„Echte Liebe“ für blutiges Geld

Von Jens Berger (gewerkschaftsforum)

Wenige Tage vor dem Champions-League-Finale gegen Real Madrid bringt der Fußballkonzern Borussia Dortmund sich auf gänzlich unsportliche Art und Weise ins Gespräch. Wie das Handelsblatt gestern berichtete, hat der BVB für die nächste Saison den Rüstungskonzern Rheinmetall als Sponsor gewinnen können. Ein Konzern, der sein blutiges Geld mit Waffen verdient, die weltweit töten, als Partner eines Fußballvereins, der sich einen eigenen „Grundwertekodex“ auferlegt hat? Das ist ein Hohn. Während der BVB – Marketingclaim „Echte Liebe“ – sich zum „Schutz der Menschen- und Kinderrechte“ bekennt, liefert sein neuer Partner der israelischen Armee die Munition, mit der in Gaza Menschen- und Kinderrechte zu Schutt gebombt werden. Ist das die „neue Normalität“, mit der BVB-Chef Watzke den Deal rechtfertigt?

Dass es dem Profi-Fußball um irgendetwas Anderes als Geld ginge, ist wohl das, was man Neudeutsch als „gut gepflegtes Narrativ“ bezeichnen würde. Wer sprachlich ein wenig krachledernder unterwegs ist, könnte dies auch als eine Marketinglüge bezeichnen. Der Fußball lebt jedoch nicht nur von Fernseh- und Sponsorengeldern, sondern auch von seinen Fans. Sie sind es, die wöchentlich ins Stadion pilgern. Sie sind es, die die überteuerten Merchandising-Artikel kaufen. Sie sind es, die noch mehr überteuertere TV-Abos abschließen, die den Zirkus maßgeblich bezahlen, und sie sind es auch, die Fußballclubs für Sponsoren interessant machen. Zwischen den Interessen und den Träumen der Fans und den ökonomischen Interessen der Proficlubs gibt es jedoch einen immer offeneren Zielkonflikt. Nicht alles, mit dem sich gutes Geld verdienen lässt, wird von den Fans auch als „gut“ angesehen.

Wie die Dortmunder Fans nun auf den Sponsorendeal mit Rheinmetall reagieren werden, ist offen. Ein solcher Deal stellt zweifelsohne einen Tabubruch dar. In der Vergangenheit wurde bereits lebhaft diskutiert, ob ein „böser“ Konzern wie der Hühnerschlächter Wiesenhof als Sponsor von Werder Bremen agieren dürfe. Er durfte. Anders erging es dem russischen Konzern Gazprom und arabischen Konzernen beim FC Bayern München – sie durften nicht bzw. wurden wie Gazprom seitens Schalke als Sponsor hinausgeworfen. Man kennt es – nur kein Geld vom Russen oder vom Araber nehmen. Daran könnte ja Blut kleben.

Das ist beim deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall natürlich ganz anders. Deutsche Waffen töten nicht, sie bomben Freiheit, Demokratie und Menschenrechte herbei. Beispielsweise in Gaza, wo Rheinmetall unter anderem als Lieferant von mehr als 10.000 120mm-Geschossen für israelische Panzer in Erscheinung tritt und auch ansonsten zu den größten Rüstungslieferanten der israelischen Kriegsmaschinerie zählt. Hoffentlich bemerken Sie den bitteren Sarkasmus, der aus diesen Zeilen trieft.

Die heile Welt und die hehren Ideale, die der Fußball im Selbstverständnis der PR-Auguren der Vereine und Verbände transportiert, hat mit der kaputten Welt in Gaza nichts zu tun. 13.800 getötete Kinder – tausende weitere Kinder, die heute keine Beine mehr haben und nie wieder Fußball spielen können. Getötet und verstümmelt von Bomben, Granaten und Geschossen – geliefert auch von Rheinmetall; völkerrechtswidrig –, dies sollte in einem „Grundwertekodex“ von Interesse sein. Kann der Lieferant des Todes und des Leids ein „Partner“ eines Fußballclubs sein? Ja, er kann. Das sieht man ja am Beispiel BVB. Er kann, wenn er eine zweistellige Millionensumme in die Konzernkasse spült. Geld stinkt bekanntlich nicht; auch nicht nach dem Blut der unschuldigen Kinder aus Gaza.

Man wolle mit der Partnerschaft „Diskussionen anstoßen“ und „offen und direkt über die neue Normalität reden“, so Vereinsboss Hans-Joachim Watzke laut Handelsblatt. Meint der Mann das wirklich ernst? Gehört es zur „neuen Normalität“, dass ein Fußballclub blutiges Geld eines Rüstungskonzerns annimmt? Für Watzke anscheinend schon, für die Fans hoffentlich nicht.

Dass es den BVB-Entscheidern nicht um Debatten, sondern ganz profan ums Geld geht, sollte klar sein. Aber worum geht es Rheinmetall? Sicher wird kein Staat – demokratisch oder autokratisch – nun Rheinmetall-Panzer oder Rheinmetall-Granaten kaufen, weil er den Namen positiv mit dem BVB verbindet. Rheinmetall erklärt dazu, man wolle sein Image als Arbeitgeber stärken. Offenbar weigern sich trotz neuer Normalität immer noch viele Menschen, bei diesem Konzern zu arbeiten. Gut so. Doch auch das ist freilich Augenwischerei. Rheinmetall geht es letztlich vor allem darum, diese vielzitierte „neue Normalität“ zu promoten und zu zementieren.

Rüstungskonzerne gehören zu unserem Leben, unserer Gesellschaft, so die zu vermittelnde Botschaft. Und hier kann man wohl nur mit dem alten Konstantin-Wecker-Slogan antworten: Sag nein! Jeder, der noch seinen Verstand beisammen hat und über Anstand verfügt, sollte dem BVB und seinen Entscheidern klar zeigen, was er von dieser neuen BVB-Normalität hält – nämlich nichts. Was wir nun brauchen, ist ein Aufschrei!

Der Beitrag „Echte Liebe“ für blutiges Geld (nachdenkseiten.de)
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