von Egon W. Kreutzer
Der SPIEGEL titelt heute:Merz macht überraschend klare Ansage zu möglichen Koalitionspartnern
Wer das liest, ohne für fünf Minuten in einen fulminanten Lachkrampf zu fallen, dem ist wahrscheinlich nicht mehr zu helfen.
Erstens steht da, dass man beim SPIEGEL nicht über die Aussage überrascht war, sondern über die von Merz ungewohnte Klarheit, was durchaus auch als Delegitimierung eines Repräsentanten der CDU verstanden werden kann, und zweitens:
Welche Möglichkeiten stünden ihm denn noch zur Verfügung, wenn er die einzigen beiden Parteien vor der Brandmauer, mit denen eine Mehrheit noch wahrscheinlich erscheint, als seine möglichen Koalitionspartner ankündigt?
Das hat einen Nachrichtenwert, der sogar noch vom berühmt berüchtigten Sack Reis übertroffen wird, der neulich irgendwo in China umgefallen ist.
In Anbetracht solcher Plattitüden, mit denen das eigentliche Problem des Friedrich Merz vertuscht werden soll, lehne ich mich ganz weit aus dem Fenster und erkläre:
Die zu erwartende Koalition mit einem Kanzler Merz an der Spitze wird noch schneller und noch krachender scheitern als die Ampel, die ihre inneren Spannungen immerhin drei Jahre lang unter Kontrolle halten konnte, bis die Sicherungen bei Lindner und Scholz ungefähr gleichzeitig durchgebrannt sind.
Die Gründe und Ursachen:
- Die Anforderungen an ein geschlossenes, zielstrebiges und engagiertes Regierungshandeln haben sich verändert. Konnten Scholz, Habeck und Lindner noch von der Substanz zehren, die Angela Merkel ihren Nachfolgern übrig gelassen hat, ist nun nicht nur die Staatskasse leer, auch die Wirtschaft befindet sich auf dem absteigenden Ast, während die notwendigen und die darüber hinaus für unverzichtbar gehaltenen Ausgaben weiter stark wachsen. Das gilt nicht nur für die Finanzierung des Sozialstaats, der vom Bürgergeld über die Kranken-, Pflege und Arbeitslosenversicherung bis zur Rentenversicherung auf dem Zahnfleisch daherkommt und nur mit dreistelligen Milliardenbeträgen aus der Staatskasse einigermaßen am Leben gehalten werden kann. Es gilt ebenso für die weiter wachsenden Ausgaben für die illegale Migration, die vor allem den Kommunen die Luft abschnüren. Es gilt zusätzlich für die von allen Dreien als alternativlos angesehene, massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben, es gilt für den dringenden Sanierungsbedarf der Infrastruktur, und es gilt nicht zuletzt für den wahnsinnigen Finanzbedarf, der sich aus der Fortsetzung der Energiewende zwingend ergibt. Obwohl jeder Blinde mit seinem Krückstock mühelos ertasten kann, dass alles zusammen absolut nicht mehr finanzierbar ist, wird es weder einer GroKO, noch einer schwarz-grünen Koalition gelingen, sich auf nennenswerte Einsparungen zu verständigen, und was unter zwei Parteien nicht möglich ist, ist mit einer schwarz-rot-grünen Mannschaft schon gar nicht mehr zu stemmen.
- Die Weltlage hat sich verändert. Mit Donald Trump ist der Joker zurück auf der Bühne, dessen „America First!“ tagtäglich neue Fakten schafft, auf die Merz, Habeck und Scholz statt einer Antwort nur die verzweifelte Frage vorzubringen vermögen: „Darf der das denn?“ Ja. Trump darf das, und Musk darf das und Vance darf das, und Obama kann und wird sich ebenso wenig rettend vor die armen Deutschen stellen, wie die Brüsseler Kommissare sich wirksam gegen Trumps Wirtschafts- und Außenpolitik in Stellung bringen können. Bis das deutsche Trio das erkennen und sich im notwendigen Maße anpassen wird, werden mindestens zwei weitere verlorene Jahre vergehen müssen, in denen Deutschland immer noch russisches Erdgas verweigert, während Trump und Putin, vermutlich auch Xi, nicht nur die Ukraine untereinander aufteilen und Abrüstungsverträge schließen, sondern schon wieder prima Geschäfte miteinander machen.
- Das Einzige, was sich nicht verändert hat, ist das in Deutschland zur Verfügung stehende politische Personal. Merz wird daher, je nachdem wie groß die Koalition wird, mindestens ein Drittel der Ministerien an SPD oder Grüne abgeben müssen, und wenn es dumm kommt, bleibt der Union nur ein Drittel der Ministerien, weil der Rest von SPD und Grünen eingefordert wird. Merz wird nicht stark genug sein, der feministischen Außenministerin eine zweite Amtszeit zu verweigern, er wird nicht stark genug sein, Robert Habeck aus seinem Kabinett zu verbannen. Merz wird in den Koalitionsverhandlungen nachgeben, wenn Saskia Esken für Karl Lauterbach und Hubertus Heil Ministerposten einfordert und womöglich für sich selbst den Anspruch erhebt, als Vizekanzlerin der Regierung anzugehören. Würde Merz darauf bestehen, mit neuen Köpfen mehr Sachkompetenz in die Regierung zu holen, stünde er nämlich schnell ganz einsam als Minderheitsregierer im Regen und müsste dennoch nach den rotgrünen Pfeifentönen tanzen, weil er, würde er Mehrheiten mit der AfD suchen, gleich mit Alice Weidel hätte koalieren können.
Merz wird also der SPD zu Willen sein müssen, was die Anhebung des Mindestlohns und die Unantastbarkeit von Renten und Bürgergeld betrifft. Sowohl SPD als auch Grüne werden an der Fortsetzung der unkontrollierten, illegalen Zuwanderung nicht rütteln lassen. Die Grünen werden unbarmherzig auf Kohleausstieg und Förderung von Windmühlen, Solaranlagen, Wärmepumpen und E-Mobilen bestehen, vor allem aber nicht von der CO2-Besteuerung abrücken.
Es wird nur in einem einzigen Punkt Einigkeit geben, nämlich darin, dass die Schuldenbremse für den Bund fallen muss, schon weil ja auch die Verteidigungsausgaben verdoppelt werden müssen. Ist dies erst einmal beschlossen, ist auch die Koalition beschlossen, da braucht es gar keine weiteren Verhandlungen. Mit genug Geld lassen sich schließlich die Wünsche aller Beteiligten gleichzeitig erfüllen.
Für den künftigen Finanzminister, ich nehme an, dass es Dobrindt werden wird, anfangs ein leichtes Leben. Er muss ja nur die Ausgabenwünsche aller Ressorts zusammenschreiben und den Notizzettel dann als „Haushalt“ bezeichnen. Schwierig wird es erst, wenn die Ratingagenturen reagieren und die Bundesanleihen von Triple A auf A-minus zurückstufen. Dann können aus knapp 40 Milliarden Euro Schuldendienst, wie sie das Finanzministerium noch im September 2024 für den Haushalt 2025 unter Einhaltung der Schuldenbremse geplant hat, sehr schnell auch deutlich mehr werden – und dann wird sich spätestens herausstellen, dass auch ohne Lindner beim Geld die Freundschaft aufhört.
Es gibt aber auch schon vorher Knackpunkte. Der gefährlichste dieser Knackpunkte liegt darin, dass die Vorfeldorganisationen von rot und grün,
wozu nicht nur die Antifa gehört, sondern ebenso gefühlt tausend NGOs für Demokratie und gegen rechts, dazu ARD, ZDF, die Zeitungen der SPD und die Netzpolizei der Grünen,
Friedrich Merz und die Union inzwischen als Verräter an der heiligen Brandmauer wahrnehmen und anscheinend niemand noch in der Lage ist, diese Leute wieder auf ein vernünftigeres Gleis zu setzen. Da mag Merz für eine Weile gute Miene zum bösen Spiel machen, bei Söder jedoch werden die Sicherungen eher durchbrennen.
Ein sich bereits in Umrissen abzeichnender, weiterer Knackpunkt findet sich darin, dass Deutschland dringend sein Verhältnis zu den USA neu ordnen muss. Hier wird der Transatlantiker Merz als Bundeskanzler ganz erheblich in die Mangel genommen werden. Die alten Drähte nach Washington sind nicht mehr hilfreich und Unterstützung aus der neuen Administration gibt es nur gegen jenes Wohlverhalten, dass J.D. Vance auf der Sicherheitskonferenz so eindringlich eingefordert hat. Alleine die Vorstellung, dass Alice Weidel und Victor Orban sich alle Vierteljahre mit Trump treffen könnten, während es für den Kanzler einfach keinen Termin für einen Antrittsbesuch im Weißen Haus gibt, wird für Merz unerträglich genug sein, um seine 180 Grad Wende einzuleiten, aber weder Grüne noch SPD werden dabei mitgehen, solange Baerbock und Steinmeier noch ein politisches Amt im Bund bekleiden.
Auf denn, Gemeinde,
lasset uns wählen!
Sehen Sie, der Goldkurs schießt durch die Decke. Hier hat niemand mehr Vertrauen in Politik und Wirtschaft. Wer auf Nummer sicher geht, kauft Gold und Silber, und das bei horrenden Einkaufspreisen. Der Crash kommt, verlassen Sie sich darauf.