EU-Eliten wollen keinen Frieden für die Ukraine

Über die Vorgeschichte und die Hintergründe des Krieges in der Ukraine hat in Berlin der renommierte Russland-Experte Alexander Rahr gesprochen. Er hat die verschiedenen Interessen und die Entwicklung des Konflikts analysiert sowie vor einer weiteren Eskalation gewarnt. Tilo Gräser war dabei.

Quelle: transition-news

Der Krieg in der Ukraine ist ein Krieg zwischen Russland und China auf der einen Seite und den USA und der Europäischen Union (EU) auf der anderen Seite. Das erklärte der Historiker und Russland-Experte Alexander Rahr kürzlich bei einem Vortrag in Berlin. Er sieht eine «Patt-Situation» mit Nuancen, die den Krieg verlängern, und «keinen richtigen Sieger».

Es sei nicht einfach, «in irgendeiner Weise objektiv oder nüchtern über den Krieg zu berichten». Er führe sehr viele Gespräche mit Vertretern aller möglichen beteiligten Seiten, sowohl der westlichen als auch der russischen, berichtete Rahr.

Er schätzte den nun seit fast drei Jahren zum Krieg zugespitzten Konflikt in und um die Ukraine bei einem Treffen beim «Welttrends-Institut für Internationale Politik» (IIP) Mitte Dezember in Berlin ein. Er gilt als einer der sachkundigsten Russland-Experten in Deutschland und hat unter anderem jahrelang die Bundesregierung beraten, bevor sein Eintreten für einen Dialog mit Russland etwa ab 2013 nicht mehr gewollt und gefragt war.

Zahlreiche Bücher, die er veröffentlicht hat, künden von seiner Kenntnis der Materie und seiner Haltung gegenüber dem Land, mit dem er nicht nur biografisch verbunden ist. In Berlin kündigte Rahr ein weiteres Buch an, in dem er den Ukraine-Konflikt analysieren will.

Informations-Weltkrieg

Diese Analyse sei sehr schwierig, erklärte er seinen Zuhörern vom IIP, was durch den modernen Informationskrieg als Teil der Auseinandersetzung um die Ukraine bedingt sei. Es handele sich um den «ersten modernen Informations-Weltkrieg, in dem Propagandainstrumente und Zivilisationen, die gegeneinander kämpfen, vielleicht noch stärker im Konflikt involviert sind als die Kriegsparteien selbst».

«Die vielen psychologischen Opfer und Zerstörungen als auch die Zivilisationsbrüche werden weltentscheidend sein für die Zukunft dieses Planeten, wie er nachher aussehen wird.»

Rahr nannte als Beispiel die Verbote der russischen Kultur im Westen, die es in dieser Art und Weise zuvor bei anderen Kriegen nicht gegeben habe. Ebenso die «brutale Abschaltung aller anderslautender Information, Sichten und anderer Meinungen, von Nachrichtensendern».

Neuartig sei auch die «Zensur auch im Westen, die wir so nicht gewohnt sind». Das gilt für ihn auch für die Manipulationen im Internet, das als «das freieste Feld, das es gibt und uns immer die Möglichkeit gibt, uns frei und demokratisch pluralistisch zu informieren», galt: «Das alles kann man heute wegstreichen.»

Es handele sich um einen «fürchterlichen Informationskrieg», bei dem auch die «Künstliche Intelligenz» (KI) ebenso eingesetzt werde, wie die sogenannten Trolle im Internet. Das habe Folgen für die menschliche Wahrnehmung des Konflikts und große Auswirkungen auf das Denken der Menschen im Westen, stellte der Historiker fest, der mit «kaum fassbaren Konsequenzen» rechnet.

Zu diesem Informationskrieg gehört auf westlicher Seite das Verschweigen der Vorgeschichte des Konfliktes in und um die Ukraine. Die beginnt für Rahr mit dem Zerfall der Sowjetunion 1991/92, mit dem sich die Gegensätze zwischen Russland einerseits und dem Westen sowie der Ukraine andererseits angestaut hätten.

Für die Eliten des US-geführten Westens sei es seitdem darum gegangen, Russland niederzuhalten, damit es nicht wieder wie angestrebt zur Großmacht werden kann. Er selbst habe sich dafür eingesetzt, Russland in eine neue Sicherheitsarchitektur einzubeziehen. Doch das sei nie versucht worden, so der Experte, der unter anderem für die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) tätig war.

Ukrainischer Vertragsbruch

Die Priorität sei stattdessen gewesen, Russland einzudämmen, wobei demnach die osteuropäischen Staaten eine aktive Rolle spielten. Diese hätten kurz nach dem Ende der Organisation des Warschauer Vertrages sofort eine pro-US-amerikanische Identität angenommen und seien mehr auf die NATO als auf die EU orientiert gewesen. Die osteuropäische Grundhaltung sei gewesen:

«Wir müssen uns vor diesem Russland in Acht nehmen und alles daransetzen, damit wir in der NATO gestärkt werden und uns praktisch einen Wall, einen Puffer gegenüber Russland schaffen.»

Als solcher Puffer sei von Beginn an die Ukraine vorgesehen gewesen, berichtete Rahr und fügte hinzu, dass er das durch eigenes Erleben auf zahlreichen Tagungen bezeugen könne. Er ging auch kurz auf den Beschluss Russlands, der Ukraine und Belarus’ im Dezember 1991 ein, die Sowjetunion aufzulösen. Das sei ein Staatsstreich gewesen, was heute vor allem Memoiren und Interviews der Beteiligten belegten.

Damals sei der ukrainische Präsident Leonid Krawtschuk bereit gewesen, im Fall der Auflösung der Sowjetunion die Ukraine in einem Sicherheitsbündnis mit Russland und Belarus zu belassen. Dazu sollte unter anderem die bisherige Sowjetarmee die gemeinsame Armee der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) werden.

Kiew habe auch zugesagt, keinem anderen Bündnis beizutreten – um nach vier Monaten aus der Vereinbarung auszusteigen und zu beginnen, eine eigene Armee aufzubauen, wie Rahr erinnerte. Ukrainische Eliten hätten bereits 1992 erklärt, wie die anderen osteuropäischen Staaten nun zum Westen gehören zu wollen, zu Mittelosteuropa und nicht zu Russland, sowie der NATO beitreten zu wollen.

«Das war der Ursprung dessen, was man als historisches Schisma der beiden slawischen Völker heute betrachten kann. Ohne diesen Streit, ohne Verständnis der Lage damals ist der Krieg nicht zu erklären.»

Das sei auch wichtig, um den späteren Ausstieg Russlands aus dem «Budapester Memorandum» von 1994 zu verstehen. Die damaligen Sicherheitsgarantien für die Ukraine hätten aus russischer Sicht eine Mitgliedschaft in der NATO ausgeschlossen, so der Experte. Das sei keine «russische Propaganda», sondern in den Dokumenten und Protokollen zu den Vorgängen nachzulesen.

Zunehmende Konfrontation

Bei den Gesprächen zur Auflösung der Sowjetunion habe Jelzin auch kein Interesse an einer Regelung der Frage der Krim und der dort stationierten Schwarzmeerflotte gezeigt, solange die Ukraine sich dem gemeinsamen Sicherheitsbündnis anschloss. Danach gab es laut Rahr mehrfache Versuche Kiews, die Vereinbarungen mit Moskau zu unterlaufen, was zugespitzt während der Präsidentschaft Wiktor Juschtschenkos (2005 bis 2010) geschehen sei.

Zu den aus Sicht des Historikers wichtigen Momenten der Vorgeschichte des Krieges gehöre auch der Streit um Gaslieferungen zwischen der Ukraine und Russland 2006 und 2009. Diesen habe immer wieder Kiew begonnen, weil es nicht mehr für russisches Erdgas zahlen wollte, obwohl es schon Preise unterhalb des Marktüblichen bekam.

Der ausgewiesene Russland-Experte ging außerdem auf den offenen Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen beiden Staaten mit den Maidan-Protesten ab 2013/2014 ein. Es sei eindeutig, dass die Kräfte im Hintergrund keine friedliche Lösung des Konfliktes gewollt hätten, stellte er fest und verwies insbesondere auf die nachgewiesene US-Einflussnahme auf die Ereignisse.

Ebenso erinnerte er daran, dass Russland zwar auf den Staatsstreich in Kiew im Februar reagierte, unter anderem, indem es die Krim zurückholte. Zugleich habe es zwar die nach Autonomie strebenden Kräfte in der Ostukraine unterstützt, aber deren Referenden 2014 für einen Anschluss an Russland nicht anerkannt. Außerdem hätten besonders die ostukrainischen Oligarchen keinen direkten Einfluss Russlands gewollt.

Als sich der Konflikt durch Kiews «Antiterror-Operation» gegen die eigenen Bürger im Osten militärisch zuspitzte, habe die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel die Minsker Abkommen «erfunden». Diese hätten Schlimmeres verhindert, den Konflikt eingefroren und die Zahl der Toten gesenkt.

Er habe Merkel damals dafür bewundert, gestand Rahr ein. Dagegen würden ihn die heutigen Aussagen der Ex-Kanzlerin über die Minsker Abkommen als Chance für die ukrainische Aufrüstung «in den Wahnsinn treiben». Selbst ehemalige Berater von Merkel seien darüber fassungslos.

Westliche Doppelmoral

Das Ziel des Westens sei weiterhin, Russlands Rückkehr in den Status einer Großmacht zu verhindern.

«Eine Einbindung Russlands in ein gemeinsames Friedensprojekt steht heute nicht mehr auf der Tagesordnung.»

In Moskau werde verstanden, dass Russland, wenn es die Ukraine an den Westen verliert, keine Großmacht mehr sei. Es sei dazu «verdammt, aus eigener Selbsterkenntnis und Selbstbewusstsein diese Großmachtidentität zu besitzen» und lebe mit dieser Idee seit Jahrhunderten.

Dafür sei es auch bereit, «einen Vernichtungskrieg zu führen, wenn es sein muss, um seine Ziele zu erreichen», erklärte Rahr. Deshalb sei der Konflikt nicht zu lösen, fügte er hinzu. Russland habe allerdings zu Beginn des Einmarsches im Februar 2022 vor allem militärische Infrastruktur angegriffen und verschone bis heute weitgehend die Zivilbevölkerung und die Großstädte der Ukraine.

Der Historiker verglich dabei die westliche Reaktion darauf mit dem Umgang des Westen mit der israelischen Kriegsführung im Gazastreifen, im Libanon und in Syrien:

«Wo ist die Reaktion der internationalen Gemeinschaft? Oder gibt es eine Doppelmoral? Oder gibt es gerechte Kriege und ungerechte Kriege?»

Zugleich betonte er, dass es bei dem Konflikt um die künftige Weltordnung gehe. Der Westen kämpfe um eine «regelbasierte Ordnung», Russland und China für eine multipolare Weltordnung, die noch nicht regelbasiert sei, «weil die Regeln dazu noch nicht gemacht worden sind». Mehrere seiner Zuhörer widersprachen ihm an der Stelle und verwiesen auf die UNO und das Völkerrecht, dem sich Moskau und Peking den eigenen Worten nach verpflichtet fühlen.

Weil es um die Weltordnung gehe, könne der Krieg höchstens durch einen Waffenstillstand gestoppt, aber nicht beendet werden, so Rahr. Einen Sieg Russlands in der Ukraine könne die EU «niemals akzeptieren», ebenso nicht die NATO.

«Das wäre ein Schlag gegen die NATO und die europäische Sicherheitsarchitektur, so wie sie in den letzten 35 Jahren konzipiert wurde, nämlich durch die NATO-EU-Osterweiterung und nicht durch einen Rückwärtsgang und ein Zurückdrängen der NATO. Die NATO wäre hier zurückgedrängt.»

Zivilisatorischer Überlebenskampf

Rahr, der Russlands Präsident Wladimir Putin mehrmals persönlich traf, sieht den russischen Einmarsch in die Ukraine als «riesigen politischen Fehler». «Er hätte es anders lösen können, denke ich», sagte der Historiker und gestand zugleich ein, dass der Westen die Ukraine in die NATO holen will, als Puffer gegen Russland.

Dieses habe sich aber damit einen «schweren Gegner» ausgesucht, während der Westen Russland unterschätzt habe. Es sei «ein kultureller und inzwischen auch ein zivilisatorischer und militärischer Überlebenskampf», bei dem Russland in der Globalisierung sowie in der Weltpolitik isoliert sei, meinte der Historiker.

Die Führungseliten der EU würden einen Frieden in der Ukraine nicht unterstützen, schätzte er ein, auch wenn der Krieg auch für die EU immense Schäden bringe, vor allem wirtschaftlich. Für eine Friedenslösung stelle die europäische Haltung ein Problem dar, weniger die der USA oder die Russlands oder die der Ukraine.

«Die einzige Chance der Ukraine, noch zu siegen, ist die NATO in den Krieg zu ziehen. Und sie schafft das immer bis zu einem bestimmten Grad.»

Doch nach ersten verbalen Vorstößen wie aus Paris oder London, eigene westliche Truppen zu schicken, geschehe dann doch nichts – «vielleicht auf Druck der Amerikaner». Rahr erwartet, dass die Ukraine als «Protektorat des Westens» überlebt und Russland seine Ziele wie einen Regimewechsel in Kiew und die Entmilitarisierung der Ukraine nicht erreicht.

«Die Ukraine ist weiterhin mit Waffen voll gespickt. Da braucht Russland noch zwei Jahre Krieg, um die Ukraine völlig zu entmilitarisieren.»

Doch Russland habe dazu nicht die Kraft, sagte der Experte und verwies auf wachsende Zweifel in der russischen Bevölkerung am Vorgehen Moskaus. Mit Blick auf die potenzielle Atomkriegsgefahr stellte er fest, dass dafür entscheidend sei, wie die geänderte Nukleardoktrin Russlands umgesetzt wird.

Er verweise immer darauf, dass Russland die notwendigen Waffenarsenale habe, um einen Atomkrieg zu führen, «und zwar auch erfolgreich». Rahr warnte davor, die Nuklearmacht Russlands zu unterschätzen, was vor allem in der EU geschehe, weniger in den USA. Die derzeitige Eskalationsstrategie Washingtons und Brüssels bleibe aber «hochgefährlich».

Er rechnet damit, dass der wiedergewählte US-Präsident Donald Trump mit seinen Ankündigungen ernst machen und anders als Joseph Biden den Krieg in der Ukraine beenden will. Trump wolle keinen Konflikt mit Russland, weil er sich auf den mit China konzentrieren wolle.

Der Westen und die NATO müssten ihre Niederlage in der Ukraine akzeptieren, wenn der neue US-Präsident das tue. «Aber die Europäer sind noch nicht bereit, darüber nachzudenken, dass das möglich sein kann», so der Historiker.

«Es geht um einen Verlust des Images der NATO in der europäischen Sicherheitsarchitektur. Das ist für Europa sehr schwer.»

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EU-Eliten wollen keinen Frieden für die Ukraine
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2 Kommentare

  1. …“freimaurerisch-jüdische Weltherrschaft“…..“ Verfechter der jüdischen Welt“ .Schallplatte mit langem Riss. Das wird mit Ihrem Hirn wohl nie aufhören

  2. Sehr gute Analyse!

    Meiner Meinung nach geht es um das Ringen der freimaurerisch-jüdischen Weltherrschaft, die von den Demokaten, der EU und Guterres vertreten wird, die eine typisch kosmopolitische Zielsetzung haben: Unterwerfung weltweit alle unabhängigen Mächte, wie z. B. Rußland, Masseneinwanderung überall, z. B.bei uns, in Europa und in den USA, menschengemachter Klimawandel, wobei wir tatsächlich einen unbezweifelbaren natürlichen Klimawandel haben, wozu dann wieder ein Rattenschwanz von Nachteilen gehört, die auch von den Gewerkschaften zu unserem Schaden vertreten werden, wie CO2-Bepreisung. Elektroautos, Heizungsgesetz, ferner Impfungen usw. Und auf der anderen Seite der nationalistisch imperiale Trump, der das alles nicht will: weder Masseneinwanderung, noch Verzicht auf fossile Brennstoffe, Impfungen, Krieg gegen Rußland. Allerdings will auch Trump die Hegemonie der USA sichern und damit den überragenden Einfluß der Juden in der Welt auch erhalten, indem er todsicher einen Krieg mit dem Iran anfangen wird und vielleicht auch mit China.

    Alle möglichen Dinge können passieren, z. B. eine Krankheit oder der Tod von Putin oder Trump, woduch die Dinge schlecht zu prognostizieren sind. Die Frage ist, ob Vance auch so ein beinharter Verfechter der jüdischen Welt ist, wie aus persönlichen Gründen Trump wegen seines Chabad-Schwiegersohns. Und der äußerst kluge Putin dürfte in einer Nachfolge-Auseinandersetzung schwer zu ersetzen sein, der den tausend Tentakeln der Logen bisher bestens Paroli geboten hat.

    Ich verstehe auch nicht, warum nicht die Vorteile des natürlichen Klimawandels einmal thematisiert werden. Wie können jetzt günstig Waren aus China erhalten, die im Eismeer entlang der russischen Küsten zu uns gelangen. Wir sparen enorm viel Heizung im Vergleich zu früher als, wie ich mich erinnere, die Nidda, der Main und sogar der Bodensee zugefroren waren. Früher hatte ich im Ostalbkreis manchmal – 18 Grad, jetzt kaum noch -4. Meine 8 Walnüssen hier gedeihen wunderbar, sogar die Chatenay ist gut angewachsen, die aus der Gegend von Paris stammen soll.

    https://www.walnuss24.de/produkt/walnussbaum-sorten-kaufen/zwerg-walnuss-baum-zwergnuss-nuss-von-chatenay/

    Und Trump will unbedingt Grönland haben, weil man dort inzwischen Bodenschätze durch den natürlichen Klimawandel viel besser abbauen kann. Umgekehrt kann die Gefahr durch die Steigerung die Meeresspiegels nicht so dramatisch sein, sonst müßten die Immobilienpreise der Niederlande zusammenbrechen, die gößtenteils unter dem Meeresspiegel liegen.

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