Europa, ein einziges Blendwerk!

von Heiner Hannappel (fortunanetz)

Wir leben schon in einer seltsamen Realität, in welcher unser Blick, abgelenkt von künstlich aufgeblasenen Marginalien, die wirklich wichtigen Entscheidungen nicht sehen soll. Fußball allerorten, zu allen Sendezeiten, schön, dass es ihn gibt. In diese Zeit werden, wie auch schon früher, bei Fußballhochzeiten wichtige Entscheidungen, welche den Bürger direkt betreffen, da diese ihm an sein Gespartes gehen, blitzschnell im Bundestag durchgeschleust. Widerworte gibt es nicht, da alle höchst interessiert auf die Mattscheibe starren und so nicht merken sollen, dass ihre Interessen gerade mal schnell mattgesetzt werden wie am Freitag den 4.7.2014 beim Viertelfinalspiel Frankreich-Deutschland geschehen. Denn der Bundestag billigte das Reformgesetz für Lebensversicherungen! Reform hört sich ja eigentlich gut an, nur besitzen die Reformen seit einigen Jahrzehnten nur noch die Eigenschaft von Kürzungen für die Bürger. Aber man nennt diese Kürzung von angesparter Lebensleistung unverdrossen wegen des besseren Klangs Reformgesetz! Ja, ja, man musste das tun, um die Versicherer über Wasser halten zu können. Mein Gott, wie fürsorglich man doch ist! Nur, wer jetzt noch an eine Versicherung fürs Alter glaubt, muss schon alle Synapsen im Gehirn ausgeschaltet haben.

Selbstverständlich erwähnt unsere über alle Zweifel erhabene Regierung Merkel nicht, dass sie selbst mit dem Bruch der Maastricht-kriterien, besonders der Zerstörung der NO BAIL OUT Klausel den Grundstein für unsere in Europa explodierenden Staatsschulden, besonders der deutschen Staatsschulden, gelegt hat. Nun werden zur Rettung der Refinanzierungen aller Eurostaaten die Zinsen durch „den König ohne Land“, den EZB Chef Draghi dauerhaft auf fast Null gesetzt. Mein Gott, was bin i ch doch kleinlich, dieses ist doch schon soooo lange her und man hat sich doch nachträglich diesen Vertragsbruch von den Nehmerländern mit der Änderung des Artikels 136 genehmigen lassen.

Fassung aufgrund des  Beschlusses des Europäischen Rates vom 25. März 2011 zur Änderung des Artikels 136 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen.

Aber selbstverständlich doch, macht man doch gerne, damit die dämlichen, über den Tisch gezogenen deutschen Regierungsmitglieder in Talkshows, in denen die parlamentarisch eigentlich notwendigen Debatten seit einiger Zeit bequemerweise ausgelagert werden, sich rechtfertigen können. Nur lassen unsere Medien solcherlei kritische Diskussionen gar nicht zu, um nur der Regierung Merkel nicht von der Fahne gehen zu müssen! Also weiß der Bürger wieder nix, oder hat dieser jemals von einer Änderung von Artikel 136 gehört? Nix hat er gehört und glaubt allen Schalmeiengesängen unserer Opernsängerin Merkel im Regierungskleid. Nun steht zum dritten Mal unsere Operndiva auf der Berliner Bühne mit dem sattsam bekannten Stück “Der Ausverkauf deutscher Interessen“ mit angesagtem (Tabu) Stimmbruch. Trotzdem hört jeder hin, besonders bei den Höhepunkten der Oper, den Neujahransprachen.

Ich bin einmal gespannt, wie man in Europa einen immer möglicher werdenden Rundumschlag gegen die Spar- und Anlagegelder der Bürger bezeichnet, da man in den Regierungszentralen Europas trotz Flutung des Geldmarktes durch die EZB nicht mehr ein noch aus weiß.

Der Gegensatz zwischen Cameron und ,Junkers wird auch so richtig von den Medien aufgebauscht, um die wirklichen Differenzen in der EU-Gemeinschaft zu verstecken. Natürlich spielt Cameron seine nationale Karte, wie schon alle britischen Premiers vor ihm und ich möchte hier gar nicht auf die inneren Probleme Groß(?)Britanniens eingehen und bei einer Beurteilung der europäischen Situation des Premiers Cameron bleiben. Doch dieses Mal kann man durchaus seine Ansichten wenigstens verstehen, weil ihm die Richtung Junkers in einen europäischen Gemeinschaftsstaat unter Führung Brüssels wie in eine noch zügigere Schuldenvergemeinschaftung in der Eurozone nicht passt. Auch wenn mir die britischen Extrawürste in den vergangenen Jahrzehnten auf die Nerven gingen, haben diese zwar aus anderen Motiven eine bessere Vorstellung von Europa gehabt. Hier in diesem Punkt war auch Charles de Gaulle realistischer, der ein Europa der Vaterländer als Gegengewicht zu den alles beherrschenden USA haben wollte und so eine europäische Großmacht anstrebte, natürlich unter französischer Führung. Ein Pferdefuß ist doch immer in Europa dabei.

Wer hat denn recht gehabt, indem man der Eurozone fern blieb? England!Wer kann nach wie vor sein Pfund auf und abwerten, was alle Staaten der Eurozone nun nicht mehr können, um ihre Wirtschaft auszutarieren und zu viele Staaten nun erdrosselt? England! Wer lässt sich nicht zum Spielball einer vertragsbrüchigen Politik, die nun zum Wesen der Eurozone gehört und diese prägt, machen? England! Wer verlangt einer Verschlankung des Molochs EU in Brüssel und Straßburg? England! Wer hatte denn recht, dass ein ökonomisch falscher, aber politisch gewollter Währungsverbund niemals ohne gravierende Verwerfungen in den Ökonomien seiner Mitglieder funktionieren kann? England!

Schon wieder wird ein Vertrag, der Fiskalpakt gebrochen, relativiert heißt dies nun, wie immer, wenn er für die Mehrheit der Pleitestaaten unbequem wird. Man nennt das jetzt Flexibilisierung! Auf Deutsch, es dürfen weitere Schulden gemacht und die Konsolidierung der Staatshaushalte wieder einmal auf die lange Bank geschoben werden. Fast alle europäischen Staaten, auch England sind letztlich pleite! Die Politik weiß nicht mehr weiter und überlässt „König Draghi ohne Land“ politische Brachen und das Zepter fiskalischer Entscheidungen mitsamt einer hemmungslosen Geldvermehrung, welche uns in Zukunft um die Ohren fliegen wird.

Aber man tut auf dem EU Parkett weiter so, als wäre alles in Butter, als ging alles unentrinnbar in eine Richtung, nämlich hin zu den Vereinigten Staaten von Europa! Dazu braucht man auch dringend eine europäische Staatsanwaltschaft. Ja wunderbar, ist doch großartig, die fehlte doch noch in dem Konglomerat europäischer Scheingemeinsamkeiten. Im Schuldenmachen und maroder Währung, maroden Staatshaushalten nebst maroden Banken sind wir doch schon einheitlich, wie auch die Wege in den Bankrott mit der CAC Klausel, welche seit dem 8.1.2013 in jeder Staatsanleihe steckt, schon vorsorglich vereinheitlicht werden. Da ist doch eine EU-Staatsanwaltschaft ein Geschenk des Himmels, da man mit dieser den Politikern, die uns diesen ganzen Schlamassel eingebrockt haben auf die Finger klopfen kann. Ach wie schön, ich bin so ein richtiger Naivling und möchte mich gerne freuen, wenigstens einmal in dieser nicht enden wollenden europäischen Misere.

Aber da gibt es doch ein klitzekleines Problemchen! Wo ist der Staat für eine solche Institution?
Zu einer Staatsanwaltschaft gehört ein Staat. Aber die EU ist kein Staat.
Zu einer Staatsanwaltschaft gehört ein einheitliches Rechtssystem. Da aber kein einheitlicher Staat vorhanden ist, existiert auch kein einheitliches, harmonisiertes Rechtssystem!Woraus will man bei den EU-Schauspielern die Grundlagen für eine Staatsanwaltschaft aus dem Hut ziehen, wenn das EU-Parlament noch nicht einmal das Initiativrecht für Gesetzesvorlagen besitzt? Also will man unbedingt so tun, als hätte man etwas zu sagen und vergisst geflissentlich, dass eine einheitliche Verfassung gar nicht existiert, da diese vom französischen und niederländischen Parlament seinerzeit abgelehnt wurde und somit einer EU-Staatsanwaltschaft die Rechtsgrundlage fehlt. So bleibt mir notorischen Spaßverderber nur ein klares „Nein“ zu einer EU-Staatsanwaltschaft!
So sehr man sich in Brüssel auch bemüht, Europa einheitlich zu sehen und auch so zu handeln, so stoßen die Brüsseler Möchtegern Politiker immer wieder an die nationalen Egoismen mit ihren Interessen. In dieser Konstellation wird es nie etwas mit einer europäischen Großmacht, welche sich im Konzert der Kraftpole behaupten kann. Denn eine Großmacht Europa müsste den USA und den Russen klar die grenzen ihrer Macht aufzeigen können.

Dass dem nicht so ist, erkennen wir mit Schrecken an den Verhandlungen zu dem Freihandelsabkommen TTIP und TISA, welche Sargnägel für unsere Soziale Marktwirtschaft in Europa bedeuten.

Dass dem nicht so ist, erkennen wir daran, dass wir auf Druck der USA unseren natürlichen Nachbar in Europa, Russland verprellen sollen, der seit Jahrzehnten ein zuverlässiger Energielieferant war und es auch im Eigeninteresse bleiben will. Schon heute bricht aber der Handel mit unserem Energielieferanten deutlich ein und belastet zunehmend unsere Arbeitsplätze. Die USA machen Druck auf Banken und Staaten Europas wie Frankreich und jetzt auch auf Deutschlands teilweise verstaatlichte Commerzbank, weil diese mit Staaten handelten, welche von den USA mit Sanktionen belegt wurden. Milliardenstrafen werden ungerührt von den „Freunden aus Übersee“ ausgesprochen, welche letztlich in dieser fragilen, finanziellen Situation zur Bezahlung wieder beim Bürger landen werden. Welches Recht nehmen sich die USA da heraus? Warum wehren wir uns nicht dagegen und unterbrechen die Verhandlungen zur Freihandelszone. Das wäre ein Signal, denn mit dieser Freihandelszone wollen sich die fiskalisch schwindsüchtigen USA vorsorglich ungehemmten Einfluss in „old Europe“ sichern, bevor der Dollar und Petrodollar als Machtinstrument von den Chinesen und Russland ausgeschaltet wird.

Dass dem nicht so ist, erkennen wir daran, dass wir uns in Europa, besonders in Deutschland uns nicht trauen, gegen diese ungehemmte digitale Spioniererei der NSA konsequent zur Wehr setzen! Es ist an der Zeit, dieses Duckmäusertum zu beenden und den Amerikanern aufzuzeigen, was auch sie aufs Spiel setzen, wenn sie anscheinend vergessen, wie sehr auch sie uns brauchen.

Dieses europäische Haus ist nur Blendwerk, denn wenn man hinter die schön angestrichene Fassade blickt, entdeckt man unschwer, dass hier mit zu vielen Architekten und Statikern gearbeitet wurde, welche völlig unterschiedliche Vorstellungen hatten und diese auch anwendeten. So war das viel zu schwere Eurodach von Anfang an eine zu große Belastung für eine Bauweise, welche auf der einen Seite aus Beton, an anderer Stelle aus Holz und Steinen, wieder an anderer Seite aus Spanplatten, Dachlatten und Rigipsplatten bestand. So treten immer schneller nicht zu übersehende Risse in der Außenwand auf und die Schindeln fallen schon vom Dach. Murks hatte zu allen Zeiten noch nie Bestand! – Europa so auch nicht.

Ich habe hier nur einen Bruchteil dessen, was zu kritisieren ist herausgegriffen, doch schon alleine daran erkennt man das Blendwerk Europa.

Die Verwirklichung der europäischen Vision muss anders angegangen werden! Denn die bedrückenden Folgen dieser missratenen Politik immer mehr den Bürgern aufzubürden und in die Zukunft anderer Generationen zu verschieben, ist unverantwortlich. Doch habe ich hier keinerlei Illusionen. Es wird weiterhin gewurstelt und getrickst, bis nichts mehr zum Tricksen da ist und dann kommt für uns die Rechnung. Von den Vorboten konnte man schon oben lesen.

Heiner Hannappel
Koblenz
heiner.hannappel(at)gmx.de

 

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