Die schlechteste Idee seit Brüning: Neues EU-Fiskalpaket zum Jahrestag der Machtergreifung!
Wenn Dutzende von Köchen alle nach verschiedenen schlechten Rezepten versuchen, einen Eintopf zu kochen, können einem die Kostgänger nur leidtun, vor allem, wenn der Küchenchef Schmalhans heißt! Wenig Gutes läßt jedenfalls die Kakophonie erwarten, mit der sich die Regierungschefs und Bosse der Finanzinstitutionen um die richtige Rezeptur streiten, nach der der Euro gerettet werden soll. Auf jeden Fall scheint der Terminplaner der EU einen Sinn für schwarzen Humor zu haben, als er ausgerechnet den 30. Januar, den Jahrestag von Hitlers Machtergreifung, als Termin für die Verabschiedung des neuen Fiskalpakts, einschließlich drakonischer Schuldenbremse und automatischer Sanktionen für Haushaltssünder, durch den EU-Gipfel auswählte.
Der ehemalige Wirtschaftsminister Italiens, Giulio Tremonti, bezeichnete diesen Fiskalpakt als einen Kriegsakt gegen Italien und als einen „weißen faschistischen Coup“ technokratischer Regierungen in Europa, als „Endphase des Finanzsystems“. Nach diesem Plan soll Italien für die nächsten 20 Jahre mit einem um 45 bis 50 Mrd. Euro reduzierten Haushalt auskommen. Schon jetzt befindet sich das ganze Land in Aufruhr. Taxifahrer, Lastwagenfahrer und viele andere Berufsstände streiken, schon wird die Versorgung mit frischen Nahrungsmitteln knapp, Panikkäufe haben begonnen.
In der Tat ist das Spardiktat der EU nicht nur eine Kriegserklärung gegen Italien, sondern gegen die Bevölkerung sämtlicher Euro- und EU-Mitgliedsstaaten. Die Kombination von Fiskalpakt, Schuldenbremse und Sanktionen wird die Realwirtschaft in den Mitgliedsländern massiv schrumpfen, den Lebensstandard der Menschen brutal senken, zum sozialen Chaos führen – kurz: es ist eine Garantie zum Scheitern in der Tradition Brünings.
Da China, Rußland, Brasilien und andere wenig Interesse gezeigt haben, in den EFSF zu investieren, bis zum Inkrafttreten des vorgezogenen ESM voraussichtlich am 1. Juli aber noch fünf Monate ins Land gehen werden, existieren trotz der bisherigen gigantischen Menge an Rettungspaketen immer größere Finanzierungslücken. Die Ratingagentur Fitch folgte dem Beispiel von Standard & Poor’s und stufte Italien, Spanien und Slowenien um zwei Stufen, Belgien und Zypern um jeweils eine Stufe herab, was den Prozeß des sogenannten „deleveraging“ – die „Umkehrung der Hebelwirkung“, bei der eben jene Mechanismen, die zur Ausweitung der Spekulationen eingesetzt wurden, nun den Zusammenbruch der Spekulationen verstärken – weiter vorantreiben wird.
Auf den drohenden Crash reagierte die EZB im Dezember, indem sie den europäischen Banken für die nächsten drei Jahre 500 Milliarden Euro an Liquidität zur Verfügung stellte, was diese aber keineswegs für Investitionen in die Realwirtschaft nutzten, sondern lieber über Nacht in der EZB „parkten“. Die Chefin des IWF, Christine Lagarde, fordert lautstark höhere Einzahlungen durch die Staaten, denn letztlich hat der IWF auch nicht die nötigen Mittel. Es bleibt also nur die EZB, die immer wieder neue Sonderkredite für die Banken zur Verfügung stellen kann und damit, wie das Handelsblatt richtig bemerkte, längst zur Gelddruckmaschine geworden ist. In dieselbe hyperinflationäre Richtung geht auch die Entscheidung der Zentralbanken der USA, Japans und der EZB, weiterhin bei einer Politik der Minizinsen zu bleiben, die Fed will sogar bis 2014 bei fast 0 % Zinsen bleiben.
Nachdem das Spardiktat der Troika Griechenland in den wirtschaftlichen Ruin getrieben und die Bevölkerung in die Verzweiflung gestürzt hat, diese Politik also gescheitert ist, wird jetzt das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone längst „von den Märkten eingepreist“. Vorsichtshalber hat die Bundesregierung den 2010 stillgelegten Bankenrettungsfond SoFFin II mit einem Kreditvolumen von insgesamt 480 Milliarden Euro reaktiviert – sicher nicht ohne Zusammenhang mit dem absehbaren Ausstieg Griechenlands aus dem Euro, der ja noch vor kurzem als potentieller Detonator für das globale Finanzsystem bezeichnet wurde.
Der Austritt Griechenlands kann kurzfristig eine Schockwelle auslösen, die Ansteckung auf Portugal, Spanien, Italien und vielleicht noch weitere Länder übergreifen, und bei einer solchen Kettenreaktion werden alle europäischen Bankenrettungsschirme nicht mehr ausreichen – außer eben, man druckt noch mehr Geld. Und auch wenn beim SoFFin II 400 Milliarden „nur“ in der Form von Staatsgarantien existieren, müssen bei einem Ausfall doch die Steuerzahler zahlen, bis zu SoFFin III, IV, V etc. etc.
Wir haben also die schlechteste aller Welten: Einerseits wird die Realwirtschaft durch das Sparkorsett von Fiskalpakt und Schuldenbremse stranguliert – ohne die geringste Perspektive für Wirtschaftswachstum oder Investitionen in ein Aufbauprogramm, ganz Europa also in eine Depression gestürzt -, andererseits wird der Bankensektor praktisch unbegrenzt mit Liquidität versorgt. Weimar 1923 läßt grüßen: Hyperinflation für die gesamte transatlantische Region. Der Daily Telegraph triumphiert schon einmal vorsorglich, die Krise müsse nur schlimm genug werden, dann werde Frau Merkel ihren Widerstand gegen die Vergemeinschaftung der Schulden schon aufgegeben. Leider spricht ihre Personalakte genau dafür. Der einzige Grund, nicht ihren sofortigen Rücktritt zu verlangen, liegt darin, daß die SPD und die Grünen noch mehr für diese EU-Politik sind.
Wenn die Regierungen in Europa Rückgrat gegenüber den Banken besäßen, hätten sie sich längst von einer Politik abgewandt, die direkt gegen die Interessen der Bevölkerung verstößt. Was also veranlaßt sie, ihren Amtseid zu verletzen und weder das Wohl des Volkes zu verteidigen, noch Schaden von ihm abzuwenden? Haben Sie denn überhaupt keine Antennen dafür, daß all die Werte, um derer Sie angeblich alles dies tun, längst zerstört worden sind, wie zum Beispiel Demokratie, Frieden zwischen den Völkern in Europa, Allgemeinwohl der Menschen, um nur einige zu nennen? Ist Ihnen nicht klar, daß es nicht lange gut gehen kann, wenn die Regierungen von immer mehr Menschen in den verschiedenen Nationen in Europa als feindselige Aggressoren gesehen werden?
Das muß etwas damit zu tun haben, daß wir, über alle Parteigrenzen hinweg, in Europa allem pseudodemokratischen Anschein zum Trotz in Wirklichkeit in einem oligarchischen System leben, dessen grundsätzliche Axiomatik a priori akzeptiert wird. Die sogenannten „einfachen Leute“, die zu ihrer Unterhaltung die Programme der Privatsender anschauen, haben heute genauso wenig Ahnung über die strategischen Entwicklungen in der Welt, wie vor der Erfindung der Gutenbergschen Druckerpresse die Menschen, die des Lateins nicht mächtig waren. Zwar lautet der in Deutschland wohl meistgesprochene Satz: „Man kann ja doch nichts machen“, aber dies sollte die herrschende Elite weniger mit Genugtuung erfüllen, als mit einem Schaudern in Betracht der Erinnerung an Heinrich Heines Gedicht „Belsazar“. Die Zeichen an der Wand sind jedenfalls deutlich zu sehen.
Zu diesem oligarchischen System gehört zum Beispiel die sklavische Verehrung des Monetarismus, der Glaube an den Wert des Geldes an sich, im Gegensatz zum Leben in einer geistigen Geometrie, die von universellen Prinzipien der Naturwissenschaft und der klassischen Kunst bestimmt ist. Damit einher geht die stupide Fixierung auf die Befriedigung der sinnlichen Begierden im Hier und Jetzt, die Absage an das kognitive Potential der eigenen Persönlichkeit und damit die Möglichkeit für die sogenannte Elite, die Masse der Bevölkerung zu manipulieren.
Wie anders wäre es zu erklären, daß nach der Hungerkatastrophe am Horn von Afrika, wo gut 20 Millionen Menschen bedroht waren und wo eine gefährliche Verzögerung der Hilfsmaßnahmen einer unbekannten Anzahl von Menschen das Leben gekostet hat, jetzt Nachrichten auftauchen, daß weitere mehr als zehn Millionen Menschen in der Sahelzone, in Senegal, Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso, Nigeria, Kamerun und Tschad vom Hungertod bedroht sind, und sich in Europa nichts in der Haltung der Bevölkerung gegenüber Afrika geändert hat? Wieso gibt es keine Mobilisierung für einen Marshallplan für Afrika, wieso keine Demonstranten, die dafür auf die Straße gehen, daß dort endlich Straßen, Eisenbahnen, Wasserwege, Häfen, Energieproduktion und Verteilung, Kommunikation, kurz: eine dauerhafte Infrastruktur aufgebaut wird, die diesem unnötigen Leiden der Menschen in Afrika für immer ein Ende setzen würde? Hängt das vielleicht mit der Übernahme der oligarchischen Sichtweise zusammen, daß die Klasse der Heloten periodisch dezimiert werden müsse? Ist das vielleicht der Grund, warum man grün geworden ist?
Eines ist jedenfalls gewiß: Wir stehen am Beginn einer globalen Umwälzung, wie sie die Welt noch niemals gesehen hat: Entweder wir fahren auf dem gegenwärtigen Kurs fort und stürzen in einem neuen Dritten Weltkrieg, der dieses Mal mit thermonuklearen Waffen geführt wird, oder „nur“ in eine globale Depression, wo in beiden Fällen die Menschheit auf eine Milliarde oder weniger reduziert würde. Oder wir nutzen das unweigerliche Ende der Epoche, das wir soeben erleben, um eine wirklich menschenwürdige Gesellschaft aufzubauen.
Dies bedeutet zu allererst, daß wir nicht wieder den Weg von Brüning gehen, der Deutschland und Europa in den dreißiger Jahren in die Katastrophe geführt hat, sondern dem Beispiel Franklin D. Roosevelts folgen. Er hat damals Amerika mit dem Trennbankensystem, dem Glass-Steagall-Gesetz, in Verbindung mit dem New Deal und umfangreichen Infrastrukturprogrammen aus der Depression herausgeführt. Die französischen Präsidentschaftskandidaten Jacques Cheminade und Francois Hollande, von denen voraussichtlich einer der nächste französische Präsident sein wird, haben beide das Trennbankensystem zu ihrem Wahlprogramm gemacht. In den nächsten Monaten kann sich also viel ändern in Europa, und damit auch in Deutschland.
Das wichtigste aber ist: Europa muß aufhören, ein oligarchisches System zu sein. Die Bürger müssen entschlossen sagen: „So wollen wir unsere Nationen mit einem Kreditsystem wieder aufbauen und unserem Kontinent Europa die Mission geben, zu einer Kraft des Guten in der Welt zu werden. Wir werden damit anfangen, Afrika durch einen wirtschaftlichen Aufbau aus der Armut zu befreien, und niemand wird uns daran hindern, es zu tun!“
Quelle: http://bueso.de/