Die neue „Hass im Netz“-Keule als Ersatz für die abgestumpfte „Nazikeule“

Wieder einmal ein groszartiger Kommentar.

Gerald Grosz

Die Tugendwächter unserer Gegenwart haben nach der Abnutzung der viel und oft gebrauchten sogenannten „Nazikeule“ nun ein neues Folterinstrument ihrer politischen Korrektheit entdeckt. „Hass im Netz“, „Hetze im Netz“ lauten die in Mode gekommenen Zauberwörter des unendlichen Kampfs der verbissenen Ideologen gegen die Logik in der puritanischen Olympiade der bequemen Einschränkung der Meinungsfreiheit. „Hass im Netz“ wird nun all jenen ins Gesicht geschleudert, die sich der ordinären Gouvernantendemokratur rhetorisch und argumentativ noch in den Weg stellen, das Menschenrecht auf eine freie Meinung schützen. Aber es wären doch nicht unsere scheinheiligen Brüder und Schwestern des linken Establishments, wenn man nicht pfiffigerweise zwischen „gutem“ und „schlechten“ Hass unterscheiden würde.

Also ein neuer situationselastischer Anstandskodex, der sich ausschließlich danach richtet, wer es gesagt hat und weniger was gesagt wurde. Beispiele aus der täglichen Lebensrealität der Polit- und Journalistenbubble gefällig? Wenn eine grüne Politikerin einen einfachen unbescholtenen Bürger im Netz übel verleumdet ist das was? Richtig! Aufrechter demokratischer Widerstand! Wenn ein einfacher und unbescholtener Bürger eben diese Politikerin wegen ihres rechtlich verwerflichen Umgangs kritisiert ist es was? Richtig! übelster Hass und Hetze. Wenn eine Großmutter ihren renitenten Enkel mit dem Diesel-PKW von der Schule abholt, ist sie eine „alte Umweltsau“.

Wenn sich ein grüner Politiker die Burger eines internationalen Steuerflüchtlings reinwirft, die Müllberge ein Stück größer macht, ist er der gealterte Held der „Fridays for Future“-Generation, ein armes Opfer, für den alle Solidarität der Welt gilt. Wenn ein halbseidener Medienemporkömmling mit mehr Promille und Schulden, als Quote eine konservative Politikerin wegen ihres Aussehens auf das Niederträchtigste stalkt, ist er Humorist und Satiriker.

Wenn ich so manche Abgeordnete nach ihrem Gewicht bemessen würde, und da meine ich nicht das politische, werde ich des Landes verwiesen oder in der nächstgelegenen Einrichtung zwangspsychiatriert. Wenn in manchen Internetforen zartroser Linksblätter unverhohlen mit Gewalt gedroht wird, ist es der natürlich Ausdruck milieubedingten Unmuts.





Wenn man manchen Politikern die Erfahrung jener wünscht, die unser Mitbürger aufgrund der Politik tagtäglich machen müssen, ist man ein verbaler Gewalttäter und gehört in Internethaft. Dieses heitere Gedankenspiel der gelebten Zwiespältigkeit des Moralbegriffs und der heuchlerischen politischen Rechts/Links-Verortung lässt sich übrigens in alle Bereiche der Politik fortsetzen. Wenn eine bürgerliche Mitte-Rechts Regierung den UN-Migrationspakt nicht unterschreibt, sind sie rechtsextreme Klüngel der Identitären.

Wenn es die GrünInnen auch nicht tun, kann man halt nichts machen. Wenn ein junger konservativer Bundeskanzler Generalsekretäre in seinen Ministerien bestellt, führt er sein Land in die Orbanisierung. Wenn es Linke auch tun, ist es ein Stück gelebter Normalität. Wenn ein Freiheitlicher die Sicherungshaft für Gefährder zum Schutz von Leib und Leben einführen will, ist er ein Faschist. Wenn es Grüne in einer Regierung nun vollziehen müssen, sind sie eine abgefeierte Bereicherung für den „Umfang in der Politik“.

Wenn ein Bürgerlicher zum Schutz von Minderjährigen das Kopftuchverbot fordert, ist er islamophob und fremdenfeindlich. Wenn es Grüne und Sozialisten machen sind sie plötzlich Verteidiger der Rechte von Frauen. Wir sehen: Es kommt schon lange nicht mehr darauf an, was man denkt, was man sagt oder was man tut, sondern ausschließlich darauf, wer es sagt, wer es tut oder wer es denkt. Für die einen gilt das Menschenrecht auf freie Rede, den anderen droht die „Hass-im-Netz-Keule“.

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