Die Oligarchen, der Raub und die Todschläger

Die ukrainische Luftwaffe macht Städte im Südosten der Ukraine dem Erdboden gleich. Nach russischen Untersuchungen spielt der Oligarch Igor Kolomojski in diesen Verbrechen nicht die letzte Rolle. Er finanziert das von ihm formierte Sonderbataillon „Dnepr“ und offenbar noch einige Einheiten, die mit der so genannten „Nationalgarde“ zusammen arbeiten

von Franz Krummbein (berlin-athen)

Die Regierung in Kiew erwartet den zweiten Teil des IWF-Kredits, es geht um knapp 1,5 Milliarden US-Dollar. Drei Milliarden kamen bereits im Mai, brachten jedoch keine Verbesserungen im Sozial- und Wirtschaftsbereich – nur der Militäreinsatz gegen die Menschen im Südosten wurde intensiviert. Doch die ukrainische Staatskasse ist nach wie vor leer.

Die westlichen Geber sind darüber verständlicherweise erstaunt. Der EU-Botschafter in der Ukraine, Jan Tombinski, sagte: „Europa hat der Ukraine Dutzende Millionen Dollar zur Verfügung gestellt, damit sie ihre östliche Grenze befestigt. Diese Geldmittel sind aber verschwunden.“

Die sogenannte Hilfe aus dem Westen sieht seltsamerweise keine Verbesserung der Situation im Land vor. Auch der IWF-Kredit bewirkt keine höheren Löhne und keinen besseren Lebensstandard. Im Gegenteil: Um den zweiten Teil des Kredits zu erhalten, muss Kiew alle Ausgaben mit Ausnahme der Verteidigung zusätzlich kürzen.
Das Geld, das den Leuten in Kiew zur Verfügung gestellt wurde, verschwand selbstverständlich auf ihren Privatkonten oder in ihren Taschen. Dass dieses Geld für die Grenzsicherheit gedacht war, bedeutet nichts. Dies geschieht praktisch mit allen Hilfen, die aus dem Westen kommen. Im März und April haben die Amerikaner beispielsweise massive Nahrungsmittelhilfen für die ukrainische Armee bereitgestellt. Doch der größte Teil dieser Hilfen tauchte auf ukrainischen Märkten auf oder war übers Internet zu kaufen.


Gut bekannt ist ein Projekt mit dem Ziel, die Grenze zu Russland dicht zu machen. Das entspricht der Strategie der USA, der EU und der Kiewer Führung. Es gibt zwei Pläne für die Umsetzung dieses Projekts. Der Plan von Präsident Poroschenko sieht eine zehn Kilometer breite Pufferzone vor. Westliche Medien präsentierten das als ernsten Schritt auf dem Weg zu einem Frieden. Hinter dieser Pufferzone steckt allerdings ein ganz anderes Ziel. Es besteht darin, die Bevölkerung des Donezbeckens zu isolieren und mit ihr ohne Eile fertig zu werden. Doch dieser Plan kann Russland zu einer Luftraumsperre über der Region bewegen, und zwar nach dem Vorbild der einstigen Nato-Flugverbotszone in Libyen. Ein anderes Projekt mit den gleichen Zielen bietet Oligarch Igor Kolomoiski an, der mehr Zeit in Israel als in seinem Heimatland verbringt. Er will an der russisch-ukrainischen Grenze Sperranlagen bauen lassen, wie die Israelis errichteten, um sich von den Palästinensern abzuzäunen. Als der ukrainische Verteidigungsminister Geld für dieses Projekt beantragte, stellt es sich allerdings heraus, dass dieses Geld weg ist. Es verschwand in den Taschen von Kiewer Machthabern…

Auch zuvor hat es genug Menschen in der Ukraine gegeben, die das Land ausplünderten. Nun klaut man das ohnehin knappe Geld aus der Staatskasse weiter. Dahinter stecken die ukrainischen Oligarchen. Sie machen vom Chaos im Land sowie von ihren neuen Machtbefugnissen Gebrach, um alles Übriggebliebene zu klauen oder ausländische Hilfe skrupellos zu entwenden. Praktisch alle von ihnen haben einen lädierten Ruf und haben manchmal direkte Verbindungen zu Kriminellen. Neben ihnen agieren Mitglieder des ‚Rechten Sektors‘, die durch Drohungen und Raub alles unter den Nagel reißen wollen, was sie ins Visier nehmen. Genauso gehen die sogenannten Todesschwadronen vor.

In Dnepropetrowsk wurde Igor Kolomoiski als Chef der Regionalverwaltung eingesetzt. Er kontrolliert jetzt die Gebiete Dnepropetrowsk, Saporoschje und teilweise Charkow und Odessa. Sowie die Gebiete Nikolajew und Herson. Der Metall-, Banken- und Medientycoon Kolomoiski gilt als zweit- oder drittreichster Mann der Ukraine; sein Vermögen wird auf bis zu 6,5 Milliarden Dollar geschätzt. Er war Mitgründer der PrivatBank und ist in großem Umfang in der Luftfahrt-, Medien-, Finanz-, Öl-, Metall-, Petroleum- und Ferrolegierungsbranche engagiert. Gerade Kolomojski wurde nach dem Februar-Staatsstreich in Kiew beinahe zur handelnden Hauptperson des in der Ukraine entfesselten Bürgerkrieges.

Kolomojski ist der bekannte jüdische Schwindler. In April 2014 hat die Nationale Bank der Ukraine auf die Unterstützung der PrivatBank 10 Milliarden Hrywen gerichtet. Dieses Geld Kolomojski hat auf den Kauf 1 Milliarde 250 Millionen Dollar der USA ausgegeben. Dann war der Bankkurs 8 Hrywen für Dollar. Aber bald ist der Dollarkurs bis zu 15 Hrywen gewachsen. Die Führung der PrivatBank hat die Währung ausverkauft, wonach der Kurs bis zu 12 Hrywen gesunken ist. Dann hat Kolomojski den Gewinn auf die Finanzierung der Strafoperationen des Bataillons „Dnepr“ und der Nationalgarde der Ukraine gerichtet. An diesem Schwindelgeschäft sind Ministerpräsident Jazenjuk und der Vorsitzende des Parlaments Turtschinow, der damals die Pflichten des Präsidenten der Ukraine erfüllte auch beteiligt.

Kolomoiski und die Junta in Kiew stellen weiterhin Geld für den Militäreinsatz im Südosten bereit, obwohl die Ukraine hochverschuldet ist. Die Zerstörung des ukrainischen Südostens ist nicht billig. Noch Ende Mai kalkulierten Experten, dass der Militäreinsatz zu jenem Zeitpunkt 150 Millionen US-Dollar kostete, ungefähr drei Millionen täglich. Das Geld stammt aus verschiedenen Quellen, darunter von Oligarchen wie Kolomoiski und Poroschenko.

Kiew und Poroschenkos Mitstreiter, bei denen es sich ebenfalls um Oligarchen handelt, wollen die in Donezk und Lugansk ansässigen Industriewerke, die mehr als ein Drittel des ukrainischen Bruttoinlandsproduktes ausmachen, wieder unter ihre Kontrolle stellen. Genau das fordert der IWF von der Kiewer Führung, um seine künftigen Kredite getilgt zu bekommen. Falls Kiew die Gebiete Donezk und Lugansk nicht unter Kontrolle stellt, gibt der IWF im September kein Geld. Das heißt, im September hat Kiew überhaupt kein Geld. Im Oktober sind dann alle gespeicherten Gasvorräte zu Ende – und es gibt nichts, um die Verschuldung gegenüber Gazprom zu tilgen. Daraus können Hunger-Aufstände und weitere soziale Spannungen in der ganzen Ukraine resultieren.

Um das zu vermeiden und die versprochenen Kredite doch zu bekommen, muss Poroschenko den Widerstand im Osten brechen, um Donezk und Lugansk wieder unter Kontrolle zu haben. Das fordert von ihm auch Washington. Die USA und die EU brauchen die Ukraine eigentlich nicht besonders, sie machen sich keine Sorgen darüber, was mit der Bevölkerung der Republiken Donezk und Lugansk geschehen wird, wenn Kiew sie wieder unter Kontrolle hat.

Die euroatlantischen Staaten, vor allem die USA, manipulieren Kiew, um eine Art Filter an der russischen Grenze einzurichten, ihre strategischen Möglichkeiten dieser Grenze zu nähern und ihren Einflussbereich möglichst weit nach Osten auszuweiten. Es liegt also nicht an Kiew, für welche Zwecke die Gelder ausgegeben werden. Wenn der Aufstand und die sogenannte Terrorgefahr nicht bekämpft werden, können die in Kiew nicht normal weiter existieren, denn die ukrainische Wirtschaft ist auf die östlichen Gebiete angewiesen.

Keiner hat bewiesen, dass Kolomoiski nicht selbst die Loslösung des Südostens der Ukraine will. In diesem Fall würde er im Grunde genommen der Eigentümer des ganzen Industriepotentials sein. Wir können sozusagen zwei Ukrainen erhalten – die von Kolomoiski und die von Poroschenko. Natürlich braucht Poroschenko keinen so starken Kolomoiski. Aber es gibt noch einen Grund, weshalb Kolomoiski und Poroschenko an einem Krieg im Südosten interessiert sind. Er ist eine Methode, den ‚Rechten Sektor‘ zu vernichten. Der ‚Rechte Sektor‘ wird die Mitglieder der Selbstverteidigungskräfte töten, und jene – den ‚Rechten Sektor‘.“

Allerdings gibt es in der Ukraine viele Anwärter auf den Lorbeerkranz des Erbauers einer russlandfeindlichen Bastion. So waren die Bataillone „Dnepr “, „Aidar“ und ihresgleichen nicht aus eigener Initiative zur Administration des Präsidenten gekommen. Es handelt sich quasi um die Privatarmeen von Oligarchen – so des Gouverneurs Igor Kolomoiski. Dieser scheint sich mit der Absicht zu tragen, sich den Südosten anzueignen.

Die ukrainische Luftwaffe macht Städte im Südosten dem Erdboden gleich. Verbotene Kassettenbomben werden eingesetzt, die Armee beschießt Wohnviertel mit Geschosswerfern „Grad“ und „Uragan“. Die russische Untersuchungsführer sind der Meinung, dass der Oligarch Igor Kolomojski in all diesen Verbrechen nicht die letzte Rolle spiele. Er finanziert das von ihm formierte Sonderbataillon „Dnepr“ und offenbar noch einige Einheiten. Im Südosten der Ukraine handelt faktisch eine persönliche Armee des Oligarchen zusammen mit der so genannten „Nationalgarde“.

In Russland waren gegen Kolomoiski und den ukrainischen Innenminister Arsen Awakow Ermittlungsverfahren wegen der Vorbereitung von Morden und der Anwendung verbotener Mittel und Methoden der Kriegsführung eingeleitet worden. Die beiden stehen auf der internationalen Fahndungsliste. Das Basmanny-Bezirksgericht von Moskau hat einen Haftbefehl gegen Kolomoiski in Abwesenheit erlassen.

Das Ermittlungskomitee Russlands hat genügend Beweise für die Beteiligung von Kolomojski an der Organisation solcher Verbrechen wie Ermordungen, die Anwendung von verbotenen Mitteln und Kriegsführungsmethoden, die Hinderung der Berufstätigkeit der Journalisten und die Entführung von Menschen gesammelt. Kolomojski selbst hat vielleicht den Hahn nicht persönlich abgedrückt und friedliche Bürger des Donezbeckens, russische Journalisten nicht persönlich getötet. Aber seine Arme sind schon längst bis zum Ellenbogen im Blut. Er wird gezwungen sein, für alles in vollem Maße Rede und Antwort zu stehen.

Die russische Regierung untersucht jetzt einen Gesetzentwurf, der von Duma-Abgeordneten vorgelegt wurde. Laut diesem Gesetzentwurf erhalten die russischen Sicherheitsbeamten das Recht auf die Festnahme von ausländischen Bürgern, die sich vor der Justiz im Ausland verstecken. Dieses Dokument gewährt den Einheiten des Auslandsaufklärungsdienstes SWR und des FSB zusätzliche Vollmachten. Der Beschluss über die Verhaftung in Abwesenheit schafft die juristische Grundlage für Handlungen der russischen Sicherheitsbehörden.

 

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