Die neue Goldpreismanipulation

von Manfred Gburek, 12. April 2013

Ein Stück wie aus dem Tollhaus: Vor wenigen Tagen senkten mehrere internationale Großbanken, angeführt von Goldman Sachs, UBS und einigen anderen, ihre Goldpreisprognosen. Am vergangenen Dienstag erblickten dann, aus „Versehen“ einen Tag zu früh, vertrauliche Protokolle aus einer Sitzung der US-Notenbank Fed das Licht der Welt. Am selben Tag schoss der Goldpreis am New Yorker Terminmarkt Comex für wenige Stunden in die Höhe. Tags darauf fiel er aber wie vom Blitz getroffen. Am Freitag kam es sogar zum Ausverkauf des Goldes, sein Preis rutsche reichlich unter 1500 Dollar.

Wie immer in ähnlichen Fällen, wurden die Begründungen nachgeliefert: eben jene Prognosen, außerdem Verkäufe des führenden Goldfonds SPDR Gold Trust, nicht zuletzt auch drohende Verkäufe aus Zypern. Spätestens hier muss man stutzen: Soll etwa Zypern mit offiziell angegebenen 13,9 Tonnen den Preis zu Fall bringen? Zum Vergleich: Deutschland verfügt zurzeit offiziell über 3391 Tonnen Gold, an den Terminmärkten wird ein Vielfaches gehandelt. Keine Frage, der Preisrückgang basiert auf einer gezielten Manipulation.

Armes Gold, aber reiche Spekulanten, die ihren Nutzen daraus gezogen haben und womöglich noch weiter ziehen? Damit würde man es sich indes zu einfach machen. Es geht ja nicht um irgendwelche Goldprognosen von Bankern, die regelmäßig schief liegen. Es geht auch nicht darum, wie viel eine Unze Gold in den kaputten Weltwährungen Dollar und Euro wert ist. Sondern es geht um die Geldpolitik der Notenbanken, und zwar nicht allein um die der Fed. Zitieren wir dazu Ulrich Byszio von coininvestdirect.com, Mitglied der renommierten LBMA in London, der neulich im Deutschen Anleger Fernsehen sagte: „Die Notenbanken manipulieren den Goldpreis, indem sie massiv Gold verleihen. Keine Notenbank will einen Run aufs Gold. Er würde nur deutlich machen, wie stark das Vertrauen in die Papierwährung sinkt.“ Byszio erwartet zwar fallende Goldpreise, falls die aktuellen und potenziellen Krisen vorüber gegangen sein sollten, fügt aber gleich hinzu: „Die Krisen sind noch nicht vorbei.“

Als Krisen kann man sich alles Mögliche vorstellen. Zum Beispiel dass Nordkorea einen militärischen Konflikt auslöst, der die schlimmsten Befürchtungen übertrifft, dass Italien, Spanien oder Frankreich als nächste Euro-Opfer an die Reihe kommen, dass die Konjunktur in China schwächer als erwartet ausfällt und vieles andere mehr. Doch die größte Gefahr droht – sie oben – von der Geldpolitik.

Der äußerst brisante Hintergrund sei hier anhand von drei treffenden Zitaten aus berufenem Mund dargestellt. Deutschbanker Jim Reid bezeichnet die Geldpolitik der Notenbanken als „Blindflug von historischer Bedeutung“. Mohamed El-Erian, Chef der zum Allianz-Konzern gehörenden US-Vermögensverwaltung Pimco, bemüht eine andere Bildersprache: „Die Notenbanken verhalten sich wie ein Pharmakonzern, der dem Markt Medikamente aufzwingt, die noch nicht klinisch getestet wurden.“ Der erfahrene deutsche Vermögensverwalter Jens Ehrhardt wählt noch ein anderes Bild, um die Brisanz und gleichzeitig das Dilemma der Geldpolitik zu beschreiben: „Wenn die EZB den Euro weiter erhalten will, muss sie schwere Geschütze auffahren. Sie muss genauso wie die Fed in den USA massiv Geld drucken.“ Im Übrigen sei die Politik der Notenbanken „ein Experiment, das keine Erfahrungswerte bietet“ – womit wir wieder bei dem treffenden Vergleich mit dem Blindflug wären.

Geht es nun um die Konsequenzen für Ihr Geld, stellt sich zu Beginn die berechtigte Frage: Wie kann ich beim Umgang mit Geld überhaupt noch rational handeln, wenn ich nicht einmal weiß, wohin der Flug geht und welche Route die verschiedenen Piloten – in Gestalt der untereinander zerstrittenen Notenbanker – fliegen werden? Zweifellos muss ich mit verschiedenen Möglichkeiten rechnen:

1. Die Piloten einigen sich auf die beiden Kapitäne Ben Bernanke aus den USA und Haruhiko Kuroda aus Japan. Die Folge: Höchstgeschwindigkeit einschließlich Loopings und Durchbrechen der Schallmauer.
2. Die Piloten einigen sich nicht, und je nachdem, wer das Flugzeug gerade steuert, ändert es ständig die Richtung. Die Folge: Der Flug dauert so lange, bis der Sprit ausgeht.
3. Alle Insassen plädieren für eine sanfte Landung, doch leider lässt sich das Fahrwerk nicht ausklinken. Die Folge: Bruchlandung.
4. Alles geht gut. Die Folge: Ben Bernanke und Haruhiko Kuroda umarmen sich vor Freude, Mario Draghi will kein Spielverderber sein und streckt den beiden nach kurzer Bedenkzeit wenigstens die Hand entgegen.

Das alles bedeutet: Im ersten Fall kommt es auf dem Umweg über immer neue Spekulationsblasen zu einer ausufernden, nicht mehr beherrschbaren Inflation der Güterpreise. Im zweiten Fall münden die Querelen in einen Währungskrieg, der diesen Namen dann wirklich verdient. Im dritten Fall bricht ein allgemeines Chaos aus, das niemand in dieser Intensität erwartet hat. Und im vierten Fall bekommen wir es zumindest aus Aktionärssicht mit der vermeintlich besten aller Finanzwelten zu tun: Aktienkurse überall, nicht nur in den USA, auf Rekordjagd, Weltkonjunktur sechs bis neun Monate später ebenfalls.

Zu welcher der vier Varianten es kommen wird, bleibt bis auf Weiteres offen. Wahrscheinlichkeiten vorherzusagen, ist sinnlos. Dies allein schon deshalb, weil niemand ahnen kann, was passiert, wenn die Fed mit ihrer ultraexpansiven Geldpolitik Schluss macht oder auch nur andeutet, dass sie damit Schluss machen will. Im Übrigen deutet viel darauf hin, dass Draghi recht bald dem Duo Bernanke/Kuroda folgen und den Geldhahn wieder voll aufdrehen wird.

Nicht zu vergessen: der Faktor Mensch. Dazu passt ein Zitat von CSU-Urgestein Peter Gauweiler: „Ich habe schon früh in der Euro-Debatte prophezeit, dass uns am Ende alle hassen werden.“ Hätte es dazu noch eines Beweises bedurft, er hätte nicht deutlicher kommen können als mit den aggressiven Anti-Deutschland-Protesten in den meisten Euroländern. Oder, viel schlimmer, mit der folgenden Stänkerei von Frankreichs Präsident Hollande: „Der überragende Wohlstand Deutschlands wird auf Kosten der Eurozone erwirtschaftet.“

Kanzlerin Merkel hält stur dagegen – noch, denn ich gehe jede Wette ein, dass sie nach der Bundestagswahl andere Töne anschlagen wird, ja muss. Dazu passt ein weiteres Zitat, dieses Mal vom weisen Historiker Michael Stürmer: „Wir sind entweder die hässlichen Deutschen, die den Euro durch Disziplin retten, oder wir lassen Inflation zu und werden dafür beschimpft, dass wir den Verfall der Währung verursachen.“

Für die zweite Variante gibt es einen treffenden Spruch: Viele Hunde sind des Hasen Tod. Oder weniger martialisch ausgedrückt: Dass etwa ein Dutzend Euroländer sich der deutschen Disziplin unterwirft, ist äußerst unwahrscheinlich. Daraus folgt, dass wir es mit der Inflation zu tun bekommen werden, das heißt, dass die Kaufkraft des Euro spürbarer als jetzt sinken wird. Wann, lässt sich nur so vorhersagen: Viel früher, als die meisten glauben, wahrscheinlich schon im nächsten Jahr.

Abschließende Frage: Wie wird sich dann der Goldpreis entwickeln? Lange, aber klare Antwort: Er hat durch seinen fulminanten Anstieg in mehr als zehn Jahren bis August 2011 viel vom Währungs-Kladderadatsch vorweggenommen. Danach ist er in eine langgestreckte Seitwärtsbewegung mit einem temporären Einbruch in diesem Jahr und dem manipulierten jüngsten Rückschlag übergegangen. Aus dem zwischenzeitlichen Preistief wird der Goldpreis nach oben ausbrechen, in Dollar wie auch in Euro, denn die Kaufkraft beider Währungen wird durch die extrem lockere Geldpolitik diesseits und jenseits des Atlantiks bald stärker sinken. Der Ausbruch kann bereits in diesem Jahr stattfinden, weil an Börsen kommende Entwicklungen vorweggenommen werden.

Quelle: gburek

 

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