Ein Geldzyklus geht zu Ende

Danke an Daniel M. für die Zusendung dieses sehr guten Artikels, der vor gut einem Jahr veröffentlicht wurde und heute aktueller denn je und m.E. absolut lesenswert ist.

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Ein Geldzyklus geht zu Ende

Geld steht im Mittelpunkt unseres Lebens. Wir leben im Monetarismus. Dazu sollten wir uns bekennen. Es ist das derzeitige System, in dem wir alle leben. Da gibt es keinen Ausstieg. Warum auch? Geld ist eine der großartigsten Erfindungen der Menschheit. Es ist das ideale Ausgleichsmedium zwischen Geben und Nehmen und hat, wie Raimund Dietz in seinem jüngsten Buch genial darstellt, eine Entwicklung von so etwas wie Gesellschaft erst ermöglicht.

Nicht das Geld an sich ist also zu verdammen, wenn etwas schief läuft, aber sehr wohl die Spielregeln, nach denen es erzeugt und in Umlauf gebracht wird. Diese Regeln sind Ursprung dessen, was wir regelmäßig als Krise erleben. Unser Geld entsteht durch verzinsten Kredit und verschwindet dementsprechend wieder bei Tilgung des Kredits. Um aber auch die Zinsen bezahlen zu können, müssen diese erst in Umlauf gebracht werden. Richtig! Durch zusätzlichen Kredit. Manche meinen ja, dass sich die Zinsen (und Gewinne) aus dem Mehrwert ergeben. Der Mehrwert mag ja entstanden sein, um ihn jedoch in Geld einstreifen zu können, muss dieses überhaupt erst vorhanden sein, weil Geld eben nicht durch Arbeit, sondern nur durch Kredit entsteht.

Der Tilgungsversuch einer verzinsten Geldschuld kann daher gar nicht anders erfolgen, als durch fortlaufende Ausweitung der Verschuldung. Wer sich dabei verschuldet, ob der Staat oder Private, ist einerlei. Daraus folgt schlüssig, dass all unsere Wirtschaftsaktivitäten darauf ausgerichtet sind, um die niemals geschaffenen und daher nicht vorhandenen Zinsen zu rivalisieren – wir nennen es „Wettbewerb“ – und unsere Schulden auf andere Schultern in immer höherem Ausmaß zu übertragen. Das ist der eigentliche Kern des Kapitalismus. Dass dieses System nicht auf Nachhaltigkeit ausgelegt ist und auch keinen besonnenen Umgang mit natürlichen Ressourcen nahe legt, braucht wohl nicht näher erwähnt zu werden. Was zählt, ist die Geldmehrung. Um jeden Preis. Und was keinen Preis hat, gilt ohnehin als wertlos.

Ein derartiges System muss zwangsläufig regelmäßig zusammenbrechen. Immer dann, wenn Wille und gewinnbringende Möglichkeiten für eine weitere Verschuldung fehlen. Dann sprechen wir von Überschuldung und von Schuldenkrise, dabei heißt es nur, dass die bis dahin akkumulierten Zinsforderungen mangels Neuverschuldung nicht mehr bedient werden können. An der Tilgung der Grundschuld besteht ohnehin kein Interesse, weil damit ja auch das Geld verschwinden würde und wer will das schon? Peinlich nur, dass auch die Zinsforderungen als Aktiva in den Bilanzen stehen, wie Geld behandelt, dabei aber plötzlich uneinbringlich werden. Es gibt sie ganz einfach nicht, weil sie auch niemals geschaffen wurden.

Mit den verzweifelten Rettungspaketen, mit denen die Staatsschulden ins Unermessliche aufgebläht werden, geht soeben der aktuelle Geldzyklus, der nach dem 2. Weltkrieg neu begann, zur Neige. Wer, wie es gerade eben sehr intensiv durch Politiker, Wirtschaftsweise und Medien *) passiert, Zuversicht bezüglich der Tilgungsmöglichkeiten der angehäuften Geldschulden verbreitet, belügt sich selbst, betrügt die Bevölkerung und verschlimmert die Ausgangslage für die Folgegenerationen. So genannte Sparprogramme (= Vorenthalten von Einkommensmöglichkeiten) führen mitnichten zu einer Schuldenreduktion, sondern kippen die Ökonomien in eine gefährliche deflationäre Phase mit absehbaren und aus der Geschichte bekannten Konsequenzen.

Es leuchtet ein, dass ein notwendiger Systemwechsel ein politisches Himmelfahrtskommando ist. Umso mehr aber, je später dieser überfällige Systemwechsel in Angriff genommen wird. Dennoch berechtigen derartige Ängste nicht, die Bevölkerungen zu spalten, Feindbilder entstehen zu lassen und sie bis hin zu Bürgerkriegen zu missbrauchen. Gar nicht zu reden von der Zerstörung mühsam erarbeiteter Lebensqualität und halbwegs demokratischer Strukturen. Während wir z.B. mit den Diskussionen über die „Töchterung“ unserer Bundeshymne und mit der Beerdigung Otto Habsburgs abgelenkt werden, läuft hinter unserem Rücken genau diese bedrohliche Entwicklung ab, die sich aus Ratlosigkeit und Angst der Politiker abzeichnet.

Ist es aber tatsächlich nötig, dass wir jeden Geldzyklus durch Krieg und mit der Zerstörung von Werten und gesellschaftlichem Zusammenhalt abschließen müssen? Alles nur, um anschließend triumphierend belegen zu können, dass das System in der neuen Aufbauphase wieder hervorragend funktioniert? Leben wir wirklich nur mehr für fiktive Geldwerte anstatt für Wertemehrung und Werteerhalt? Ist es das, was Menschsein bedeutet? Ist es das, was wir Zivilisation nennen und dafür sogar bereit sind, Kriege zu führen? In Europa scheint die Vorstellung von Krieg völlig absurd – wie für die meisten anderen Länder auch und dennoch gibt es auf der Welt rund 40 und mehr Kriegsschauplätze. Und immer geht es um Geld! Wenn die EU durch das Versagen des Geldsystems auseinander zu brechen droht, was dann? Ein Bürgerkrieg ist bei der latent vorherrschenden Fremdenfeindlichkeit schnell inszeniert. Selbst bei uns.

Ein Gedankenexperiment

Die unter unseren Politikern sich ausbreitende Ratlosigkeit legt nahe, sich einmal mit dem schlimmsten Szenario auseinander zu setzen. Stellen wir uns vor – und wir sollten uns mit dieser Vorstellung wirklich dringend anfreunden und uns auch darauf einstellen – das Finanzsystem bricht tatsächlich zusammen. Was bedeutet das? Die Staaten erklären sich für zahlungsunfähig, unsere Forderungen auf Geld gegenüber den Banken können von diesen nicht mehr erfüllt werden. Die Banken schließen; außer dem bisschen Bargeld, das wir bei uns haben, gibt es kein Geld mehr und selbst dieses wird für ungültig erklärt. Diese Situation trifft uns sinnvoller Weise und hoffentlich ohne Vorankündigung. Sagen wir, heute um Mitternacht.

Nun wurden wir über Jahre hinweg entsprechend indoktriniert, dass in diesem Fall die Welt untergeht. Dementsprechend wird sich morgen früh Panik und Verzweiflung ausbreiten, die Menschen werden trotz Aussichtslosigkeit die Banken zu stürmen versuchen, sie werden womöglich Bankdirektoren und Politiker massakrieren, andere Feindbilder suchen und sich vielleicht durch Plünderungen schadlos zu halten versuchen. Das Militär wird auffahren und auf die eigene, rebellierende Bevölkerung schießen. Es würde wahrscheinlich nicht viel anders ablaufen, als derzeit – auf etwas anderem Hintergrund – in den arabischen Ländern, oder wie schon bald in Griechenland, Portugal, Spanien oder Italien.

Damit gerade das nicht eintritt, sollten wir gedanklich einen Schritt zurück treten und überlegen, was denn tatsächlich passiert ist. Schauen wir uns einmal um. Nichts ist eigentlich passiert. Alle Menschen leben, alle Gebäude stehen, die Infrastruktur ist intakt und voll funktionsfähig und es gibt keinen rechtschaffenen Grund seiner gewohnten Tätigkeit nicht nachzugehen. Alle über die Jahre des Geldzyklus geschaffenen Werte sind erhalten. Einzig und allein das Informationssystem, das unsere gesamte zwischenmenschliche Kommunikation bestimmt, bzw. das unsere Gesellschaftsformung in derzeitiger Ausprägung erst ermöglicht hat, ist plötzlich unbrauchbar geworden. Unsere Buchhaltungen, die Zahlenbibeln unserer Gesellschaften, sind verloren gegangen.

Rebellion und mutwillige Zerstörungen helfen uns da nicht weiter, auch wenn es einige Politiker geben wird, die eine solche Situation zu eigenem Machtgewinn werden ausnützen wollen und die Bevölkerung für ihre eigenen Ziele zu missbrauchen versuchen werden. Nicht zuletzt um die Abwehrkräfte gegen derartige Versuchungen zu stärken, soll dieses Gedankenexperiment dienen.

Was wir gewiss schleunigst brauchen werden, ist daher ein neues Informationssystem, damit sich die Räder der Wirtschaft auch weiterhin drehen können. Damit wir wieder einen Leistungsspiegel in Buchungssätzen darstellen können. Wir werden also rasch wieder so etwas wie Geld erfinden müssen, denn Wirtschaften ohne Geld, ist wie Schwimmen ohne Wasser.

Konzeption eines neutralen Informationssystems

Wenn wir aber schon ein neues Informationssystem entwickeln müssen, sollten wir darauf achten, dass der systemische Fehler der in unserem bisherigen Geldzyklus und spätestens seit den 80er Jahren absehbar zum Zusammenbruch führen musste, vermieden wird. Wir brauchen ein Geld- und Finanzsystem das nachhaltig, sagen wir vorerst zumindest für 500 Jahre, ausgelegt ist, das zur Machtausübung nicht taugt und das demokratische Strukturen unterstützt, das Geldhortung uninteressant macht und wir brauchen ein begleitendes Steuerungssystem, das allzu extreme, z.B. über 1:7 hinausgehende Einkommensunterschiede, die immer zur Destabilisierung von Demokratien führen, nicht zulässt.

Es mag das nach Wunschdenken wirken, doch bin ich überzeugt, dass der menschliche Geist eine derartige Lösung ganz leicht zu finden vermag. Lösungsansätze liegen ja sogar bereits vor und man sollte diese unvoreingenommen prüfen und ausprobieren. Voraussetzung wird allerdings sein, dass verantwortungslose Grüppcheninteressen hintan gestellt werden. Das ist derzeit keineswegs der Fall. Unsere Politiker tanzen nach dem Takt der so genannten Finanzmärkte. Und niemand fragt nach dem Drehbuch und nach den Choreographen. Eine Handvoll Familiendynastien bestimmen solcherart über das Wohl und Wehe der Welt und unsere Politiker versuchen sich in ihrem Schatten zu tummeln und sie lassen sich willfährig dazu missbrauchen, den Ansprüchen der Finanzmärkte durch entsprechende Gesetzgebungen, manchmal sogar durch Gesetzumgehungen, entgegen zu kommen.

Bereits vor vielen Jahren (2000) hatte ich dieses Gedankenexperiment („Erfinden wir unser Geld neu“) in Form eines Forschungspreisausschreibens konzipiert und versuchte es den namhaften Medien als Trägerorganisationen schmackhaft zu machen. Damals wurde ich nur belächelt, bzw. „nicht einmal ignoriert“. Heute scheint nicht nur den Politikern, sondern auch den Medien das Lachen vergangen zu sein. Vielleicht ist also jetzt die Zeit reif dafür, aber es eilt!

Wollen wir zumindest noch das, was wir als Demokratie verstehen, retten, dann sollten wir handeln. Jetzt! Und jeder/jede kann dazu beitragen. Aktive Teilnahme am politischen Geschehen ist dafür Voraussetzung, wie auch das leicht anzueignende Wissen über die Geldzusammenhänge. Recherchen im Internet werden unweigerlich zur Erkenntnis führen, dass zuallererst die Geldschöpfung in staatliche Hand gelegt gehört. Nicht in die Hand der Regierung, sondern in die Hand einer demokratisch kontrollierten Institution! Staaten dürfen sich nicht, wie derzeit, bei privaten „Gelderzeugern“ verschulden müssen! Die multiple Geldschöpfungsmöglichkeit durch die Banken muss unterbunden werden, wie das schon lange von Prof. Joseph Huber in seinem Vollgeldkonzept, verbunden mit der Einführung der „Monetative“ als vierte staatliche Gewalt (neben Legislative, Judikative und Exekutive), gefordert wird. Der breiten Unterstützung dieser Initiative durch aufgewachte Bevölkerungen könnte selbst eine von den „Marktkräften“ verblendete Politik nichts entgegen setzen. Außer vielleicht das Militär, was einer Entlarvung der geistigen Standorte unserer Politiker gleichkäme. Gehen wir es also gemeinsam an, bevor uns noch die Entwicklungen überrollen!

Die Kräfte, die solchen zivilgesellschaftlichen Forderungen entgegenstehen sind unbarmherzig und nicht zu unterschätzen, weil es ja im Kern um Machtverschiebungen, vielleicht ähnlich 1848, geht. Umso wichtiger ist daher eine auf gegenseitigem Respekt beruhende Einigkeit in der breiten Bevölkerung, die jeglichen gesellschaftsspaltenden Einflüssen eine klare Abfuhr erteilt. Und nicht vergessen: Der Souverän sind wir!

Über den Autor:

Dr. Günther Hoppenberger (geb. 1944, Wien), Chemiker und Exportkaufmann, Im Osteuropageschäft für multinationale Chemiekonzerne tätig, konzessionierter Gastwirt, Logotherapeut und Mediator. Das besondere Interesse an „Verstärkung psychischer Leiden durch die Ökonomie“, führte zur intensiven Beschäftigung mit dem Geldwesen.

*) Für jeden einzelnen Vertreter dieser Zünfte gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung, obwohl das von diesen legalisierte und unterstützte System ein Betrugssystem ist. Sozusagen ein legales Betrugssystem.

Quelle: ehrenhauser
 

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