Eine Niederlage für «Europa»?

Propagandistische Verdrehungen nach den Europaparlaments-Wahlen

Der aktuelle Freitags-Kommentar der «Schweizerzeit» vom 30. Mai 2014

Von Olivier Kessler, Stv. Chefredaktor «Schweizerzeit»

Bei der Wahl ins Europaparlament triumphierten die föderalistischen Kräfte, die sich ihre Kompetenzen von Brüssel zurückerobern wollen. Dieses Erstarken dezentral orientierter Parteien interpretieren viele Medienschaffende als antieuropäisch und als Rückfall in düstere Zeiten. Zu Unrecht.

Führt man sich die Mainstreampresse dieser Tage zu Gemüte, könnte man zum Schluss kommen, dass in den EU-Parlamentswahlen nationalsozialistische Wirrköpfe als grosse Sieger hervorgegangen sind. Die Rede ist von unvernünftigen «Rechtspopulisten», von ganz extremen «Rechtsaussen» (Tages-Anzeiger), welche die Wahl für das EU-Parlament gewonnen hätten.

Nazivergleiche

Marian Kamensky, Karikaturist bei «Die Zeit» und «Der Spiegel», zeichnete etwa UKIP-Parteichef und Wahlgewinner Nigel Farage einen Hitlerschnauz unter die Nase. In einer anderen Karikatur erschien derselbe Farage zusammen mit anderen Wahlsiegern am Stammtisch. Dort diskutieren sie darüber, wo sie am besten die ersten Konzentrationslager für «Ausländer und Sozis» bauen sollten. «Ganz eindeutig Bulgarien, weil dort Gas am billigsten ist», antwortet einer dieser karikierten «Rechtspopulisten».

Ist diese Aufregung gerechtfertigt? Sind Farage, Lucke, Sulik und wie sie alle heissen wirklich eine «Gefahr für Europa»? Und kann man das Wahlresultat tatsächlich als eine «Niederlage der Europa-Freunde» (NZZ) bezeichnen? Natürlich nicht.

EU ist nicht Europa

Zunächst ist klar festzuhalten, dass die Europäische Union nicht mit Europa verwechselt werden darf, wie das nahezu alle Medienschaffende am Laufmeter tun. Europa ist in erster Linie ein Kontinent. Eine von kultureller, ethnischer und sprachlicher Vielfalt geprägte geografische Region. Die Schweiz ist Teil von Europa.

Die EU hingegen ist ein politisches Projekt zur Vereinheitlichung und Zentralisierung der Macht zu ein paar wenigen Menschen. Deklariertes oder heimliches Ziel vieler EU-Bürokraten ist die Schaffung eines Einheitsstaates – «die Vereinigten Staaten von Europa». Die Schweiz ist nicht Teil der EU, da die Idee der Union dem föderalistischen und bürgernahen Fundament der Eidgenossenschaft diametral widerspricht.

Mediale Kampagne gegen EU-Kritiker

Bei den Wahlsiegern des vergangenen Wochenendes von «Europagegnern» (Tages-Anzeiger) zu sprechen, ist nicht zwingend intellektuelle Dummheit. Immer und immer wieder wurden die Autoren, die diese Begriffsverluderung betrieben, in den Kommentarspalten ihrer Artikel auf den feinen Unterschied zwischen «Europa» und der «EU» hingewiesen. Die Schreiberlinge wissen also Bescheid.

Der Verdacht erhärtet sich deshalb, dass unsere Massenmedien eine inszenierte Kampagne gegen EU-Kritiker fahren und die Bevölkerung mit dieser begrifflichen Nebelpetarde bewusst in die Irre führen wollen. Genauso, wie dieselben Journalisten SVP-Mitgliedern «Ausländerfeindlichkeit» andichten, wollen sie den unkritischen Lesern weismachen, dass die «EU» und «Europa» dasselbe seien. Jeder der die zentralistische und bürokratische EU kritisiert, wird dadurch automatisch zu einem «Europahasser». Und wer will schon als jemand abgestempelt werden, der seinen eigenen Kontinenten hasst?

Wie extrem sind die Wahlgewinner wirklich?

Betrachten wir die angeblich «extremistischen» Abstimmungsgewinner etwas näher. UKIP-Boss Nigel Farage – in oben erwähnter Karikatur mit einem Hitlerschnauz versehen – steht für eine Rückdelegierung der Kompetenzen zu den Nationalstaaten sowie zu den Bürgern und strebt Freihandelsabkommen mit anderen Staaten an. Die EU-Zölle auf Agrarimporte kritisiert er als «protektionistisch» und spricht sich gegen staatliche Entwicklungshilfe aus. Er ist also durch und durch staatskritisch und liberal. Mit (national-)sozialistischem Gedankengut kann er rein gar nichts anfangen.

Nicht wesentlich anders präsentiert sich Geert Wilders in den Niederlanden. Seine Freiheitspartei (PVV) kämpft gegen die Einschränkung der Freiheit durch totalitäre Bewegungen wie etwa dem radikalen Islam, gegen wuchernde Bürokratie, für die Rechte von Homosexuellen, für eine Stärkung der direkten Demokratie sowie für einen schlanken Staat. Zur Erinnerung: Der Nationalsozialismus hat klar gezeigt, wo die Reise enden kann, wenn die Staatsmacht zu gross ist. Homosexuelle wurden von den Nazis übrigens mit Gewalt verfolgt. Wilders steht Hitler etwa so nahe wie Obama der Tea Party.

Harmlose «Rechtspopulisten»

Ein weiterer «Rechtspopulist», der den Sprung ins Europaparlament geschafft hat, ist der Slowake Richard Sulik der Partei SaS. Der Liberale steht für die Entkriminalisierung des Cannabiskonsums und ist ein überzeugter Verfechter des freien Marktes. Er zählt zu den profiliertesten Euro-Kritikern und tadelt die teuren Rettungsmassnahmen, die zu ungerechter Umverteilung innerhalb Europas geführt haben. Der Autor dieser Zeilen hatte vor zwei Jahren die Gelegenheit, sich persönlich in Bratislava mit Richard Sulik zu unterhalten. Wer in diesem besonnen und freiheitsliebenden Intellektuellen ernsthaft den neuen Hitler Europas sieht, dem ist jeder Menschenverstand abhandengekommen.

Die «Alternative für Deutschland» (AfD) rund um Parteichef Bernd Lucke sitzt neu ebenfalls im Europaparlament. Ihr ist der «Frieden zwischen den Völkern» wichtig. Keine Spur also vom «totalen Krieg». Auch bei der AfD will man den europäischen Einheitsstaat – wie ihn Hitler so sehnlichst herbeiwünschte – verhindern.

Zweifel kommen abgesehen von ein paar Splitterparteien allenfalls beim französischen Front National (FN) auf. Die Partei weist tendenziell am ehesten noch national-sozialistische Züge auf. Sie fordert mehr Protektionismus und will sich in den friedlichen Austausch der französischen Bürger mit Menschen im Ausland einmischen. Die Klassenwidersprüche sollen durch national-soziale Lösungen überwunden werden. Auch wenn gewisse problematische Punkte beim Front National auszumachen sind: Selbst er lehnt sich gegen den Europäischen Superstaat auf und will das Selbstbestimmungsrecht zurückerobern.

«Wehret den Anfängen»

Nach diesen Betrachtungen stellt sich die Frage, ob Betitelungen wie «Europahasser» nicht jenen vorbehalten sein sollten, die die vielfältigen kulturellen Eigenschaften der Menschen auf diesem Kontinenten negieren und alles über einen Leisten schlagen wollen. Die Nazi Vergleiche fallen ungewollt auf die Absender zurück: Sie sind – wenn überhaupt – eher bei jenen angebracht, die wie Hitler einen europäischen Superstaat anstreben und jegliche Entscheidungskompetenzen an einen zentralen Machtapparat delegieren; die die Bürger zunehmend von Brüssel aus enteignen, entmündigen, lenken und bevormunden; die die freie Meinungsäusserung unter Zuhilfenahme der EU-Gesetzgebung einschränken wollen und in der fehlenden Gewaltenteilung der EU keine Probleme sehen.

Nazivergleiche sind immer problematisch, da sie die Gefahr bergen, das damals Geschehene zu verharmlosen. Trotzdem ist es ein Gebot der Stunde, das Gebaren der EU mit Argusaugen zu verfolgen und den Mächtigen auf die Finger zu klopfen, wenn sie unsere Freiheiten einzuschränken versuchen. Das Credo muss lauten «Wehret den Anfängen». Wer in einer Demokratie schläft, wacht im Totalitarismus auf.

Olivier Kessler 

————————————————————————

Bravo Herr Kessler. «Die Zeit» und «Der Spiegel» sind zu üblen Schmierblättern verkommen. Die sogenannten „Qualitätsmedien“ haben sich von großen Medienmogulen kaufen lassen und verbreiten nur das, was ihnen vorgekaut wurde. Wer sich seine Finger nicht schmutzig machen möchte, sollte diesen Dreck besser nicht anfassen.

(Visited 16 times, 1 visits today)
Eine Niederlage für «Europa»?
0 Stimmen, 0.00 durchschnittliche Bewertung (0% Ergebnis)

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*