Die Politik des Heroins und der afghanische US-Abzug. Private Söldnerbesatzung

Von F. William Engdahl

Aus dem Englischen: Einar Schlereth

US-Abzug – eine Lüge, eine Lüge, noch eine Lüge

Die Biden-Administration hat als Termin für den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan den 11. September 2021 angekündigt, symbolisch genau zwei Jahrzehnte nach den umwälzenden 911-Anschlägen in New York und Washington. Das Pentagon und das Weiße Haus schweigen jedoch zu einem der Hauptgründe, warum die Mächte, die Washington kontrollieren, seit der fingierten Jagd nach einem ehemaligen CIA-Vertragsangestellten namens Osama bin Laden in Afghanistan geblieben sind.

Klar ist, dass die US-Regierung mit ihren Plänen für Afghanistan und den so genannten Abzug nicht gerade ehrlich ist. Das zuvor vereinbarte Datum des 1. Mai im Vergleich zum 11. September hat eindeutig nichts mit einem würdevolleren Abzug nach einem zwei Jahrzehnte andauernden Krieg zu tun, der die US-Steuerzahler mehr als 2 Billionen Dollar gekostet hat. Das Argument einiger US-Demokraten, dass ein vollständiger Abzug mit der brutalen Taliban-Kultur der Frauenfeindlichkeit die Rechte der afghanischen Frauen gefährden würde, ist eindeutig nicht das, was die US- und NATO-Soldaten mit ihrer Präsenz geschützt haben. Was steht also auf dem Spiel? 

 Private Söldner-Besatzung

Während das Pentagon schlaugenug war, eine klare Antwort zu geben, scheint es, dass das, was das Team Biden neo-cons planen, eine „privatisierte“ US-Militärpräsenz ist. Nach einem Bericht von Jeremy Kuzmarov, „bleiben über 18.000 Pentagon Auftragnehmer in Afghanistan, während offizielle die Truppen Zahl 2.500 ist. Diese Minigruppe will Joe Biden abziehen, während er US-Spezialeinheiten, Söldner und Geheimdienstmitarbeiter zurücklässt – er privatisiert und verkleinert den Krieg, aber er beendet ihn nicht.“ Schon jetzt kommen in Afghanistan auf einen US-Soldaten sieben private Soldaten.

Der Einsatz privater Militärfirmen erlaubt es dem Pentagon und den US-Geheimdiensten, ernsthafte Kontrollen durch den Kongress zu vermeiden. In der Regel handelt es sich dabei um Veteranen der Special Forces, die als private Sicherheitsdienstleister oder Söldner weitaus mehr verdienen. Ihre Arbeit wird einfach als geheim eingestuft, so dass es fast keine Rechenschaftspflicht gibt. Die New York Times berichtet unter Berufung auf aktuelle und ehemalige US-Beamte, dass sich Washington „höchstwahrscheinlich auf eine undurchsichtige Kombination aus geheimen Special-Operations-Kräften, Auftragnehmern des Pentagons und verdeckten Geheimdienstmitarbeitern stützen wird“, um Operationen in Afghanistan durchzuführen.

Die derzeitige afghanische Regierung unter Ashraf Ghani ist ebenso wie die von Hamid Karsai eine Schöpfung der USA. Ghani wird Washingtons Stellvertreter in Kabul bleiben. Sein Militär wird von den Vereinigten Staaten mit rund 4 Milliarden Dollar pro Jahr finanziert. Aber wofür?

Was in der öffentlichen Diskussion über die afghanische Truppenpräsenz fehlt, ist der 800 Pfund schwere Gorilla im Raum: Drogen, insbesondere Heroin.

Der 800-Pfund-Gorilla

Einige dieser privaten Glücksritter machen keine netten Sachen. DynCorp ist einer der größten Auftragnehmer dort. Bis 2019 hatte DynCorp über 7 Milliarden Dollar an Regierungsaufträgen erhalten, um die afghanische Armee auszubilden und Militärbasen in Afghanistan zu verwalten. Eine der bekanntesten Aufgaben von DynCorp und anderen US-Söldnern in Afghanistan war es, die Zerstörung der afghanischen Mohnfelder zu „überwachen“, die schätzungsweise 93 % des weltweiten Heroins liefern. Es ist jedoch klar, dass das Opium und sein weltweiter Vertrieb eine Hauptaufgabe der CIA war, zusammen mit dem US-Militär, das den sicheren Lufttransport über Luftwaffenstützpunkte in Kirgisistan sowie in Afghanistan in die westlichen Heroinmärkte garantiert. DynCorp hat für diese Drogenbekämpfung wenig vorzuweisen, oder haben sie etwas anderes gemacht?

CIA, Mujahideen und afghanisches Opium

Als die USA Afghanistan zum ersten Mal besetzten und Vergeltung für die Rolle der Taliban bei der Unterstützung Osama bin Ladens bei den US-Anschlägen von 911 forderten, hatte eine strenge Anti-Opium-Politik der Taliban die Ernten auf fast Null reduziert. Im Oktober 2001, kurz vor der US-Invasion, bestätigte die UN, dass die Taliban die Opiumproduktion in Afghanistan von 3300 Tonnen im Jahr 2000 auf 185 Tonnen im Jahr 2001 reduziert hatten. Laut dem kanadischen Ökonomen und Historiker Michel Chossudovsky „wurden unmittelbar nach der Invasion im Oktober 2001 die Opiummärkte wiederhergestellt. Die Opiumpreise schossen in die Höhe. Anfang 2002 war der Inlandspreis für Opium in Afghanistan (in Dollar/kg) fast zehnmal höher als im Jahr 2000.“ Die anglo-amerikanische Invasion in Afghanistan hat den Drogenhandel erfolgreich wiederhergestellt. Der Guardian berichtete: „Im Jahr 2007 hatte Afghanistan mehr Land, auf dem Drogen angebaut wurden, als Kolumbien, Bolivien und Peru zusammen.“ Das war sechs Jahre nach der US-Militärbesetzung.

QUELLE: UN

Innerhalb weniger Jahre der US-Besatzung unter Karzai waren die Opiumernten auf einem Rekordniveau. Einer der größten afghanischen Opium-Warlords war damals der Bruder von Karzai. Im Jahr 2009 schrieb die New York Times unter Berufung auf ungenannte US-Beamte, dass,

„Ahmed Wali Karzai, der Bruder des afghanischen Präsidenten und ein mutmaßlicher Akteur im boomenden illegalen Opiumhandel des Landes, erhält regelmäßige Zahlungen vom US-Geheimdienst Central Intelligence Agency, und das schon seit fast acht Jahren…“

2011 wurde Ahmed Karzai in seinem Haus in Helmland von einem seiner Leibwächter niedergeschossen. Helmland ist die größte Opiumprovinz in Afghanistan. Wenn Helmland ein Land wäre, wäre es der größte Opiumproduzent weltweit. War es Zufall, dass die CIA mindestens acht Jahre lang Geld an Karzai zahlte, oder hatte die Firma ein Interesse an den Geschäften von Karzai?

Während Washington und die CIA bestritten haben, den riesigen afghanischen Opiumhandel zu unterstützen, legt die Geschichte der CIA seit dem Vietnamkrieg mit Drogen-Warlords etwas anderes nahe. Wie Alfred W. McCoy während der Ära des Vietnamkriegs in seinem bahnbrechenden Buch „The Politics of Heroin in Southeast Asia“ dokumentierte, war die CIA eng mit Hmong-Stammesangehörigen in Laos verbunden, die in den Opiumhandel verwickelt waren. Sie behaupteten, es sei notwendig gewesen, um ihre Unterstützung zu verdoppeln. Später wurde festgestellt, dass die CIA Air America am geheimen Opium- Transport aus dem Goldenen Dreieck intensiv beteiligt war.

Während des von den USA finanzierten Krieges der Mudschaheddin gegen die sowjetische Rote Armee in Afghanistan in den 1980er Jahren drückte die CIA angeblich ein Auge zu, als Osama bin Laden und Tausende „afghanische Araber“ rekrutierte. Afghanische Warlords wie Gulbuddin Hekmatyar bereicherten sich zusammen mit dem pakistanischen Geheimdienst ISI an den riesigen Gewinnen aus dem Drogenhandel. Sich vorzustellen, dass die CIA und private Söldnerarmeen wie DynCorp, die eng mit der Behörde verbunden sind, heute in die größte Opium- und Heroinquelle der Welt verwickelt sind, erfordert keinen großen Glaubenssprung.

US-Soldaten müssen die Opium-Ernte bewachen

Im Jahr 2018 hat Alfred McCoy eine vernichtende Anklage gegen den US-Krieg in Afghanistan erhoben. Er fragte,

„Wie konnte die einzige Supermacht der Welt mehr als 16 Jahre lang ununterbrochen kämpfen – auf dem Höhepunkt des Konflikts mehr als 100.000 Truppen einsetzen, das Leben von fast 2.300 Soldaten opfern, mehr als eine Billion Dollar für ihre militärischen Operationen ausgeben, eine weitere Rekordsumme von 100 Milliarden Dollar für den ‚Aufbau von Nationen‘ ausgeben, eine Armee von 350.000 afghanischen Verbündeten finanzieren und ausbilden – und immer noch nicht in der Lage sein, eine der ärmsten Nationen der Welt zu befrieden?“

Seine Antwort war, dass es bei der US-Präsenz nicht um den Aufbau von Nationen oder Demokratie ging. Es ging um Heroin:

„Während seiner drei Jahrzehnte in Afghanistan waren Washingtons militärische Operationen nur dann erfolgreich, wenn sie einigermaßen bequem in den illegalen Opiumhandel Zentralasiens passten“, klagte er an. „Die Opiumproduktion stieg von etwa 180 Tonnen im Jahr 2001 auf mehr als 3.000 Tonnen pro Jahr nach der Invasion und auf mehr als 8.000 im Jahr 2007.

 

Im Jahr 2017 erreichte die Opiumproduktion einen Rekord von 9.000 Tonnen. Nach mehr als 16 Jahren US-Militärbesatzung. Irgendwo hier ist eine sehr schmutzige und kriminelle Geschichte und die CIA sowie verwandte private Militärfirmen wie DynCorp scheinen mittendrin zu sein.“

Dies ist wohl der wahre Grund, dass Washington sich weigert, Afghanistan in anständiger Weise zu verlassen. Wie Pepe Escobar betont hat, entgegen dem Märchen der westlichen Medien, dass die Taliban den afghanischen Opium-Handel kontrollieren,

„ist es keine afghanische Taliban Operation. Die Schlüssel-Fragen sind – die niemals in atlantischen Kreisen gestellt werden – wer die Opium-Ernten kauft; wer sie in Heroin verwandelt; wer die Exportrouten kontrolliert; und es dann mit gigantischem Profit verkauft …“

Er deutet mit dem Finger auf die NATO, merkt an, dass russische Bürger „kollateral-Schäden“ sind wegen der afghanischen Heroin Rattenlinie wie auch Amerikaner. „Das russische Außenministerium fand heraus, wie Tonnen Chemikalien illegal nach Afghanistan exportiert werden, unter anderen aus ‚Italien, Frankreich und den Niederlanden‘ und wie die USA und die NATO absolut nichts tun, um die Heroin-Rattenlinie stillzulegen.“

Die US-Operationen in Afghanistan, dem größten Opium-Produzenten der Welt, sind noch lange nicht zu Ende. Sie ändern nur die Form.

*

F. William Engdahl ist strategischer Risikoberater und Dozent, er hat einen Abschluss in Politik von der Princeton University und ist ein Bestseller-Autor über Öl und Geopolitik, exklusiv für das Online-Magazin „New Eastern Outlook“, wo dieser Artikel ursprünglich veröffentlicht wurde.

Er ist Research Associate des Centre for Research on Globalization.

Quelle – källa – source

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