Dollar oder Bomben: Die USA planen ein Ultimatum an die Welt

© RIA Nowosti / durch KI generiert

1976 wurde das Geldsystem vom Goldstandard gelöst, was dem US-Dollar seine Kraft und den USA einzigartige Möglichkeiten verlieh. China, Russland und die anderen BRICS-Staaten streben einen langsamen Abschied vom Dollar als Weltwährung an, doch Washington wird seine Privilegien nicht kampflos aufgeben.

Von Sergei Sawtschuk (rtdeutsch)

Dass die Vereinigten Staaten der Eckpfeiler der gegenwärtigen Weltordnung sind und viele Prozesse direkt vom Verlauf und den Ergebnissen der dortigen Wahlzyklen abhängen, kann nicht geleugnet werden. Je näher der Wahlmonat November rückt, desto größer wird die Unsicherheit. Amerikanische Politikanalysten prognostizieren fast einhellig Präsidentschaftswahlen im Format „Kopf-an-Kopf“, d. h. den Sieg eines der Kandidaten mit minimalem Vorsprung. Darüber hinaus geben die Kandidaten selbst aktiv Anlass zur Diskussion.

 

Bei einem Treffen mit Wählern sagte Donald Trump, er werde alles tun, um den US-Dollar als Weltreservewährung zu erhalten. Quasi als Gewähr dafür versprach der potenzielle Herr des Weißen Hauses, 100-prozentige Abwehrzölle auf alle Waren aus Ländern zu erheben, die es wagen, den US-Dollar durch die Landeswährung zu ersetzen. Dabei handelt es sich nicht um ein spontanes, sondern um ein durchaus programmatisches Versprechen. Es knüpft an den von Trump im Jahr 2018 eingeschlagenen Weg an, als die von ihm geführte US-Regierung einen Handelskrieg gegen China auslöste. Und heute werden Peking wieder die schlimmsten finanziellen Sanktionen versprochen, obwohl zwischen den Zeilen auch eine Mahnung an die Europäische Union zu lesen ist.

Bereits im Frühjahr, als die US-Wahlkampfmaschine gerade Fahrt aufnahm, kündigte das Trump-Team einen harten Kurs zur Stützung des US-Dollars auf der Weltbühne an. Diese Absicht blitzte auch in den Äußerungen verschiedener Republikaner immer wieder auf. So reichte Senator Mark Rubio in diesem Sommer eine Gesetzesvorlage ein, nach der jeder gewählte US-Präsident alle Finanzinstitute mit Sanktionen belegen müsste, die zum Nachteil des US-Dollar-Handels andere Zahlungssysteme wie Russlands SPFS, Chinas CIPS oder Persiens SEPAM einsetzen. Zwar ist dieses Gesetz noch in der Schwebe, aber wenn Trump im November siegt, ist seine Verabschiedung praktisch garantiert. Dies wäre eine neue Runde im Handelskrieg, die Washingtons größte handels- und geopolitische Gegner treffen wird. Und vielleicht sogar seine nicht ganz gehorsamen Verbündeten.

Im Jahr 1976 führte wurde das Währungssystem eingeführt, das sich auf Verträge von Jamaica stützt. Es löste die monetäre Basis endgültig vom Goldstandard und hob die staatliche Regulierung der Wechselkurse auf. Fortan bestimmte nur noch der Markt alles. Alle Währungen, einschließlich des US-Dollars, wurden schließlich fiat bzw. fiduziarisch. Das bedeutet, dass der Nominalwert der Zahlungseinheit durch den ausgebenden Staat garantiert wird. Einfach ausgedrückt: Der Hundert-US-Dollar-Schein hat nur deshalb diesen Wert, weil das amerikanische Finanzsystem dies garantiert. Diese Definition ist natürlich sehr primitiv, aber das Gesamtsystem beruht darauf, dass sich alle Akteure darauf einigen, den Dollar als Zahlungseinheit mit vereinbarter Kaufkraft zu akzeptieren.

 

Dieser Algorithmus hat eine kritische Schwachstelle. Sie besteht darin, dass jede Währung, selbst wenn es sich um eine Reservewährung handelt, ihre Kraft verliert, sobald der Markt sie nicht mehr attraktiv findet und auf andere, alternative Instrumente ausweicht. Es kommt in diesem Fall nicht wie früher nur zu einer Währungsabwertung, sondern zu deren Zusammenbruch, was im Falle des US-Dollars gleichzeitig den Verlust der finanziellen Steuerungs- und Zwangsmittel bedeuten und innerhalb des Landes zu einer Krise von schwer vorhersehbarem Ausmaß führen würde. Die im Inland zirkulierenden und die Transaktionen absichernden Dollarmengen sind nämlich so groß, dass die Abschwächung des Marktinteresses den Zusammenbruch des US-Dollar-Modells als Ganzes herbeiführen würde. Natürlich ist das für niemanden günstig, und niemand wird die amerikanische Währung bewusst torpedieren, aber die Umformatierung der Weltfinanzsysteme wird in jedem Fall langfristige Turbulenzen verursachen.

Und nun zu den Zahlen.

Der Anlass für die Handelskriegserklärung gegen China im Jahr 2018 war ein Handelsungleichgewicht von rund 200 Milliarden US-Dollar. Das heißt, die USA kauften 200 Milliarden US-Dollar weniger Waren und Dienstleistungen von den Chinesen, als sie an sie verkauften. Nach einem fast einjährigen Streit einigten sich die beiden Seiten auf ein Zwischenabkommen, das die Rechte und Pflichten der Parteien festlegte.

Trump begrüßte die Unterzeichnung des Dokuments als einen durchschlagenden Sieg für Amerika, doch Analysten zeigten sich sofort sehr skeptisch. Heute kann festgestellt werden, dass Peking seinen Verpflichtungen nur in sehr begrenztem Umfang nachkam. So ignorierte China beispielsweise völlig den Abschnitt über den Kauf amerikanischer Energieressourcen für zusätzliche 50 Milliarden US-Dollar.

Nach Berechnungen der amerikanischen staatlichen Stelle für Handelsstatistik, die sich auf Daten von Bundesministerien stützen, belief sich das Ungleichgewicht im Jahr 2022 bereits auf 382 Milliarden US-Dollar, im folgenden Jahr sank es infolge eines starken Rückgangs des gegenseitigen Handels auf 279 Milliarden US-Dollar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Volumen der chinesischen Importe in die USA in dem genannten Jahr um fast dreizehn Prozent zurückgegangen ist, und zwar nicht auf Wunsch Pekings, sondern als Folge der von Washington verhängten prohibitiven Barrieren. In der ersten Hälfte dieses Jahres lag das Ungleichgewicht bereits bei über 157 Milliarden US-Dollar, was bedeutet, dass bis zum neuen Jahr eine mit den Zahlen von vor anderthalb Jahren vergleichbare Schieflage zu erwarten ist.

Wenn es also zu einem Handelskrieg kommt, treten die USA in diesen mit fast doppelt so schlechten Kennzahlen ein wie in der ersten Runde. Für Trump oder Harris gibt es hier jedoch praktisch keine Optionen mehr, da der Anteil des US-Dollar am Welthandel und an den Währungsreserven — wenn auch nur langsam — kontinuierlich sinkt. Dem IWF zufolge sind heute etwa 80 Prozent des Welthandels und 60 Prozent der Devisenreserven in US-Dollar nominiert.

 

Allerdings handelt es sich dabei um einen Durchschnittswert,  unter den BRICS-Staaten ist dieser Indikator viel niedriger: hier ging die Präsenz des US-Dollars von 80 auf 50 Prozent zurück. Dabei entfallen auf die BRICS 36 Prozent des globalen BIP und ein Viertel des Welthandels. Gesondert zu erwähnen ist China, das seine Abhängigkeit vom Dollar allmählich verringert, indem es seine neuen Handelsverträge, z. B. für Öl- und Flüssiggaslieferungen aus dem Nahen Osten, in Yuan abschließt. Gleichzeitig führt Peking ein nie dagewesenes Dumping von US-Wertpapieren durch.

Als Wladimir Putin vor nicht allzu langer Zeit scherzhaft gefragt wurde, wen er bei den amerikanischen Wahlen unterstütze, antwortete er nicht weniger scherzhaft: Kamala Harris. Und wisst ihr, der Präsident demonstrierte wieder einmal, dass er die Kontrolle über jedes seiner Worte hat. Während die Demokratin Harris wahrscheinlich den Handelsstreit mit China und den BRICS-Staaten in die Länge ziehen wird, wird Trump wie ein Nashorn vorpreschen. Und dann wird die gesamte Weltwirtschaft ins Wanken geraten.

Bis dahin bietet der republikanische Kandidat allen eine ausschließlich „demokratische“ Wahl an: den Dollar oder den Krieg.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 10. September 2024 zuerst auf RIA Nowosti erschienen

(Visited 308 times, 1 visits today)
Dollar oder Bomben: Die USA planen ein Ultimatum an die Welt
1 Stimme, 5.00 durchschnittliche Bewertung (98% Ergebnis)

5 Kommentare

  1. Ein durchaus gründlich und solide recherchierter Artikel. Leider geht der Tenor bereits in der reißerischen Überschrift völlig an der jetzigen WIRKLICHEN Bedrohung vorbei. Wir (in Europa!) stehen vor dem 3. Weltkrieg, der selbst von Washington aus kaum noch verhindert werden kann – denn die NATO hat ihr Kriegs-Hauptquartier nach Wiesbaden verlegt, fernab amerikanischen (aber sehr nahe eines stark polarisierenden britischen) Einflusses.
    Das ganze Thema Handelskrieg können wir in Ruhe NACH de Bändigung der MIC-Miltaristen und ihrer ultrareichen Hintermänner diskutieren.
    Aber Trump (der zweifeltfrei in dem Handelskrieg während seiner Präsidentschaft tatsächlich grundlegende Fehler gemacht hat) ausgerechnet JETZT zu kritisieren und nicht das Kriegstreiberteam Biden/Blinken/Harris/Starmer ist VÖLLIG DANEBEN! – Artikel einfrieren und NACH Abwendung der Kriegsgefahr wieder auftauen!

  2. Ein durchaus gründlich und solide recherchierter Artikel. Leider geht der Tenor bereits in der reißerischen Überschrift völlig an der jetzigen WIRKLICHEN Bedrohung vorbei. Wir (in Europa!) stehen vor dem 3. Weltkrieg, der selbst von Washington aus kaum noch verhindert werden kann – denn die NATO hat ihr Kriegs-Hauptquartier nach Wiesbaden verlegt, fernab amerikaniswchen (aber sehr nahe eines stark polarisierenden britischen) Einflusses.
    Das ganze Thema Handelskrieg können wir in Ruhe NACH der Abwendung der Bändigung der MIC-Miltaristen und ihrer ultrareichen Hintermänner diskutieren.
    Aber Trumpp (der zweifeltfrei in dem Handelskrieg während seiner Präsidentschaft tatsächlich grundlegende Fehler gemacht hat) ausgerechnet JETZT zu kritisieren und nicht das Kriegstreiberteam Biden/Blinken/Harris/Starmer ist VÖLLIG DANEBEN! – Artikel einfrieren und NACH Abwendung der Kriegsgefahr wieder auftauen!

    • Trump, Biden, Kamala sind alles entfernte Cousins… Und alle direkte Nachfahren des englischen Königshauses…

      Es ist ein Oligarchie aus ca. 300 Familien, die Ihre Herrschaft über die USA auf der Gründungsurkunde der Firma „We The People“ ableiten, die den Unterzeichnern und ihren Nachkommen entsprechende Rechte zugestanden hat.

      Das Dokument wird auch als Unabhängigkeiterklärung bezeichnet und übersehen, dass dort in Großbuchstaben eine Firma gegründet wurde und keine Rechte für Nichtunterzeichner oder deren Nachkommen gewährt wurden.

      Die Idee, dass da unterschiedliche Interessen bei Trump und den Anderen vorliegen, beruht auf Unkenntnis. Erst wird die Herrschaft über die Amerikaner gesichert und dann irgendwann viel später gibt es vielleicht Unterschiedliche Sichtweisen, wie mit den Vasallen ungesprungen werden soll.

      Auch ist die Idee der freien Wahlen in den USA nur Propaganda. Antreten kann nur, wer zu den Leuten gehört und gewinnen wird immer der, der die direktere Linie zum englischen Königshaus hat.

      Das englische Königshaus, dass sich auch als direkte Nachfahren der Linie Salomon sehen.

      • Na ja, ob es das allein gewesen sein soll?
        Mittlerweile hat sich Demokratie, in welcher Form auch immer, schon längst vom eigentlichen Gedanken entfremdet. Man sieht es ja heute, selbst bei uns.

        Egal ob Verfassung oder Grundgesetz, es gilt allein die politische Korrektheit, also der Geist, der herrscht; er allein bestimmt, was zu gelten hat. Und wenn er ebenso faschistisch daher kommt, wie Nazideutschland, es schert wen?

        Selbst nach der Gründung der USA war es noch offensichtlich, wer regiert. Kaiser oder Zar, welcher König oder Herzog auch immer, Herrschaft hat, gegenüber heute, immer nur ihr Gesicht geändert, aber niemals ihr Ansinnen, an der Herrschaft zu bleiben.

        Und wenn, laut Kissinger, lediglich und nur, interessengeleitete Politik die Welt bestimmt, da muß ich mich schon fragen, ob es noch die, der Abkömmlinge eines englischen Königshauses ist?

        • Sarkossi ist auch ein Abkömmling eines Königshaus.

          Die Gute Cheffin der EU Kommission ist alter Reichsadel und davon noch eine der Höchsträngigen, die noch übrig sind.

          Die Strukturen der Monarchien sind nicht einfach von der Landkarte der Macht verschwunden, nur weil wir Sozialismus oder Republik hatten.

          De Maizaire saßen vom Kaiser, über Hitler, über die DDR bis dann bei uns am Regierungstisch.

          Schaut man sich an, was der alte Reichsadel bei uns heute macht, dann sitzen rund 25% in Bundestag oder Landtagen, 25% sind CEOs, einpaar ziehen die Kinder groß und der Rest verwirklicht sich als Künstler oder Mäzen.

          Man mag es nicht glauben, aber kann auch nur zu den Präsidentschafts-Wahlen in den USA antreten, wenn er (vorher) keinen Elektoren hat. Damit wird der Zugang zu den Wahlen für Außenstehende unmöglich.

          Zudem sind die Elektoren in einigen der Bundesstaaten nicht gezwungen, dem Wahlergebnis bei ihrer Abstimmung zu folgen.

          Und die Elektoren sind alle aus den Familien der Oligarchen und Abkömmlinge von der Firma „WE THE PEOPLE“ (den Unterzeichnern der Urkunde).

          Warum sollten da irgendeiner ein Interesse haben, es für uns irgendwie besser zu machen, wenn er gewählt wird?

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*