von Alfredo Jalife-Rahme (voltairenet)
Entgegen einer außerhalb Spaniens geläufigen allgemeinen Vorstellung sanktioniert der Rücktritt der Regierung von Mariano Rajoy nicht seine Politik, sondern die weit verbreitete Korruption seiner Partei. Das Königreich ist in der gleichen Situation wie Italien und Frankreich in den 1990er Jahren. In ähnlicher Weise, im Gegensatz zu der westlichen Rhetorik, ist die Korruption nicht ein Übel der ehemaligen kolonisierten Länder, sondern der ehemaligen Kolonialmächte.
Die beiden Staatschefs der spanischen Regierung, José María Aznar (1996-2004) und Mariano Rajoy (2011-18) tragen die volle Verantwortung für die Verbreitung der Korruption in ihrem Land und ihrer Ausweitung in dessen ehemaligen KolonienEs ist jetzt schon 11 Jahre her, dass ich die riesige Korruption in der Volkspartei (Partido popular, PP; Volkspartei, VP) und das Phänomen der Geldwäsche mittels Literaturpreise, bis in die ehemaligen spanischen Kolonien in Lateinamerika studiere. Sie ist eine neoliberale Partei, die unter der katastrophalen Führung des Steuerberaters José María Aznar sich mit Israel, mit dem Likud und den Basen in Texas und Florida der Republikanischen Partei der Bush-Familie eng verbunden hat [1].
Der Nummer zwei der VP, Rodrigo Rato, war es gelungen, das sinkende Finanz-Schiff, das der IWF ist, zu verlassen [2], als dieser die delinquenten Beziehungen der VP mit der Banco Santander aufgedeckt hat. Nachdem er den IWF verlassen hatte, wurde Rato für Geldwäsche vor Gericht gestellt [3].
Unter Einfluss von Aznar führte die Firma Repsol (Gas und Öl von Spanien) zu einer Katastrophe für Südamerika, zu einem saftigen Schnäppchen in Mexiko [4], und dann zu einem Immobilienkrach für die Kumpanen von Aznar [5].
Es ist der spanische transnationale Neoliberalismus, der den Zusammenbruch des Strategen der VP, Antonio Solà, inkubiert hat [6].
Als Sahnehäubchen auf dem faulen Kuchen erwähnen die „Panama Papers“ den Schriftsteller Vargas Llosa, den großen literarischen Verbündeten der VP [7], und offenbaren unvollkommene neoliberale Geldwäsche-Operationen in bestimmten Steueroasen [8], und diesen Enthüllungen folgten nicht minder hinterlistige und empörende „Paradise-Papiere“ [9].
Die Fakten: Zum erste Mal in der spanischen Geschichte wurde Mariano Rajoy gerade durch einen konstruktiven Misstrauensantrag im Parlament von der Macht verjagt, zugunsten seines Rivalen Pedro Sánchez, dem es mit nur 84 von 350 Sitzen gelungen ist, die Stimmen der baskischen Nationalisten und katalanischen Separatisten zu nutzen.
Pedro Sanchez, ein 46 Jahre alter Madrilene und europäischer Wirtschaftswissenschaftler, verspricht eine Verbesserung der Beziehungen mit Katalonien und die sozialen, von Rajoy installierten Fesseln zu lösen; er genießt eine knappe Mehrheit von 188 Stimmen gegen 169 und eine Enthaltung, was auf eine schwache Regierung von nur kurzer Dauer und auf vorgezogene Neuwahlen deutet.
Die Überraschung liegt nicht in der Absetzung von Rajoy, 63 jähriger Rechtsanwalt in Immobilien Streitigkeiten, einer der Politiker, die in Europa am längsten gezählt haben. Das Stigma, das jetzt die VP markiert, ist auch keine Überraschung, denn die Partei funktioniert wie ein Finanzierer-Kartell, aber es ist verwunderlich, dass es so lange gedauert hat, bis sie untergeht.
Was unter dem Teppich verborgen bleiben sollte, besprühte das gesamte Gebäude. Die Schränke waren mit Leichen überfüllt, die VP war ein Nationalfriedhof geworden. Die schönste Formulierung von Präsident Rajoy bleibt: “ Ausländern sein Öl liefern, ist würdig eines Landes der fünften Kategorie“ sagte er [10] ; aber anscheinend war das nicht auf das neoliberale, von der „Itam“-Partei regierte Mexiko anwendbar [11].
Der Tropfen, der das Schwimmbecken der Mega-Korruption übergehen lässt, ist der Fall Gürtel, nach Angaben der BBC, das größte Netzwerk von „demokratischen“ Unternehmen, die „Verträge aller Art von VP-dominierten Verwaltungen in verschiedenen Teilen von Spanien erhielten, im Austausch für Bestechungsgelder für die Zuordnung von Posten für die für diese gleichen Verträge verantwortlichen Entscheidungsträger, Verträge, die, laut der spanischen Justiz, für die Finanzierung von Wahlkämpfen und anderer großen Manöver verwendet wurden“ [12].
Die Website Plural zeigt eine Reihe von seltsamen Todesfällen (6 bis zum gestrigen Tag), Selbstmorde und andere Unfälle, die auf den Gürtel-Fall zurückgehen [13], dessen Name die deutsche Übersetzung des Familiennamens Correa ist, der des Unternehmers Francisco Correa, der Gegenstand einer Untersuchung durch die Anti-Korruptions-Staatsanwaltschaft ist.
Die New York Times erklärt ihrerseits, dass Rajoy nicht für seine Unfähigkeit der Lösung des Konfliktes mit Katalonien „enthauptet“ wurde, sondern wegen eines sehr alten und tief implantierten Problems, das die spanische Politik verwüstet, die Korruption.
Hier also, wie die VP, „die erste spanische Fraktion, für die Nutzung von schwarzen Kassen (slush funds, Fonds für den Kauf von Unterstützung) verurteilt wurde und wie Luis Bárcenas, ehemaliger Schatzmeister von Rajoy, eine Geldstrafe bekam und eine Gefängnisstrafe von 33 Jahren absitzen muss“. Der Fall Bárcenas ergibt sich aus dem Fall Gürtel, der die unterirdischen nicht deklarierten Konten der VP verwaltete, welche von illegalen Spenden von Bau-Unternehmen profitierten und der dann den Führungspersonen (Schwarz-) Gelder aushändigte.
Laut New York Times hat das spanische nationale Gericht (Oberster Gerichtshof) auch 28 Geschäftsleute und Politiker bestraft, die insgesamt mehr als 300 Jahre Haftstrafen für Gewinne aus einem Bestechungs-System im Austausch für Verträge bekamen [14].
Die New York Times hat eine deutliche Tendenz zur Europaangst wegen ihrer Verbindungen zu dem Euro-Nihilisten George Soros und erhöht das die europäischen Herzen untergrabende Chaos, mit den Worten, dass der Aufstieg von Pedro Sánchez sich „am selben Tag der Rückkehr einer neuen Anti-Establishment Regierung in Italien vorbereitete, während Großbritannien die EU verlässt, Polen und Ungarn in Sachen Demokratie kehrtmachen, und die USA dann ihren europäischen Verbündeten einen Handelskrieg liefern. »
Im Gegensatz zu Italien [15] stellt in Spanien bisher niemand in den vier wichtigsten Parteien (PSOE, PP, Ciudadanos, Podemos), welche die traditionelle Zweiparteilichkeit liquidiert haben, seine Mitgliedschaft an der Eurozone in Frage, worin seine Wirtschaft die viertgrößte ist; es gibt auch keine eklatante Fremdenfeindlichkeit gegen Migranten.
Fazit: Sueton sagte, dass die Korruption bei den Besten das Schlimmste ist. Was wäre dann die Korruption der Schlimmsten und seine Kakistocratie [oder Kakocratie, Regierung durch Diebe]?
Es gibt ein erstaunliches arabisches Sprichwort gegen diejenigen, die über Korruption aus ihrer eigenen obszönen Unmoral zetern: „Wer in einem Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen“, was zum Beispiel die PSOE macht, die jetzt der übelriechenden VP nachfolgt.
Die Website Libremercado entlarvt die Heuchelei des extravaganten Obmanns der PS, während die PSOE hunderte Korruptionsfälle zählt [16].
Die Korruption der PSOE, eine neoliberale verkleidete Partei, betrifft auch Felipe González Márquez – und das hält schon seit 14 Jahren an [17] – sowie Rodríguez Zapatero.
Felipe González besitzt die Frechheit zu behaupten, dass die Korruption in Spanien nur allgemeine Vernachlässigung ist [18]. Aber das geht weit darüber hinaus, und wer wird die nötige Qualifikation besitzen, um das öffentliche Eigentum zu schützen und zu verhindern, dass die Institutionen pervertiert werden? Aufgrund der kommunizierenden Gefäße zwischen dem freien Kapitalfluss im Rahmen des neoliberalen Finanz-Modells und der Deregulierung durch die Steueroasen, beeinflussen die spanische Korruption und ihre Metastasen selbst die ehemaligen spanischen Kolonien in Lateinamerika und unter anderem auch das neoliberale Mexiko: ab ihrer transnationalen Banken, wie die Bank Santander [19], mit der der faschistische Schriftsteller Mario Vargas Llosa [20] sich auf Televisa [21] anbandelt, und auch Bau-Unternehmen wie die abscheuliche OHL [22], Repsol (der große Kochkessel [span. calderon], wo Felipe Calderón sich großzügig bedient hätte), oder noch Telefónica (wo der junge zionistische Chicago-boy Francisco Gil Díaz sich herumtrieb), usw…
Mitten in der transnationalen ansteckenden Korruptions-Epidemie in Spanien steckt jedoch das Schlimmste, nämlich, dass seine Agenten, Politiker und literarischen Verbündeten in Lateinamerika noch die Dreistigkeit haben, den ehemaligen spanischen Kolonien professorale Moral-Predigten zu halten.
Alfredo Jalife-Rahme
Übersetzung
Horst Frohlich
Quelle
La Jornada (Mexiko)
[1] «La „internacional neoconservadora“: Likudistán, Texastán y Aznarstán», Alfredo Jalife-Rahme, La Jornada, 24 de junio de 2017.
[2] «Las ratas abandonan el Titanic financiero: el aznarista Rato huye del FMI», Alfredo Jalife-Rahme, La Jornada, 1 de julio de 2007.
[3] «Rodrigo Rato, ex director del FMI y segundo de Aznar, enjuiciado por lavado», Alfredo Jalife-Rahme, La Jornada, 24 de abril de 2015.
[4] «Aznarización de Repsol: desastre en Sudamérica y ganga en México», Alfredo Jalife-Rahme, La Jornada, 26 de diciembre de 2007.
[5] «Colapso inmobiliario de la España aznarista», Alfredo Jalife-Rahme, La Jornada, 9 de abril de 2008.
[6] «Derrumbe delictivo de Antonio Solá, „estratega“ del Partido Popular español en América Latina», Alfredo Jalife-Rahme, La Jornada, 28 de diciembre de 2014.
[7] Mario Vargas Llosa, ein spanisch eingebürgerter Peruaner, erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Nobelpreis für Literatur im Jahr 2010. Er erhielt auch den Jerusalem-Preis aus den Händen des ehemaligen Ministerpräsidenten Ehud Olmert, der 16 Monate für Korruption in Israels Gefängnis gesessen hat; Darüber hinaus erhielt er den Irving Kristol Award vom American Enterprise Institute (AEI). Als Großaktionär von Talome besitze er Vermögen in den vier folgenden Steueroasen: Britische Virgin Islands, Panama, Zypern, Luxemburg.
[8] «Los papeles de Panamá de Vargas Llosa: lavado neoliberal imperfecto en los paraísos fiscales», Alfredo Jalife-Rahme, La Jornada, 4 de mayo de 2016.
[9] “The ‘Paradise Papers’ and the Long Twilight Struggle Against Offshore Secrecy”, International Consortium of Investigative Journalists, December 27, 2017.
[10] «“Entregar el petróleo a extranjeros es de un país de quinta“: presidente español Rajoy, del Partido Popular», Alfredo Jalife-Rahme, La Jornada, 7 de augusto de 2013.
[11] Druck Gruppe aus dem Technologischen Autonomen Mexikanischen Institut [ITAM], die die Chefs der mexikanischen Unternehmen sind: Pemex, CFE, Cofece, Consar, Condusef, NBC, Nafin, Públicos, Infonavit…
[12] “España: cómo y por qué cayeron Mariano Rajoy y su gobierno en una histórica moción de censura”, BBC, 1 de junio de 2018.
[13] «Álvaro Lapuerta, otra víctima Gürtel’: muertes, suicidios y accidentes», Plural, 2 de junio de 2018.
[14] “Spain’s Prime Minister, Mariano Rajoy, Is Ousted in No-Confidence Vote”, Raphael Minder, The New York Times, June 1, 2018.
[15] «Golpe del FMI al gobierno italiano „antisistema“: “palazzo contra piazza y pizza”», Alfredo Jalife-Rahme, La Jornada, 3à de mayo de 2018.
[16] «La hipocresía de Pedro Sánchez: el PSOE acumula cientos de casos de corrupción», Diego Sánchez de la Cruz, Libre mercado, 1 de junio de 2018.
[17] «Casos de Corrupción del Gobierno de Felipe González Márquez (1982-1996)», La voz periodistica, 2013.
[18] «Felipe González cree que la corrupción en España es „un descuido generalizado“», El Boletin, 13 de februero de 2018.
[19] Über die außerordentlichen Gewinne der Santander Bank in Mexiko und über die aktive Rolle von Mario Vargas Llosa siehe « Mario Vargas Llosa, el súbdito de la Corona Española », Augustin Caso, SDP Noticias.com, 4 mars 2018.
[20] Mario Vargas Llosa engagiert sich seit 1990 in der mexikanischen Politik, und tut derzeit was er kann, um die Kampagne des Populisten (Favorit für die Präsidentschaftswahlen vom 1. Juli) Andrés Manuel López Obrador [AMLO] zu untergraben.
[21] “Board of Directors”, Televisa, et Consejo de Administración, Santander.
[22] «Corrupción de OHL financia a Aznar y al „FAES“», Alfredo Jalife-Rahme, La Jornada, 10 de mayo de 2015.
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