Drohnen-Abschuss: Iran ist im Recht

Helmut Scheben (infosperber)

Ein Flugzeug, das sich dem territorialen Luftraum nähert und sich nicht zu erkennen gibt, kann abgeschossen werden.

Donald Trump sagt, er habe auf einen «Vergeltungsangriff» gegen Iran verzichtet, als ein General ihm sagte, man müsse bei dem geplanten Angriff mit 150 Toten rechnen. Möglicherweise waren es aber nicht nur seine militärischen, sondern vor allem seine juristischen Berater, die ihm von Militärschlägen abrieten.

Iran gibt an, die Drohne sei innerhalb des iranischen Luftraums abgeschossen worden. Die US-Regierung erklärt, der Abschuss sei ausserhalb erfolgt.

Laut Militärpiloten und Experten in internationalem Recht spielt es aber keine Rolle, ob die Drohne schon in den Luftraum eingedrungen war oder dies zu erwarten war.

Die Rechtsprofessorin Marjorie Cohn, ehemalige Präsidentin der liberalen US-Anwaltsorganisation National Lawyers Guild, erklärt, dass es internationale Rechtspraxis sei, von Flugobjekten, die sich dem territorialen Luftraum nähern, eine Identifikation zu verlangen. Falls dieser Aufforderung nicht nachgekommen wird, kann ein Abschuss erfolgen.

Cohn zitiert unter anderen den ehemaligen US-Militärpiloten H. Bruce Franklin, welcher schreibt: «Es ist das unbestreitbare Recht des Iran, von jeglichem Flugobjekt, welches so nah an seinen Luftraum kommt, eine Identifikation zu fordern.»

Die USA hätten bis 200 Meilen vor ihren Grenzen eingegriffen

In den USA erstrecke sich diese «Identification Zone» auf eine Breite von 200 Meilen oder 322 Kilometer von der Küste. Dringt ein Flugzeug in diese Zone ein, ohne sich zu identifizieren, so wird es von US-Kampfjets abgefangen.

Die US-Regierung sagt, ihre Drohne sei in einer Entfernung von 17 Kilometern von der iranischen Küste abgeschossen worden. Das sei so nah, dass ein Abschuss nicht mehr auszuschliessen sei, stellt Franklin fest: «In den USA würde jede unidentifizierte Drohne, die so nah am US-Territorium ist, mit hoher Wahrscheinlichkeit abgeschossen.»

Der iranische UNO-Botschafter Majid Takht-Ravanchi erklärt in einem Schreiben an den UN-Sicherheitsrat, die US-Drohne sei erst abgeschossen worden, nachdem mehrere Aufforderungen zur Identifikation nicht beantwortet worden seien.





US-Kongress sollte über Krieg und Frieden entscheiden

Laut US-Verfassung ist dem Kongress das Recht vorbehalten, einen Krieg zu erklären. Aufgrund der «War Powers Resolution» darf der Präsident ein anderes Land ohne vorherige Billigung durch den Kongress nur angreifen, wenn die USA angegriffen werden oder wurden und somit ein «nationaler Notstand» vorliegt. In einem solchen Fall darf der Verteidigungskrieg nur fortgesetzt werden, wenn der Kongress innerhalb von zwei Monaten den Krieg erklärt oder eine spezielle Ermächtigung verabschiedet hat.

Fünf Tage nach dem Terroranschlag von 9/11 hat der Kongress allerdings ein Gesetz verabschiedet, das den Präsidenten bevollmächtigt, gegen Terroristen rund um den Globus ohne vorherige Kongress-Bewilligung militärisch vorzugehen («Authorization for Use of Militäry Force Against Terrorists» AUMF vom 14. September 2001). Nach diesem Kongressbeschluss kann der Präsident «jegliche nötige und geeignete Gewalt» anwenden gegen alle, die am Anschlag von 9/11 direkt oder indirekt beteiligt waren. Namentlich gegen die «Al-Kaida und andere militante Gruppen» kann der Präsident seither ohne vorherige Bewilligung des Kongresses militärische Gewalt anwenden.

Die Begründung zum Erteilen der AUMF-Ermächtigung des Präsidenten war bereits nach 9/11 an den Haaren herbeigezogen, denn die USA waren nicht von einem fremden Staat angegriffen worden, gegen den man Krieg führen könnte, sondern von einer Terrorgruppe, die fast ausschliesslich aus Saudis bestand. Obwohl die Taliban operativ nicht das Geringste mit den Terroristen von 9/11 zu tun hatten, begannen die USA zusammen mit der Nato einen Krieg gegen Afghanistan.

In den vergangenen 18 Jahren begründeten US-Präsidenten militärische Angriffe mehrmals mit jener zweifelhaften AUMF-Ermächtigung von 9/11 und umgingen damit die Kompetenz des Kongresses, einen Krieg zu erklären: So beispielsweise 2011 bei der Bombardierung Libyens (Obama) sowie 2017 beim Einsatz von Marschflugkörpern gegen Syrien (Trump). Vor den Kriegen gegen Afghanistan und gegen den Irak hatte es zustimmende Resolutionen des Kongresses gegeben.

Jetzt versuchen US-Aussenminster Mike Pompeo und Sicherheitsberater John R. Bolton noch einmal diese juristische Akrobatik, indem sie versuchen, eine Verbindung zwischen dem Iran und Al Kaida herzustellen. Das wird von den meisten Nahost-Experten als Nonsens bezeichnet. Gleichzeitig hat US-Präsident Trump die Iranischen Revolutionsgarden, also die Eliteeinheit der iranischen Streitkräfte, Mitte April als «Terroristen» eingestuft. Damit ist ein weiterer Vorwand geschaffen, um den Kongress bei Kriegshandlungen gegen den Iran zu umgehen.

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2 Kommentare

  1. Ein Staat oder ein Land, dass während mehr als 200 Jahren seiner 244 Jahre alten Existenz Krieg führt,darf mit Fug und Recht als Kriegstreiber bezeichnet werden. Wovon die meisten wohl unter Anwendung von Lügen gerechtfertigt wurden.
    Allerdings wurde seit 1945 nur noch ein einziger Krieg von den USA auch "gewonnen".
    Der gegen 1 Kompanie kubanischer Soldaten in Grenada. Solche Stachel sitzen verdammt tief und wurmen die US-Nomenklatura.

    • Antwort an Sum Ting Wong.

      Ich stimme im wesentlichen zu. Man könnte sagen gegen 1000 schlecht bewaffnete und untrainierte Soldaten in Panama haben sie auch gewonnen. Dabei aber auch tausende Zivilisten in den Slums getötet und 2 Milliarden $ Schaden verursacht. Was vielen Chronisten nie aufgefallen ist. Man war dabei Saddam in die Kuwait Falle zu locken. Panama war ein Manöver für den kommenden Krieg gegen den Irak. Der Autor Mansour Khan hat das detailliert in seinem Buch über das Irak Komplott beschrieben. Sehr lesenswerter Augenöffner.

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