des entsprechenden EU-Dokuments gezeigt haben, hat der Europäische Rat (d. h. die Exekutive) Dugin allein wegen seiner Ansichten sanktioniert. Nirgendwo wird behauptet, dass er tatsächlich an der Invasion der Ukraine beteiligt war oder sich gar der Aufwiegelung schuldig gemacht hat. Stattdessen wird er wegen Gedankenverbrechen sanktioniert.

Einige Leute, die Dugin nicht mögen, sind darüber erfreut. Aber sie sollten verstehen, dass es sich hier um einen schwerwiegenden Missbrauch von Befugnissen handelt, der sich, wie in meinem Fall, leicht gegen völlig unschuldige Menschen richten kann. Für solche Leute kann ich keine bessere Antwort finden als die berühmten Bemerkungen von Pastor Martin Niemöller:

Zuerst kamen sie wegen der Kommunisten, und ich habe mich nicht gewehrt, weil ich kein Kommunist war.

Dann kamen sie wegen der Sozialisten, und ich habe mich nicht geäußert, weil ich kein Sozialist war.

Dann kamen sie wegen der Gewerkschafter, und ich habe mich nicht geäußert, weil ich kein Gewerkschafter war.

Dann kamen sie wegen der Juden, und ich habe mich nicht geäußert, weil ich kein Jude war.

Dann kamen sie wegen mir. Und es gab niemanden mehr, der sich für mich einsetzte.

Europa schlittert in die Diktatur. In Wirklichkeit ist es bereits dort angelangt.

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2 Kommentare

  1. „Viele dieser Behauptungen wurden in letzter Zeit in der niederländischen Presse wiederholt, denn die Journalisten gehen ins Internet, finden, was sie suchen, und wiederholen Lügen, die zuvor von anderen verbreitet wurden. In meinem Fall werden sie nicht müde, das gleiche Märchen zu erzählen.“
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    Genauso gehen die sogenannten Historiker vor, da schreibt einer vom anderen ab (so etwas nennt man dann „zitieren“), die üblichen Haus- und Hofhistoriker halt, welche nach der alten Binse tätig sind: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“.

    Besonders „beweiskräftig“ sind bei ihnen, die nach dem Krieg erzwungenen Geständnisse, oft unter Folter, so z.B. Rudolf Höss:

    „Nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 lebte Rudolf Höß zunächst unter dem Pseudonym „Franz Lang”, bis er Anfang 1946 an die Alliierten verraten wurde. Am 11. März 1946 erpreßte der Jude Bernard Clarke zunächst von Höß’ Frau und Kindern dessen Aufenthaltsort und danach von Höß selber das erste von mindestens zehn „Geständnissen“.

    Nachdem die Alliierten ihn am 15. April 1946 vor dem IMT als „Zeugen der Verteidigung“ hatten auftreten lassen, schafften sie Höß am 25. Mai nach Polen, wo er in Warschau – nachdem er angeblich seine zehn Jahre später unter dem Titel „Kommandant in Auschwitz“ veröffentlichte Autobiographie geschrieben hatte – am 2. April 1947 von den Sowjets zum Tode verurteilt und am 16. April in Auschwitz erhängt wurde.“

    Quelle: Metapedia / Rudolf Höss
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    Höss hatte sich nach dem Krieg oben in Norddeutschland gut in einem Schilfversteck verborgen, wo ihn seine Frau öfters besuchte.

    Seine Frau mußte immer wieder zur Polizeistelle, wo sie wieder und wieder zum Aufenthaltsort ihres Mannes befragt wurde.

    Eines Tages, als sie wieder einmal auf der Station war, hörte sie vom Raum über ihr, das Schreien ihres Sohnes, da gab sie dann schließlich das Versteck ihres Mannes preis, der Sohn ist dann nach Australien ausgewandert, und hatte nie darüber gesprochen, was mit ihm damals gemacht wurde.

    Höss sagte später bei einem Gefangentransport einem Mithäftling gegenüber, daß auch für ihn Alkohol und Peitsche zu viel waren (Höss hatte nämlich ein Pferd und die Reitpeitsche für dieses Pferd wurde dann bei ihm benutzt), ich vermute mal, daß während oder nach der Auspeitschung Alkohol in die Wunden gegossen wurden. Er sagte auch, er hätte noch mehr Millionen zugegeben, so viel sie halt wollten.

    Seine Handschellen wurden, nach eigener Aussage, während der Zeit seiner „Vernehmungen“ und später in der Zelle nicht abgenommen, was bedeutet, daß er seine Notdurft in seine Hose hinein verrichten mußte.
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    Einer der wenigen Historiker, welcher diese Bezeichnung wirklich verdient, dürfte Udo (Bruno) Walendy sein, und zum Glück gibt es wohl noch vereinzelt Journalisten, welche diese Bezeichnung zurecht führen.

  2. Den Ausführungen von John Laughland habe ich früher bei RT (Russian Television) gerne zugehört, weil er ein intelligenter Kopf ist, der meine Ansichten vertritt, bis die alternative Meinung RT unterdrückt wurde.

    https://de.wikipedia.org/wiki/John_Laughland

    Laughland hat jetzt persönlich erlebt, daß alle Bürgerrechte der Verfassung heimlich durch Sondergesetze außer Kraft gesetzt sind gegen diejenigen, die mit der herrschenden veröffentlichten Politik nicht übereinstimmen. Diese Erfahrung habe ich auch erlebt mit diversen Richtern, die logisch glasklare Sachverhalte im politischen Interesse durch rabulistische Urteile verwerfen gemäß dem Motto: „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.“ Mir tun nur die Rechtsanwälte leid, die ihren Klienten Hoffnung auf positive Gerichtsurteile machen müssen, wo sie doch genau wissen, daß es bei Staatssachen nicht um Gesetze, sondern nur um Politik geht!

    Wir haben z. B. keinen Staatsrundfunk, aber bisher hat noch niemand es vor Gericht geschafft, daß er nicht die Steuer für Staatspropaganda entrichten muß. Als ich mich wegen des von uns betriebenen Kriegs gegen Rußland mich auf Gewissengründe bezog, Artikel 4 Grundgesetz, teilte mir das Vollstreckungsgericht mit, ich hätte keine Argumente vorgetragen, für welche es zuständig wäre. Ich habe dann jedoch sofort die weitere Beschwerde eingelegt, weil ich für den Fall dieser Antwort beantragt hatte, meine Klage mangels Zuständigkeit an das Bundesverfassungsgericht weiterzureichen. Das Landgericht hat es dann abgelehnt, meine Klage dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, das zwar Klagen von Gerichten annimmt, aber nie von Privatpersonen, die ihm politisch unangenehm sind. So bin ich wegen GEZ jetzt im Schuldnerverzeichnis, habe dadurch aufgrund meines Alters jedoch nicht den geringsten Nachteil.

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